Die Julia-Mengen, erstmals von Gaston Maurice Julia und Pierre Fatou beschrieben, sind Teilmengen der komplexen Zahlenebene, wobei zu jeder holomorphen oder meromorphen Funktion eine Julia-Menge gehört. Oft sind die Julia-Mengen fraktale Mengen. Das Komplement der Julia-Menge heißt Fatou-Menge.

Julia-Menge (weiße Linie) eines quadratischen Polynoms. Die dunkle Fatou-Menge ist grün bzw. violett schattiert.
Zoomfahrt in eine Julia-Menge in der komplexwertigen z-Ebene mit der komplexwertigen Polynomfunktion zweiten Grades

und den Parametern
cre = cim = -0.5251993

Wendet man eine auf ganz definierte Funktion immer wieder auf ihre Funktionswerte an, dann ergibt sich für jedes eine Folge komplexer Zahlen:

Abhängig vom Startwert kann diese Folge zwei grundlegend verschiedene Verhalten zeigen:

  • Eine kleine Änderung des Startwertes führt zu praktisch der gleichen Folge, die Dynamik ist in gewissem Sinne stabil: Der Startwert wird der Fatou-Menge zugeordnet.
  • Eine noch so kleine Änderung des Startwertes führt zu einem komplett anderen Verhalten der Folge, die Dynamik hängt „chaotisch“ vom Startwert ab: Der Startwert gehört zur Julia-Menge.

Hintergrund

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Das Newton-Verfahren ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Verfahren zur Lösung nichtlinearer Gleichungen. Hat man die zu lösende Gleichung in der Form

 

geschrieben, dann sind Nullstellen   einer Funktion   zu finden. Ist die Funktion   differenzierbar, dann transformiert das Newton-Verfahren das statische Problem   in einen dynamischen Prozess: Es liefert eine Iterationsvorschrift der Gestalt

 

mit folgenden Eigenschaften:

  • Die Nullstellen von   werden zu anziehenden Fixpunkten von  
  • Liegt der Startwert   der Iteration nahe an einer Nullstelle von   dann konvergiert die Newton-Iteration gegen den zugehörenden Fixpunkt von   und damit gegen diese Nullstelle.

Man muss also nur eine ungefähre Lösung des Problems haben. Die Fixpunkte agieren dabei ähnlich wie die Zentren von Kraftfeldern, die Teilchen in ihrer Nähe anziehen. Mit jedem Iterationsschritt wandern die Teilchen näher zur Kraftquelle.

Von seiner Konzeption her ist das Newton-Verfahren also – wie andere Fixpunktiterationen auch – ein lokales Verfahren, dessen Verhalten bekannt ist, wenn man sich nahe an einer Nullstelle befindet. Was geschieht jedoch, wenn wir uns weiter von den Anziehungspunkten entfernen, und wie sehen die Grenzen zwischen den Einzugsbereichen der einzelnen Kraftquellen aus?

 
Julia-Menge der Newton-Iteration (das Newton-Fraktal) des Polynoms  :
Die türkis-, beige- und pinkfarbene Areale sind die Einzugsgebiete der drei Nullstellen des Polynoms.
Startwerte aus den roten Arealen werden von einem Zyklus der Länge 2 angezogen, konvergieren damit nicht gegen eine der Nullstellen. Startwerte aus der weißen Arealen, welche die Grenze zwischen den einzelnen Einzugsgebieten bildet, hüpfen wild umher und konvergieren ebenfalls nicht gegen eine der Nullstellen.

Ernsthafte Untersuchungen über die globale Dynamik des Verfahrens reichen zurück bis ins Jahre 1879, als Lord Arthur Cayley das Problem von den reellen Zahlen auf die komplexen Zahlen ausdehnte und globale Untersuchungen vorschlug:

“In connexion herewith, throwing aside the restrictions as to reality, we have what I call the Newton-Fourier Imaginary Problem. […] The problem is to determine the regions of the plane, such that P being taken at pleasure anywhere within one region we arrive ultimately at the point A; anywhere within another region at the point B; and so for the several points representing the roots of the equation.”

Arthur Cayley[1]

Dabei stieß er jedoch schon für den Fall, dass   ein Polynom dritten Grades ist, auf unüberwindliche Probleme, sodass er seine Untersuchungen schließlich einstellte:

“The solution is easy and elegant in the case of a quadratic equation, but the next succeeding case of the cubic equation appears to present considerable difficulty.”

Arthur Cayley

Vor diesem Hintergrund entwickelten die Franzosen Pierre Fatou und Gaston Julia zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Theorie der Iterationen rationaler Funktionen in der komplexen Ebene, das heißt die Theorie diskreter dynamischer Systeme der Form

 

mit einer meromorphen Funktion  

Eigenschaften

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Sei   also eine meromorphe Funktion auf dem Abschluss der komplexen Zahlen, also der Quotient einer holomorphen Funktion und eines Polynoms (deren gemeinsame Nullstellen bereits gekürzt seien, z. B. der Quotient zweier teilerfremder Polynome, oder einer Sinus-Funktion durch ein Polynom, wobei Nullstellen an ganzzahligen   Vielfachen gekürzt seien). Zudem sei der Grad von   größer als   Der Grad einer meromorphen Funktion ist das Maximum der Grade der teilerfremden Polynome in Zähler und Nenner. Der Grad gibt im Allgemeinen an, wie viele Urbilder ein Punkt besitzt. Je nachdem, welche Dynamik der Prozess   für einen bestimmten Startwert zeigt, wird dieser Wert einer von zwei Mengen zugeordnet:

Fatou-Menge
Die Startwerte aus dieser Menge führen unter Iteration zu einer stetigen Dynamik, das heißt: Wenn sich der Startwert nur ein klein wenig ändert, dann zeigt auch die Dynamik ein ähnliches Verhalten.
Julia-Menge
Die Punkte in dieser Menge führen zu instabilen Prozessen: Jede noch so kleine Änderung des Startwertes führt zu einer komplett anderen Dynamik.

Die Zahlenkugel ist die disjunkte Vereinigung dieser beiden Mengen. Jeder Punkt gehört also entweder zur Fatou-Menge oder zur Julia-Menge. Die Julia-Menge einer Funktion wird als   bezeichnet und die Fatou-Menge als  

Die historische Definition der Julia-Menge, wie sie von Fatou und Julia stammt und unten nachzulesen ist, ist weder sonderlich intuitiv noch anschaulich. Daher werden hier einige Eigenschaften[2] dieser Mengen zusammengestellt, wozu zunächst ein paar grundlegende Begriffe benötigt werden.

Begriffe

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Für jeden Wert   definiert die Rekursion

 

eine Folge von Punkten auf der Riemannschen Zahlenkugel. Diese Folge wird auch als Orbit von   bezeichnet:

 

  bedeutet dabei immer  -malige Hintereinanderausführung von   und ist nicht mit der  -ten Potenz zu verwechseln. Die Definition des inversen Orbits erfolgt etwas anders, weil   im Allgemeinen nicht eindeutig umkehrbar ist. Der inverse Orbit eines Punktes   besteht aus allen Punkten, die irgendwann auf diesen abgebildet werden:

 

Falls   für ein   gilt, dann heißt   ein periodischer Punkt und der Orbit

 

heißt periodischer Orbit oder Zyklus. Ist   die kleinste natürliche Zahl mit dieser Eigenschaft, dann heißt   die Periode des Zyklus. Falls dies für   zutrifft, wenn also   gilt, dann ist   ein Fixpunkt von   Offenbar ist ein periodischer Punkt von   dessen Periode gleich   ist, ein Fixpunkt von   Anhand der Ableitung kann man die Stabilität eines periodischen Punktes charakterisieren. Sei dazu

 

Dann heißt der periodische Punkt

  • stark anziehend, wenn  
  • anziehend, wenn  
  • indifferent, wenn  
  • abstoßend, wenn  

Durch Anwendung der Kettenregel sieht man, dass   für alle Punkte des Zyklus den gleichen Wert hat, und analog heißt dieser Zyklus dann (stark) anziehend, indifferent oder abstoßend.

Diese Namensgebung ist durch folgende Beobachtung motiviert: Für den Fall   verhält sich   in einer Umgebung des Fixpunktes   genauso wie   in einer Umgebung von Null. Unter Iteration wandern daher Werte immer näher an den Fixpunkt heran, wenn   gilt, und für   entfernen sich die Werte immer weiter vom Fixpunkt. Unter der Iteration zieht der Fixpunkt also Werte in seiner Umgebung an oder er stößt sie ab. Für   ist der Fall komplizierter, und für   werden die Werte mindestens so stark angezogen wie von   in einer Umgebung von  

Ist   ein anziehender Fixpunkt von   dann heißt die Menge

 

das Einzugsgebiet des Fixpunktes. Die Menge   besteht also aus allen Punkten, deren Orbit gegen   konvergiert. Offenbar enthält diese Menge den inversen Orbit von   Das   kommt vom englischen basin of attraction (Einzugsgebiet/Sammelbecken des Attraktors, hier also Sammelbecken eines anziehenden Fixpunktes oder Zyklus). Wenn   ein anziehender periodischer Zyklus der Periode   ist, dann hat jeder der Fixpunkte   sein Einzugsgebiet, und   bezeichnet die Vereinigung dieser Einzugsgebiete.

Definition

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Eine mögliche Definition der Julia-Menge geschieht über die Menge ihrer abstoßenden periodischen Punkte:

 

wobei „Abschluss“ den topologischen Abschluss meint. Dies ist die Definition, auf der Julia seine Theorie aufbaute. Ausgangspunkt der Fatouschen Arbeit war eine andere, weiter unten angegebene Definition.

Jedes Element der Julia-Menge lässt sich also als Grenzwert einer konvergenten Folge darstellen, die nur aus abstoßenden periodischen Punkten von   besteht.

Grundlegende Eigenschaften

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Einige Eigenschaften der Julia-Menge sind:

  1. Die Menge der abstoßenden periodischen Punkte ist dicht in  
  2.   und enthält überabzählbar viele Punkte.
  3.  
  4. Die Julia-Mengen von   und   sind identisch.
  5. Für jedes   aus   ist der inverse Orbit   dicht in  
  6. Ist   ein anziehender Zyklus von   dann gilt für das Einzugsgebiet des Zyklus und dessen Rand:   und  
  7. Sei   ein Element der Julia-Menge und   eine Umgebung von   Dann gibt es eine natürliche Zahl   mit  
  8. Falls die Julia-Menge innere Punkte hat, dann gilt  

Erläuterungen

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  1. Dies folgt direkt aus der gegebenen Definition.
  2. Jede rationale Funktion hat einen beachtlichen Vorrat an abstoßenden periodischen Punkten.
  3. Die Julia-Menge ist invariant unter   Wendet man   punktweise auf die Julia-Menge an, ist das Ergebnis wieder die Julia-Menge. Gleiches gilt für die Menge der Urbilder.
  4. Folgt durch Induktion aus dem vorherigen Punkt.
  5. Dieser Punkt inspiriert zu einem Verfahren zur Visualisierung der Julia-Menge durch Rückwärts-Iteration. Allerdings sind die Urbilder nicht gleichverteilt in   und die Urbilder sind im Allgemeinen nicht einfach zu bestimmen.
  6. Diese Eigenschaft ist für ein bildgebendes Verfahren einsetzbar, wenn man einen anziehenden Zyklus kennt. Liegt ein Punkt im Einzugsgebiet dieses Zyklus, färbt man ihn zum Beispiel weiß, ansonsten schwarz. Die Julia-Menge ist dann die Grenze zwischen den beiden Gebieten. Außerdem sagt diese Eigenschaft, dass die Julia-Menge in vielen Fällen fraktale Eigenschaften haben muss. Hat die Funktion   z. B. mehr als zwei anziehende Fixpunkte   dann gilt
        
    das heißt, jeder Punkt der Julia-Menge liegt auf dem Rand jedes Einzugsgebietes; und alle Einzugsgebiete haben denselben Rand.
  7. Aus einem beliebig kleinen Stück lässt sich die Julia-Menge rekonstruieren, indem man die Funktion   endlich oft (punktweise) darauf anwendet. Zudem besitzt die Julia-Menge keine isolierten Punkte.

Kritische Punkte

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Ein Punkt   heißt kritischer Punkt von  , wenn   in keiner Umgebung von   umkehrbar ist. Ist   differenzierbar, dann ist ein kritischer Punkt durch

 

charakterisiert. In jedem Einzugsgebiet, das zu einem (stark) anziehenden Attraktor gehört, liegt mindestens ein kritischer Punkt. Indem man die kritischen Punkte einer Funktion betrachtet, können daher Aussagen über die Dynamik dieser Funktion getroffen werden.

Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Mandelbrot-Menge, deren Bezug zu bestimmten Julia-Mengen weiter unten erläutert wird. Die Mandelbrot-Menge kartographiert das unterschiedliche Verhalten des kritischen Punktes   der Abbildung   für verschiedene Werte von  

Julia-Mengen von Polynomen

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Julia-Mengen der Funktion   für unterschiedliche Parameter  .
Dieser steht jeweils unter jeder Grafik.

Eine einfache Art, die Julia-Menge eines Polynoms   zu definieren, ist mittels der Rekursion

 

mit einem Startwert  

Die Menge   definiert man als die Menge aller komplexen Zahlen   deren Betrag nach beliebig vielen Iterationsschritten beschränkt bleibt. Die Julia-Menge   ist dann der Rand dieser Menge.   wird als ausgefüllte Julia-Menge oder gelegentlich auch unpräzise als Julia-Menge selbst bezeichnet. Man kann nachweisen, dass   beschränkt ist.

Diese Definition ist die direkte Umsetzung der Eigenschaft 6: Für ein Polynom ist   ein anziehender Fixpunkt. Die Julia-Menge ergibt sich also als Rand des Einzugsgebietes dieses Fixpunkts. Falls ein Punkt darin liegt, dann konvergiert er schließlich gegen   oder – bei Verwendung der Standardmetrik – sein Betrag wächst über alle Grenzen. Bleibt sein Betrag beschränkt, dann gehört er zum Einzugsgebiet eines anderen Attraktors oder zur Julia-Menge selbst.

Diese Definition wird in der Regel zur Erzeugung von Grafiken verwendet, da sie leicht in ein Computerprogramm übersetzt werden kann.

Für meromorphe Funktionen, deren Zählergrad um mindestens   größer ist als ihr Nennergrad, kann man die gleiche Definition verwenden, da auch für solche Funktionen   ein anziehender Fixpunkt ist.

Dynamik am Beispiel f(z) = z²

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Die Julia-Menge für   ist der Rand des Einheitskreises.

An diesem einfachen Beispiel lassen sich schon viele Eigenschaften der Julia-Menge nachweisen.

Die Funktion   hat drei Fixpunkte:   Für diese Punkte gilt   Da die Ableitung in   und in   verschwindet, sind diese beiden Fixpunkte anziehende Fixpunkte, während   abstoßend ist. Alle Startwerte, deren Betrag kleiner als   ist, konvergieren gegen   und alle Startwerte, deren Betrag größer als   ist, konvergieren gegen  

 
 

Im verbleibenden Fall   liegt   auf dem Einheitskreis, hat die Darstellung   und es gilt   Anwendung von   verdoppelt also lediglich den (reellen) Exponenten in der Polarkoordinatendarstellung, der Betrag der Zahl bleibt immer gleich  . Der Exponent   kann immer so gewählt werden, dass er im halboffenen Intervall   liegt. Betrachtet man nur die Wirkung von   auf die Variable   im Exponenten, dann entspricht   der Abbildung

 

auf dem reellen Intervall   das heißt einer Multiplikation mit  , wobei nur die Nachkommastellen relevant sind. Der Fixpunkt   von   wird zum Fixpunkt   von  . Iteriert man den Wert   mit  , dann ergibt sich die Folge

 

Also ist   ein periodischer Punkt, ebenso   In der Darstellung einer Zahl als Dualbruch werden durch die Multiplikation mit   nur die Ziffern um eine Stelle nach links geschoben, und die Vorkommastelle wird durch das „mod“ immer auf   gesetzt, wie am Beispiel   zu sehen ist:

 

Betrachtet man die Mengen

 
 ,

dann sieht man direkt, dass   die Menge der periodischen Punkte von   ist, weil die Nachkommastellen der Elemente von   periodisch sind. Die Menge der periodischen Punkte – das sind die rationalen Zahlen mit ungeradem Nenner – liegen dicht im Intervall   Mit der obigen Definition entspricht das Intervall der Julia-Menge von   Die Julia-Menge von   ist also der Rand des Einheitskreises  

 

Alle Elemente von   werden schließlich auf Null abgebildet, denn die Elemente von   haben eine abbrechende Dualentwicklung.   ist also der inverse Orbit von   unter  . Gemäß Eigenschaft 5 ist diese Menge dicht in der Julia-Menge: Die Zahlen mit abbrechender Dualentwicklung sind dicht im Intervall   Die Julia-Menge ist sowohl der Rand des Einzugsgebietes von   als auch der Rand des Einzugsgebietes von   (Eigenschaft 6).

Eigenschaft 7 lässt sich auch direkt nachweisen: Sei   eine Umgebung eines Punktes von   das heißt ein Teilstück des Einheitskreises der Länge   Ist die Länge kleiner als der Halbkreis, dann verdoppelt sich die Länge des Teilstücks mit jeder Anwendung von   Man wähle   daher so, dass   gilt und hat die komplette Julia-Menge überdeckt.

Alle rationalen Zahlen führen zu Folgen, die schließlich periodisch werden. Grund dafür ist, dass rationale Zahlen eine periodische Dualentwicklung haben. Entsprechend führen irrationale Zahlen zu Folgen, die nicht periodisch werden.

Dynamik quadratischer Polynome

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Die Julia-Menge für   Die Transformation   kann auf den ganzen violettfarbenen Teil der Fatou-Menge ausgedehnt werden.
 
Die Julia-Menge für   besteht aus Cantor-Staub.   kann nicht auf den ganzen violetten Bereich ausgedehnt werden.

Im allgemeinen Fall quadratischer Polynome genügt es, Polynome der Gestalt

 

zu betrachten, denn alle anderen quadratischen Polynome lassen sich durch eine lineare Koordinatentransformation in diese Darstellung bringen.

Ebenso wie bei der Normalparabel ist   ein anziehender Fixpunkt der Abbildung, und in einer Umgebung von   gibt es eine Transformation   die   in eine Normalparabel überführt:

 

Liegt ein Punkt   in dieser Umgebung und ist   dort umkehrbar, dann lässt sich zu dem Punkt mittels der Iterationsvorschrift das Urbild   finden:

 

Das Urbild wird so ausgewählt, dass die Transformation   stetig auf den neuen, größeren Bereich fortgesetzt werden kann. Durch dieses Verfahren kann die Umgebung, in der   die gleiche Dynamik hat wie   sukzessive vergrößert werden – zumindest so lange, wie die Funktion umkehrbar ist, solange man also durch Rückwärtsiteration nicht zu einem kritischen Punkt der Funktion gelangt. Entscheidend für die Dynamik ist daher das Verhalten des kritischen Punktes   Dies ist der einzige kritische Punkt außer  

Liegt   im Einzugsbereich von   dann kann die Transformation irgendwann nicht mehr weitergeführt werden, weil die Rückwärtsiteration zu diesem Punkt der Nicht-Umkehrbarkeit von   gelangt. Falls der Punkt   nicht gegen   strebt, dann kann der Homöomorphismus   auf alle Punkte außerhalb der Kreisscheibe ausgedehnt werden. In diesem Fall ist die Julia-Menge von   zusammenhängend.

Liegt   hingegen im Einzugsgebiet von   dann kann die Transformation nicht bis zur Kreisscheibe ausgedehnt werden, weil man zu einem Verzweigungspunkt, nämlich dem kritischen Punkt, gelangt. In diesem Fall kann es neben dem Attraktor   keinen anderen anziehenden Attraktor geben, denn jeder anziehende Attraktor enthält mindestens einen kritischen Punkt. In diesem Fall besteht die Julia-Menge aus Cantor-Staub und die Fatou-Menge hat nur eine einzige Zusammenhangskomponente.

Für das Lebesgue-Maß der Julia-Menge rationaler Abbildungen wurde lange entsprechend den Beispielen, in denen man es berechnen konnte, angenommen, dass es entweder   ist (Cantor-Staub) oder die ganze Riemann-Sphäre umfasst. Die Existenz von Julia-Mengen positiven Lebesgue-Maßes bei Iteration quadratischer Polynome wurde von Adrien Douady vermutet und 2005 von Xavier Buff und Arnaud Chéritat bewiesen.

Beziehung zur Mandelbrot-Menge

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Julia-Mengen zu verschiedenen Parametern lassen die Mandelbrot-Menge erkennen.

Diese beiden grundlegend verschiedenen Eigenschaften geben Anlass zur Definition einer Parametermenge, die alle komplexen Zahlen beinhaltet, für die der kritische Punkt   von   nicht nach   entweicht: die Mandelbrot-Menge

 

Das heißt, die Mandelbrot-Menge ist die Menge der Parameter   für welche die Rekursion   beschränkt bleibt, wenn man   wählt.

Die Mandelbrot-Menge ist also eine Beschreibungsmenge der Julia-Mengen quadratischer Polynome. Jedem Punkt   der komplexen Zahlenebene entspricht eine Julia-Menge. Eigenschaften der Julia-Menge lassen sich an der Lage von   relativ zur Mandelbrot-Menge beurteilen: Wenn der Punkt   Element der Mandelbrot-Menge ist, dann sind sowohl die Julia-Menge   als auch   zusammenhängend. Andernfalls sind beide Cantormengen unzusammenhängender Punkte. Liegt der Punkt in   dann besteht die Fatou-Menge aus zwei Zusammenhangskomponenten, nämlich aus dem von der Julia-Menge umgrenzten Gebiet sowie dem Einzugsgebiet von   Liegt   nicht in der Mandelbrot-Menge, dann besteht die Fatou-Menge nur aus dem Einzugsgebiet von  

Falls   in der Nähe des Randes der Mandelbrot-Menge liegt, dann ähnelt die entsprechende Julia-Menge den Strukturen der Mandelbrot-Menge in der näheren Umgebung von  

Graphische Darstellung der Julia-Mengen

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Zur graphischen Darstellung der ausgefüllten Julia-Mengen   in der zweidimensionalen komplexen Zahlenebene wird die Farbe eines Punktes danach gewählt, wie viele Iterationen notwendig waren, bis   da die Iteration für alle   mit   divergiert. Punkte, die nach einer vorgegebenen Maximalzahl von Iterationsschritten betragsmäßig kleiner als   sind, werden als konvergierend angenommen und in der Regel schwarz dargestellt. Die Wahl von   ist zwar möglich, allerdings ergeben sich für größere Werte wie   harmonischere Färbungen, die zudem gut den Äquipotentiallinien einer elektrisch aufgeladenen Julia-Menge entsprechen.

Die allgemeine Definition

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Für holomorphe oder meromorphe Funktionen   die keine Polynome sind, kann obiges Verfahren nicht angewendet werden, da die iterierten Funktionswerte im Allgemeinen für keinen einzigen Anfangswert gegen Unendlich laufen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Julia-Menge   für solche allgemeinen Funktionen zu definieren:

  •   ist dann die kleinste unendliche und abgeschlossene Teilmenge der komplexen Ebene, die invariant unter   ist, d. h., deren Bild und Urbild wieder ganz in der Menge enthalten ist. Beispielsweise ist für jedes Polynom   vom Grad   über den komplexen Zahlen der Rand der Menge   abgeschlossen, unendlich groß und invariant unter   Deswegen muss er die Julia-Menge von   enthalten. Dass der Rand in der Tat gleich der Julia-Menge ist, verlangt allerdings noch einige Arbeit.
  •   ist die Menge der Punkte, bei denen die Familie der iterierten Funktionen   nicht gleichgradig stetig auf jeder kompakten Teilmenge von   ist. Konkret: Gibt es zu gegebenem   ein   sodass in jeder noch so kleinen Umgebung um   ein Punkt   liegt, für den die iterierten Werte   und   irgendwann einen Abstand größer als   haben, so gehört   zur Julia-Menge von   Hierbei darf man allerdings die komplexe Zahlenebene nicht mit der euklidischen Metrik versehen, vielmehr muss man die komplexen Zahlen als Riemannsche Zahlenkugel auffassen und mit der entsprechenden sphärischen Metrik versehen. Nach dem Satz von Arzelà-Ascoli ist letztere Definition äquivalent zur Fatouschen Definition der Julia-Menge: Sei   eine rationale (oder meromorphe) Funktion auf der Riemannschen Zahlenkugel   Dann heißt ein Punkt   normaler Punkt von   falls die Familie der Iterierten   in einer offenen Umgebung des Punktes   eine normale Familie (im Sinne von Montel) bildet. Die Menge aller normalen Punkte bezeichnen wir als Fatou-Menge   und ihr Komplement   bezeichnen wir als Julia-Menge   von  

Verallgemeinerung

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Man kann auch die ursprüngliche Definition auf die Algebra der Quaternionen ausweiten. Diese ist ein reell vierdimensionaler Raum, weshalb eine vollständige Darstellung einer Julia-Menge darin problematisch ist. Es ist aber möglich, den Schnitt einer solchen Julia-Menge mit einer dreidimensionalen Hyperebene zu visualisieren.

Beispiel-Bilder

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Siehe auch

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Literatur

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  • Alan F. Beardon: Iteration of rational functions. Springer, 1991.
  • Norbert Steinmetz: Rational iteration. Walter de Gruyter, 1993.
  • John Milnor: Dynamics in one complex variable. Princeton University Press, 2006, arxiv:math.DS/9201272.
  • Christoph Dötsch: Dynamik meromorpher Funktionen auf der Riemannschen Zahlenkugel. Zur Charakterisierung von Julia-Mengen. Diplomica Verlag, 2008, ISBN 3-8366-6026-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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Wiktionary: Julia-Menge – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Julia-Menge – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Julia-Mengen – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

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  1. A. Cayley: The Newton-Fourier imaginary problem. Amer J Math II 97, 1879.
  2. P. Blanchard: Complex Analytic Dynamics on the Riemann Sphere. Bull Amer Math Soc 11.