Polygonzug (Mathematik)

Begriff aus der Mathematik
(Weitergeleitet von Streckenzug)

Ein Polygonzug oder Streckenzug ist in der Mathematik die Vereinigung der Verbindungsstrecken einer Folge von Punkten. Polygonzüge werden in vielen Teilgebieten der Mathematik verwendet, etwa in der Geometrie, der Numerik, der Topologie, der Analysis und der Funktionentheorie. Darüber hinaus kommen sie auch in einigen Anwendungsgebieten wie in der Computergrafik oder der Geodäsie zum Einsatz.[1][2][3][4][5][6]

Ein offener Polygonzug
Ein geschlossener Polygonzug

Polygonzüge in der Geometrie

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Definition

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Sind   Punkte in der euklidischen Ebene oder im euklidischen Raum, dann heißt die Vereinigung der Strecken

 

Streckenzug oder Polygonzug von   nach  . Fallen   und   zusammen, spricht man von einem geschlossenen Polygonzug, ansonsten von einem offenen Polygonzug.[7]

Bezug zu Polygonen

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Die geometrische Figur, deren Rand von einem geschlossenen Polygonzug gebildet wird, heißt Polygon, die Punkte   heißen Eckpunkte des Polygons und die Strecken   heißen Seiten des Polygons. Liegen die Punkte in einer Ebene, so nennt man diese Figur ein ebenes Polygon, andernfalls ein windschiefes Polygon.

Verwendung

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Polygonzüge besitzen vielfältige Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise bei der Interpolation von Datenpunkten, bei der numerischen Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen mit dem eulerschen Polygonzugverfahren sowie bei der Modellierung in der Computergrafik und im Computer-Aided Design. Zur Anwendung von Polygonzügen im Vermessungswesen siehe Polygonzug (Geodäsie).

Polygonzüge in der Analysis

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Definition

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Sei nun allgemein   ein reeller Vektorraum und seien   gegebene Elemente des Vektorraums, dann heißt die Vereinigung

 

der Strecken

 

Streckenzug oder Polygonzug von   nach  . Ist   ein topologischer Vektorraum, dann sind diese Strecken stetige Bilder des Einheitsintervalls und damit kompakt, was dann auch für die aus ihnen gebildeten endlichen Vereinigungen gilt. Jeder Streckenzug ist stets auch Beispiel eines Kontinuums.[8]

Rektifizierbarkeit

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Polygonzüge spielen eine wesentliche Rolle für die Längenmessung von Kurven im  -dimensionalen Raum.[9][10][11][12]

Eine Länge ist allein erklärt für rektifizierbare Kurven. Zum Nachweis der Rektifizierbarkeit betrachtet man für eine gegebene Kurve   alle Polygonzüge   von   nach  , durch deren Ecken   die Kurve in dieser Reihenfolge verläuft, welche also so beschaffen sind, dass die Seiten des von den Ecken gebildeten Polygons zugleich Sehnen von   darstellen. Ein derartiger Polygonzug wird auch als Sehnenzug oder als Sehnenpolygon bezeichnet und man sagt,   ist   einbeschrieben. Zur Feststellung der Rektifizierbarkeit von   zwischen   und   werden die Längen aller einbeschriebenen Sehnenpolygone untersucht. Dabei versteht man unter der Länge eines Polygonzugs die Summe der Längen seiner Strecken.

Wenn für all diese Längen innerhalb   eine obere Schranke existiert, dann ist   eine rektifizierbare Kurve, und zwar nur dann. In diesem Falle wird die Länge   als das Supremum aller Längen einbeschriebener Sehnenpolygone definiert (alles für den Kurvenabschnitt   bis  ). Für die Feststellung der Rektifizierbarkeit von Kurven gilt folgendes Kriterium:

Eine Kurve im   mit der stetigen Parametrisierung       ist genau dann rektifizierbar, wenn die Koordinatenfunktionen   von beschränkter Variation sind.

Zusammenhang mit der Gebietseigenschaft

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Die Polygonzüge spielen ebenfalls eine Rolle für die Feststellung, wann im Raum ein Gebiet vorliegt und wann nicht. Hier gilt der folgende Satz:

Eine offene Teilmenge   eines topologischen Vektorraums (und insbesondere des  -dimensionalen Raums) ist genau dann zusammenhängend, wenn sich je zwei Punkte von   durch einen ganz in   liegenden Polygonzug verbinden lassen.[13]

Siehe auch

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Literatur

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  • Rudolf Bereis: Darstellende Geometrie I (= Mathematische Lehrbücher und Monographien. Band 11). Akademie-Verlag, Berlin 1964.
  • Charles O. Christenson, William L. Voxman: Aspects of Topology (= Monographs and Textbooks in Pure and Applied Mathematics. Band 39). Marcel Dekker, New York / Basel 1977, ISBN 0-8247-6331-9.
  • Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie (= Grundwissen Mathematik (Springer-Lehrbuch)). 6., korrigierte Auflage. Berlin / Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9.
  • György Hajós: Einführung in die Geometrie. B. G. Teubner Verlag, Leipzig (ungarisch: Bevezetés A Geometriába. Übersetzt von G. Eisenreich [Leipzig, auch Redaktion]).
  • Michael Henle: A Combinatorial Introduction to Topology (= A Series of Books in Mathematical Sciences). W. H. Freeman and Company, San Francisco 1979, ISBN 0-7167-0083-2.
  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 2 (= Mathematische Leitfäden). 5., durchgesehene Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 1990, ISBN 3-519-42222-0.
  • Konrad Knopp: Funktionentheorie I. Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen (= Sammlung Göschen. Band 668). Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1965.
  • Willi Rinow: Lehrbuch der Topologie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975.
  • Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 2. Band: Differentialrechnung, unendliche Reihen, Elemente der Differentialgeometrie und der Funktionentheorie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1968.
  • Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 3. Band: Integralrechnung und ihre Anwendungen, Funktionentheorie, Differentialgleichungen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1967.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Willi Rinow: Lehrbuch der Topologie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975, S. 22–23.
  2. Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 2 (= Mathematische Leitfäden). 5., durchgesehene Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 1990, ISBN 3-519-42222-0, S. 349 ff.
  3. Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 2. Band: Differentialrechnung, unendliche Reihen, Elemente der Differentialgeometrie und der Funktionentheorie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1968, S. 296 ff.
  4. Charles O. Christenson, William L. Voxman: Aspects of Topology (= Monographs and Textbooks in Pure and Applied Mathematics. Band 39). Marcel Dekker, New York / Basel 1977, ISBN 0-8247-6331-9, S. 63–64.
  5. Rudolf Bereis: Darstellende Geometrie I (= Mathematische Lehrbücher und Monographien. Band 11). Akademie-Verlag, Berlin 1964, S. 117 ff.
  6. György Hajós: Einführung in die Geometrie. B. G. Teubner Verlag, Leipzig, S. 32 ff. (ungarisch: Bevezetés A Geometriába. Übersetzt von G. Eisenreich [Leipzig, auch Redaktion]).
  7. In der Regel wird der Grenzfall, dass   nur aus einer einzigen Strecke oder gar nur aus einem einzigen Punkt besteht, ausgeschlossen. Polygonzüge bestehen also in der Regel aus mindestens zwei Strecken.
  8. Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 3. Band: Integralrechnung und ihre Anwendungen, Funktionentheorie, Differentialgleichungen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1967, S. 306–307.
  9. Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 2. Band: Differentialrechnung, unendliche Reihen, Elemente der Differentialgeometrie und der Funktionentheorie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1968, S. 415 ff.
  10. Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 3. Band: Integralrechnung und ihre Anwendungen, Funktionentheorie, Differentialgleichungen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1967, S. 224 ff.
  11. Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie (= Grundwissen Mathematik (Springer-Lehrbuch)). 6., korrigierte Auflage. Berlin / Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, S. 78, 308 ff.
  12. Konrad Knopp: Funktionentheorie I. Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen (= Sammlung Göschen. Band 668). Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1965, S. 22–23.
  13. Willi Rinow: Lehrbuch der Topologie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975, S. 150.