Binärpräfix

Vorsatz für Maßeinheiten in Zweierpotenzen
(Weitergeleitet von IEEE 1541)

Binärpräfixe (auch IEC-Präfixe oder IEC-Vorsätze)[1] sind Vorsätze für Maßeinheiten (Einheitenvorsätze), die Vielfache bestimmter Zweierpotenzen bezeichnen. Sie werden vorwiegend mit Einheiten wie Bit (Symbol bit, selten b) oder Byte (Symbol B) verwendet, um Datenmengen zu bemessen, da hier aus technischen Gründen häufig Zweierpotenzen auftreten. Als Einheitenvorsatz wird sowohl der Name (Kibi, Mebi, …) als auch das zugehörige Symbol (Ki, Mi, …) bezeichnet.

Ursprünglich wurden hierfür Präfixe verwendet, die für SI-Einheiten zur Bezeichnung von Zehnerpotenzen geschaffen wurden und ähnliche Zahlenwerte haben. Was gemeint war, sollte sich aus dem Kontext ergeben. Weil die Zweideutigkeit aber oft zu Problemen führte, wurden eigene Binärpräfixe geschaffen. Die SI-Präfixe sollen nur noch für Zehnerpotenzen verwendet werden, was aber nicht immer befolgt wird.

Definition und Namen

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Motivation

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Ein wichtiger Bestandteil eines Computers ist der Arbeitsspeicher, der heute üblicherweise als Halbleiterspeicher realisiert wird. Die einzelnen Speicherzellen werden mit Hilfe von parallelen, binär arbeitenden Leitungen adressiert, die zusammengefasst als Adressbus bezeichnet werden. Mit einem Adressbus, der n Leitungen besitzt, können 2n Speicherzellen adressiert werden. Daher werden direkt adressierbare Halbleiterspeicher üblicherweise in Größen von Zweierpotenzen hergestellt.

Namensgebung

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Die Zweierpotenz 210 = 1024 liegt nahe bei der Zehnerpotenz 103 = 1000. Da die dezimalen SI-Präfixe Potenzen von 1000 sind, lag es nahe, die binären Präfixe in Anlehnung daran als Potenzen von 1024 zu definieren und ihnen ähnliche Namen zu geben. Die Bezeichnungen der Präfixe Kibi, Mebi, Gibi etc. wurden aus den ersten zwei Buchstaben der entsprechenden SI-Präfixe, ergänzt um -bi für „binär“ gebildet. Als Symbole der Binärpräfixe wurden die Symbole der SI-Präfixe verwendet und der Kleinbuchstabe i angehängt, wobei für Kibi der Großbuchstabe K verwendet wird.

Die folgende Tabelle listet die Binärpräfixe und vergleicht die Werte mit den SI-Präfixen der entsprechenden Größenordnung:[2]

Binärpräfix SI-Präfix ähnlicher Größe
Kibi Ki 210 = 1024  = 1 024 = 1.024e30 Kilo k 10000 = 103
Mebi Mi 220 = 10242 = 1 048 576 1.049e60 Mega M 10002 = 106
Gibi Gi 230 = 10243 = 1 073 741 824 1.074e90 Giga G 10003 = 109
Tebi Ti 240 = 10244 = 1 099 511 627 776 1.100e12 Tera T 10004 = 1012
Pebi Pi 250 = 10245 = 1 125 899 906 842 624 1.126e15 Peta P 10005 = 1015
Exbi Ei 260 = 10246 = 1 152 921 504 606 846 976 1.153e18 Exa E 10006 = 1018
Zebi Zi 270 = 10247 = 1 180 591 620 717 411 303 424 1.181e21 Zetta Z 10007 = 1021
Yobi Yi 280 = 10248 = 1 208 925 819 614 629 174 706 176  ≈ 1.209e24 Yotta Y 10008 = 1024

Beispiel: 512 MiB (Mebibyte) = 512 · 220 Byte = 536.870.912 Byte ≈ 537 MB (Megabyte).

2022 führte die 27. Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) die SI-Präfixe Ronna (R, 1027) und Quetta (Q, 1030) ein.[3] Es ist zu erwarten, dass die IEC analog dazu Robi (Ri) und Quebi (Qi) definieren wird. Die offizielle Entscheidung steht aber noch aus.

Verhältnis binärer und dezimaler Präfixe

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Die Werte der dezimalen Präfixe steigen – ausgehend von Kilo – jeweils um den Faktor 103 = 1000 und die Werte der binären Präfixe um den Faktor 210 = 1024. Die Diskrepanz wächst also: Während der Größenunterschied zwischen Kibi und Kilo nur 2,4 % beträgt, ist ein Pebibyte schon 12,6 % mehr als ein Petabyte.

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die sich daraus ergebenden Verhältnisse:

Präfixe Binär ÷ Dezimal Dezimal ÷ Binär
Kilo Kibi 1,024   (+2,4 %)
 
0,9766   (−2,3 %)
 
Mega Mebi 1,049   (+4,9 %)
 
0,9537   (−4,6 %)
 
Giga Gibi 1,074   (+7,4 %)
 
0,9313   (−6,9 %)
 
Tera Tebi 1,100 (+10,0 %)
 
0,9095   (−9,1 %)
 
Peta Pebi 1,126 (+12,6 %)
 
0,8882 (−11,2 %)
 
Exa Exbi 1,153 (+15,3 %)
 
0,8674 (−13,3 %)
 
Zetta Zebi 1,181 (+18,1 %)
 
0,8470 (−15,3 %)
 
Yotta Yobi 1,209 (+20,9 %)
 
0,8272 (−17,3 %)
 
Ronna (Robi) 1,238 (+23,8 %)
 
0,8078 (−19,2 %)
 
Quetta (Quebi) 1,268 (+26,8 %)
 
0,7889 (−21,1 %)
 

Geschichte

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Ursprünge

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Als die Speicherkapazitäten der frühen Computer die Tausendergrenze überschritten, wurde es üblich, den Vorsatz K für 1024 Byte zu verwenden. Manchmal wurde dabei zwischen kB (= 1000, gesprochen „Kilobyte“) und KB (= 1024, gesprochen „Kabyte“, kurz „Ka“) unterschieden.[4] Diese Möglichkeit stand später für den Vorsatz Mega nicht mehr zur Verfügung. Damit wurde in der Praxis auch die Unterscheidung kB/KB aufgegeben, und ein Kilobyte bekam generell die Bedeutung 1024 Byte.

Da Speicherbausteine und zunächst auch Datenspeicher üblicherweise nur in Größen von Zweierpotenzen hergestellt wurden, war die Gefahr von Missverständnissen gering. Zudem betrug die Abweichung bei Kilo nur 2,4 %. Die binäre Verwendung der SI-Präfixe wurde 1986 vom IEEE auch in einem Glossar dokumentiert.[5]

Mit der Zeit jedoch wurden Festplatten in beliebigen Größen hergestellt, und aufgrund der zunehmenden Größe wurden die Präfixe Mega und Giga verwendet, bei denen die Abweichungen größer sind. Das führte bei der Angabe von Festplattenkapazitäten in MB oder GB sowie auch bei der Datenübertragungsraten in MB/s oder Mbit/s zu Zweifeln hinsichtlich der genauen Bedeutung. Es kamen sogar Mischformen vor, etwa bei der Speicherkapazität einer 3½-Zoll-Diskette: „1,44 MB“ bedeutet hier 1,44 × 1000 × 1024 Byte.

Um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, schlug die Internationale elektrotechnische Kommission (IEC) im Juni 1996 einen neuen Normentwurf für Binärpräfixe vor, die nur in der binären Bedeutung verwendet werden sollten.[6][7] Dieser Entwurf wurde im Dezember 1998 als Norm beschlossen und im Januar 1999 als Ergänzung zu IEC 60027-2 veröffentlicht.[8] Er führte die Präfixe Kibi, Mebi, Gibi, Tebi, Pebi und Exbi für binäre Vielfache von Einheiten ein. In der Norm wurde außerdem darauf hingewiesen, dass die SI-Präfixe nur für auf Zehnerpotenzen basierende Vielfache verwendet werden sollten. Diese Ergänzungen wurden in die im November 2000 veröffentlichte zweite Auflage der Norm IEC 60027-2 (2000-11) integriert. In die im August 2005 veröffentlichte dritte Ausgabe der Norm IEC 60027-2 (2005-08) wurden auch die Binärpräfixe Zebi und Yobi aufgenommen.[9][2]

Viele Standardisierungsorganisationen schlossen sich der Empfehlung an. Darunter sind zu nennen das BIPM/CIPM (1998), das IEEE 1541 (2002) und speziell in Deutschland die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (2007)[10] (weitere: NIST, CENELEC,[11] DIN/EN).[12][13]

Auch das für die SI-Präfixe zuständige Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM) empfahl 2006 in der 8. Auflage der SI-Broschüre für die Bezeichnung von Zweierpotenzen die Binärpräfixe und riet von der Verwendung der SI-Präfixe in binärer Bedeutung ab.[14][15][16] Mit clause 4 wurden die binären Präfixe Bestandteil der weltweiten ISO-Norm IEC 80000-13:2008 (bzw. DIN EN 80000-13:2009-01).

Verwendung

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Richtlinien

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Die Einführung der Binärpräfixe bedeutet nicht, dass sie die SI-Präfixe für die Verwendung mit Bits und Bytes ersetzen sollen. Beispielsweise kann man die Größe eines 230 B großen Arbeitsspeichers mit „1.073.741.824 B“, „circa 1,074 GB“ oder eben praktischerweise als „exakt 1 GiB“ angeben. Dadurch können die SI-Präfixe stets eindeutig in ihrer genormten Bedeutung verwendet werden.

Welche Angabe sinnvoller ist, hängt vom Verwendungszweck ab, insbesondere davon, ob der Hintergrund einer binären Adressierung besteht und ob das von Belang ist (wie z. B. bei der Größe eines Halbleiterspeichers oder der Partitionierung einer Festplatte), oder ob der Hintergrund nicht mehr relevant ist (z. B. beim späteren Arbeiten mit Dateien auf denselben Medien). Das Arbeiten mit Zweierpotenzen kann allerdings beim Addieren oder Subtrahieren von Datenmengen mit verschiedenen Binärpräfixen und beim Übergang auf größere oder kleinere Binärpräfixe umständlicher sein, als bei der Verwendung der auf das Dezimalsystem zugeschnittenen SI-Präfixe (beispielsweise 1 GiB + 768 MiB = 1,75 GiB).

Begriffsverwirrung bei nicht normgerechter Verwendung dezimaler Präfixe

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Für Arbeitsspeicher werden oft auch heute noch SI-Präfixe normwidrig in binärer Bedeutung verwendet. Das gilt vor allem für mündliche Kommunikation, wenn die binären Präfixe Ki, Mi, … als Kilo, Mega, … gesprochen werden. Da im Zusammenhang Zweierpotenzen die Regel sind, wird vorausgesetzt, dass das richtig verstanden wird. Bei Datenspeichern mit sequentieller Adressierung oder bei der sequentiellen Übertragung von Daten gibt es hingegen keinen Grund, mit Zweierpotenzen zu arbeiten, sodass hier die SI-Präfixe meist normgerecht verwendet werden.

Die inkonsequente Vorgehensweise kann beim Rechnen mit Einheiten zu schwer nachvollziehbaren Fehlern führen, wie an folgendem einfachen Beispiel gezeigt werden soll: Ein Computernutzer will eine Datei mit der angegebenen Größe von „40 MB“ aus dem Internet herunterladen und hat dazu eine Datenleitung mit einer Datenübertragungsrate von 8 Mbit/s zur Verfügung. Die zur vollständigen Übertragung der Datei benötigte Zeit lässt sich mit der Umrechnung 1 B = 8 bit (vereinfacht) folgendermaßen berechnen:

 

Hier drängt es sich auf, MB im Zähler gegen MB im Nenner zu kürzen, sodass sich ein Ergebnis von   ergibt. Wenn jedoch im Zähler mit MB eine Zweierpotenz, im Nenner aber eine Zehnerpotenz gemeint ist, kann man die augenscheinlich gleichen Einheiten nicht gegeneinander kürzen.

Akzeptanz und Verbreitung

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Seit der Definition der Binärpräfixe sind Hersteller von Betriebssystemen und Speichermedien mehr und mehr dazu übergegangen, für Zweierpotenzen explizit Binärpräfixe zu verwenden und SI-Präfixe nur in dezimaler Bedeutung.

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Einzelnachweise

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  1. Hans-Georg Elias: Makromoleküle – Physikalische Strukturen und Eigenschaften. 6. Auflage. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2000, ISBN 3-527-29960-2, S. 637 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b International Electrotechnical Commission (IEC): International Electrotechnical Vocabulary. ref. 112-01-27, Binary prefix (abgerufen am 26. März 2021).
  3. Resolution 3 of the 27th CGPM. On the extension of the range of SI prefixes. In: bipm.org. Bureau International des Poids et Mesures, 2022, abgerufen am 4. Oktober 2024 (englisch). doi:10.59161/CGPM2022RES3E (engl.), doi:10.59161/CGPM2022RES3F (frz.)
  4. Linux Programmer’s Manual; UNITS(7) (englisch)
  5. IEEE (Hrsg.): 1084-1986 - IEEE Standard Glossary of Mathematics of Computing Terminology. 1986, ISBN 0-7381-4541-6, doi:10.1109/IEEESTD.1986.79649 (amerikanisches Englisch, ieee.org): kilo (K). (1) A prefix indicating 1000. (2) In statements involving size of computer storage, a prefix indicating 210, or 1024. mega (M). (1) A prefix indicating one million. (2) In statements involving size of computer storage, a prefix indicating 220, or 1,048,576.
  6. International Electrotechnical Commission (IEC), new work item proposal 25/180/NP, Amendment of IEC 60027-2: 2005, 3. Auflage. Letter symbols to be used in electrical technology, Part 2: Telecommunications and electronics – Introduction of prefixes for binary multiples, IEC/TC 25/WG 1, June 1996.
  7. Markus Kuhn: Standardized units for use in information technology. 1996-12-29 [updated 1999-07-19]. [1]
  8. Amendment 2 to IEC 60027-2: Letter symbols to be used in electrical technology – Part 2: Telecommunications and electronics.
  9. IEC 60027-2, Ed. 3.0, (2005-08): Letter symbols to be used in electrical technology – Part 2: Telecommunications and electronics.
  10. Physikalisch-Technische Bundesanstalt: Das Internationale Einheitensystem (SI) (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive; PDF; 1,43 MB), PTB-Mitteilungen 117 (2007), Heft 2, S. 166.
  11. HD 60027-2:2003 (Memento vom 23. Februar 2008 im Internet Archive) Informationen zum CENELEC-Normierungsprozess.
  12. prEN 60027-2:2006 (Memento vom 17. Juni 2008 im Internet Archive) Informationen zum EN-Normierungsprozess.
  13. DIN EN 60027-2:2007-11 Beuth Verlag, Detailanzeige
  14. BIPM – SI-Broschüre, 8. Auflage. März 2006, Abschnitt 3.1: SI-Präfixe. Randnotiz.
  15. bipm.org: BIPM – SI prefixes (Memento vom 7. Juni 2007 im Internet Archive) (englisch)
  16. Le Système international d’unités. 9e édition, 2019 (die sogenannte „SI-Broschüre“), Kapitel 3, S. 31 (französisch) und S. 143 (englisch).