Petershagen (Kernstadt)
Die Kernstadt von Petershagen ist der größte und namensgebende Ortsteil der heutigen Stadt Petershagen. Sie liegt am linken (westlichen) Ufer der Weser, an der Mündung der Ösper.
Petershagen Stadt Petershagen
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Koordinaten: | 52° 23′ N, 8° 58′ O |
Höhe: | 41 m ü. NN |
Fläche: | 17,19 km² |
Einwohner: | 4010 (31. Dez. 2022)[1] |
Bevölkerungsdichte: | 233 Einwohner/km² |
Postleitzahl: | 32469 |
Vorwahl: | 05707 |
Ortsteile der Stadt Petershagen
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Der Ortsteil Hopfenberg ist staatlich anerkannter Luftkurort.[2]
Geschichte
BearbeitenZur Herkunft des Namens „Petershagen“ gibt es die Theorie, dass die Bischöfe von Minden den Platz nach ihrem Schutzpatron Petrus „Peters Hagen“ nannten und ihre hier direkt an der Weser gelegene Wehrburg „Borg tom Petershagen“.
Von 1363[3] bis 1972 war die „Kernstadt“ eine selbstständige Stadt. Sie war Verwaltungssitz des Amtes Petershagen. Am 1. Januar 1973 wurde sie mit 27 weiteren Gemeinden sowie der Stadt Schlüsselburg zur neuen Stadt Petershagen zusammengeschlossen.[4]
Petershagen hat geschichtliche Bedeutung, besonders durch das Schloss (zeitweise Sitz der Bischöfe von Minden und damit Hauptstadt des Bistums Minden) und als der Ort, an dem 1945 das britische Heer auf seinem Weg zur Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen die Weser überquerte.
Politik
BearbeitenDie Bevölkerung der Kernstadt wird gegenüber Rat und Verwaltung der Stadt Petershagen durch einen Ortsbürgermeister vertreten, der aufgrund des Wahlergebnisses vom Rat der Stadt Petershagen gewählt wird.
Seit 2022 ist Klaus-Dieter Schade (SPD) Ortsbürgermeister.[5]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
BearbeitenBauwerke
BearbeitenPetri-Kirche
BearbeitenHauptstraße 9: Evangelische Kirche, nach der Reformation erbaut zwischen 1615 und 1618 als gotisierende dreischiffige Hallenkirche nach dem Vorbild der Stadtkirche in Bückeburg. Anders als in Bückeburg verzichtete man jedoch auf eine aufwändige Schaufassade. Der erst 1732 hinzugefügte Turm hat eine welsche Haube. Ältestes Ausstattungsstück ist das wohl aus dem 15. Jh. stammende Kruzifix auf dem Altar. Aus der ehemaligen Schlosskapelle stammt der frühbarocke, 1647 gestiftete Taufstein. Zur Ausstattung gehören auch zwei Kronleuchter mit Doppeladlern, von denen der eine 1647 bezeichnet ist. Im Jahre 1970 wurde der gesamte Innenraum grundlegend umgestaltet.
Jüdisches Gebäude-Ensemble: Synagoge, Schule, Mikwe
BearbeitenGoebenstraße 5-7: Der Backsteinbau der 1846/47 errichteten ehemaligen Synagoge dient heute als Informations- und Dokumentationszentrum zur jüdischen Orts- und Regionalgeschichte. Ein Bürgerverein erwarb das 1988 unter Denkmalschutz gestellte Gebäude, dessen Inneneinrichtung 1938 während des Novemberpogroms zerstört wurde, und kümmert sich um die Erhaltung.[6]
Unmittelbar neben der Synagoge befindet sich das ehemalige jüdische Schulhaus. Bei Bauarbeiten wurde dort im Mai 2008 eine Mikwe gefunden. Es handelt sich dabei um den erst dritten Fund dieser Art in Westfalen.
Das jüdische Ensemble aus Synagoge, Schule und Mikwe in Petershagen ist in seiner Form einzigartig in Norddeutschland.
Schloss
BearbeitenSchloßstraße 5: Das Schloss ist das Wahrzeichen der Kernstadt. Die ursprüngliche Wasserburg von 1306 wurde 1544–1547 unter dem Mindener Bischof Franz II. von Waldeck von Baumeister Jörg Unkair zum Renaissanceschloss als Residenz für die Mindener Bischöfe umgebaut. Der Nordflügel ist um 1565 entstanden. Weitere Umgestaltungen erfolgten um 1610. 1901 wurde das Schloss von Heinrich Hestermann erworben und als Wohnhaus genutzt. Von 1967 bis 2018 war es ein Hotel mit Restaurant. Ab 2022 wurde es vom neuen Besitzer Peter Kenzelmann für die Wiedernutzung renoviert und wird seit September 2024 wieder gastronomisch genutzt.[7]
Ehemaliges Königliches Lehrer-Seminar
BearbeitenHauptstraße 15: Erbaut Anfang der 1880er Jahre, letzter Neubau in der Tradition der Lehrer-Ausbildung in Petershagen[8]; heute Städtisches Gymnasium.
Ehemalige Stadtschule
BearbeitenSchloßfreiheit 7-9: Putzbau mit flachem Dreiecksgiebel, 1826 errichtet.
Pfarrhaus
BearbeitenKirchstraße 1: Schlichter Putzbau mit Krüppelwalmdach, erbaut 1829.
Ehemaliger Bahnhof
BearbeitenHellermannstraße 1: Bahnhofsgebäude der Mindener Kreisbahn an der früheren Strecke Minden-Uchte, 1898 erbaut; heute ein Restaurant[9] unmittelbar am Weser-Radweg. Drehort von Bahnhofsszenen für den deutschen Spielfilm „Flucht nach Berlin“ (1961).
Ehemaliges Amtsgericht
BearbeitenMindener Straße 16: Gerichtsgebäude mit Gefängnis, 1913 fertiggestellt mit eindrucksvoller Utlucht, steht unter Denkmalschutz. Es wurde bis 1984 vom Amtsgericht Petershagen genutzt, heute als Kulturzentrum mit Restaurant und Pension.[10] Im ehemaligen Schöffensaal führt das Standesamt Petershagen üblicherweise die standesamtlichen Trauungen durch.
Ehemaliges Amtsstubenhaus
BearbeitenMindener Straße 14: Eingeschossiger Fachwerkbau, 1599 erbaut. Am Giebel befinden sich Reste von Schnitzereien.
Besselscher Hof
BearbeitenMindener Straße 51: Ursprünglich Besitz der Herren von Bessel. Einziger erhaltener ehemaliger Adelshof in Petershagen. Das einstige Wohnhaus wurde 1765 durch August Samuel Ehrenreich von Bessel errichtet. Es ist ein zweigeschossiger Massivbau mit dreiachsigem Mittelrisalit, den man in späterer Zeit für schulische Zwecke mehrfach umgebaut hat. In der Mittelachse befinden sich die Reste des früheren Portals; die zugehörige Freitreppe ist jedoch nicht mehr vorhanden. Von 1938 bis 1994 war in dem Gebäude eine Binnenschiffer-Berufsschule,[11] heute eine Jugendherberge.[12]
Historischer Wasserturm
BearbeitenFritz-Schütte-Straße: Erbaut 1912 auf dem Firmengelände der Tonindustrie Heisterholz, 24 Meter hoch, Fassungsvermögen ca. 50 m³; diente bis 1983 der Wasserversorgung des Ortsteils Heisterholz und der Ziegelei.[13]
Staustufe in der Weser mit Wasserkraftwerk
BearbeitenRavensberg 3: 1934 bis 1954 errichtet[14], Staustufe mit Fußgängerbrücke über die Weser. Das Laufwasserkraftwerk[15] hat eine Leistung von 3,3 MW.
Weitere Bauwerke
BearbeitenEinige Wohnbauten, ursprünglich zumeist in Fachwerk errichtet, aber durch Umbauten oftmals stark verändert, siehe → Liste der Baudenkmäler in Petershagen.
Weitere Sehenswürdigkeiten
Bearbeiten- Jüdischer Friedhof, Ecke Lambertsweg / Brandhorststraße: Mit einem jüdischen Grabstein sowie Trümmern, die Jahre nach der Zerstörung des Friedhofs an verschiedenen Stellen in Petershagen gefunden und hier gesammelt wurden. Gedenkstelen erinnern an die Opfer des NS-Arbeitserziehungslagers Lahde.[16]
- Stolpersteine in der Mindener Straße 12-21: Kleine Gedenktafeln in Form von Pflastersteinen, die an Einwohner erinnern, deren Existenz hier in der Zeit des Nationalsozialismus vernichtet wurde.[17]
- Fährstelle an der Weser, Fährstraße: Mindestens seit 1582 bis 1970 waren Fähren das einzige direkte Verkehrsmittel über die Weser. Seit 1925 wurde die Fähre von der Strömung des Wassers an Drahtseilen über die Weser bewegt. Die Auffahrtrampen und die Masten der Hochseilanlage sind noch vorhanden.[18] Im Lauf der Jahrhunderte hat es hier mehrmals kurzlebige Holzbrücken gegeben, die immer wieder durch die Naturkräfte zerstört wurden. Erst mit der Fertigstellung der Weserbrücke aus Beton wurde 1970 der Fährbetrieb eingestellt.
- Büschingsche Mühle, Mindener Straße 61a: 1810 errichtete Achtkant-Windmühle, die auf einem steinernen Unterbau steht und bis 1965 in Betrieb war. Die Mühle wurde 2005 restauriert und dabei daneben ein neues Backhaus errichtet. Rund um die Mühle finden mehrmals im Jahr Veranstaltungen statt (u. a. der Kreismühlentag), bei denen auch gemahlen wird.[19]
- Wesertal-Modell an der Weserbrücke, Hafenstraße: Darstellung der Landschaftsgeschichte und Geologie des Wesertales in künstlerischer Form.
- Schiffsanleger an der Weser, Zum Schiffsanleger: Slipanlage für Sportboote, außerdem bei Bedarf Anlegestelle der Ausflugsschiffe der Mindener Fahrgastschifffahrt („Weiße Flotte“). Unmittelbar anschließend beginnt eine für den Wassersport ausgewiesene Strecke auf der Weser.
- „Heldenhain“, Ecke Mindener Straße/Kreuzstraße: Ein früherer Friedhof, heute kleiner Park mit einem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und des Zweiten Weltkriegs.
- Bad Hopfenberg, Bremer Straße 27: Seit Mitte des 18. Jahrhunderts Moorheilbad mit Heilquelle; heute Klinik für Orthopädie, Rheumatologie, Geriatrie.
- Pottmühle, Kreisstraße 1: 1938 errichtete steinerne konische Turm-Windmühle, war bis 1963 in Betrieb.[20]
Weblinks
Bearbeiten- Kernstadt Petershagen. In: Stadt Petershagen. 31. Dezember 2021 .
- Verein Ortsheimatpflege Petershagen
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Petershagen / Stadt Petershagen. Abgerufen am 7. September 2023.
- ↑ Gesundheitsagentur NRW: Alle Luftkurorte und Erholungsorte. 2018, abgerufen am 1. Mai 2023.
- ↑ 1363–1519, auf heimatpflege-petershagen.de, abgerufen am 3. Mai 2023
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 326 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ Klaus-Dieter Schade (Petershagen). In: Stadt Petershagen. Abgerufen am 16. November 2022.
- ↑ Gedenk- und Informationsstätte Alte Synagoge Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Oliver Plöger: Schloss Petershagen ab September unter neuer Leitung - doch der Verkauf ist vom Tisch | Petershagen. 26. Juni 2024, abgerufen am 27. Oktober 2024.
- ↑ Ehemaliges Königliches Lehrer-Seminar. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Kupfersaal hat eröffnet: Alter Bahnhof in Petershagen erstrahlt in neuem Glanz, auf szlz.de, abgerufen am 3. Mai 2023
- ↑ Mehdi übernimmt Altes Amtsgericht in Petershagen, auf hallo-minden.de, abgerufen am 3. Mai 2023
- ↑ Schifferschule Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ DJH Jugendherberge Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023 (deutsch).
- ↑ Industriedenkmal Wasserturm Heisterholz. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Stauwehr Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Wasserkraftwerk Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Hermann Kleinebenne: Ziegel, Strom und Strömung: Infrastruktur und Geschichte der Arbeitslager an der Mittelweser in Lahde und Petershagen 1936–1945. In: Uwe Jacobsen (Hrsg.): Historisches Jahrbuch Petershagen. Band 10. Books on Demand, Petershagen 2022, ISBN 978-3-7568-4537-8.
- ↑ Stolpersteine. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Fähre Petershagen. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Büschingsche Mühle. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Pottmühle. Abgerufen am 11. Mai 2023.