Rottermund
Rottermund, anfangs und in Preußen auch Rotermund, ist der Name eines ursprünglich aus Böhmen stammenden polnischen Adelsgeschlechts, das sich vor allem in Galizien und Wolhynien ausbreitete, späterhin, teilweise mit Grafentitel, auch in österreichischen, russischen und belgischen Diensten auftrat. Zweige der Familie bestehen bis heute.
Die Familie ist nicht zu verwechseln mit dem rügisch-pommerschen oder kurländischen Geschlecht Rotermund.
Geschichte
BearbeitenDie durchgängige Stammfolge des Geschlechts beginnt bereits mit Tomasz Rotermund (* ca. 1530).[1]
Am 21. Februar 1609 erhielten die deutschen Handelsleute Jan Rotermund und Stanisław Rotermund in Krakau auf Empfehlung des Bischofs von Łuck, Bernard Maciejowski und des Woiwoden von Krakau, Mikołaj Firlej, sowie des Woiwoden von Łęczyca, Stanisław Miński das polnische Indigenat bei Anerkennung ihres bereits in ihrer böhmischen Heimat geführten Wappens Karp vel Kotwica (Karpfen und Anker), dass ihrer Familie bereits von Kaiser Ferdinand am 15. November 1560 verliehen worden sein soll, mit Eintrag in die Kronmatrikel. Dasselbe Wappen ist auch auf dem Grab von A. Rotermund aus dem Jahr 1593 in der Marienkirche in Krakau zu sehen.
Die Vettern Samuel Rottermund und Tomasz Rottermund († 1682) Erbherren auf Klecze unterschrieben die Königswahl von 1648 in der Woiwodschaft Krakau.
1782 bzw. 1784 legitimiert sich der Erbherr von Zawadka Alexander Martin Rottermund bei der galizischen Landtafel als Ritter von Klecza. Ebenfalls dort legitimiert sich 1787 Andreas Adalbert Rottermund als Ritter von Ober-Klecza sowie Andreas Adalbert Rottermund desselben Jahres als adelig beim galizischen ständigen Collegium.[2]
Józef von Rotermund (* 1720; † 1775) war 1759 Oberst der königlich polnischen Artillerie, wurde zum Generalmajor und schließlich 1773 zu Generalleutnant befördert. Durch ihn wurde die preußische Linie der Familie gestiftet. Er besaß auch Reimannsfelde bei Elbing, das er seinem Sohn Ferdinand von Rotermund (* 1754), welcher zunächst königlich polnischer Kapitän war, vererbte.[3] Letzterer hatte jedoch nur eine Tochter Antonina von Rotermund (* 1797), die sich zunächst mit dem Kapitän der Kronenartillerie Kazimierz Cieciszewski h. Kolumna, ein weiteres Mal mit dem Kapitän der Kronenarmee Adam August von Heppen (* 1785) verheiratete. Das preußische Haus der Familie Rottermund erlosch somit.
In Wolhynien besaß Celestyn Rottermund (* ca. 1780) den Ort Pustomyty. Er vermählte sich mit Henrieta Działyńska z Działynia h. Ogończyk (* 1794; † 1869), Tochter des polnischen Magnaten und Patrioten Ignacy Działyński (* 1754; † 1797) und Witwe des königlich polnischen Generals Aleksander Błędowski h. Półkozic (* 1788; † 1831).[4] Sie veröffentlichte später ihre Lebenserinnerungen[5] – ein viel beachtetes Buch. Aus der Ehe ging ein Sohn Stanisław Edward Celestyn Rottermund hervor, der sich als Leutnant 1863 dem Januaraufstand anschloss. Bereits 1862 legitimierte Franciszek Rottermund mit seinen Söhnen Modest, Antoni und Jan Nepomucen seinen Adel in Wolhynien. 1862 legitimierten sich die polnischen Rottermund erneut und ließen sich in das dortige russische Adelsbuch eingetragen. Pustomyty blieb bis 1939 in Familienbesitz, der letzte Eigentümer war Edward Rottermund.
Gräfliche Linie
BearbeitenDer spätere k. u. k. Kämmerer[6] und Feldmarschallleutnant[7] Heinrich von Rottermund († 1815) erhielt am 11. Februar 1783 den erbländischen Grafenstand durch Kaiser Josef II.[8] Er vermählte sich 1802 mit Antonia von Belrupt-Tissac (* 1773).[9] Karl von Rottermund († nach 1820), Hofkonzipist der k. u. k. galizischen Hofkanzlei[10], Hofmeister und Kreiskommissar von Zolkow war mit Josepha von Beckh-Widmann-Stetter vermählt und hatte eine Tochter, Konstantia von Rottermund (* 1789; † 1842), welche mit Leopold Freiherr von Cazan (* 1764; † 1833), Kämmerer und Regierungsrat in Wien, vermählt war.[11] Mit ihr soll die gräfliche Linie bereits ihren Ausgang gefunden haben,[8] jedoch traten in Belgien noch mehrere Glieder der Familie als Grafen auf. So emigrierte 1831 Eduard Sylvester Rottermund (* 1814; † 1858) aus Pustomyty in Wolhynien zunächst nach Kanada, wurde dann aber zusammen mit Albert Modest Rottermund 1841 in Belgien eingebürgert. Udwest von Rottermund war dann 1846 Leutnant in der belgischen Armee. Valeri de Rottermund, erwarb 1851 das Hotel a la Ville d’Anvers.[12] Und schließlich war Eduard von Rottermund 1893 Besitzer einer belgischen Grube. Hier wurde von verschiedenen Autoren der Verdacht geäußert, es gebe keinerlei dahingehende Legitimation, sondern handele sich um eine Usurpation.[13] Augenscheinlich jedoch wurde der Titel offiziell nicht beanstandet.
Wappen
BearbeitenStammwappen
BearbeitenDer Schild ist schrägrechts von Rot über Blau geteilt und zeigt oben einen schrägrechten silbernen Anker, unten einen schrägrechten goldenen Karpfen; auf dem Helm mit rechts blau-goldenen, links rot-silbernen Decken zwischen einem schwarzen Flug der Karpfen pfahlweise.
Der königlich polnische Generalleutnant Józef von Rotermund führte ein abweichendes Wappen: Der Schild von Silber auf Blau gespalten, zeigt vorn drei pfahlweise gestellte Rosen, sowie hinten zwei dergleichen goldene Jagdhörner. Auf dem gekrönten Helm einen Pfauenschwanz.[14]
Gräfliches Wappen
BearbeitenDer Schild ist von Blau und Rot gespalten und zeigt rechts drei (2:1) goldene Lilien, links drei golden beschlagene schwarze Hifthörner mit goldenen Tragegurten übereinander, die Schallöffnungen nach links gerichtet; auf dem Helm mit rechts blau-goldenen, links rot-goldenen Decken fünf Straußenfedern, die von einem silbernen Pfeil von links nach rechts durchzogen sind.[15]
Einzelne Glieder der Familie wurden auch mit den Wappen Kotwicz und Odrowąż in Verbindung gebracht. So wurde den Rottermund in Wolhynien das Wappen Kotwicz[13] und den Grafen Heinrich und Karl von Rottermund das Wappen Odrowaz[15] zugeschrieben. Diese Zuweisungen beziehen sich jedoch in Reihenfolge auf den Anker und auf den Helmschmuck.
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Jan Rottermund, Unterstarost und Grodrichter von Oświęcim, 1628 Herr auf Klecze
- Joachim Rottermund, 1755–1760 Schatzschreiber der polnischen Krone
- Jozef Rottermund (v. Rotermund) (* 1720; † 1775), 1760 Herr auf Reimannsfelde bei Elbing, 1773 königlich polnischer Generalleutnant
- Andrzej Rottermund († 1807), 1790–1794 Kammerherr des Landes Lelów
- Wojciech Rottermund, 1788 Hofmeister der polnischen Krone
- Graf Heinrich von Rottermund († 1815), 1807 k. u. k. Kämmerer, 1809 k. u. k. Feldmarschalleutnant
- Graf Karl von Rottermund, 1802 Hofkonzipist der k. u. k. galizischen Hofkanzlei, 1820 k. u. k. Hofmeister, Kreiskommissar von Zolkow
- Andrzej Jan Rottermund (* 1941), polnischer Kunsthistoriker, Professor, Direktor des Königlichen Schlosses in Warschau
Literatur
Bearbeiten- Adam Boniecki: Herbarz polski. Warszawa 1899–1913, Bd. 5, S. 160
- Leopold von Ledebur: Adelslexikon der preußischen Monarchie. Berlin 1854, Band 2, S. 315
- Marek Jerzy Minakowski: Wielka Genealogia Minakowskiego. Kraków 2008 (e-publikation)
- George Adalbert von Mülverstedt (bearb.): J. Siebmachers großes Wappenbuch. Neue Siebmacher. Bd. 6. Abt. 4. Ausgestorbener preussischer Adel. Provinz Preußen (Ost- und Westpreußen). Nürnberg 1874, S. 22, Tfl. 14
- Kasper Niesiecki: Herbarz Polski. Leipzig 1839–1846, Bd. 8
- Friedrich Heyer von Rosenfeld, Ivan von Bojnčić (bearb.): J. Siebmachers's großes Wappenbuch. Nürnberg 1905, Band 4. Abt. 14. Der Adel von Galizien, Lodomerien und der Bukowina. S. 93, Tfl. 104; S. 199, Tfl. 242
- Tadeusz Gajl: Herbarz polski od średniowiecza do XX wieku : ponad 4500 herbów szlacheckich 37 tysięcy nazwisk 55 tysięcy rodów. L&L, 2007. ISBN 978-83-60597-10-1.
- Seweryn hr. Uruski: Rodzina, Herbarz szlachty polskiej. Warszawa 1904–1931, Bd. 15 (Bearbeitet von Aleksander Włodarski), S. 270
- Juliusz Karol Ostrowski: Księga herbowa rodów polskich. Warszawa 1897–1906, Cz. 2, Nr. 3178, 3197
- Jozef Szymanski: Herbarz rycerstwa polskiego z XVI wieku. Warszawa 2001, S. 255
- Barbara Trelińska: Album armorum nobilium Regni Poloniae XV-XVIII saec. Herby nobilitacji i indygenatów XV-XVIII w. Lublin 2001, S. 256/257, Nr. 606/607
- Emilian von Źernicki-Szeliga: Der Polnische Adel und die demselben hinzugetretenen andersländischen Adelsfamilien. Hamburg 1900, Band 2, S. 290
- Werner Zurek, Martin Cunow: Der polnische Adel und seine Familien mit Wappensammlung. 2010, S. 293 (Rotermund, gen. Rottermund h. Rotermund II.)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Minakowski: Wielka Genealogia Minakowskiego. Kraków 2008
- ↑ Karl Friedrich v. Frank: Standeserhöhungen u. Gnadenakte für das Deutsche Reich u. die Österreichischen Erbland bis 1806. Schl. Senftenegg 1973, Band 4
- ↑ Max Bär: Der Adel und der adlige Grundbesitz in Polnisch-Preußen zur Zeit der preußischen Besitzergreifung. Nach Auszügen aus den Vasallenlisten und Grundbüchern. Leipzig 1911, Nr. 48
- ↑ Minakowski: Genealogia potomków Sejmu Wielkiego. [1] (polnisch)
- ↑ Pamiątka przeszłości. Warszawa 1960 Archivierte Kopie ( des vom 19. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Wiener Taschenbuch für 1807. Wien 1807, S. 103u
- ↑ Antonio Schmidt-Brentano: Kaiserliche und k.k. Generale 1618-1815. Österreichisches Staatsarchiv/A. Schmidt-Brentano 2006 S. 84m (PDF-Datei; 443 kB)
- ↑ a b Emilian von Źernicki-Szeliga: Der Polnische Adel und die demselben hinzugetretenen andersländischen Adelsfamilien. Hamburg 1900, Band 2, S. 290
- ↑ GGT Gräfliche Häuser, 1859, S. 69
- ↑ Hof- und Staats-Schematismus der röm. kaiserl. auch kaiserl. königl. und erzherzoglichen Haupt- und Residenzstadt Wien. 1802, S. 59
- ↑ "Neues Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler." Band 17, Wien 1905
- ↑ Le Comte Valéry de Rottermund (französisch)
- ↑ a b Uruski: Rodzina, Herbarz szlachty polskiej. Warszawa 1904–1931, Bd. 15 (Bearbeitet von Aleksander Włodarski), S. 270
- ↑ Mülverstedt: Ausgestorbener preussischer Adel. Provinz Preußen (Ost- und Westpreußen). Nürnberg 1874, S. 22, Tfl. 14
- ↑ a b Rosenfeld, Bojnčić: Der Adel von Galizien, Lodomerien und der Bukowina. Nürnberg 1905, S. 93, Tfl. 104