Wunderschön prächtige ist ein deutsches Marienlied.
Geschichte
BearbeitenEs entstand wahrscheinlich zwischen Beginn und Mitte des 18. Jahrhunderts in Österreich unter Rückgriff auf eine Laurentius von Schnüffis zugeschriebene Elegie (Mirantische Mayen=Pfeiff, 1692). In vielen differierenden Fassungen überlebte es als geistliches Volkslied und fand 1808 unter dem Titel Maria, Gnadenmutter zu Freyberg Aufnahme in von Arnims und Brentanos Sammlung Des Knaben Wunderhorn.[1] Zum Kirchenlied wurde es erst 1842 durch zwei theologisch fundierte Umdichtungen: Zum einen jene Johannes von Geissels (Speyerer Gesangbuch, 1842)[2] und zum anderen jene Heinrich Bones (Cantate! 1847).[3] Das Lied ist unter verschiedenen Text- und Melodieversionen in vielen Eigenteilen des Gotteslobes abgedruckt.
Textversionen
BearbeitenLaurentius von Schnüffis (1692)
BearbeitenClorus wegen grosser Lieb verlangt höchlich daß allerholde seeligste angesicht der Mutter Gottes zu sehen.
Ostende mihi faciem tuam.
Zeige mir dein Angesicht.
Cant.2.v.14. VUL
1. SOnnen=schön prächtige/
Uberauß mächtige Himmlische Frau/
Welcher auff ewig ich/
Knechtlich verbindend mich/
Billich mein Leben/
Alles beyneben/
Kindtlich vertrau’:
Für dise Treu=gethane Pflicht
Nur zeige mir dein Angesicht.[4]
2. [...]
Johannes von Geissel (1842)
Bearbeiten1. Wunderschön Prächtige,
Hohe und Mächtige,
Liebreichholdselige, himmlische Frau,
Der ich mich ewiglich
Weihe herzinniglich,
Leib dir und Seele zu eigen vertrau;
Gut, Blut und Leben
Will ich dir geben,
Alles, was immer ich hab, was ich bin,
Geb ich mit Freuden, Maria, dir hin.
2. Schuldlos Geborene,
Einzigerkorene,
Du, Gottes Tochter und Mutter und Braut,
Die, aus der Reinen Schaar
Reinste, wie keine war,
Selber der Herr sich zum Tempel gebaut;
Du makellose
Lilien-Rose,
Krone der Erde, der Himmlischen Zier,
Himmel und Erde sie huldigen dir.
3. Du Treubewährete
Und Hochverklärete,
Bist auf dem Meer uns ein leitender Stern;
Du Hocherhobene,
Strahlenumwobene,
Du bist die Nächste am Throne des Herrn;
Dich schuf die Milde
Zum Gnadenbilde,
Drum auch, was Himmel und Erde umschließt,
Mutter der Gnade, Maria, dich grüßt.
4. Gottesgebärerin,
Heiland-Ernährerin,
Mutter, an Freuden und Schmerzen so reich,
Welche der Schuldigen
Wär dir geduldigen
Mutter an Reinheit und Tugend je gleich?
Du Gottgeweihte,
Hochbenedeite
Mutter und Jungfrau, du schuldlos allein,
Woll eine Mutter uns Sündern auch sein!
5. Allzeit Sanftmüthige,
Milde, Grundgütige,
Mutter des Heilands, voll Gnade und Huld,
Bitt für uns sündige
Menschen, verkündige
Du uns vom Sohne Verzeihung der Schuld,
Steh, wenn wir scheiden,
Du uns zur Seiten,
Sühne den furchtbaren Richter uns du,
Führe dem göttlichen Sohne uns zu![2]
Heinrich Bone (1847)
Bearbeiten1. Wunderschön Prächtige,
Große und Mächtige,
Liebreich holdselige, himmlische Frau;
Welcher ich ewiglich
Kindlich verbinde mich,
Ja mich mit Leib und mit Seele vertrau!
Gut, Blut und Leben
Will ich ihr geben;
Alles, ja Alles, Gedanken und Sinn,
Geb‘ ich mit Freuden, Maria, dir hin!
2. Sonnenumglänzete,
Sternenbekränzete,
Leuchte und Trost auf der nächtlichen Fahrt;
Vor der verderblichen
Makel der Sterblichen
Hat dich die Allmacht des Vaters bewahrt
Selige Pforte
Warst du dem Worte,
Als es vom Throne der ewigen Macht
Gnade und Rettung den Menschen gebracht.
3. Gottesgebärerin,
Christi Ernährerin,
Wundersam Mutter und Jungfrau zugleich!
Herzenerquickende,
Seelenbeglückende
Quelle, an himmlischen Tröstungen reich!
O du Getreue,
Zu dir voll Reue
Schauen wir hoffend und flehend hinan,
Mutter, ach führ’ uns auf sicherer Bahn!
4. Du bist die Helferin,
Du bist die Retterin
Fürstin des Himmels und Mutter des Herrn!
Spiegel der Reinigkeit,
Stärke der Christenheit,
Arche des Bundes, hell leuchtender Stern!
Liebreich dich wende,
Frieden uns sende,
Mutter, ach wende die Augen uns zu,
Lehr‘ uns in Demuth zu wandeln wie du.
5. Einst auch Betrübete,
Vielfach Geübete,
Kennest der Seelen tief innersten Schmerz;
Niemand je untergeht,
Der zu dir kindlich fleht,
Keinen verachtet dein mütterlich Herz;
Tröst uns im Leiden,
Stärk uns im Scheiden,
Bitte für uns deinen göttlichen Sohn,
Wann er uns ruft vor den ewigen Thron.
[3][5]
Literatur
Bearbeiten- Hansjakob Becker: Geistliches Wunderhorn: Große deutsche Kirchenlieder. C.H. Beck, München 2001, ISBN 3-4064-8094-2, S. 345–355.
- Hermann Kurzke, Christiane Schäfer: Marienlieder im Spiegel der Gesangbuchgeschichte. In: Herder Korrespondenz, 62, 2008, S. 578–582.
- Hermann Kurzke, Christiane Schäfer: Mythos Maria. Berühmte Marienlieder und ihre Geschichte. C.H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66956-9, S. 236–269, DOI:10.17104/9783406669576-236.
- Christiane Schäfer: „Wunderschön prächtige“. Geschichte eines Marienliedes (= Mainzer hymnologische Studien; 18). Francke, Tübingen 2006, ISBN 3-7720-8160-6 (Zugleich: Dissertation Universität Mainz, 2004).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Achim von Arnim, Clemens von Brentano (Hrsg.): Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Mohr Und Zimmer, Heidelberg 1808, S. 179 f.; Wikimedia Commons.
- ↑ a b Katholisches Gesangbuch für das Bistum Speyer. Kranzbühler, Speyer 1842; hier nach: Johannes von Geissel: Schriften und Reden. Band 2. DuMont-Schauberg, Köln 1869, S. 311 f.; Wikimedia Commons.
- ↑ a b Heinrich Bone: Cantate! Catholisches Gesangbuch nebst Gebeten und Andachten für alle Zeiten und Feste des Kirchenjahres. Mainz 1847, S. 212 f.; Wikimedia Commons.
- ↑ Laurentius von Schnüffis: Mirantische Mayen-Pfeiff. Oder Marianische Lob-Verfassung: In Welcher Clorus, ein Hirt, der Großmächtigsten Himmels-Königin, und Mutter Gottes Mariae unvergleichliche Schön- Hoch- und Vermögenheit anmüthig besingt. Geist- und Weltlichen, auch Predigern, sehr nutzlich, und annehmlich zu lesen. Mit schönen Kupffern, und gantz neuen Melodeyen gezihrt. Johann Kaspar Bencard, Dillingen 1692, S. 323; digitale-sammlungen.de.
- ↑ Heinrich Bone (Hrsg.): Melodieen zu dem katholischen Gesangbuche Cantate. Schöningh, Paderborn 1852, Lied-Nr. 378, S. 78 (nbn-resolving.org).