Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

Zusammenschluss verschiedener Nachfolgestaaten der Sowjetunion
Содружество Независимых Государств
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
Flagge der GUS
Flagge
Flagge der GUS
Emblem

Mitgliedstaaten Mitgliedstaaten
Arbeitssprache Russisch
Hauptquartier Minsk, Belarus Belarus
Executive Secretary Russland Sergei Lebedew
Fläche 21.543.238 km²
Bevölkerung ≈221 Millionen
Gründung 8. Dezember 1991
Währung Jeder Staat hat seine eigene Währung[1]
Zeitzonen UTC +2 bis +12
Websites www.cis.minsk.by, www.e-cis.info

Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS; englisch CIS; russisch Содружество Независимых Государств (СНГ)/Sodruschestwo Nesawissimych Gossudarstw (SNG), im russischen Sprachgebrauch Sodruschestwo) ist eine zwischenstaatliche Organisation, in der sich die meisten Nachfolgestaaten der Sowjetunion zur Pflege eines gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitsraumes zusammengeschlossen haben. Die Gründung erfolgte am 8. Dezember 1991 durch die Staatsoberhäupter Russlands, Belarus’ und der Ukraine mit den Belowescher Vereinbarungen. Am 21. Dezember 1991 schlossen sich mit Aserbaidschan, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan acht weitere ehemalige Sowjetrepubliken der neuen Gemeinschaft an. 1993 trat Georgien – das zunächst Abstand genommen hatte – der GUS bei. Damit bestand die GUS aus zwölf der ehemaligen 15 Sowjetrepubliken. Bis heute sind Georgien (2009) und die Ukraine (2018) wieder ausgetreten, Turkmenistan ist seit 2005 nur noch beigeordnetes Mitglied. Die drei baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen) hielten sich von Anfang an der GUS fern.

Mitglieder:
  • Vollmitglieder (8)
  • Beigeordnetes Mitglied (Turkmenistan)
  • Im Austrittsprozess (Moldau)
  • Ehemalige Mitglieder (Georgien, Ukraine)
  • Sitz der GUS ist die belarussische Hauptstadt Minsk, die Versammlung tagt im Taurischen Palais in St. Petersburg.

    In der Europapolitik sprach man früher auch von Neue Unabhängige Staaten (NUS).[2] Der Begriff GUS wurde oft benutzt, um die ehemaligen Mitgliedstaaten der Sowjetunion (ohne die baltischen Staaten) zu bezeichnen. Die Bezeichnung Gussen (statt Russen) wurde in den 1990er Jahren gelegentlich für Einwohner aller GUS-Staaten verwendet.[3]

    Die Mitgliedstaaten haben seit Beginn des 21. Jahrhunderts unterschiedliche außenpolitische Orientierungen und Schwerpunkte, sodass die GUS an Bedeutung verloren hat.

    Geschichte

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    Der wesentliche Beweggrund für die Bildung der GUS lag im Bestreben verschiedener ehemaliger sowjetischer Teilrepubliken, einen gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitsraum zu schaffen, wie ihn die UdSSR dargestellt hatte. Besonders der Präsident Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, kritisierte die Art der Auflösung der Sowjetunion und betonte die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der ehemaligen Sowjetrepubliken.

    Seit Februar 2006 nahm Georgien nicht mehr an den Sitzungen des Verteidigungsministerrats der GUS teil. Infolge des kriegerischen Konfliktes um Südossetien erklärte Georgien am 14. August 2008 seinen Austritt aus der GUS; dieser wurde aufgrund im GUS-Vertragswerk vorgesehener Fristen am 18. August 2009 rechtsgültig.[4]

    Das Büro des ukrainischen Staatspräsidenten erklärte etwa gleichzeitig zur Austrittserklärung Georgiens, die Ukraine betrachte sich nicht mehr als GUS-Mitglied, da das Land die GUS-Satzung nicht ratifiziert habe,[5] Präsident Wiktor Juschtschenko äußerte sich selbst dazu jedoch nicht. Unter dem Eindruck des Konfliktes zwischen Russland und Georgien brachten jedoch Abgeordnete der Regierungskoalition auch formal einen Gesetzentwurf über die Aufkündigung der GUS-Mitgliedschaft ins ukrainische Parlament ein.[6] Laut Artikel 9 des GUS-Statuts ist ein Austritt erst 12 Monate nach dessen schriftlicher Ankündigung beim Depositar des Statuts (Belarus) möglich.[7] Die Ukraine wollte jedoch zunächst weiter im GUS-Exekutivrat mitarbeiten, so das ukrainische Außenministerium.[8] Der Gründerstaat Ukraine war „ein Teilnehmerstaat, kein Mitgliedstaat“, so der damalige Außenminister Wolodymyr Ohrysko 2008.[9]

    Beim EU-Gipfel in Prag am 7. Mai 2009 schlossen die sechs GUS-Mitglieder Belarus, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und die Ukraine mit der Europäischen Union die Östliche Partnerschaft. Russland legte gegen diesen Schritt Protest ein.[10]

     
    Vertragsunterzeichnung zur Auflösung der UdSSR und Gründung der GUS (1991)

    Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland beschloss der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine am 19. März 2014 den vollständigen Rückzug der Ukraine aus der Organisation.[11]

    Im November 2014 wurde im Parlament der Ukraine der Entwurf einer Resolution zum Rückzug aus der GUS eingereicht.[12] Die Resolution wurde vom Parlament nicht behandelt, blieb aber gemäß einer Aussage des Außenministers Klimkin vom Herbst 2016 ein offenes Thema.[13]

    Im April 2018 kündigte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erneut an, sein Land werde die GUS verlassen. Als Grund dafür nannte er die unzureichende Solidarität des Bündnisses infolge der Krim-Annexion.[14] Am 19. Mai 2018 unterzeichnete er das entsprechende Dekret.[15] Im Juli 2019 teilte der Vorsitzende des GUS-Exekutivkomitees, Sergej Lebedew der russischen Tageszeitung Iswestija mit: das Exekutivkomitee der GUS hat keine offiziellen Austrittsdokumente aus der Ukraine erhalten, sodass der Staat rechtlich immer noch Mitglied der Organisation ist.[16] Am 31. Januar 2023 sagte er zu Journalisten der staatseigenen belarussischen Nachrichtenagentur BelTA außerdem: „die Ukraine bleibt de jure ein Mitgliedsstaat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Die ukrainische Führung hat beschlossen, aus vielen Abkommen und Vereinbarungen auszutreten. Das sind etwa 20 Prozent aller in der GUS unterzeichneten Abkommen. Das offizielle Kiew glaubt, dass die Beteiligung der Republik an diesen Abkommen nicht mehr relevant ist“.[17] Noch im Juni 2023 führten beide Webseiten der GUS die Ukraine als Mitgliedsstaat.[18][19]

    Am 15. Mai 2023 kündigte Moldaus Parlamentspräsident Igor Grosu den Austritt seines Landes aus der Gemeinschaft an. Nachdem ein Gründungsmitglied der GUS, nämlich die Russische Föderation, ein anderes Gründungsmitglied – die Ukraine – „barbarisch angegriffen, Teile ihres Territoriums besetzt und zahllose ihrer Bürger getötet“ habe, könne „von einer Gemeinschaft keine Rede mehr“ sein, sagte Grosu. Zudem wurde angeführt, dass die Mitgliedschaft weder im Transnistrien-Konflikt dienlich war noch vor russischer Gaspreiserpressung schütze.[20]

    Bedeutung

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    Gruppenfoto beim Treffen 2008 in Bischkek

    Im 21. Jahrhundert hat die GUS an Bedeutung verloren, Gipfeltreffen finden aber immer noch statt.[21]

    Inzwischen besitzen die Mitgliedstaaten unterschiedliche außenpolitische Orientierungen und Schwerpunkte. So haben sich parallele Bündnisse und Strukturen wie die Gemeinschaft Integrierter Staaten (GIS), ein Vorläufer der 2015 gegründeten Eurasischen Wirtschaftsunion (auch Bulgarien wurde 1996 der Beitritt angeboten), die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die GUAM, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die BRICS-Staaten, die Östliche Partnerschaft, die Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation (SMWK) und die Russisch-Belarussische Union gebildet.

    Georgien, Moldau und die Ukraine sind mittlerweile über die Vertiefte und umfassende Freihandelszone (DCFTA) wirtschaftlich mit der Europäischen Union verbunden, deren Handelsbestimmungen seit dem 1. September 2014 schrittweise in Kraft treten. Von diesen drei Ländern gehört inzwischen nur noch formal Moldau zur GUS.

    Mitglieder

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    Mitglieder der GUS Hauptstadt Bevölkerung
    (Mio.)
    Fläche
    (km²)
    Armenien  Armenien Jerewan 2,99 29.800
    Aserbaidschan  Aserbaidschan Baku 8,47 86.600
    Belarus  Belarus Minsk 9,85 207.595
    Kasachstan  Kasachstan Astana 15,23 2.717.300
    Kirgisistan  Kirgisistan Bischkek 5,08 198.500
    Russland  Russland Moskau 142,40 17.075.400
    Tadschikistan  Tadschikistan Duschanbe 7,32 143.100
    Turkmenistan  Turkmenistan (beigeordnetes Mitglied) Aşgabat 5,04 488.100
    Usbekistan  Usbekistan Taschkent 26,49 447.400
    Gemeinschaft Unabhängiger Staaten  GUS insgesamt (einschließlich Turkmenistans, ohne Moldau) Minsk 222,87 21.393.795
    Zum Vergleich:
    Gemeinschaft Unabhängiger Staaten  GUS ohne Turkmenistan und Moldau Minsk 217,83 20.905.695
    Sowjetunion  Sowjetunion (1990/91) Moskau 289,94 22.402.223

    Mitglied im Austrittsprozess

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    Die Republik Moldau ist seit Juni 2022 EU-Beitrittskandidat und nahm im Oktober 2022 nicht mehr am GUS-Treffen teil.[22] Seit dem 15. Mai 2023 läuft der Austrittsprozess, der 2024 abgeschlossen sein soll.[23]

    Insgesamt hatte die Republik Moldau im Rahmen der GUS 282 verschiedene Abkommen unterzeichnet, von denen sie im Jahr 2023 bereits 55 gekündigt hat. Im Februar 2024 wurden drei wichtige, militärische Abkommen gekündigt, da die Republik Moldau keine militärisch-politische Interaktion mehr mit der GUS unterhalte. Weitere 119 Abkommen wurden als wertlos identifiziert, von denen für 79 die Kündigung vorbereitet wird. Parallel zur Kündigung der Abkommen wurde 2023 auch die Höhe der Mitgliedsbeiträge reduziert und soll 2024 ganz eingestellt werden.[24]

    Noch formelles Mitglied der GUS Hauptstadt Bevölkerung
    (Mio.)
    Fläche
    (km²)
    Moldau Republik  Moldau (Austrittsprozess am 15. Mai 2023 begonnen) Chișinău 3,15 33.843

    Ehemalige Mitglieder

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    Ehemalige Mitglieder der GUS Hauptstadt Bevölkerung
    (Mio.)
    Fläche
    (km²)
    Georgien  Georgien (1993–2009) Tiflis 3,72 69.700
    Ukraine  Ukraine (1991–2018) Kiew 46,30 603.700
    Summe 50,02 673.400

    Siehe auch

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    Commons: Gemeinschaft Unabhängiger Staaten – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. Da die Mitglieder ehemalig Teil der Sowjetunion waren, können die Währungen in der Tabelle der Nachfolgewährungen des Sowjetischen Rubels eingesehen werden.
    2. Neue Unabhängige Staaten (NUS). EUABC.com;abgerufen am 15. August 2019; vgl. auch „NUS-Staaten (Neue Unabhängige Staaten): siehe GUS-Staaten“. In: EU-Glossar. (Memento vom 19. Januar 2015 im Internet Archive) EUFIS.
    3. Die Gussen kommen. In: Der Spiegel. Nr. 12, 1992 (online). UdSSR-Erben suchen Weg aus der Krise. (Memento vom 14. September 2009 im Internet Archive) In: Berliner Zeitung, 21. Oktober 1994.
    4. Грузия официально уйдет из СНГ в августе 2009 года, NEWSru.com
    5. Juschtschenkos Sekretariat hält Ukraine für kein GUS-Mitglied. (Memento vom 21. Juli 2012 im Webarchiv archive.today), RIA Novosti, 13. August 2008. („Die Ukraine kann die GUS nicht verlassen, weil sie eigentlich kein Mitglied dieser Gemeinschaft ist, sagte der stellvertretende Chef des ukrainischen Präsidentensekretariats, Alexander Schlapak.“)
    6. Ukrainische Parlamentarier wollen GUS-Abkommen aufkündigen. RIA Novosti, 14. August 2008.
    7. Устав Содружества Независимых Государств. GUS-Statut; abgerufen am 12. April 2015.
    8. GUS ohne Georgien: Gut oder schlecht?, RIA Novosti, 14. August 2008.
    9. Ukraine überprüft Teilnahme an GUS-Projekten. RIA Novosti, 19. August 2008.
    10. Spannungen zwischen EU und Russland. (Memento vom 30. April 2009 im Internet Archive) Euro News, 29. April 2009.
    11. Украина выходит из СНГ. Ukrajinska Prawda, 19. März 2014; abgerufen am 19. März 2014.
    12. У Раді зареєстрували проект постанови про вихід України з СНД. (Im Parlament wurde der Entwurf einer Resolution zum Rückzug der Ukraine aus der GUS eingereicht.) unian.ua, 27. November 2014; abgerufen am 28. August 2017.
    13. Kiew kündigte an, das Verlassen der GUS zu diskutieren. RBC, 9. Oktober 2016.
    14. Poroschenko leitet GUS-Austritt der Ukraine ein. Abgerufen am 12. April 2018.
    15. Poroshenko signs decree on final termination of Ukraine's participation in CIS statutory bodies. In: UNIAN. Abgerufen am 19. Mai 2018 (englisch).
    16. Одиннадцать стульев: Украину пригласят на саммит СНГ. 10. Juli 2019, abgerufen am 10. Juni 2023 (russisch).
    17. Lebedew: Ukraine bleibt de jure GUS-Staat, auch wenn sie aus 20 % der Abkommen ausgetreten ist. 31. Januar 2023, abgerufen am 10. Juni 2023 (deutsch).
    18. Украина. Abgerufen am 6. Juni 2023 (russisch).
    19. Mitgliedsstaaten der GUS. Abgerufen am 6. Juni 2023 (russisch).
    20. Moldawien tritt aus GUS aus, ORF online, 15. Mai 2023. Abrufdatum: 15. Mai 2023.
    21. Die GUS: 30 Jahre nach Gründung nur noch von symbolischer Bedeutung. Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 9. April 2022.
    22. Treffen der GUS-Staaten, Partnerschaft nur auf dem Papier. ZDF, 14. Oktober 2022, abgerufen am 15. Januar 2024.
    23. Moldova Plans to Fully Withdraw From Moscow-led Bloc by 2024. Kyiv Post, 21. Dezember 2023, abgerufen am 15. Januar 2024.
    24. Moldova withdraws from 3 CIS defense, security agreements. interfax, 29. Februar 2024, abgerufen am 8. März 2024.