KZ-Außenlager Hambühren

Außenlager des KZ Bergen-Belsen in Ovelgönne in Hambühren in Niedersachsen
(Weitergeleitet von KZ Hambühren)

Das KZ-Außenlager Hambühren, das auch den Namen Hambühren-Ovelgönne oder Lager III Waldeslust trug, war ein Außenlager des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Es befand sich in Ovelgönne, heute ein Ortsteil von Hambühren im Land Niedersachsen und entstand im Umfeld der Lufthauptmunitionsanstalt 1/XI Hambühren. Diese war ab 1939 auf dem Gelände des bereits 1925 stillgelegten Kalibergwerks „Prinz Adalbert“ errichtet worden.[1]

Gedenkstein an der Oldauer Straße in Ovelgönne

Historie des Lagers

Bearbeiten

Das Außenkommando Bergen-Belsen, Lager „Waldeslust“, war eines von insgesamt sieben Arbeiterlagern in Ovelgönne und drei weiteren im Hambühren, die alle unmittelbar der Munitionsanstalt zugeordnet waren. Es befand sich etwas nördlich des Schachtes „Prinz Adalbert“ am heutigen Wiesenweg.[2]

Das Lager bestand ab Kriegsbeginn und wurde anfangs von niederländischen Arbeitskräften, ab 1942 von russischen Zivilarbeitern genutzt. Im August 1944 wurde dort das Außenkommando des KZ Bergen-Belsen, unter der Leitung des 1946 verurteilten und hingerichteten SS-Oberscharführers Karl Heinrich Reddehase, eingerichtet. Mit einem ersten Transport am 23. August 1944 kamen 400 jüdische Polinnen über Belsen nach Ovelgönne. Sie gehörten zu einem Transport von 1400 polnischen Frauen aus Auschwitz. Die übrigen 1000 Frauen wurden in das Stammlager Bergen-Belsen beziehungsweise in dessen Außenlager Unterlüß gebracht.

Die Zwangsarbeiterinnen mussten in Stollen frei gesprengtes Kalisalz in Loren verladen. Die Gänge sollten dazu dienen, eine unterirdische Flugzeugindustrie zu ermöglichen, konkret handelte es sich um die Produktlinien der Bremer Flugzeugwerke Focke-Wulf (Flugzeugmodelle Fw 190, Ta 152 und Ta 154), um diese vor Luftangriffen zu schützen.[3] Sämtliche Arbeiten der Lagerinsassen wurden in Nachtschichten durchgeführt, damit andere unterirdische Arbeiten nicht behindert wurden. Außerdem zwang man die Zwangsarbeiterinnen, Baracken zu bauen, Kabel und Rohre zu verlegen, sowie im Gleisbau für die Firma Hochtief schwere körperliche Arbeit zu leisten.

Am 4. Februar 1945 wurde das Lager aufgelöst und die Zwangsarbeiterinnen in das Stammlager Bergen-Belsen verlegt.

Gedenken

Bearbeiten

Auf den Tag genau 71 Jahre nach der Auflösung des Lagers, organisierte die Tochter einer der inhaftierten Zwangsarbeiterinnen, Esther Brunstein[4][5][6], einen Gedenkmarsch. Der Marsch begann am Donnerstag, den 4. Februar 2016 am Standort des Außenlagers „Waldeslust“ in Ovelgönne und endete am Freitag, den 5. Februar 2016 am Tor des Stammlagers Bergen-Belsen. Zehn kurze Unterbrechungen gab es auf dem Weg nach Belsen. Jeder Halt war mit einem Titel versehen worden, u. a. Spuren, Gerechtigkeit, Sklaverei, Gleichgültigkeit, Hoffnung, Exil. Am Gedenkstein für die Opfer der Todesmärsche in Winsen (Aller) begrüßten der Bürgermeister von Winsen Dirk Oelmann und Ratsherr Julius Krizsan die Teilnehmer. Am Nachmittag des 5. Februar endete der Marsch am Haupttor in Bergen-Belsen, exakt wie vor 71 Jahren.[7]

Kurze Zeit nach dem Gedenkmarsch kam die Frage des Erinnerns auf. Ovelgönnes Heimatpflegerin Irmlinde Florian regte eine Erinnerungstafel an. Der Chef der Gärtnerei, die im Dezember 1959 das Grundstück erworben hatte, befürwortete eine würdige Form des Erinnerns. Der Bürgermeister Hambührens Thomas Herbst kündigte an, das Thema im Gemeinderat anzusprechen.[8]

Örtlichkeit heute

Bearbeiten
 
Gebäude des ehemaligen Schullandheims in Hambühren-Ovelgönne

Auf dem Gelände des Außenlagers I, das sich östlich des heutigen Wiesenwegs – in Höhe der Einmündung des Ostlandrings befand[9], entstanden Einfamilienhäuser und der Parkplatz einer angrenzenden Gärtnerei. Am Ostlandring in Ovelgönne steht heute nur noch ein einziges von den Nazis errichtetes Haus, das Lager-WC. Es stand zentral zwischen den beiden Unterkunftsbaracken. Vom Lager II stehen an der Oldauer Straße noch das Gebäude des ehemaligen Schullandheims der Humboldtschule Hannover und eine Baracke, die heute dem DRK als Vereinsheim dient.[7]

Literatur

Bearbeiten
  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 9 Bände (bis 2008 erschienen: 8 Bände). C. H. Beck, München 2005–. ISBN 978-3-406-52960-3 (i. Dr.; Inhaltsregister) Bd. 7: Wewelsburg, Majdanek, Arbeitsdorf, Herzogenbusch (Vught), Bergen-Belsen, Mittelbau-Dora. ISBN 978-3-406-52967-2, S. 219.
  • Geoffrey P. Megargee (Hrsg.) Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933–1945. 7 Bände geplant, 3 bisher erschienen. Indiana University Press, Bloomington 2009/2012/2018, ISBN 978-0-253-35328-3, ISBN 978-0-253-35599-7.
  • Alexandra Wenck: Zwischen Menschenhandel und 'Endlösung': Das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Band 11 von Geschichte des Holocaust / History of the Holocaust, LIT Verlag, Münster 2020, ISBN 3-643-14621-3, S. 361.
  • Thomas Rahe: Bergen Belsen. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder (Hrsg.): Der Ort des Terrors: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 7. C.H.Beck 2005, ISBN 3-406-52967-4, S. 2019.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Geschichtliche Entwicklung hambuehren.de
  2. R. Fabisch: Lufthauptmunitionsanstalt 1/XI Muna Hambühren, 2003, ISBN 3-00-010803-3
  3. Geschichtliche Entwicklung - 3. Anfang des 20. Jahrhunderts hambuehren.de
  4. damals 16 Jahre alt, Mädchennamen Esther Zylberberg.
  5. Brunstein, Esther (Oral history) Imperial War Museums (IWM), abgerufen am 14. März 2021.
  6. Hide and Seek (2009) Dokumentarfilm, IMDb, abgerufen am 14. März 2021.
  7. a b Klaus von der Brelie: Marsch erinnert an Zwangsarbeiter und ihren Weg von Ovelgönne ins KZ Bergen-Belsen. In: Cellesche Zeitung vom 5. Februar 2016.
  8. Nachdenken über Erinnerungstafel in Hambühren hambuehren.wordpress.com vom 12. Februar 2016, abgerufen am 14. März 2021.
  9. G.S.G.S. Karte, Winsen (Aller), Blatt 3325, 1:25:000; 4. Auflage.

Koordinaten: 52° 38′ 26″ N, 9° 56′ 15″ O