Carl Nicoladoni (* 23. April 1847 in Wien; † 4. Dezember 1902 ebenda) war ein österreichischer Chirurg.
Ausbildung und Beruf
BearbeitenCarl Nicoladoni studierte an der Universität Wien Medizin, graduierte 1870 zum Dr. med. und 1871 zum Dr. chir. Ab 1871 arbeitete er als Aspirant am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, dann unter dem Chirurgen Johann Freiherr Dumreicher von Österreicher (1815–1880) an der I. Chirurgischen Universitätsklinik. Als dessen Assistent habilitierte er sich 1876 für Chirurgie (Kurse über Operations- und Verbandslehre, Vorlesungen über Orthopädie).
1880 wurde Nicoladoni Supplent Dumreichers und nach dessen Tod erfolgte im Mai 1881 die Berufung als Ordinarius an die Universität Innsbruck in der Nachfolge von Eduard Albert (1841–1900), der nach Wien berufen wurde. Mehr als 14 Jahre lang wirkte Nicoladoni unter den bescheidenen Bedingungen der Universitätsklinik Innsbruck. Er arbeitete hier bereits nach den Regeln von Joseph Listers Antisepsis. Erst 1887 wurde ein modernerer Klinikneubau eröffnet. Im Studienjahr 1887/88 war Carl Nicoladoni Rektor der Universität Innsbruck.[1] 1894 zum Hofrat ernannt, übernahm Nicoladoni 1895 dann das Ordinariat in Graz, wo er Anton Wölfler († 1917) nachfolgte.
Leistung
BearbeitenNicoladoni war ein erfolgreicher Operateur. Zu seinen Schülern zählte Erwin Payr.
Er befasste sich mit der Entwicklung neuer Operationsverfahren (z. B. die erste erfolgreiche Operation eines Ösophagusdivertikels), den Vorschlag der Gastroenterostomie (1881), die Resektion des Darmes bei gangränöser Hernie, die Resektion des Prolapsus recti und die Nahttechnik bei Rektumresektion. Die nach ihm benannte Operation sah den erstmaligen Daumenersatz durch mehrzeitige, gestielte Transplantation der Groß- oder Zweitzehe oder durch von Bauchhaut umhüllten Rippenspan vor. Die horizontale Gastroduodenostomie wie auch Arbeiten auf dem Gebiet der Knochen- und Gelenkserkrankungen, der Anatomie und Mechanik der Skoliose wie auch der Vorschlag und die Durchführung von ersten Sehnentransplantationen 1880[2] waren Nicoladonis Leistung. Insgesamt erschienen 54 Fachbeiträge zu seinen Hauptthemen.
Einzelbeobachtungen wie die Epithelbildung in Sequesterladen, die durch Samenstrang-Torsion ausgelöste Hodengangrän (Beziehungen zum Kryptorchismus, Operationsvorschlag) und die Beobachtung von Pulsverlangsamung und Blutdruckanstieg bei elastischer Kompression eines arteriellen Rankenaneurysmas (Phlebarteriektasie) an der Extremität (1875) bei einem Patienten der Wiener Chirurgischen Klinik sind sein Verdienst (Nicoladoni-Israel-Branham-Zeichen).
Die motorische Ersatzoperation wurde von ihm 1880 bei einem gelähmten M. triceps surae durch Verpflanzung beider Peronealsehnen übernommen und erweitert.[3]
Schriften (Auswahl)
Bearbeiten- Phlebarteriectasie der rechten oberen Extremität. In: Archiv für klinische Chirurgie. Band 18, 1875, S. 252.
- Phlebarteriectasie der linken oberen Extremität. In: Archiv für klinische Chirurgie. Band 20, 1876, S. 146.
- Die Torsion der scoliotischen Wirbelsäule. Stuttgart 1882.
- Daumenplastik. 1897.
- Idee einer Enteroplastik. In: Wiener medizinische Presse. Band 28, 1887, S. 1705–1708.
- Plastic Surgery of the Thumb and Organic Substitution of the Fingertip (Anticheiroplastic Surgery and Finger Plastic Surgery). Übersetzt ins Englische von A. Lietze. In: Clin Orthop Rel Res. Band 195, 1985, S. 3.
Literatur
Bearbeiten- R. Gurunluoglu, M. Shafighi, G. M. Huemer, A. Gurunluoglu, H. Piza-Katzer: Carl Nicoladoni (1847–1902) Professor of Surgery. In: Annals of Surgery 239 (2004) 281–292, PMC 1356223 (freier Volltext)
- R. Gurunluoglu, G. M. Huemer, M. Shafighi, A. Gurunluoglu, H. Piza-Katzer: Carl Nicoladoni and his contributions to scoliosis. In: Spine. 28 (2003), S. 2426–2431
- Eberhard J. Wormer: Angiologie – Phlebologie. Syndrome und ihre Schöpfer. München 1991, S. 137–147
- Hans Killian: Meister der Chirurgie. Thieme, Stuttgart 1980, S. 248
- Erwin Payr: Zur 25-jährigen Docenten- und 20-jährigen Professor-Jubelfeier Hofrath Professor C. Nicoladoni’s in Graz am 15. Mai 1901. In: Med. Wochenschrift 14, Wien 1901, S. 568
- Erwin Payr: Carl Nicoladoni. Ein Nekrolog. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 68 (1903) I
- F. Spath: Nicoladoni Karl. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 113.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Die Leopold-Franzens-Universität zu Innsbruck in den Jahren 1848–1898. Festschrift aus Anlaß des 50jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. Hrsg. vom Akademischen Senat. Wagner, Innsbruck 1899, Abbildung 1, S. 217 urn:nbn:at:at-ubi:2-17899
- ↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 51.
- ↑ P. Brüser: Motorische Ersatzoperationen an der oberen Extremität. Deutsches Ärzteblatt (1999) 96: A-1134. online (abgerufen am 17. April 2009)
Personendaten | |
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NAME | Nicoladoni, Carl |
ALTERNATIVNAMEN | Nicoladoni, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Chirurg |
GEBURTSDATUM | 23. April 1847 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 4. Dezember 1902 |
STERBEORT | Wien |