Der Freistaat Anhalt, ab 1934 Land Anhalt, bestand von 1918 bis 1945 als Land des Deutschen Reiches. Es war in der Weimarer Republik Nachfolger des Herzogtums Anhalt im Deutschen Kaiserreich. 1945 wurde das Land Anhalt mit Teilen Braunschweigs und Thüringens der preußischen Provinz Sachsen angeschlossen, ab 1947 bildete diese das neue Land Sachsen-Anhalt.
Wappen | Flagge |
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Lage im Deutschen Reich | |
Entstanden aus | Herzogtum Anhalt |
Heute (Teil von): | Sachsen-Anhalt |
Daten aus dem Jahr 1925 | |
Landeshauptstadt | Dessau |
Regierungsform | Republik |
Staatsoberhaupt | Ministerpräsident |
Verfassung | Verfassung vom 18. Juli 1919[1] |
Bestehen | 1918–1945 |
Fläche | 2314 km² (1939) |
Einwohner | 351.045 |
Bevölkerungsdichte | 152 Einwohner pro km² |
Religionen | 91,4 % Ev. 4,0 % Römisch-katholische 0,1 % andere Christen 0,3 % Juden 4,2 % Sonstige |
Hymne | Anhalt-Lied |
Reichsrat | 1 Stimme |
Kfz-Kennzeichen | A |
Verwaltung | 5 (ab 1932: 4) Kreise |
Karte | |
Entwicklung
BearbeitenAm 12. November 1918 wurde aus dem Herzogtum Anhalt eine Republik, da Prinzregent Aribert von Anhalt nach Straßendemonstrationen im Namen des noch minderjährigen Herzogs Joachim Ernst von Anhalt und der gesamten anhaltischen Fürstenfamilie auf den Thron verzichtete. Die Abdankung folgte der Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrats in Dessau unter dem Vorsitz von Bürgermeister Fritz Hesse am 9. November 1918. Am 14. November kam es zur Bildung einer vorläufigen Regierung aus SPD und DDP unter Führung von Wolfgang Heine (SPD).[2]
Bei der Wahl zur konstituierenden (= verfassunggebenden) Landesversammlung am 15. Dezember 1918 erhielt die SPD eine absolute Mehrheit (58,03 %) der Wählerstimmen,[3] setzte die Koalition mit der DDP aber fort. Die von der Landesversammlung erarbeitete Verfassung für Anhalt wurde am 18. Juli 1919 beschlossen.[4]
Bei den Landtagswahlen am 24. April 1932 wurde die NSDAP mit 15 Mandaten (sechs Mandatsträger waren aus Dessau) stärkste Fraktion.[5] Mit Hilfe der bürgerlichen Rechten wurde am 21. Mai Alfred Freyberg (NSDAP) zum Ministerpräsidenten einer NSDAP/DNVP-Koalition gewählt.[6] Freyberg war der erste nationalsozialistische Ministerpräsident in Deutschland. Unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft musste unter anderem das Bauhaus in Dessau seinen Lehrbetrieb einstellen. De facto büßten alle Länder des Deutschen Reiches ihre Eigenständigkeit bereits mit dem Gleichschaltungsgesetz vom 31. März 1933 ein. Mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 gingen die Hoheitsrechte aller deutschen Länder auf das Reich über.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor Anhalt seine Eigenständigkeit und wurde am 20. Oktober 1946 mit der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen zur Provinz Sachsen-Anhalt zusammengeschlossen.
Nach der deutschen Wiedervereinigung führte die Kreisreform 1994 innerhalb des Landes Sachsen-Anhalt zur Einrichtung des Landkreises Anhalt-Zerbst, so dass der historische Name „Anhalt“ nicht nur im Landesnamen, sondern auch in einem Kreisnamen weiterlebte; in einer neuerlichen Kreisreform wurde dieses Gebiet am 1. Juli 2007 dem neu gebildeten Landkreis Anhalt-Bitterfeld zugeschlagen, wodurch Anhalt als Bestandteil auch dieses neuen Kreisnamens weiterlebt (obwohl Teile des Landkreises, wie etwa Bitterfeld, nie zum historischen Anhalt gehörten). Das Gebiet der Evangelischen Landeskirche Anhalts entspricht noch heute dem ehemaligen Herzogtum bzw. Freistaat Anhalt.
Politik
BearbeitenLandtag
BearbeitenDer Landtag des Freistaates Anhalt hatte seinen Sitz in Dessau. Dessen konstituierende Sitzung war am 20. Februar 1919. Die Legislaturperioden dauerten ab 1923 vier Jahre, davor nur drei Jahre. Es gab als Wahlsystem ein Verhältniswahlrecht, jedoch mit geschlossenen Listen. Als Rechenverfahren wurde das Hare/Niemeyer-Verfahren benutzt. Im Reichsrat hatte das Land eine Stimme.
Ministerpräsident
BearbeitenDie Präsidenten des Staatsrates 1918–1922 bzw. Ministerpräsidenten des Freistaates Anhalt 1922–1933 bzw. des Landes Anhalt 1933–1945:
- 14. November 1918 bis 23. Juli 1919: Wolfgang Heine, SPD
- 23. Juli 1919 bis 9. Juli 1924: Heinrich Deist, SPD
- 9. Juli 1924 bis 25. November 1924: Willy Knorr, DNVP[7]
- 25. November 1924 bis 21. Mai 1932: Heinrich Deist (2. Amtszeit)
- 21. Mai 1932 bis 8. Januar 1940: Alfred Freyberg, NSDAP[8]
- 8. Januar 1940 bis April 1945: Rudolf Jordan, NSDAP
Reichsstatthalter
BearbeitenMit dem Gleichschaltungsgesetz verloren die Länder ihre Souveränität und es wurden folgende Reichsstatthalter für Anhalt und Braunschweig mit Sitz in Dessau eingesetzt:
- 6. Mai 1933 bis 23. Oktober 1935: Wilhelm Loeper
- November 1935 bis 20. April 1937: Fritz Sauckel
- 20. April 1937 bis April 1945: Rudolf Jordan
Demographie
BearbeitenDer Freistaat zählte im Jahre 1925 351.045 Einwohner auf einer Fläche von 2299 km². 1939 waren es 436.213 Einwohner bei einer Fläche von 2314 km².
Territoriale Gliederung
Bearbeiten- Städte: Ballenstedt, Gernrode, Gröbzig, Güntersberge, Harzgerode, Hoym
Bernburg (Saale), Güsten, Hecklingen, Leopoldshall, Nienburg, Sandersleben
Dessau, Radegast, Raguhn, Roßlau, Köthen, Zerbst, Coswig - Exklaven: Großalsleben, Groß- und Klein-Mühlingen, Dornburg, Tilkerode
- Preußische Enklaven: Löbnitz an der Linde, Repau, Pösigk, Schierau mit Priorau und Möst
1942 wurden die preußischen Gemeinden Löbnitz a. d. Linde, Repau, Pösigk, Schierau, Priorau, Möst und Goltewitz in das Land Anhalt eingegliedert sowie die Gemeinden Tilkerode, Unterwiederstedt und Wadendorf in die Provinz Sachsen des Landes Preußen ausgegliedert.
Verwaltungsgliederung
BearbeitenAnhalt 1918–1945:
- Stadtkreis Bernburg (seit 1933)
- Stadtkreis Dessau (seit 1933)
- Stadtkreis Köthen (seit 1934)
- Stadtkreis Zerbst (seit 1935)
- Landkreis Ballenstedt
- Landkreis Bernburg
- Landkreis Dessau-Köthen (seit 1932)
- Kreis Dessau (bis 1932)
- Kreis Köthen (bis 1932)
- Landkreis Zerbst
Literatur
Bearbeiten- Walther Eggert: Anhaltisches Mosaik: Landschafts- und Kulturbilder aus dem ehemaligen Land Anhalt. Weidlich, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-8035-0555-0.
- Johannes Jansson: Das Fürstentum Anhalt und das Erzbistum Magdeburg – 1647. (Historische Karte: Principatus Anhaldinus et Magdeburgensis Archiepiscopatu) Reprint, Rockstuhl, Bad Langensalza 2003, ISBN 3-932554-92-2.
- Wilhelm van Kempen: Schlösser und Herrensitze in Provinz Sachsen und in Anhalt. Weidlich, Frankfurt am Main 1961.
- Norbert Michels (Hrsg.): Anhalt in alten Ansichten: Landschaft, Baukunst, Lebenswelten. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2006. ISBN 3-89812-350-2.
- Ralf Regener: Der Freistaat Anhalt in den Anfangsjahren der Weimarer Republik. In: Revolutionäre Zeiten zwischen Saale und Elbe. Das heutige Sachsen-Anhalt in den Anfangsjahren der Weimarer Republik. Hrsgg. v. Patrick Wagner und Manfred Hettling, Halle (Saale) 2019, S. 47–68.
- Ralf Regener: „Und jetzt fiel die alte, morsch gewordene Eiche“ Das Ende der askanischen Herrschaft in Anhalt, in: Das Ende der Monarchie in den deutschen Kleinstaaten. Vorgeschichte, Ereignis und Nachwirkungen in Politik und Staatsrecht 1914–1939, hg. v. Stefan Gerber, Wien / Köln / Weimar 2018, S. 161–179.
- Ralf Regener: Der Sturz der Askanier 1918 in Anhalt. Bedingungen, Verlauf und Nachwirkungen des Untergangs einer kleinstaatlichen deutschen Monarchie, Dessau-Roßlau 2013.
- Reinhold Specht: Bibliografie zur Geschichte Anhalts. 1930/3.
- Ralf Regener: Stürmische Zeiten vor einem Jahrhundert. Der Freistaat Anhalt im Jahr 1920. In: Sachsen-Anhalt-Journal. Heft 2, 2020.
- Johannes Wütschke:
- Zur Territorialentwicklung Anhalts. In: Anhaltische Geschichtsblätter 13 (1937)
- Territorialentwicklung Anhalts. (Atlas des Saale- und mittleren Elbegebiets) 1958
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ www.verfassungen.de: Verfassung für Anhalt vom 18. Juli 1919
- ↑ Ralf Regener: Der Sturz der Askanier 1918 in Anhalt. Bedingungen, Verlauf und Nachwirkungen des Untergangs einer kleinstaatlichen deutschen Monarchie, Dessau-Roßlau 2013, S. 63–90.
- ↑ Tabelle
- ↑ Die Verfassung für Anhalt (Volltext)
- ↑ Tabelle: Wahlen zum 6. Landtag
- ↑ Der Freistaat Anhalt. Ereignisse 1918–1933 (Chronologie)
- ↑ nach der Landtagswahl am 22. Juni (Tabelle)
- ↑ nach der Landtagswahl am 24. April 1932 (Tabelle)