Niko Alm

österreichischer Bürgerrechtler und Unternehmer

Nikolaus „Niko“ Alm (* 30. August 1975 in Wien[1]) ist ein österreichischer Unternehmer, Publizist,[2] Politiker (Die Bierpartei, ehemals NEOS) und Politik-Aktivist für Laizität.[3] Er ist Gründer der Initiative gegen Kirchenprivilegien, der Laizismus-Initiative[3] und Gründungsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung in Österreich.[4] Niko Alm war von Oktober 2013 bis Ende März 2017 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat.[5][6] Von 2017 bis zu deren Einstellung im Jahr 2020 war Niko Alm Geschäftsführer des Medienprojekts Addendum.[7][8][9]

Niko Alm, 2016

Alm studierte Publizistik und Philosophie. Zunächst war er als freischaffender Musikjournalist und Designer tätig, danach gründete er und wurde Geschäftsführer des Marketing-Unternehmens voortekk. 2001 gründete er Super-Fi, deren Geschäftsführer er auch wurde. Super-Fi umfasst eine Gruppe von Unternehmen, die in Bereichen wie Marketing, Musikplattformen, Social Media und Magazinen tätig sind. Im Jahr 2013 verkaufte Alm seine Anteile an Super-Fi an VICE. 2005 übernahm er die Herausgeberschaft des Popkulturmagazins The Gap und wechselte 2007 als Herausgeber zur österreichischen Ausgabe von VICE, wo er auch bis März 2016 als Geschäftsführer der VICE CEE Holding tätig war.[10]

Tätigkeit als Religionskritiker

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Alm wurde in österreichischen Medien als bekennender Atheist und Religionskritiker bekannt.[11][12] Er engagiert sich für eine Trennung von Staat und Religion und spricht sich somit für Laizität aus. Nach seiner Auffassung ist die logische Konsequenz einer solchen Trennung die Beseitigung sämtlicher Privilegien und eine Neuverhandlung des Konkordats nach diesen Gesichtspunkten.[13]

Im Jahr 2009 wollte Alm Busse der Wiener Linien mit dem Spruch „Es gibt keinen Gott“ versehen, wobei die Wiener Linien eine Affichierung untersagten. Die Sujets wurden daraufhin auf der Wiener Mariahilfer Straße plakatiert.[14] Die Aktion stand im Zusammenhang mit der Atheist Bus Campaign. Im Jahr 2010 warb er mit der Aktion Religionsfreiheit? Lasst uns selbst entscheiden! dafür, dass Schulkinder bis zu ihrer Religionsmündigkeit (14 Jahre) Ethikunterricht statt Religionsunterricht erhalten sollen. Die Aktion wurde auf Deutsch und Türkisch durchgeführt.[15] Im Mai 2011 übernahm Alm von Heinz Oberhummer den Vorsitz des Zentralrates der Konfessionsfreien.[16]

Im Juli 2011 erregte der Anhänger der religionsparodistischen Bewegung des Fliegenden Spaghettimonsters Aufsehen, als er sein offizielles Führerscheinfoto veröffentlichte, auf dem er ein Nudelsieb als Kopfbedeckung trägt.[17][18] Alm gab an, dass damit bei den österreichischen Behörden das Nudelsieb als religiöse Kopfbedeckung akzeptiert wurde. Die Behörden gaben jedoch an, dass das Foto unabhängig jeglichen religiösen Zusammenhangs genehmigt wurde. Bei einem Führerscheinbild müsse im Gegensatz zum Passfoto bloß gewährleistet sein, dass der Kopf und das Gesicht erkennbar und vollständig abgebildet ist.[19][20] In § 2 Abs 1 Z 1 lit. h Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung heißt es dazu noch weniger dezidiert: „[E]in Lichtbild, mit einer Höhe zwischen 36 und 45 mm und einer Breite zwischen 28 und 35 mm, wobei der Kopf erkennbar und vollständig abgebildet sein muss,“ womit es auch keine Vorgaben das Gesicht betreffend gibt. In den Medien wurde die Aktion als Vorführung der besonderen Behandlung der Religion kolportiert.[13][18] Alm selbst begründete die Aktion damit, dass er ein sehr sensibles Organ für Privilegien der Kirchen und Religionsgesellschaften habe und es als Demokrat nicht akzeptiere, dass manche gleicher seien als andere, vor allem wenn sie ihre Sonderrechte auf unbeweisbare Behauptungen stützen würden.[13]

Im April 2013 fand die Eintragungswoche für das von Alm mitinitiierte Volksbegehren Initiative gegen Kirchenprivilegien statt.[21] Dieses wurde von 56.673 Personen (das sind 0,89 Prozent der Wahlberechtigten) unterschrieben.

Im Februar 2019 veröffentlichte er im Residenz Verlag das Buch Ohne Bekenntnis: Wie mit Religion Politik gemacht wird. Zentraler Punkt der für Laizität eintretenden Publikation ist u. a. die Frage wie frei die Politik von Religion ist, gebunden etwa durch die Konkordate des frühen 20. Jahrhunderts.[22]

Alm tritt als einer der Protagonisten im Dokumentarfilm I, Pastafari: A Flying Spaghetti Monster Story (2019) auf.

Politischer Werdegang

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Im Februar 2013 wurde bekannt, dass Alm, der bei der Landtagswahl in Niederösterreich 2003 für die Grünen kandidiert und bei den Nationalratswahlen 2006 und 2008 mit seiner Agentur Super-Fi jeweils die Wahlkampagne dieser Partei organisiert hatte, Aufträge der rot-grünen Wiener Stadtregierung u. a. des Universitätsbeauftragten Alexander Van der Bellen erhielt. Dies wurde kritisiert, da Politiker der Grünen kurz zuvor – im Zusammenhang mit ähnlichen Vorgängen im Innenministerium – für ein Verbot der Auftragsvergabe an parteinahe Agenturen eingetreten waren. Alm wies eine Nähe zu den Grünen zurück, die Partei bezeichnete die Berichte als „Schmutzkübel-Kampagne“.[23][24]

Im April 2013 stellte sich Alm den parteiinternen Vorwahlen der Partei NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum und erreichte den 17. Platz auf der Bundeswahlliste.[25] Auf der Landeswahlliste für Wien wurde er auf den zweiten Platz gereiht.[26] Bei der Nationalratswahl am 29. September 2013 erreichte die Partei 5 %[27] und zog somit erstmals ins Parlament ein. Alm selbst konnte dabei ein Mandat im Landeswahlkreis Wien erzielen.[5] In der Folge fungierte Niko Alm im Parlamentsklub von NEOS als Sprecher für Wirtschaft (Start-ups, EPU, KMU), Netzpolitik, Medienpolitik, Weltraum und Inneres. Er war vorübergehend auch Sprecher für Tierschutz, Sport, Landesverteidigung und Religion.[28]

Am 30. März 2017 erklärte Niko Alm überraschend seinen Rücktritt als Nationalratsabgeordneter, da er eine Führungsposition in einem neu aufzubauenden Medienunternehmen annehmen werde und diese privatwirtschaftliche Betätigung nicht vereinbar sei mit der Ausübung eines Nationalratsmandats. Wie später bekannt wurde, handelt es sich bei diesen Medienunternehmen um die Rechercheplattform Addendum.[7] Seine Nachfolgerin im Klub von NEOS wurde Karin Doppelbauer.[6] Sein Mandat im Landeswahlkreis Wien erhielt Claudia Gamon, das dadurch frei gewordene Mandat auf der Bundesparteiliste Karin Doppelbauer.[29]

Bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2020 kandidierte Alm für die Bierpartei und errang einen Sitz in der Bezirksvertretung des Bezirks Landstraße.[30]

Veröffentlichungen

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  • Niko Alm: Ohne Bekenntnis – Wie mit Religion Politik gemacht wird. Residenz Verlag, Wien 2019, ISBN 978-3-7017-3456-6
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Commons: Niko Alm – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Dossier Niko Alm, Abgeordneter zum Nationalrat, NEOS. In: Meine Abgeordneten. Abgerufen am 1. August 2014.
  2. APA - Austrian Press Agency: Mateschitz-Projekt "Addendum" mit erstem Content online. Abgerufen am 4. Januar 2019.
  3. a b Das Kreuz mit dem Laizismus - derStandard.de. Abgerufen am 6. Januar 2019.
  4. Über uns – Webauftritt der Giordano-Bruno-Stiftung Österreich. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); (auf www.giordano-bruno-stiftung.de wird Niko Alm mehrmals erwähnt).@1@2Vorlage:Toter Link/www.giordano-bruno-stiftung.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  5. a b Welche Neos in den Nationalrat einziehen. In: derstandard.at. 30. September 2013, abgerufen am 4. April 2017.
  6. a b Neos-Abgeordneter Niko Alm legt Mandat zurück. In: DiePresse.com. 30. März 2017, abgerufen am 4. April 2017.
  7. a b Mateschitz-Projekt "Addendum" mit erstem Content online. In: Salzburger Nachrichten. 25. September 2017, abgerufen am 7. September 2018.
  8. Rechercheplattform wird eingestellt: Red-Bull-Boss hat keine Lust mehr auf "Addendum", DWDL.de, 4. August 2020
  9. Ziele nicht erfüllt: Addendum eingestellt, wienerzeitung.at, 4. August 2020
  10. Der Wiener Nudelpapst der Gottlosen. In: derStandard.at. 13. Juli 2011, abgerufen am 17. Juli 2011.
  11. Sie tun mir als Atheist ja leid. In: derStandard.at. 5. August 2009, abgerufen am 17. Juli 2011.
  12. Wer braucht das Kreuz? In: ORF-Sendung Club2. 19. November 2009, archiviert vom Original am 20. August 2010; abgerufen am 17. Juli 2011.
  13. a b c Niko Alm im Chat: „Habe Polizei nicht um Feststellung gebeten“. In: derStandard.at. 13. Juli 2011, abgerufen am 17. Juli 2011.
  14. „Es gibt keinen Gott. Auf uns kommt es an“: „Gottlose“ Kampagne wird in Wien gestartet. In: NEWS Online. 15. Juli 2009, abgerufen am 17. Juli 2011.
  15. Zu jung für Gott? Niko Alm will Kinder selbst entscheiden lassen. In: diepresse.com. 28. Oktober 2010, abgerufen am 17. Juli 2011.
  16. Niko Alm neuer Vorsitzender der Konfessionsfreien. In: derStandard.at. 11. Mai 2011, abgerufen am 17. Juli 2011.
  17. Im Namen des Spaghetti-Monsters. Führerscheinfoto mit Nudelsieb. In: Spiegel online. 13. Juli 2011, abgerufen am 13. Juli 2011.
  18. a b Austrian driver allowed 'pastafarian' headgear photo. In: BBC Europe. 14. Juli 2011, abgerufen am 17. Juli 2011 (englisch).
  19. „Nudelsieb-Foto“ nicht aus religiösen Gründen genehmigt. In: ORF.at. 13. Juli 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Juli 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/religion.orf.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  20. Nudelsieb doch nicht aus religiösen Gründen genehmigt. In: derStandard.at. 13. Juli 2011, abgerufen am 17. Juli 2011.
  21. Erfolgloseste Initiativen der Geschichte, auf orf.at, abgerufen am 23. April 2013
  22. Ohne Bekenntnis. Abgerufen am 26. Februar 2019.
  23. Stadt-Aufträge an Ex-Agentur: Grüne in Kritik. In: Die Presse, 22. Februar 2013
  24. Grüne in Erklärungsnöten: Ex-Agentur auf Wiens Payroll. In: Die Presse, 21. Februar 2013
  25. Ergebnisse der Vorwahl (Memento vom 5. April 2017 im Internet Archive) zur Nationalratswahl 2013 – Webauftritt von NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum
  26. NR-Wahl: Landeslisten bei Neos erstellt. In: ORF.at. 8. Mai 2013, abgerufen am 4. April 2017.
  27. Endergebnis der Nationalratswahl 2013 inklusive aller Wahlkartenergebnisse – BMI.
  28. NEOS: Strolz ersetzt "Pastafari" Alm als Religionssprecher nachrichten.at, OÖN, 10. Juni 2014, abgerufen am 30. März 2017.
  29. Claudia Angela Gamon auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
  30. Bierbrunnen & Co.: Ideen der Kleinparteien. In: wien.ORF.at. 30. September 2020, abgerufen am 2. Oktober 2020.