Turingmaschine mit Zusatzeingabe

zu nichtdeterministischen Turingmaschinen äquivalentes Berechnungsmodell der theoretischen Informatik

Eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe ist ein zu nichtdeterministischen Turingmaschinen äquivalentes Berechnungsmodell der theoretischen Informatik.

Informelle Beschreibung

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Eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe ist eine Erweiterung der deterministischen Turingmaschine um eine Zusatzeingabe  . Es handelt sich also immer noch um eine Maschine, die auf einem String-Band arbeitet und mit einem Lese-/Schreibkopf den Inhalt Zeichenweise lesen und ändern kann. Dabei werden abhängig vom Zeichen am Lesekopf und dem aktuellen Zustand der Maschine verschiedene Zustände durchlaufen. Jede Turingmaschine kann zwei ausgezeichnete Zustände   und   annehmen. Wenn eine Turingmaschine in den Zustand   wechselt, endet die Berechnung und die Eingabe wurde akzeptiert. Wenn die Turingmaschine in den Zustand   wechselt, endet die Berechnung ebenfalls und die Eingabe wird abgelehnt.

Eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe   bekommt ein String-Tupel   als Eingabe.   akzeptiert  , wenn es eine Zusatzeingabe   gibt, so dass   die Eingabe   akzeptiert. Die Idee hinter dieser Konstruktion ist, dass   als Eingabe für ein Problem betrachtet wird und   als Lösung. Die Turingmaschine   kann dann versuchen zu verifizieren, ob   wirklich eine Lösung für   ist. In diesem Sinne wird   also akzeptiert, wenn es eine Lösung   für das (durch   konkrete) Problem gibt.

Definition

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Turingmaschine mit Zusatzeingabe

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Eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe ist ein 5-Tupel  , wobei

Zustandsmenge
  eine endliche nicht-leere Menge von Zuständen,
Arbeitsalphabet
  das Arbeitsalphabet mit dem leeren Zeichen  , dem linken Rand   und dem Trennsymbol  ,
Eingabealphabet
  das Eingabealphabet,
Überführungsfunktion
  die Überführungsfunktion und
Startzustand
  ein ausgezeichneter Startzustand ist.

Die Überführungsfunktion wird eingeschränkt, damit der linke Rand nicht überschrieben werden kann. Es gilt also für alle   mit   und  .

Konfiguration

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Eine Konfiguration von   ist ein 4-Tupel   mit   der aktuelle Zustand,   der String links vom Kopf,   das Zeichen am Kopf und   der String rechts vom Kopf.

Nachfolgekonfiguration

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Sind   und   zwei Konfigurationen, dann ist   die Nachfolgekonfiguration von   (schreibe  ) genau dann, wenn   mit

  •  , oder
  •  , oder
  •  , oder
  •   und  .

Schreibe   für Konfigurationen   und  , wenn es eine Konfigurationenfolge   gibt mit  .

Berechnung

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Die Startkonfiguration von   bei Eingabe   ist  . Eine Konfiguration   heißt Haltekonfiguration, falls  . Dann heißt die Konfigurationenfolge   Berechnung von  , falls   für alle  .   akzeptiert die Eingabe, falls   und lehnt ab, falls  .

Laufzeit

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Sei   eine Berechnung von   bei Eingabe  , dann ist die Laufzeit  . Falls keine Berechnung zur Eingabe   existiert (die Turingmaschine also nicht hält), gilt  .

Bei Turingmaschinen betrachtet man als Eingabegröße die Länge des Eingabestrings. Eine Funktion   heißt dann Zeitschranke von  , falls   für alle   gilt.

Erzeugte Sprache

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Jede Turingmaschine mit Zusatzeingabe   erzeugt eine Sprache   – die Menge der von   akzeptierten Eingaben.

Mehrstring Turingmaschine

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Die Turingmaschine mit Zusatzeingabe lässt sich erweitern, indem man die Benutzung mehrerer String-Bänder erlaubt. Die Maschine hat dann für jedes Band einen eigenen Lese-/Schreibkopf. Die Definition einer  -String-Turingmaschine   mit Zusatzeingabe unterscheidet sich in den folgenden Begriffen von der Turingmaschine mit Zusatzeingabe:

Überführungsfunktion
  Der nächste Zustand hängt von dem aktuellen Zustand und dem aktuellen Zeichen aller Bänder ab.
String-Zeiger-Beschreibung
  ist ein Hilfsbegriff und gibt an, dass der Lese-/Schreibkopf auf dem Zeichen   steht, links davon der String   und rechts davon  .
Konfiguration
  besteht aus einem Zustand   und einer String-Zeiger-Beschreibung   für jedes Band mit  .
Startkonfiguration
  bei Eingabe  .
Nachfolgekonfiguration
  ist Nachfolgekonfiguration von  , falls   und für alle   gilt:
  •  , oder
  •  , oder
  •  , oder
  •   und  .

Äquivalenz zur 1-String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe

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Passend zur Church-Turing-These, bzw. deren erweiterten Version, gibt es zu jeder  -String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe   und Zeitschranke  , eine 1-String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe, die   mit Zeitschranke   entscheidet. Man kann also jede Mehrstring-Turingmaschine mit Zusatzeingabe mit polynomiellem Mehraufwand in eine Einstring-Turingmaschine umwandeln.

Bei der Konstruktion von Turingmaschinen mit Zusatzeingabe und polynomieller Laufzeit spielt es also keine Rolle, ob man sie als Mehrstring- oder Einstring-Turingmaschine definiert. In diesem Fall kann man die Mehrstring-Turingmaschine so definieren, dass die Eingabe auf dem ersten Band steht und die Zusatzeingabe auf dem Zweiten, was die Beschreibung der Turingmaschine erleichtert.

Platzschranke

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Bei Mehrstring-Turingmaschinen lässt sich zusätzlich zur Zeitschranke auch eine Platzschranke definieren. Um auch Platzschranken definieren zu können die kleiner als die Eingabelänge sind, muss das Modell so eingeschränkt werden, dass die Eingabe (und die Zusatzeingabe) nicht als Berechnungsplatz benutzt werden können.

Nur-lesen Eingabeband

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Eine  -String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe und nur-lesen Eingabeband ist eine  -String Turingmaschine mit Zusatzeingabe   und der Einschränkung von   durch: Ist  , so ist   (das Eingabeband wird nicht verändert) und falls  , dann ist   (die Turingmaschine kann nicht über den rechten Rand der Eingabe hinauslaufen).

Speicherplatzaufwand

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Der Speicherplatzaufwand einer  -String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe und nur-lesen Eingabeband   bei Eingabe   und Haltekonfiguration   ist  .

Eine Funktion   ist dann eine Platzschranke für  , falls  .

Raten von Lösungen

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Oft spricht man im Zusammenhang mit Nichtdeterminismus vom „Raten“. Da es sich hier ebenfalls um eine Form von Nichtdeterminismus handelt (die Wahlfreiheit der Zusatzeingabe) wird oft vom Raten der Lösung als Zusatzeingabe gesprochen. Gemeint ist, dass die Turingmaschine mit Zusatzeingabe   bei Eingabe   die Zusatzeingabe als Lösungskandidat interpretieren kann und ablehnt, falls es sich nicht um eine Lösung handelt. Die Turingmaschine wird also so konstruiert, dass richtig geratene Lösungen akzeptiert werden und alles andere abgelehnt wird. In diesem Sinne kann die Zusatzeingabe/Lösung geraten werden.

Äquivalenz zur nichtdeterministischen Turingmaschine

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Die Turingmaschine mit Zusatzeingabe ist äquivalent zur nichtdeterministischen Turingmaschine, bei der die deterministische Turingmaschine durch eine Übergangsrelation statt einer Übungsfunktion erweitert wird. Dadurch kann es von einer Konfiguration der nichtdeterministischen Turingmaschine mehrere gültige Nachfolgezustände geben. Dieses Modell akzeptiert eine Eingabe   genau dann, wenn es eine akzeptierende Berechnung bei Eingabe   gibt.

Gewissermaßen besteht bei der Turingmaschine mit Zusatzeingabe die Wahlfreiheit in der Zusatzeingabe und bei der nichtdeterministischen Turingmaschine in der Wahl der Nachfolgekonfiguration. Zur Simulation der nichtdeterministischen Turingmaschine durch die Turingmaschine mit Zusatzeingabe können die Zeichen der Zusatzeingabe verwendet werden, um die nächste Konfiguration der nichtdeterministischen Turingmaschine eindeutig (bezogen auf die konkrete Zusatzeingabe) zu bestimmen. Zur Simulation der Turingmaschine mit Zusatzeingabe durch die nichtdeterministische Turingmaschine können die Zeichen der Zusatzeingabe durch die möglichen Nachfolgekonfigurationen bestimmt werden (für jedes mögliche Zeichen der Zusatzeingabe gibt es eine mögliche Nachfolgekonfiguration).

Vorteil gegenüber der nichtdeterministischen Turingmaschine

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Die Beschreibung und Formalisierung nichtdeterministischer Turingmaschinen wird durch dieses Modell vereinfacht, da man explizit auf einen Lösungskandidaten (der Zusatzeingabe) zurückgreifen kann.

Besonders bei der Charakterisierung von NP wird die Bedeutung dieses Modells deutlich: Die Menge NP ist intuitiv betrachtet die Menge der Probleme, deren Lösung (gegeben durch die Zusatzeingabe) sich in polynomieller Zeit verifizieren lässt.

Bedeutung in der Komplexitätstheorie

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Durch die Turingmaschine mit Zusatzeingabe und dem zugehörigen Laufzeitbegriff werden die nichtdeterministischen Zeitklassen NTIME  für Zeitschranken   gebildet.

Darüber wird auch NP definiert, die Menge aller Sprachen   zu denen es eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe   und polynomieller Laufzeitschranke gibt, so dass   (  entscheidet  ).

 

Auch NEXPTIME ist auf diese Weise definiert. Die Menge aller Sprachen   zu denen es eine Turingmaschine mit Zusatzeingabe   und exponentieller Laufzeitschranke gibt, so dass  .

 

Mit der Erweiterung auf Mehrstring-Turingmaschinen mit Zusatzeingabe und nur-lesen Eingabeband lassen sich die NSPACE-Klassen definieren.

  ist die Menge aller Sprachen  , für die es eine k-String-Turingmaschine mit Zusatzeingabe und nur-lesen Eingabeband gibt, die   mit Platzschranke   entscheidet und damit wird dann   gebildet.

Darüber werden die Klassen

  • NL, logarithmischer Platz, mit  ,
  • NPSPACE, polynomieller Platz, mit   und
  • NEXPTIME, exponentieller Platz, mit   gebildet.

Literatur

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