Paul von Rusdorf
Paul von Rusdorf (auch Paul von Rußdorf; * um 1385 in Roisdorf bei Bonn; † 9. Januar 1441 in der Ordensburg Marienburg) war der 29. Hochmeister des Deutschen Ordens in der Zeit von 1422 bis 1441.
Leben
BearbeitenEr entstammte einem Ministerialengeschlecht.
1410 trat er dem Orden bei. 1412 war er Pfleger von Rastenburg, 1413–1416 Vogt zu Leipe, Tuchel und Mewe, 1416–1419 Oberster Tressler und 1419–1422 Großkomtur. Am 10. März 1422 erfolgte seine Wahl zum Hochmeister für den zurückgetretenen Michael Küchmeister.
Der Deutsche Orden war nach der Schlacht bei Tannenberg im Ersten Frieden von Thorn gezwungen worden, Kontributionen an Polen zu zahlen, die ihn an den Rand des finanziellen Ruins brachten. Befördert wurde diese Entwicklung durch die trotz Friedensschluss immer wieder ausbrechenden militärischen Auseinandersetzungen mit Polen-Litauen.
Der Frieden von Melnosee 1422 war einer der wenigen Erfolge von Rusdorf. Er brachte eine gewisse Stabilität, obwohl die Konflikte mit Polen und in Preußen in seiner Amtszeit andauerten.[1] Der Orden verzichtete auf Schamaiten und Nessau. Außerdem wurde in den Vertrag ein Widerstandsrecht der preußischen Landstände bei Friedensbruch eingearbeitet.
Nach dem Tode von Großfürst Vytautas 1430 eröffnete der Orden den Angriff auf Litauen. Etwa zeitgleich zog er die Johanniter-Kommende Quartschen in der Neumark sowie weitere Besitzungen dieses Ordens dort an sich.[2] 1435 wurde endlich der „Ewiger Frieden“ von Brest mit dem neuen polnischen König Władysław III. geschlossen. Die Einwohner beider Staaten erhielten fortan ein Mitbestimmungsrecht in der Außenpolitik.
Da der Orden gezwungen war, hohe Steuern von den preußischen Ständen und Hansestädten zu erheben, insbesondere Danzig,[3] durchzog permanenter innenpolitischer Streit die gesamte Herrschaft Pauls. Die Stände forderten ein Mitspracherecht bei der Regierung des Ordensstaates, was abgelehnt wurde. Schließlich organisierten sie sich im Preußischen Bund, der am 14. März 1440 in Marienwerder gegründet wurde. Paul verweigerte jedoch die Genehmigung der Bundessatzung.
Gleichzeitig brach innerhalb des Ordens ein langwieriger Konflikt zwischen Hochmeister und dem Deutschmeister Eberhard von Saunsheim auf. Dieser versuchte unter Verwendung gefälschter Dokumente (der so genannten Orselnschen Statuten) ein Kontrollrecht und die Oberaufsicht über den Hochmeister zu erlangen.
Letztlich trat Paul von Rusdorf, durch den ständigen Hader völlig zermürbt und erkrankt, am 2. Januar 1441 als Hochmeister zurück und starb eine Woche später in der Ordensburg Marienburg, wo er wie seine Vorgänger in der St.-Annen-Kapelle beerdigt wurde.
Die Regierungszeit des Paul von Rusdorf markiert den Höhepunkt der inneren Krise des Ordens, der gekennzeichnet war von Streit, Intrigen, Parteibildungen sowie Disziplinverfall innerhalb des Ordens. Des Weiteren sind Behauptungen zu Schenkungen Rusdorfs an Dritte bis heute nicht geklärt.[4]
Er autorisierte die Nutzung des Alten Kulms als Rechtsbuch im Deutschordensstaat.[5]
1867 sind im damaligen Preußisch Stargard Münzen zweier Hochmeister gefunden worden, die des Paul von Rusdorf trugen die Inschrift PRIM. MAGST. PAVLVS und auf dem Revers MONETA. DNORVM. PRVS.[6]
Literatur
Bearbeiten- Johannes Voigt: Geschichte Preussens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des deutschen Ordens, Band 7, Die Zeit vom Hochmeister Ulrich von Jungingen 1407 bis zum Tode des Hochmeisters Paul von Russdorf 1441, (Mit 1 Tafel u. 1 Plan), Gebrüder Bornträger, Königsberg 1836.[7] (Digitalisat)
- Karl Lohmeyer: Paul von Rusdorf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 11–13.
- Rudolf Reicke: Altpreußische Monatsschrift, Inhaltsverzeichnis von Band 1 – 40, Hrsg. Rudolf Reicke, Ernst Wichert, Verein für die Geschichte von Ost- und Westpreussen, Thomas & Oppermann (Ferd. Beyer), Königsberg in Pr. 1905, u. a. S. 133. Übersicht der Korrespondenz als Hochmeister 1423 bis 1440
- Carl August Lückerath: Paul von Rusdorf, Hochmeister des Deutschen Ordens, 1422–1441. In: Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens; Bd. 15, Verlag Wissenschaftliches Archiv, Bad Godesberg 1969. ISBN 3-7708-0632-8.
- Carl August Lückerath: Paul von Rusdorf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 108 f. (Digitalisat).
- Friedrich Borchert: Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen. In: Preußische Allgemeine Zeitung. Verlag Landsmannschaft Ostpreußen, Hamburg 26. Oktober 2002. ISSN 2199-9619
Weblinks
Bearbeiten- Bebilderte Biografie des Hochmeisters bei heimatfreunde-roisdorf.de
- Carl August Lückerath: Rusdorf, Paul von. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost), Hrsg. Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für Wissenschaft und Forschung Bonn
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ G. A. H. Stenzel: Geschichte des preussischen Staats, In: Geschichte der europäischen Staaten, Erster Band, Hrsg. A. H. L. Heeren, F. A. Ukert, Friedrich Perthes, Hamburg 1830, S. 201 f.
- ↑ Adolf von Winterfeld: Geschichte des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Mit besonderer Berücksichtigung der Ballei Brandenburg oder des Herrenmeisterthums Sonnenburg, Martin Berendt, Berlin 1859, S. 692.
- ↑ Die Recesse und Andere Akten der Hansetage von 1256–1430, Band VIII, Hrsg. Historische Kommission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften in Bayern, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 249.
- ↑ Ed. Gaston Graf von Pettenberg: Die Urkunden des Deutsch-Ordens-Centralarchives zu Wien, I. Band (1170–1809), Hrsg. In Regestenform. Mit Genehmigung Erzherzog Wilhelm von Österreich, F. Tempsky, Prag, und G. Freytag, Leipzig 1887, S. 520.
- ↑ Altpreußische Monatsschrift zur Spiegelung des provinziellen Lebens in Literatur, Kunst, Wissenschaft und Industrie, Zweiter Jahrgang, Hrsg. Rudolf Reicke, Ernst Wichert, Commissions-Debit J. C. Hinrich Leipzig, Druck und Verlag Albert Rosbach, Königsberg in Pr. 1865, S. 36., S. 605., S. 611.; Reprint: Salzwasser-Verlag, Paderborn 2022, S. 36. ISBN 978-3-375-09078-4.
- ↑ Bernh. Stadie: Ein Münzfund bei Pr. Stargard. Pr. Stargard, 3. September 1867, In: Altpreußische Monatsschrift. Die neuen Preußischen Provinzial-Blätter, Vierter Band, Hrsg. Rudolf Reicke, Ernst Wichert, Th. Theile`s Buchhandlung (Ferd. Beyer), Königsberg in Pr. 1867, S. 570 f.
- ↑ Katalog der Bibliothek des Reichstages, Dritter Band, Trowitzsch & Sohn, Berlin 1896, S. 434 f.
Personendaten | |
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NAME | Paul von Rusdorf |
ALTERNATIVNAMEN | Rußdorf, Paul von; Rusdorf, Paul von; Paul von Rußdorf; Paul |
KURZBESCHREIBUNG | Hochmeister des Deutschen Ordens |
GEBURTSDATUM | um 1385 |
GEBURTSORT | Roisdorf |
STERBEDATUM | 9. Januar 1441 |
STERBEORT | Ordensburg Marienburg |