Dharma

kosmische Ordnung von Natur und Gesellschaft einer Religion
(Weitergeleitet von Sanatana Dharma)

Dharma (der, Sanskrit धर्म dharma; Pali धम्म dhamma; thailändisch ธรรม, RTGS Tham; chinesisch , Pinyin ) ist ein zentraler Begriff vieler asiatischer Religionen (u. a. Hinduismus, Buddhismus, Jainismus und Sikhismus), der religionsabhängig unterschiedliche Bedeutungen hat. Dharma kann Gesetz, Recht und Sitte sowie ethische und religiöse Verpflichtungen und Werte umfassen, aber auch Religion, Ethik oder Moral im Allgemeinen oder konkrete religiöse Rituale, Methoden und Handlungen bezeichnen.[1]

Rad des Dharma (Museum Guimet, Paris)
Buddha im Lehrgestus (dharmachakramudra), Museum von Sarnath; unterhalb des Thronsitzes verehren seine Schüler das Rad der Lehre.

Dharma im Hinduismus

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Im Hinduismus ist Dharma einer der zentralen Begriffe und ist abgeleitet von der Wurzel dhṛ (‚halten‘).[1] Dharma, die hinduistische Ethik, bestimmt das Leben eines Hindu in vielfältiger Art und Weise. Persönliche Gewohnheiten, soziale und familiäre Bindungen, Fasten und Feste, religiöse Rituale, Gerechtigkeit und Moral, oft sogar die Regeln der persönlichen Hygiene und Essenzubereitung werden durch den Dharma bestimmt. Hindus sehen die Beachtung des Dharmas nicht nur als Voraussetzung für soziales Wohlergehen, sondern auch für eine gute persönliche Entwicklung. Von der Erfüllung des Dharmas hängt für sie das Karma ab, das die aus den Taten des Individuums entstandenen Resultate beinhaltet (Ursache und Wirkung).[2] Dennoch haben Hindus keinen bestimmten, allgemein gültigen Kodex, keine bestimmte Sammlung von Gesetzen, die für alle gleichermaßen verbindlich wären –, wie etwa die Zehn Gebote der Juden und Christen. Dem Dharma zufolge ist jedes Wesen des Universums an den Pflichten zu erkennen, die es erfüllen muss. Elefanten haben andere Pflichten als Pferde, Bäume eine andere Funktion als Gräser, Menschen wiederum andere Aufgaben als Blumen, Bienen oder Bären.

Arten des Dharma

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Grundsätzlich enthält der Dharmabegriff einige verschiedene Aspekte. Zwei Definitionen unterscheiden einerseits die kosmische, andererseits die menschliche Ordnung. Beide gehen ineinander über:

Sanatana-Dharma

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Der ewige, unveränderliche Dharma, Sanatana-Dharma (sanskrit सनातन धर्म sanātana dharma) bezeichnet die kosmische Ordnung, die das gesamte Universum erhält.[3] Dazu gehören sowohl die Naturgesetze[3] als auch die Weisheiten der Veden, der wichtigsten „Heiligen Schriften“ der Hindus. Nicht nur Menschen unterliegen dem Sanatana-Dharma, auch Tiere und sogar Pflanzen sowie das gesamte Universum. Nach Auffassung der Gläubigen geht Dharma aus dem Brahman hervor, dem Absoluten.

Sanatana-Dharma, „ewige Ordnung“, ist auch die Eigenbezeichnung der Hindus für ihre Religion.

Dharma als Ordnung der Gesellschaft

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Auf menschlicher Ebene ist Dharma die Ordnung der Gesellschaft, die wiederum verschiedene Aspekte beinhaltet. Prinzipiell kennt die hinduistische Tradition dreierlei Verpflichtungen:

  • gegenüber Göttern, von denen die Menschen alles bekommen – wird erfüllt z. B. durch Gebete und Verehrung
  • gegenüber den Rishis (den Weisen) und den Gurus (den Lehrern) – wird erfüllt z. B. durch Studium der Schriften
  • gegenüber den Vorfahren, von denen die Menschen ihre Körper haben – wird erfüllt z. B. durch das Aufziehen von Nachkommen

Die sozialen Pflichten und Verantwortungen des Varnashrama-Dharma hängen vom Alter, Lebensstadium, Geschlecht, von der Kaste und dem sozialen Status ab. Es gibt unterschiedliche Ordnungen und Gesetze für Personen in einer bestimmten Lebensstufe (Ashrama) sowie verschiedene Vorschriften für die einzelnen Mitglieder der vier Stände der Gesellschaft – die Varnas.[4]

Das in den Schriften beschriebene Ideal der vier Lebensstadien (Ashrama) ist mit bestimmten sozialen Pflichten verbunden. Es teilt das Leben eines jeden Menschen in vier Phasen ein:

  • Brahmacarin (Schüler)
  • Grihastha (Haushalter)
  • Vanaprastha (in die Waldeinsamkeit Gehender)
  • Samnyasin (die Welt Aufgebender)

Die Pflicht des Schülers ist, zu lernen und soziale Dienste zu leisten. Als „Haushalter“ soll man heiraten, Kinder haben, die Familie versorgen, den Bedürftigen geben, den sozialen und politischen Bedürfnissen der Gemeinschaft dienen. In die „Waldeinsamkeit“ soll man erst gehen, wenn die familiären Pflichten erfüllt sind. Dann kann man sich von materiellen Dingen lösen und seine eigene Philosophie finden. Die allerletzte Lebensphase ist der Zeitpunkt, die Welt aufzugeben und sein Ziel in der Erlösung zu finden.

Die ersten beiden Stufen, Brahmacarin und Grihastha sind in den Hindu-Alltag integriert. Selten geht jemand wirklich in die „Waldeinsamkeit“ oder zieht sich als Einsiedler aus der Welt zurück. Stattdessen herrscht in der modernen Welt die Sitte, dass die Älteren alle Aufgaben abgeben und sich innerhalb des Hauses zurückziehen, um sich religiösen Aktivitäten zu widmen.

Der Kastendharma beinhaltet unterschiedliche Gesetze für jede Gruppe der Gesellschaft: Hier weisen die hinduistische Tradition sowie die alten Gesetzgeber jedem innerhalb der Gesellschaft eine bestimmte Aufgabe sowie spezifische moralische Anforderungen zu. Früher musste beispielsweise jeder den Beruf und die Pflichten seiner Familie, seiner Kaste übernehmen. Diese Tradition ist noch immer lebendig, jedoch längst nicht mehr unumstößlich. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann heute jeder jeden Beruf ergreifen.

Allgemeine Dharmas

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Viele Regeln sind auf jeweils eine bestimmte Gruppe von Menschen zugeschnitten, dagegen gelten folgende Sadharana Dharmas als allgemeine Verhaltensregeln für jeden.[5] Sie kommen in den verschiedenen Schriften an vielen Stellen als besonders wichtige Tugenden regelmäßig vor. Besonders häufig scheinen auf:

Wahrhaftigkeit (satyam), Enthaltung von Gewalt (ahimsa), Zornlosigkeit (akrodha), Freigebigkeit (danam), Enthaltung von Diebstahl (asteyam), rituelle, geistige und körperliche Reinheit (saucam), Zügelung der Sinne (indriya-nigraha), Nachsichtigkeit und Verzeihung (ksama), Selbstkontrolle (dama), Urteilskraft (dhi), Mildtätigkeit (dana), Mitgefühl (daya), Gastfreundschaft (atithi). Die Auswahl enthält keine Rangordnung. Ähnliche Regeln sind im Yoga in den Yamas und Niyamas formuliert.

Die Bhagavadgita geht an mehreren Stellen auf wichtige Tugenden ein:

Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Entsagung, Frieden, Nicht-Verleumdung, Mitgefühl für die Lebewesen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit, Lichtvolle Stärke, Vergebung, Beständigkeit, Reinheit, Fehlen von Feindseligkeit, Nicht-Hochmut – dies sind die Gaben des Menschen von göttlicher Natur. (Kap. 16.2–3).

Auch die Sorge um den Mitmenschen ist ein besonders wichtiges Kriterium des Hindu-Dharma: So postuliert etwa das Mahabharata: Mitgefühl und Güte ist der höchste Dharma der Guten (Kap. 13.5–23).

Jeder Hindu kann die „sechs Feinde“ aufzählen: kama (weltliche Begierden) krodha (Zorn), lobha (Gier, Geiz), moha (Verblendung, geistige Dunkelheit), mada (Hochmut) sowie matsarya (Eifersucht und Neid).

Vier legitime Ziele

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Dharma ist eines von ‚vier legitimen Zielen‘ im menschlichen Leben (purusharthas), wobei die beiden letzten Ziele als die höchsten gelten:

  • Artha: Wohlstand und Erfolg
  • Kama: weltlicher Genuss, Lust, Sexualität
  • Dharma: kosmisches und soziales Gesetz, Tugend, Moral
  • Moksha: Erlösung

Hindus lehnen weltliches Streben, Lust und Streben nach Wohlstand nicht als unmoralisch ab, jedoch haben die beiden letzteren Ziele einen höheren Stellenwert. Für das tägliche Leben ist die Erfüllung des Dharma das wichtigste Leitziel.

Quellen des Hindu-Dharma

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Wichtige Quellen zum Erlernen des Dharmas sind die eigene Tradition, die Vorfahren sowie die Anleitungen eines Gurus, immer jedoch im Einklang mit den Veden.[6] Unverzichtbare Anleitungen findet man auch in den Puranas, den alten Büchern über die Götter, in den Epen Ramayana sowie Mahabharata, die in hinduistischen Ländern einen hohen Stellenwert haben. Sie geben jedem in der Gesellschaft einen Leitfaden – ohne jedoch für alle verbindliche Gesetze vorzuschreiben. Durch diese freie Entscheidung kann auch der Widerspruch zwischen dem Anspruch der überlieferten Tradition und den Erfordernissen des modernen Lebens gelöst werden.

Alte Rechtsbücher sind die Dharmashastras von verschiedenen ‚Gesetzgebern‘, wovon Manu (zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr.) der bekannteste ist. Dort sind genaue Regeln für alle Lebensabschnitte, alle Kasten sowie für Männer und Frauen festgehalten. Obwohl Manu noch heute große Verehrung zukommt, erheben Hindus keinen Anspruch auf Erfüllung seiner alten Gesetze. Zwar suchen viele Hindus heute noch Richtlinien darin und zitieren ihn, keiner jedoch würde heutzutage diese Schriften noch als allgemein gültige Anweisung verstehen. Frauenrechtlerinnen und Kastengegnern sind seine Vorschriften oft ein Dorn im Auge.

Dharmashastras, die Epen, Puranas und Gesetzbücher, gehören zu den Smritis und sind darum nicht von unumstößlicher Autorität. Ausdrücklich gehen Hindus davon aus, dass der Dharma zwar ewig sei, inhaltlich jedoch veränderbar und nicht zu allen Zeiten gleich ist.[7] War etwa bei den Helden des Mahabharata noch die Vielehe üblich, würde das heute gegen die sozialen Sitten der Hindus verstoßen; wurde früher Dieben noch die Hand abgehackt, ist eine solch radikale Strafmaßnahme heute undenkbar.

Personifizierung des Dharma

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Dharma als Rechtschaffenheit erscheint im Mahabharata auch in Gestalt eines eng mit dem Totengott Yama verbundenen Gottes, der als mythischer Vater von Yudhishthira, dem ältesten der fünf Pandava-Brüder in Erscheinung tritt. Im späteren Verlauf der Geschichte tritt er als Kranich und als Waldgeist (yaksha) auf und stellt ethisch-moralische Fragen, die Yudhishthira – im Gegensatz zu seinen Brüdern, die deshalb sterben müssen – auch beantwortet, so dass er am Ende der Episode selbst als Verkörperung der Rechtschaffenheit bezeichnet wird.

Dharma im Buddhismus

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Dem Begriff Dharma (Sanskrit) bzw. Dhamma (Pali) kommen im Buddhismus verschiedene kontextabhängige Bedeutungen zu. In einer der möglichen Lesarten bezeichnet er die Lehre Buddhas. Der Dharma als das vom Buddha erkannte und verkündete Daseinsgesetz beinhaltet die Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten und bildet in der Zufluchtsformel „Ich nehme Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha“ eines der ‚Drei Juwelen‘, die auch als die ‚Drei Zufluchtsobjekte‘ bezeichnet werden. Vor diesem Hintergrund gilt der Dharma als ein Meditationsobjekt der Zehn Betrachtungen (anussati). Im Mahayana und Vajrayana verweist der Begriff neben der Lehre Buddhas zudem auf die Lehren der großen Bodhisattvas und aller Meister, die in der Nachfolge Buddhas Erleuchtung erlangt haben. Darüber hinaus ist das Wort als Sammelbezeichnung für die Gesamtheit aller Phänomene gebräuchlich.

Philosophische Bedeutung

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In seiner philosophischen Bedeutung, die insbesondere im Zuge der Abhidharma-Scholastik herausgearbeitet wurde, bezieht sich der Begriff dharma – hier klein geschrieben und meist im Plural verwendet – auf die grundlegenden, nicht weiter reduzierbaren Elemente, aus denen sich die menschliche Erfahrungswelt mit ihren mentalen und materiell-physischen Gegebenheiten zusammensetzt. Diese ‚Bausteine der Realität‘, für die sich in der buddhistischen Terminologie im deutschsprachigen Raum der von Helmuth von Glasenapp vorgeschlagene Fachausdruck ‚Daseinsfaktoren‘ weitgehend durchgesetzt hat, sind aufgrund ihrer unmittelbaren Einbindung in die buddhistische Heilslehre jedoch nicht mit Atomen im Sinne Demokrits vergleichbar, da sie grundsätzlich keine Substanz aufweisen. Ihre Darlegung soll weniger eine ontologische Welterklärung liefern, als vielmehr den Praktizierenden vor dem Hintergrund der Anatta-Lehre darüber aufklären, wie die Annahme eines beständigen Erfahrungsträgers – eines Selbst – zustande kommt und ihm einen praktisch nachvollziehbaren Leitfaden zur Seite stellen, um diese Annahme als eine auf Anhaftung beruhende Interpretation des bedingten Zusammenspiels der Daseinsfaktoren zu durchschauen, und sie auf dem Wege der meditativen Analyse schließlich leichter aufgeben zu können.[8][9]

Bedingte/Unbedingte Daseinsfaktoren

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Es wird bei dieser Klassifizierung eine grundlegende Unterscheidung zwischen ‚bedingten‘ und ‚unbedingten‘ Daseinsfaktoren vorgenommen. Die ‚bedingten‘ Daseinsfaktoren tragen die drei Daseinsmerkmale – sie treten in ständig wechselnden Kombinationen zusammen und werden als fluktuierende Potentialitäten verstanden, als punktuelle Kraft- oder Energiekonzentrationen, welche im Bedingungszusammenhang des Entstehens in Abhängigkeit (pratityasamutpada) sowie dem Gesetz des Karma folgend aufeinander einwirken und dadurch beim Menschen den Eindruck einer der Welt gegenüberstehenden, beständigen Person (pudgal) erwecken, dabei aber ebenso veränderlich sind wie das vielschichtige Spektrum an beobachtbaren Phänomenen, Zuständen und Ereignissen, das ihr Zusammenspiel in gegenseitiger Abhängigkeit hervorbringt. Auf die ‚unbedingten‘ dharmas, zu denen je nach Auslegung der einzelnen Schule das Nirvana und/oder der Sunyata gezählt wird, treffen die Aspekte der ‚Leidhaftigkeit‘ (dukkha) und ‚Vergänglichkeit‘ anicca hingegen nicht zu. Sie nehmen hier insofern eine Sonderrolle ein, als sie dem dynamischen Prozess von Entstehen und Vergehen nicht unterworfen sind. Auch die Buddha-Natur gilt als unvergänglich beziehungsweise ewig. Die Buddhanatur wird in manchen buddhistischen Lehrsystemen als die Natur des Geistes oder als klares Licht ursprünglichen Gewahrseins bezeichnet. Im Nirvana-Sutra wird die Buddha-Natur (Buddha-dhatu) vom Buddha selber als „das wahre Selbst“ Buddhas erklärt und als „beständig, fest und ewig“ (nitya, dhruva, sasvata) beschrieben. Sie wird auch mit dem Dharmakaya gleichgesetzt.

Entwicklung der Dharma-Lehre

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Die Dharma-Lehre in ihrer Form als komplex gegliedertes System konkretisierte sich erstmals im Korb der Abhandlungen des Pali-Kanon, der an den von Buddha Shakyamuni überlieferten Lehrreden anknüpft und diese durch eine nach bestimmten Themengebieten geordnete Zusammenfassung näher erläutert. Diese von Buddhas Schülern vorgenommene ausführliche Klassifizierung der dharmas sollte dazu dienen, eine analytische Grundlage für die Meditationspraxis zu schaffen und war somit als didaktisches Hilfsmittel gedacht. Auf diese Weise wird die Dharma-Lehre auch heute nach wie vor im Theravada gelehrt und praktiziert. Sie ist damit eine konsequente Fortführung der bereits über die zahlreichen Lehrreden Buddhas hinweg angesprochenen Kategorien ‚Bewusstsein und Geistesfaktoren‘ (nama) und ‚Körperlichkeit‘ (rupa), die in fünf Aneignungsgruppen (skandhas) untergliedert und schließlich in viele weitere Kategorien aufgefächert werden. Dazu gehören:

  • die ‚sechs Elemente‘ (dhatus) – Erde, Feuer, Wasser, Luft, Raum und Bewusstsein
  • die ‚zwölf Sinnesfelder‘ (ayatanas) – die sechs Sinnesorgane: Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Geist, und die sechs Sinnesobjekte: Sehobjekt, Klang, Geruch, Geschmack, Berührung, Denken sowie
  • die ‚achtzehn Elemente‘ (dhatus), welche die zwölf Sinnesfelder zuzüglich der ihnen entsprechenden Bewusstseinsarten umfassen

Es gibt im Buddhismus keine einheitliche Gesamtzahl aller Dharmas, sie variiert jeweils von Schule zu Schule und reicht dabei verschiedenen Auflistungen von 75 (im Sarvastivada) über 82 (Theravada) und 84 (Sautrantika), bis hin zu 100 (im Yogacara). Die einzelnen Faktoren wurden dabei zusätzlich mit den ihnen entsprechenden Kennzeichen ‚heilsam‘, ‚unheilsam‘ und ‚neutral‘ versehen.

Die Dharmatheorie wurde später von den scholastisch ausgerichteten Hinayana-Schulen weiter ausgearbeitet und auch von den nachfolgenden Strömungen des Mahayana übernommen, wobei hinsichtlich Natur und Status der Dharmas stark voneinander abweichende Auffassungen vertreten wurden. Während die zum Hinayana zählenden Schulen des Sautrantika und des Sarvastivada einen Disput darüber führten, ob die Dharmas nur in der Gegenwart oder in allen drei Zeitabschnitten wirksam seien, bzw. ob sie letztendliche Wirklichkeiten (paramattha) oder bloße Momente (kshanika) darstellten, wurden in den Schulen des Mahayana ausnahmslos alle Dharmas für ‚leer‘ (sunya) von einer Eigennatur (svabhava) erklärt und die strikte dichotome Trennung zwischen Bedingtem und Unbedingtem auf diese Weise relativiert. Die radikale Ausweitung der Leerheit (sunyata) auf alle Daseinsfaktoren (dharmasunyata), welche sich ansatzweise bereits im Mahasanghika abzeichnete, geht neben dem zunehmenden Einfluss der Prajnaparamita-Literatur auf die Auseinandersetzungen zurück, die Nagarjuna, dessen Wirken die Grundlage für die dem Mahayana zugehörige Schule des Mittleren Weges (madhyamaka) bildete, insbesondere mit Vertretern des Sautrantika und des Sarvastivada führte.

Zwei Wahrheiten

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Im Zuge der Klassifizierung der Daseinsfaktoren nach Buddhas Tod wurde außerdem die für den Buddhismus charakteristische Lehre von den ‚Zwei Wahrheiten‘ entwickelt, in der zwischen der Ebene der relativen, verhüllten Wirklichkeit (samutti sacca) und der Ebene der höchsten Wirklichkeit (paramattha sacca) unterschieden wird. Den Daseinsfaktoren kommt in dieser erstmaligen Formulierung der ‚Zwei Wahrheiten‘ höchste Wirklichkeit zu, sie werden daher auch paramattha dhammas genannt. Die alltägliche Vorstellung von ‚ich‘ und ‚mein‘ sowie von konkreten, substanzhaften, voneinander unabhängigen Dingen und Personen wird hingegen der Ebene der ‚verhüllten Wirklichkeit‘ zugeordnet. Nagarjuna griff diese Methodik auf, veränderte dabei jedoch, nun unter Verwendung der Sanskrit-Begriffe samvritti satya und paramartha satya, die Einteilung der Wahrheitsgrade grundlegend. Die zuvor noch im abhidharmischen Sinne als höchste Wirklichkeit beschriebenen Daseinsfaktoren verlegte er – wie alles sprachlich Ausdrückbare – auf die Ebene der samvritti satya.

Mit der Abwandlung der Verfahrensweise in Bezug auf die ‚Zwei Wahrheiten‘ verfolgte Nagarjuna vor dem Hintergrund der zu seiner Zeit geführten Diskussionen über den Realitätsstatus der dharmas das Ziel, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich ‚letztendliche Wahrheit‘ nur in der ‚Leerheit‘ zeigt, jedoch nicht verbal beschrieben werden kann, da jede Aussageweise eine ‚bedingte Wahrheit‘ zum Ausdruck bringt, die als solche keine absolute Gültigkeit besitzt. Der Praktizierende könne daher durch eine Aussageweise, wenn sie das Kriterium eines geschickten Mittels (upaya) erfüllt, lediglich auf den ‚Mittleren Weg‘ hingeführt werden, um dann schließlich selbst, als Folge einer durch Praxis zur Reife gelangten tiefgehenden Einsicht, jedwedes Anhaften an Konzepten im Bereich der gedanklichen Entfaltung (prapanca) aufzugeben und inneren Frieden zu erfahren. In der Schule des Yogacara wurde diese Tendenz beibehalten, von der ausschließlich verneinenden Aussageweise, wie sie Nagarjuna einsetzte, wurde hingegen abgewichen, um die Anwendung des vom Madhyamaka in seiner Deutung weiter ausgebauten Leerheitsbegriffes mittels positiver Formulierung auf die im Yogacara behandelte Bewusstseinsanalyse zu ermöglichen.

Dharma im Jainismus

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Der Jainismus wird auch als Jain-Dharma (‚Jain-Lehre‘) bezeichnet. Die Überlegungen und Spekulationen zu den rechten Denk- und Lebensformen der beiden anderen großen Religionen Indiens haben verschiedentlich darin Eingang gefunden; andererseits haben die Lehren des Jainismus auf die Lehren der anderen Religionen eingewirkt. Als zentrale Lehren des Jainismus haben sich jedoch im Verlauf seiner Entwicklung die drei ‚Kleinen Gelübde‘ (anuvratas) für Laienanhänger: Gewaltlosigkeit gegenüber allen immanent beseelten Existenzformen (ahimsa), Unabhängigkeit von unnötigem Besitz (aparigraha) und Wahrhaftigkeit (satya) sowie die um zwei ergänzende Lebenshaltungen bzw. Gebote (Beachtung fremden Eigentums (asteya) und Keuschheit (brahma)) erweiterten fünf ‚Großen Gelübde‘ (mahavratas) für Mönche und Nonnen herausgebildet.

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Lexikon der Religionen, Herausgeber Hans Waldenfels, Verlag Herder, S. 122.
  2. R. C. Zaehner: Der Hinduismus, Seine Geschichte und seine Lehre, Wilhelm Goldmann Verlag, München, S. 10.
  3. a b R. C. Zaehner: Der Hinduismus, Seine Geschichte und seine Lehre, Wilhelm Goldmann Verlag, München, S. 8.
  4. Hans Waldenfels (Hrsg.): Lexikon der Religionen. Verlag Herder, S. 159.
  5. Lexikon der Religionen, Herausgeber Hans Waldenfels, Verlag Herder, S. 160.
  6. Lexikon der Religionen, Herausgeber Hans Waldenfels, Verlag Herder, S. 159.
  7. R. C. Zaehner: Der Hinduismus, Seine Geschichte und seine Lehre, Wilhelm Goldmann Verlag, München, S. 9.
  8. Ram A. Mall, Jayandra Soni: Kleines Lexikon der indischen Philosophie. Herder, Freiburg im Breisgau/New York City 2016, ISBN 978-3-49586-095-3
  9. Theodore Stcherbatsky: The Central Conception of Buddhism and the Meaning of the Word 'Dharma'. Motilal Banarsidass, Delhi 2001, ISBN 978-8-12080-512-5