Zustandsraumdarstellung

mathematische Darstellung in der Regelungstechnik
(Weitergeleitet von Zustandsraummodell)

Die Zustandsraumdarstellung ist eine von mehreren bekannten Formen der Systembeschreibung eines linearen zeitinvarianten Übertragungssystems. Das Zustandsraummodell gilt als ingenieurtechnisch geeignete Methode der Analyse und Synthese dynamischer Systeme im Zeitbereich und ist besonders effizient bei der regelungstechnischen Behandlung von Mehrgrößensystemen, nichtlinearen und zeitvariablen Übertragungssystemen. Dabei werden sämtliche Beziehungen der Eingangs-, Ausgangs- und Zustandsgrößen in Form von Matrizen und Vektoren dargestellt.[1] Das Zustandsraummodell wird durch zwei Gleichungen beschrieben, die Zustandsdifferenzialgleichung erster Ordnung und die Ausgangsgleichung.

Geschichte

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Die seit den 1960er Jahren bekannte Theorie des Zustandsraumes stammt aus den USA von dem Mathematiker und Stanford-Universitätslehrer Rudolf E. Kálmán. Sie ist etwa zeitgleich mit dem Auftreten erster leistungsfähiger Digitalrechner entstanden, die für den Umgang mit der Zustandsraumdarstellung unverzichtbar sind.

Im Hochschulbereich der ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtungen der Automatisierung, Mechatronik, Elektrotechnik usw. nimmt insbesondere in der Regelungstechnik die Zustandsraumdarstellung zunehmend einen größeren Bereich ein. So gilt nach Darstellung einiger Hochschullehrer die Zustandsraumdarstellung bereits in der Vergangenheit als wesentlicher technologischer Impuls für die Luft- und Raumfahrt wie der im Apollo-Programm 1969 vollzogene Flug zum Mond.

Grundlagen

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Unter dem Begriff Zustandsraumdarstellung versteht man die Beschreibung eines dynamischen Übertragungssystems durch seine Zustandsgrößen (= Zustandsvariablen). Dabei wird die systembeschreibende Differenzialgleichung n-ter Ordnung mit n konzentrierten Energiespeichern in n Differenzialgleichungen 1. Ordnung zerlegt und in eine Matrizen/Vektor-Darstellung gebracht.

Die Zustandsvariablen beschreiben physikalisch den Energiegehalt der in einem technischen dynamischen System enthaltenen Speicherelemente. Zustandsvariablen sind z. B. die Spannung an einem Kondensator, der Strom in einer Induktivität, bei einem Feder-Massesystem die Auslenkung der Feder, die Geschwindigkeit der Masse. Die Anzahl der Zustandsvariablen   des Zustandsvektors   entspricht der Dimension des Zustandsraumes. Im Zustandsvektor   zum beliebigen Zeitpunkt t(0) sind alle Informationen des dynamischen Übertragungssystems enthalten.

Wesentliche Begriffe zum Verständnis der Beschreibung eines Übertragungssystems im Zustandsraum sind das Zustandsraummodell und die angewandte Normalform, nach der die Zustandsgleichungen und zugehörigen Matrizen / Vektoren ausgelegt sind. Das Zustandsraummodell kann für nicht sprungfähige Systeme direkt aus den Koeffizienten der systembeschreibenden Differenzialgleichung oder der zugehörigen Übertragungsfunktion erstellt werden.

Nach dem Signalflussplan der Regelungsnormalform kann mit Hilfe der zurückgeführten Zustandsvariablen ein dynamisch vorteilhafter Zustands-Regelkreis gebildet werden, der ohne Matrizendarstellung mittels numerischer Berechnung aller vorliegenden Signalgrößen simuliert werden kann.

Übersicht der Systembeschreibungen

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In der klassischen Regelungstheorie vor den 1960er Jahren hatte die Analyse und Berechnung von Regeleinrichtungen im Zeitbereich nur eine geringere Bedeutung als die Methoden im Frequenz- und s-Bereich, wie die Laplace-Transformation, der Frequenzgang und das Wurzelortskurvenverfahren. Dabei wurden hauptsächlich lineare zeitinvariante Übertragungsglieder mit konstanten Koeffizienten behandelt. Nichtlineare Systeme wurden linearisiert.

Zum Verständnis der Theorie der Zustandsraumdarstellung sind folgende Kenntnisse der Systembeschreibungen erforderlich:

  • Gewöhnliche Differenzialgleichungen eines Übertragungssystems
Die Beschreibung von linearen Systemen mit konzentrierten Energiespeichern (im Gegensatz zu Systemen mit verteilten Speichern → Partielle Differenzialgleichung) erfolgt mit gewöhnlichen Differenzialgleichungen. Die Differenzialgleichung beschreibt ein lineares Übertragungssystem mit n Energiespeichern durch n Ableitungen der Systemausgangsgröße y(t) und m Ableitungen der Eingangsgröße u(t) des Systems.
Beispiel der Beschreibung eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung (PT1-Glied):
 
mit   als die System-Zeitkonstante und dem Verstärkungsfaktor  .
  • Beschreibung linearer Systeme im komplexen Frequenzbereich
 
Blockdiagramm eines Übertragungssystems als Ein- und Mehrgrößensystem.
Die Übertragungsfunktion ist eine mathematische Beschreibung für das Verhalten eines linearen, zeitinvarianten Systems im Frequenzbereich (s-Bereich) mit der komplexen Variablen s. Sie ist in der Regelungstechnik die häufigste Darstellungsform für die Beschreibung des Eingangs- und Ausgangsverhaltens von Übertragungssystemen.
Sämtliche Systemeigenschaften wie die Kriterien der Stabilität, Pole, Nullstellen, Verstärkung und Zeitkonstanten können aus der Übertragungsfunktion abgeleitet werden. Durch die Rücktransformation mittels der Laplace-Transformation kann das zeitliche Verhalten eines Übertragungssystems als Funktion des Eingangssignals berechnet werden.
Eine wesentliche Erkenntnis in der linearen Systembeschreibung ist die Tatsache, dass Differenzialgleichungen wie auch Übertragungsfunktionen in Polynomdarstellung beliebiger Ordnung auf 3 einfache Grundformen von Polynomen zerlegt werden können, die ein völlig unterschiedliches signaltechnisches Verhalten haben, ob sie im Zähler oder Nenner der Übertragungsfunktion stehen.
Beispiel der Beschreibung eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung (PT1-Glied):
 
  • Numerische Beschreibung linearer und nichtlinearer Systeme
Relativ einfache Übertragungssystem-Strukturen mit nichtlinearen Elementen, Begrenzungseffekten und Totzeitsystemen sind durch konventionelle Rechenmethoden im kontinuierlichen Zeitbereich nicht mehr geschlossen lösbar. Abhilfe bietet die numerische Berechnung im diskreten Zeitbereich Δt.
Anstelle der Berechnung des kontinuierlichen Verhaltens der physikalischen Größen eines dynamischen Systems als f(t) erfolgt die Umsetzung in eine quantisierte Berechnungsmethode mit konstanten kleinen Zeitintervallen, der diskreten Zeit Δt. Das dynamische System wird in seiner einfachsten Form durch 4 unterschiedliche Differenzialgleichungen erster Ordnung mit Differenzengleichungen beschrieben und algebraisch rekursiv berechnet. Wesentliches Merkmal der Rekursion ist die Folge k = (0, 1, 2, 3, …, kn), bei dem das Rechenergebnis der zurückliegenden Folge k-1 zu dem aktuellen diskreten Rechenergebnis der Folge k hinzu addiert wird.
Beispiel der Beschreibung eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung (PT1-Glied mit dem Verstärkungsfaktor KPT1) nach der Euler-Approximation:
 
Für die numerische Berechnung von Übertragungssystemen stehen verschiedene Rechenprogramme zur Verfügung.

Definition des Zustandes eines Übertragungssystems

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Physikalisch betrachtet ist der Zustand eines dynamischen Systems durch den Energiegehalt der im System vorhandenen Energiespeicher bestimmt. Die Zustandsgrößen beschreiben den Energiegehalt der im System enthaltenen Speicherelemente. Sie können sich bei Anregung des Systems nicht sprunghaft ändern.

Der Wert der Zustandsgrößen   zu einem bestimmten Zeitpunkt t ist der Zustand des Systems und wird durch den Vektor   zusammengefasst.

Das Verhalten des Übertragungssystems ist zu einem beliebigen Zeitpunkt zu der Zeit t = 0 für t > 0 vollständig gegeben, wenn

  • das mathematische Modell des Übertragungssystems bekannt ist,
  • die Anfangswerte   der Energiespeicher bekannt sind und
  • die Eingangsgrößen des Systems bekannt sind.

Daraus folgt:

Bei Kenntnis des Systemzustandes und aller auf das System einwirkenden Signalgrößen kann das zukünftige Systemverhalten für t > 0 vorausbestimmt werden.

Zustand eines dynamischen Systems im Zustandsraum = Zustandsvektor   zum Zeitpunkt  .[2]

  • Der Zustandsvektor   eines linearen Systems bestimmt mit dem Verlauf des Eingangssignals u(t) vollständig den Verlauf der Ausgangsgröße y(t) für  .
  • Die Anzahl der Zustandsvariablen von   ist die Dimension des Zustandsraumes.

Begriffsdefinitionen: Zustandsraum, Vektorraum, Phasenraum, Phasenporträt

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Im deutschen Sprachraum ist der Begriff der Zustandsraumdarstellung für den älteren und auch heute gültigen Begriff Systembeschreibung im Zustandsraum erst nach den 1970er Jahren entstanden.

In der Regelungstechnik wird der Begriff „Zustandsraum“ eines dynamischen Übertragungssystems meist wie folgt definiert:

„Der Zustandsraum ist der dem Zustandsvektor   zugehörige n-dimensionale Vektorraum, in dem sich jeder Zustand als Punkt und jede Zustandsänderung des Übertragungssystems sich als Teil einer Bahnkurve (Trajektorie) darstellt.“

Behandlung linearer kontinuierlicher Systeme im Zustandsraum. In: Heinz Unbehauen: Regelungstechnik II.

Allgemein kann der Zustandsraum von dynamischen Systemen jedoch eine Mannigfaltigkeit sein, die nicht die Anforderungen an einen Vektorraum erfüllt. Diese besitzt nur in einer lokalen Umgebung um einen Punkt dieselben Eigenschaften wie ein Vektorraum.[3]

Das Systemverhalten eines dynamischen Übertragungssystems im Zustandsraum am Beispiel eines Verzögerungssystems höherer Ordnung lässt sich grafisch darstellen durch:

  • Grafische Darstellung des Phasenporträts[4]
 
Phasenporträt eines PT2-Schwingungsgliedes und eines PT2-Gliedes im Zustandsraum.
Bei der Zustandsraumdarstellung für zweidimensionale Systeme spannt der  -Raum eine Fläche auf. Diese Beziehung wird mit Phasenraum und die sich ergebende Trajektorie wird mit Phasenporträt bezeichnet.
Das Phasenporträt für Systeme ohne Eingangssignal u(t) = 0 wird stets im Uhrzeigersinn zum Ursprung durchlaufen, vorausgesetzt, das System ist stabil.
Für 2- oder 3-dimensionale Zustandsvektoren sind zum Verständnis grafische Konstruktionen möglich.
Sind z. B. für ein PT2-Schwingungsglied mit der Dämpfung   die Eingangsgröße   und die Anfangswerte   und   gegeben, dann verläuft die Bahnkurve (Phasenporträt) als Funktion der Zeit in dem x1-x2-Diagramm entsprechend der Eigenbewegung des Systems von einem Anfangswert   spiralförmig (typisch für ein Schwingungsglied) zum Ursprung Null ( ) nach endlicher, genügend langer Zeit.
Die Bahnkurve eines PT2-Gliedes mit der Dämpfung   und gleichen Anfangswerten kann den Ursprung – wie im Bild dargestellt – nicht umschlingen, sondern erreicht ihn von einem abfallenden Anfangsgradienten auf dem kürzesten Weg.
  • Aufzeichnung des Verlaufs der Zustandsvariablen f(t)
Durch Aufzeichnung des Verlaufs der Zustandsvariablen als Funktion der Zeit nach einem System-Eingangssprung   wird ersichtlich, dass die Zustandsvariablen   des Übertragungssystems sich dynamisch deutlich schneller verhalten, als die Ausgangsgröße  .
Die Nutzung dieser vorteilhaften Eigenschaft ist von großer Bedeutung für das Regelverhalten eines Zustandsregelkreises. Die prägenden Begriffe für den Zustandsregelkreis sind Zustandsrückführung und zum konventionellen Gegenstück Ausgangsrückführung.
Siehe im Abschnitt Regelungsnormalform, drittes Bild „Grafische Darstellung der Zustandsvariablen“.

Beispiel Zustandsvariablen und Zustandsgleichungen für ein PT2-Schwingungsglied

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Standard-Übertragungsfunktion eines Schwingungsgliedes (PT2-Glied) mit konjugiert komplexen Polen (PT2KK-Glied):

 

Die zugehörige lineare Differenzialgleichung wird durch Umwandlung mit Hilfe der inversen Laplace-Transformation ermittelt:

 

In der Fachliteratur werden zur Vereinheitlichung die Koeffizienten der Ableitungen von   (hier T², 2 D T) mit dem Buchstaben   dargestellt, für die rechte Seite der Ableitungen von   mit   und fortlaufend nummeriert:

 

Die höchste Ableitung wird vom Koeffizienten freigestellt, in dem alle Terme der Gleichung durch   dividiert werden und nach   aufgelöst wird:[5]

 
 
Blockschaltbild eines Signalflussplanes zur Bestimmung der Zustandsvariablen im Zustandsraum.

Das in dem Strukturbild dargestellte Blockschaltbild entspricht der klassischen Variante der Lösung einer Differenzialgleichung mit Hilfe der Analogrechentechnik. Dieses Verfahren ist seit langem bekannt. Das Interesse galt natürlich nur dem Verhalten der Ausgangsgröße  .

Jede Ableitung der Ausgangsgröße   wird einer Integration unterzogen. Jede Zustandsgröße wird mit dem zugehörigen Koeffizienten auf den Eingang zurückgeführt und von der Eingangsgröße   subtrahiert.

Eine Differenzialgleichung n-ter Ordnung benötigt zur Lösung   Integrationen. Nach dem Blockschaltbild zur Lösung der Differenzialgleichung 2. Ordnung ergeben sich 2 Zustandsvariablen als Ausgänge der Integratoren. Durch Substitution werden die Ableitungen von   durch die Bezeichnung der Zustandsvariablen   wie folgt eingesetzt:

 

Damit lautet die Differentialgleichung mit den eingeführten neuen Bezeichnungen der Zustandsvariablen:

 

Die Umwandlung der systembeschreibenden Differenzialgleichung n-ter Ordnung in n-gekoppelte Differenzialgleichungen 1. Ordnung geschieht wie folgt:

Stellt man sich laut dem Blockschaltbild z. B. die Zustandsvariable   vom Ausgang des Integrators auf den Eingang des gleichen Integrators versetzt vor, dann ist die Ableitung von  .

Daraus folgen die Zustandsdifferentialgleichungen 1. Ordnung:

 
 

Die Zustandsgrößen   und   bilden den sogenannten Zustandsvektor  .

Diese Gleichungen werden als Vektordifferenzialgleichungen in Matrizenform wie folgt geschrieben:

 

und die Ausgangsgleichung:

 

Es existieren verschiedene Signalflusspläne, die zur Lösung der Differenzialgleichung und der Bestimmung der Zustandsvariablen führen. Der Quotient   kann entsprechend dem Blockschaltbild des Schwingungsglieds links der Subtraktionsstelle liegen, er kann rechts davon liegen, oder die Gleichung kann so umgeformt werden, dass die höchste Ableitung den Koeffizienten 1 hat. Alle diese Maßnahmen führen zu einem gleichen Ergebnis für die Ausgangsgröße y(t). Dies gilt aber nicht für die Definition der Koeffizienten der Zustandsgrößen.

Für Übertragungssysteme mit Polen und Nullstellen gibt es deshalb eine einheitliche Normalform, vorzugsweise die „Regelungsnormalform“ zur Darstellung der Signalflüsse.

Zustandsraummodell

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Bei der Zustandsraumdarstellung wird von einem Zustandsraummodell ausgegangen.

 
Symbolisches Blockschaltbild eines Modells eines Übertragungssystems in der Zustandsraumdarstellung für ein Eingrößensystem.

Das Blockschaltbild mit dem Signalflussplan des Zustandsraummodells zeigt ein Eingrößen-Übertragungssystem mit einem Eingangssignal u(t) und einem Ausgangssignal y(t) in einer allgemeinen Darstellung für ein lineares Übertragungssystem mit n Differenzialgleichungen 1. Ordnung. Es entspricht der Systemdarstellung der Regelungsnormalform. Anstelle eines Differenzialgleichungssystems n-ter Ordnung tritt eine Ableitung des n-dimensionalen Zustandsvektors 1. Ordnung  . Diese Ableitung ist Eingangsgröße eines Integrators; daraus ergibt sich der Zustandsvektor  .

Die Zustandsgleichungen für die Ableitung des Vektors   und die Ausgangsgröße y(t) eines Eingrößensystems

 
 

können direkt aus dem Blockschaltbild des Zustandsraummodells abgelesen werden.

Das Blockschaltbild des Zustandsraummodells hat eine einheitliche Form, wird aber als Ein- oder Mehrgrößensystem unterschiedlich dargestellt. Bei dem Mehrgrößensystem treten anstelle der skalaren Ein- und Ausgangsgrößen u(t) und y(t) die Vektoren   und  . Die Signalflüsse von Matrizen und Vektoren werden in dem Blockschaltbild durch Doppellinien dargestellt.

Zusammenfassung Zustandsraummodell:

  • Zustandsraummodell und Blockschaltbild
Das Blockschaltbild mit dem Signalflussdiagramm des Zustandsraummodells ist – abgesehen davon, ob es sich um ein Eingrößensystem oder Mehrgrößensystem handelt – für alle Anwendungen identisch. Es stellt ein lineares System n-ter Ordnung mit n Differenzialgleichungen erster Ordnung dar. Deshalb benötigt es für die Berechnung des Zustandsvektors   nur einen Integrator-Block.
Das Zustandsraummodell bezieht sich immer auf einen bestimmten Anwendungsfall der Beschreibung eines Übertragungssystems.
Die Wertebeschreibung bezieht sich auf sämtliche Signale des Systems. Dazu gehören die Werte des Systemzustandes  , der Eingangsgröße u(t), die Ausgangsgröße   und die Anfangswerte des Systems  .
Die Signale sind wie im Blockschaltbild dargestellt mit der Systemmatrix, dem Eingangs- und Ausgangsvektor verknüpft. Bei Mehrgrößensystemen wird der einspaltige Eingangsvektor zur Eingangsmatrix, der einzeilige Ausgangsvektor zur Ausgangsmatrix.
  • Systemmatrix
Die Systemmatrix   enthält die Koeffizienten der Zustandsvariablen. Durch die Anwendung der Normalformen wie die Regelungsnormalform kann die Systemmatrix nach einem relativ einfachen Schema erstellt werden. Die Koeffizienten eines Übertragungssystems n-ter Ordnung stehen bei der Regelungsnormalform in der untersten Zeile der Matrix. Sie können direkt aus der systembeschreibenden Differenzialgleichung oder der zugehörigen Übertragungsfunktion entnommen werden.
Bei Mehrgrößensystemen mit verkoppelten Übertragungsgliedern können die Bestimmung der Zustandsvariablen und die Auslegung der Systemmatrix aufwendig werden. Für jede Ausgangsgröße   lässt sich eine verkoppelte Übertragungsfunktion bzw. die zugehörige Differenzialgleichung bestimmen. Daraus werden – ggf. nach Linearisierung – die Koeffizienten für die n*n-Systemmatrix   gebildet.
  • Lineare und nichtlineare Systeme
Das Zustandsraummodell beschreibt lineare Übertragungssysteme durch lineare Differenzialgleichungen bzw. durch Übertragungsfunktionen.
Nichtlineare Übertragungssysteme erfordern einen erhöhten mathematischen Aufwand. Nichtlineare Systeme, z. B. in der Praxis häufig vorkommende mit gebrochener Kennlinie durch Signalbegrenzungen, lassen sich nicht mit linearen Differenzialgleichungen beschreiben. Für sie kommt ebenso wie für Systeme mit Totzeiten die numerische Berechnung zur Anwendung.
  • Zustandsdifferenzialgleichung und Ausgangsgleichung
Das Zustandsraummodell wird anhand der dargestellten Signalflüsse durch 2 Gleichungen beschrieben, die Zustandsdifferenzialgleichung und die Ausgangsgleichung (auch Ausgabegleichung).
Die Zustandsdifferenzialgleichung ist eine Vektordifferenzialgleichung 1. Ordnung, die die Systemdynamik beschreibt. Sie gibt an, wie das Eingangssignal u(t) die einzelnen Speicher beeinflusst und wie diese Speicher miteinander verkoppelt sind.
Die algebraische Ausgangsgleichung beschreibt, wie das Ausgangssignal   mit den Systemzuständen verbunden ist.
Gleichungen des Zustandsraummodells:
Gleichung Bei Eingrößensystemen Bei Mehrgrößensystemen
Zustandsdifferenzialgleichung
(auch Zustandsgleichung)
   
Ausgangsgleichung  
  für  
 
  für  
Bedeutung der Signale und Systemblöcke des Zustandsraummodells:
Bedeutung Eingrößensystem Mehrgrößensystem
Ableitung des Zustandsvektors    
Zustandsvektor    
Zustandsvariable    
Vektor der Anfangsbedingungen    
Eingangssignale  
Eingangsvariable
 
Eingangsvariablenvektor
Ausgangssignale  
Ausgangsvariable
 
Ausgangsvariablenvektor
Systemmatrix    
Eingangsmatrix  
Eingangsvektor
 
Eingangsmatrix
Ausgangsmatrix  
Ausgangsvektor
(transponiert)
 
Ausgangsmatrix
Durchgangsmatrix  
Durchgangsfaktor
  für  
 
Durchgangsmatrix
  für  

Indizierung:

  • Matrizen = Großbuchstaben mit Unterstrich,
  • Vektoren = Kleinbuchstaben mit Unterstrich,
  • Transponierte Vektordarstellung, Beispiel:  
Standardmäßig liegt ein Vektor immer in Spaltenform vor. Um einen Zeilenvektor zu erhalten, muss ein Spaltenvektor transponiert werden.

Lineare Zustandsdifferenzialgleichungen eines Mehrgrößensystems

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Laut Fachliteratur werden im Zustandsraum dynamische Systeme allgemein als Mehrgrößensysteme betrachtet. Eingrößensysteme gelten – Im Gegensatz zur klassischen Regelungstechnik – als Sonderfall.

Lineare Übertragungssysteme mit mehreren Eingangs- und Ausgangsgrößen kann man mit linearen Zustandsdifferenzialgleichungen beschreiben.

 

 

 

 

Die Ausgangsgleichungen bei Linearen Systemen haben folgende Formen:

 

 

 

 

Diese in Vektorschreibweise dargestellten Gleichungen kann man auch in Matrizenschreibweise wiedergeben.

Zustandsdifferenzialgleichungen der Mehrgrößensysteme

 

Ausgangsgleichungen der Mehrgrößensysteme:

 

In kompakter symbolischer Darstellung wird daraus:

 
 

Lineare Zustandsdifferenzialgleichungen der Eingrößensysteme

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Eingrößensysteme haben nur eine Eingangsgröße   und eine Ausgangsgröße  . Dabei gehen die Eingangsmatrizen   und Ausgangsmatrizen   in den Eingangsvektor   und Ausgangsvektor   über. Die Durchgangsmatrix   wird zu einem Skalar.

 
 


In kompakter symbolischer Darstellung wird daraus:

 
 

Normalformen im Zustandsraum

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Bei den Zustandsbeschreibungen mit Normalformen nehmen die Zustandsgleichungen besonders einfache und zweckmäßige Formen für bestimmte Berechnungen an. Für die Normalformen wird von der Systembeschreibung des linearen Übertragungssystems durch die Differenzialgleichung oder zugehörige Übertragungsfunktion ausgegangen.

Zu den bekanntesten Normalformen gehören:

Die Normalformen sind in der Systemmatrix   durch die örtliche Lage der Koeffizienten erkennbar.

Regelungsnormalform

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Die Signalstruktur der Regelungsnormalform stellt sich als ein analoges zeitkontinuierliches System dar, das mit der Eingangsgröße   die Lösung der Differentialgleichung   wiedergibt und gleichzeitig die Zustandsvariablen   zeigt.

Das Blockschaltbild der Regelungsnormalform zeigt die Umsetzung und Lösung der Differenzialgleichung in die physikalischen analogen Signalflüsse der Zustandsgrößen einschließlich der Ausgangsgröße bei gegebener Eingangsgröße. Man kann sie als eine Weiterentwicklung der in der Analogrechentechnik bekannten Verfahren zur Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung mit   Integratoren betrachten. Die Signalflüsse können bei Kenntnis der Koeffizienten der Zustandsvariablen direkt mittels numerischer Berechnung für beliebige Eingangssignale ermittelt und grafisch dargestellt werden.

 
Blockschaltbild des Signalflussplanes eines Übertragungssystems 3. Ordnung in der Regelungsnormalform.

Das vereinfachte Beispiel des Blockschaltbild-Signalflussplanes 2. Ordnung zeigt ein Übertragungssystem, das nur Pole enthält. Für beliebige Systeme mit Polen und Nullstellen in der Regelungsnormalform muss der Signalflussplan um die Ableitungen der Eingangsgröße   so erweitert werden, dass die Terme   sich zu der Ausgangsgröße   addieren.

Übertragungsfunktion und zugehörige Differenzialgleichung in Polynomdarstellung

Die Übertragungsfunktion eines linearen Übertragungssystems in Polynomdarstellung ist definiert als das Verhältnis von Ausgangssignal zu Eingangssignal als Funktion der komplexen Frequenz s. Sie entsteht unter der Voraussetzung, dass die Anfangsbedingungen der Energiespeicher der Ausgangsgröße Y(s) zu Null gesetzt sind:

 

Dabei bedeuten   = Anzahl der Pole und   = Anzahl der Nullstellen des Systems:

  •  : Dies entspricht dem Normalfall in der Regelungstechnik, d. h. die Anzahl der Pole   sind größer als die der Nullstellen  . Das System ist nicht sprungfähig.
  •  : Diese Beziehung mit gleicher Anzahl der Pole und Nullstellen kommt nur in Ausnahmefällen vor. Das System ist sprungfähig, d. h. eine sprungförmige Änderung der Eingangsgröße wird unverzögert auf den Ausgang übertragen.
  •  : Diese Systeme können nicht mit der Zustandsraumdarstellung behandelt werden. Sie sind auch technisch nicht realisierbar.

Die zugehörige Differenzialgleichung der Übertragungsfunktion ergibt sich durch die inverse Laplace-Transformation.

 

Der höchste Grad der Ableitung von   gibt die Anzahl der Speicherelemente der Strecke wieder.

 
Blockschaltbild Berechnungsbeispiel der Zustandsvariablen für ein System 3. Ordnung in der Regelungsnormalform.

Zustandsvariablen entstehen aus den Polen des Übertragungssystems

Die Zustandsvariablen eines linearen Systems n-ter Ordnung mit n Energiespeichern entstehen immer aus den Polen. Hat das Übertragungssystem auch Nullstellen – also differenzierende Anteile – so werden die Zustandsvariablen mit den Koeffizienten der Ableitungen der Eingangsgröße u(t) zu der Ausgangsgröße y(t) addiert. Erklärung aus der Systemtheorie: Die Pole einer Übertragungsfunktion bestimmen die Geschwindigkeit der Systembewegung und der Stabilität. Die Nullstellen einer Übertragungsfunktion haben nur Einfluss auf die Amplituden des Systems.

Indizierung der Ableitungen von y(t)

Weil die Ausgangsgröße des Übertragungssystems aber bereits mit   bezeichnet wird, muss die systembeschreibende Differenzialgleichung mit den Ableitungen von   indiziert werden. Die Differentialgleichung erhält anstelle des Symbols   das Symbol   und   durch   eingeführt wird. In der Zustandsraumdarstellung verschwinden die Ableitungen von   und werden durch die Zustandsvariablen   ersetzt.

Damit werden die Zustandsvariablen

  •  
  •  
  •  

In dem Blockschaltbild der Regelungsnormalform werden die Ableitungen von   durch die Zustandsvariablen   ersetzt, so dass   nicht mehr in Erscheinung tritt.

 
Grafische Darstellung des Verlaufes der Zustandsgrößen und der Ausgangsgröße eines Systems 3. Ordnung mit Polen und Nullstellen nach einem Eingangssprung.

Definition Pol-Nullstellenverhältnis und Koeffizienten der Differenzialgleichung

Die Regelungsnormalform gilt für lineare Systeme mit   Polen und   Nullstellen bis  .

Mit Hilfe von numerischen zeitdiskreten Berechnungsmethoden kann die Lösung der Differenzialgleichung   sowie der Verlauf der Zustandsvariablen   für ein gegebenes Eingangssignal   leicht ermittelt werden.

Die zugehörige Matrizendarstellung für ein in der Regelungstechnik übliches sprungunfähiges System der Ordnung n lautet in der Regelungsnormalform mit folgenden Bedingungen:

Die systembeschreibende Übertragungsfunktion bzw. die zugehörige Differenzialgleichung werden so umgeformt, dass der Koeffizient   der höchsten Ableitung von   gleich 1 entspricht. Sämtliche Koeffizienten werden durch   dividiert und neu geordnet.

Beispiel: Zustandsvariablen für ein Übertragungssystem 4. Ordnung

Die Übertragungsfunktion eines Übertragungssystems z. B. 4. Ordnung (mit den Ableitungen der Eingangsgröße 3. Ordnung) lautet mit der für die Regelungstechnik zulässigen Einschränkung n > m und dem Koeffizienten der höchsten Ableitung von  :

 

Die zugehörige Differenzialgleichung lautet für ein Übertragungssystem 4. Ordnung dann mit den zulässigen Einschränkungen  :

 

Aus der Differenzialgleichung ergeben sich nach bekanntem Schema (Substitution der Ableitungen von   durch  ) folgende Zustandsgleichungen:

 
 
 
 
 

Diese Gleichungen können für die Zustandsraumdarstellung in Matrizenschreibweise als Zustandsdifferenzialgleichungen für Eingrößensysteme immer nach gleichem Schema überführt werden:

 

Ausgangsgleichungen für Eingrößensysteme:

 

Unter dem Zustandsraummodell in der Regelungsnormalform versteht man eine einheitliche Form der Matrizendarstellung mit folgenden vorteilhaften Eigenschaften:[2]

  • Die Zählerkoeffizienten der Übertragungsfunktion (Nullstellen) sind nur in dem Ausgangsvektor   enthalten,
  • Die Nennerkoeffizienten der Übertragungsfunktion (Pole) sind nur in der Systemmatrix   enthalten,
  • Die Systemmatrix   hat eine spezielle Struktur. Von den n·n Elementen sind nur die n-Elemente der letzten Zeile vom Übertragungssystem abhängig,
  • Der Eingangsvektor   ist unabhängig von den Systemeigenschaften.

Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit von Übertragungssystemen

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Modell eines Übertragungssystems

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Für die Analyse, Synthese und Regelung von realen Übertragungssystemen (Regelstrecken), die meist als ein Hardwaresystem vorliegen, ist ein mathematisches Modell des Systems erforderlich.

Modelle in Form von Differenzialgleichungen beschreiben das zeitliche Verhalten des Systems exakt. Sind diese Differenzialgleichungen oder zugehörigen Übertragungsfunktionen nicht gegeben, kann das zeitliche Verhalten eines Hardwaresystems durch experimentelle Identifizierungsmaßnahmen (Experimentelle Systemidentifikation) mit Hilfe von Testsignalen ermittelt werden.

Bei der prinzipiellen Vorgehensweise wird der Identifikationsalgorithmus für die Modellparameter solange verändert, bis für ein gegebenes Eingangssignal u(t) die Differenz der Ausgangsgrößen y(t) − yModell(t) innerhalb eines beliebigen Zeitablaufs des gemessenen Originalausgangs mit dem Modellausgang annäherungsweise verschwindet.

Das Modell legt die Struktur eines Signalflussplanes fest, aus dem die Zustandsgrößen abgeleitet werden können. Hat das System n Energiespeicher, so werden die n Zustandsgrößen durch den Zustandsgrößenvektor   zusammengefasst. Sind die Eingangsgröße u(t) und die Koeffizienten der Zustandsgrößen der Strecke bekannt, kann die Ausgangsgröße y(t) errechnet werden.

 
Blockschaltbild einfacher Modelle zur Verdeutlichung der Begriffe Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit.

Das Übertragungssystem (Regelstrecke) muss steuerbar sein. Alle Zustandsvariablen müssen verfügbar sein. Pol-Nullstellenkompensation im Zustandsraum ist nicht erlaubt, weil ein Informationsverlust eintritt.

Während bei Eingrößensystemen sich das Problem der Steuerbarkeit und der Beobachtbarkeit nicht immer stellt, weil Eingrößensysteme sich einfacher darstellen, ist bei verkoppelten Mehrgrößensystemen gegebenenfalls eine Prüfung nach bekannten Regeln der Steuerbarkeitsmatrix und der Beobachtbarkeitsmatrix erforderlich.

Steuerbarkeit Eingrößensystem: Für ein System mit nur einer Steuergröße   wird aus der Matrix   ein Spaltenvektor  .

Beobachtbarkeit Eingrößensystem: Für ein System mit nur einer Ausgangsgröße   wird aus der Matrix   ein Zeilenvektor  

Damit ergibt sich eine vereinfachte Steuerbarkeitsmatrix und eine vereinfachte Beobachtbarkeitsmatrix.

Steuerbarkeit

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Bei der Zustandsregelung werden alle Zustandsgrößen auf den Eingang des Systems zurückgeführt. Für die Durchführung einer Zustandsregelung müssen alle Zustandsvariablen zur Verfügung stehen. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die Stellgröße des Reglers auf alle Zustandsvariablen wirkt.

Ein System ist steuerbar, wenn es von einem beliebigen Anfangszustand nach endlicher Zeit in einen beliebigen Endzustand gebracht werden kann.

Allgemein gilt für die Steuerbarkeit auf die Signalgrößen bezogen:[6]

Ein System ist vollständig zustandssteuerbar, wenn für jede Anfangszeit   jeder Anfangszustand   nach endlicher Zeit durch einen unbeschränkten Steuervektor   in jeden beliebigen Endzustand   gebracht werden kann.

Ein System n-ter Ordnung ist dann vollständig zustandssteuerbar, wenn die Steuerbarkeitsmatrix   den Rang   hat.

 

Sind alle Zustände (Zustandsgrößen) eines Systems steuerbar, so ist auch das System steuerbar.

Beobachtbarkeit / Beobachter

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Zustandsregelungen erfordern alle Zustandsgrößen eines Übertragungssystems. Die Zustandsgrößen werden durch Messung aus der Regelstrecke ermittelt. Ist dieser Fall gegeben, entspricht dies der „vollständigen Beobachtbarkeit“.

Häufig können aus technischen oder kommerziellen Gründen nicht alle Zustandsvariablen gemessen werden. Deshalb werden einzelne nicht messbare Zustandsvariablen aus den bekannten und vorhandenen Eingangs- und Ausgangsgrößen der Regelstrecke errechnet. Zustandsbeobachter, die diese Aufgabe durchführen, sind zusätzliche Regelsysteme. Sie rekonstruieren Zustandsvariable aus dem Verlauf der Ein- und Ausgangsgrößen an einem Modell der Regelstrecke. Die Eingangsvariable   muss bekannt sein.

Zustandsbeobachter können nur realisiert werden, wenn das zu beobachtende System beobachtbar ist, was bei den allermeisten technischen Regelstrecken der Fall ist.

Ein lineares Übertragungssystem ist beobachtbar, wenn durch Messung der Ausgangsvariablen   der Anfangszustand des Zustandsvektors   nach endlicher Zeit bestimmt werden kann.

Ein System heißt vollständig beobachtbar, wenn jeder Anfangszustand   aus den Messungen des Ausgangssignals   in einem bestimmten Zeitintervall ab   exakt bestimmt werden kann.

Ein System n-ter Ordnung ist dann vollständig beobachtbar, wenn die Beobachtbarkeitsmatrix   den Rang   hat.

 

Zustandsregler mit Beobachter

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Prinzipbild eines Zustandsreglers mit Beobachter für ein Eingrößensystems.

Für die Realisierung des Zustandsbeobachters wird das Separationsprinzip angewandt. Es erlaubt den getrennten Entwurf der Zustandsrückführung und der Beobachtung. Ein solches Verfahren kann mit dem „Luenberger-Beobachter“ realisiert werden. Dabei sind die Regelstrecke und der Beobachter mit der Modell-Regelstrecke parallel am Eingang u(t) geschaltet. Der Ausgang beider Systeme   wird überwacht und zur Korrektur der Modell-Regelstrecke verwendet.

Der Beobachter benötigt ein möglichst genaues Modell der Regelstrecke.

Durch die Struktur der Regelstrecke und durch Identifikationsverfahren mittels der Sprung- oder Impulsantwort der Regelstrecke kann ein Modell der Regelstrecke gebildet werden, das in den meisten Fällen noch mit kleinen Fehlern behaftet ist.

Nach dem Verfahren mit dem Luenberger-Beobachter wird der Regelstrecken-Ausgang   mit dem Modellausgang   verglichen und über eine Regelschleife auf den Eingang des Modells additiv zurückgeführt, so dass der Ausgang der Regelstrecke und der Ausgang des Modells innerhalb einer Ausregelzeit identisch sind. Es wird davon ausgegangen, dass der unbekannte Zustandsvektor   und der ermittelte Modell-Zustandsvektor   dann nahezu identisch sind.

Für den Zustandsregelkreis wird der ermittelte Zustandsvektor   mit Bewertungsfaktoren   für das gewünschte dynamische Verhalten des Zustandsregelkreises von der Führungsgröße   subtrahiert.

Regelung im Zustandsraum

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Bei einschleifigen Standardregelkreisen wird üblicherweise die Ausgangsgröße   des Regelkreises von der Führungsgröße   subtrahiert und dann als Regeldifferenz   dem Regler zugeführt. Dieses Verfahren bezeichnet man im Zusammenhang mit der Behandlung von Systemen im Zustandsraum als Ausgangsrückführung.

Eine übliche Regler-Entwurfsstrategie für Regelstrecken mit Ausgangsrückführung ist relativ einfach:

Durch Pol-Nullstellenkompensation von Regler und Regelstrecke des offenen Regelkreises wird die Übertragungsfunktion des Gesamtregelkreises vereinfacht, d. h. die Ordnung der Differentialgleichung der Regelstrecke wird reduziert, in dem die Werte der Nullstellen des Reglers auf die Werte des Pols der Strecke gesetzt werden. Ein I-Anteil des Reglers vermeidet eine bleibende Regelabweichung, fügt aber einen zusätzlichen Pol hinzu. Zu optimierender Parameter ist die Kreisverstärkung  . Die Sprungantwort der Regelgröße verläuft als Funktion von   asymptotisch bis stark überschwingend bis zum Erreichen des Sollwertes.

 
Sprungantwort der Zustandsvariablen einer PT3-Regelstrecke.

Die Zustandsvariablen eines mathematischen Modells einer Regelstrecke können aus einer gewöhnlichen systembeschreibenden Differentialgleichung bestimmt werden. Grundlage der Lösung der Differenzialgleichung ist der Signalflussplan mit der grafischen Darstellung der Regelungsnormalform. Dabei werden die Terme der Ableitungen der Ausgangsgröße   jeweils integriert und mit den zugehörigen Koeffizienten auf den Systemeingang zurückgeführt.

Für jede Ableitung   wird die Bezeichnung der Zustandsgrößen   wie folgt eingeführt:

 
 
 
 

Der zeitliche Verlauf der Zustandsvariablen als Folge eines Eingangssprungs   an dem Modell zeigt den Vorteil der Behandlung des Systems im Zustandsraum gegenüber einer klassischen „Ausgangsrückführung“ des Systems. Die Zustandsvariablen   erscheinen zeitlich früher als die Ausgangsgröße  . Dieses Verhalten wird beim Zustandsregelkreis genutzt, indem die Zustandsvariablen auf eine Soll-Ist-Differenz mit der Führungsgröße   zurückgeführt werden.

Zustandsregler

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Blockschaltbild eines Zustandsreglers für eine Regelstrecke 3. Ordnung eines Eingrößensystems.

Simulationen eines Zustandsregelkreises können mit einem guten Modell der Regelstrecke an einem programmierbaren Rechner einfach durchgeführt werden. Die Beschreibung des Signalflussplanes der Regelstrecke und des Reglers im Zustandsraum kann sowohl in Form von Matrizen als auch mit Differenzengleichungen erfolgen. Je nach Höhe der Ordnung der Differenzialgleichung werden alle Zustandsgrößen einem Zustandsregler zugeführt, der auf den Eingang des Zustandsraummodells der Regelstrecke wirkt. Durch die Rückführung sämtlicher Zustandsvariablen entsteht ein mehrschleifiger Regelkreis.

Der lineare Zustandsregler bewertet die einzelnen Zustandsvariablen der Regelstrecke mit Faktoren und summiert die so entstandenen Zustandsprodukte zu einem Soll-Istwert-Vergleich.

 

Es handelt sich bei diesem Zustandsregler nicht um einen P-Regler, wenngleich ein solcher Eindruck laut Signalflussplan entstehen könnte. Durch die mit dem Regler zurückgeführten Zustandsvariablen mit Bewertungsfaktoren durchlaufen noch einmal die Rechenschaltung zur Lösung der Differenzialgleichung mit n Integratoren und bilden neue Kreisvariablen, wodurch differenzierendes Verhalten entsteht. Deshalb entspricht die Wirkung der zurückgeführten Zustandsgrößen je nach Höhe der Ordnung   der Differenzialgleichung der Strecke der eines  -Reglers.[7]

Als Entwurfsstrategie für die Bestimmung der Bewertungsfaktoren des Zustandsreglers gilt die Polzuweisung (Polvorgabe) des geschlossenen Regelkreises.

Auch empirische Einstellungen eines Modellregelkreises sind leicht möglich. Durch die Hintereinanderschaltung der Integratoren ist nur die Zustandsvariable   eine stationäre Größe, wenn die Eingangsgröße   konstant ist. Alle anderen Zustandsvariablen – eine stabile Regelstrecke vorausgesetzt – streben gegen den Wert Null. Nach Einstellung und Optimierung des Faktors   ergibt sich ein stabiler Regelkreis bestimmter Dämpfung mit einem Proportionalfehler der Regelgröße   gegenüber  . Die anderen Faktoren der Zustandsvariablen werden hintereinander z. B. zur Optimierung des Übergangsverhaltens eingestellt.

 
Sprungantwort der Regelgröße y(t) eines Zustandsregelkreises mit und ohne Stellgrößenbegrenzung.

Ein Vorfilter vor dem Soll-Ist-Vergleich korrigiert den statischen Fehler zwischen   und  .

Voraussetzung zur Rückführung der Zustandsvariablen:

  • Die Regelstrecke muss steuerbar sein.
  • Alle Zustandsvariablen müssen verfügbar sein. Pol-Nullstellenkompensation im Zustandsraum ist nicht erlaubt, weil Informationsverlust.
In der Praxis können die Zustandsvariablen an einer Regelstrecke gemessen werden, was nicht immer möglich ist. Abhilfe geben Beobachter durch Rekonstruktion der Zustandsvariablen, wenn die Strecke beobachtbar ist.
Theoretisch entsprechen n Zustandsvariablen eines Systems den Ausgängen der  -fachen Differentiation der Ausgangsgröße  . Wegen der zur Realisierung unvermeidlichen parasitären Zeitkonstanten und Verstärkung des Signalrauschens kann dieser Weg nicht beschritten werden.

Mit dem Zustandsregler ergeben sich folgende regelungstechnischen Eigenschaften eines Regelkreises:

  • Dynamisches Verhalten
 
Zum Vergleich: Sprungantwort eines Regelkreises mit Ausgangsrückführung und PD2-Regler.
Weil die Signalinformationen der Zustandsvariablen der Regelstrecke frühzeitiger zur Verfügung stehen als bei der Ausgangsrückführung, ist das dynamische Verhalten des Regelkreises günstiger, als ein Regelkreis mit Ausgangsrückführung. Mit einem Zustandsregler lassen sich hohe Anforderungen an die Regelgüte erfüllen.
  • Differenzieren durch Integrieren
In dem Zustandsregelkreis wird durch die Rückführung der Zustandsvariablen durch Integrationen differenziert. Die mit einer Differentiation verbundenen Nachteile wie parasitäre Zeitkonstanten und Signalrauschen treten nicht auf. Ebenso treten keine großen Stellgrößen bei Sprüngen des Eingangssignals auf.
  • Zustandsvariable   im stationären Zustand
Im stationären Zustand des Zustandsregelkreises zeigt nur die Zustandsvariable   einen stationären Wert. Alle anderen  -Zustandsvariablen haben wegen der Hintereinanderschaltung der Integratoren den Wert Null.
  • Verhalten der Regelgröße  
Die Ausgangsgröße (Regelgröße)   wird beim Zustandsregler nicht erfasst. Hat die Regelstrecke keine Nullstellen (differenzierende Anteile), dann ist zu jeder Zeit   die Zustandsvariable   proportional  . Sie unterscheiden sich durch den Koeffizienten  .
Liegen Nullstellen in der Regelstrecke vor, dann hat die Ausgangsgröße   während der Einschwingzeit (nichtstationärer Zustand) ein anderes Zeitverhalten als die Zustandsvariable  .
  • Verhalten der Regelgröße bei Störgrößen
Je nach Angriffsort der Störgrößen treten unerwünschte Eigenschaften auf. Die Störung am Ausgang der Regelstrecke wird nicht erfasst. Die Störgröße an anderen Teilen der Regelstrecke wird nur durch die Kreisverstärkung reduziert aber nicht gegen Null geregelt. Letzteres gilt in gleicher Weise für jeden Regelkreis, in dem kein I-Verhalten enthalten ist.
  • Vorfilter
Durch die Zustandsrückführung kann keine stationäre Genauigkeit der Regelgröße zum Sollwert erreicht werden. Selbst bei einer Regelstrecke ohne Nullstellen, also ohne differenzielle Anteile, ist die Zustandsvariable   nach der Regelungsnormalform nicht identisch mit der Ausgangsgröße y(t). Deshalb wird die Zustandsrückführung häufig mit einem Vorfilter   erweitert. Die Führungsgröße   wirkt direkt auf das Vorfilter. Für einfache Anforderungen kann mittels eines Faktors   in dem Vorfilter eine Korrektur durchgeführt werden, damit im stationären Zustand   erreicht wird.

Der Zustandsregler in der dargestellten Eigenschaft dient dem Verständnis seiner Vorteile. Er erlaubt in seinem Verhalten als PD-Regler eine höhere Kreisverstärkung als in einem Regelkreis mit einer Ausgangsrückführung. Dabei ist innerhalb des Zustandsregelkreises keine differenzierende Komponente enthalten.

In einem Vergleich mit einem Standard-PD2-Regler und Ausgangsrückführung und sonst gleicher Kreisdämpfung, gleicher Regelstrecke und Störgröße ergeben sich für diesen Regler erhebliche Nachteile wie riesige Stellgrößen, sehr schlechte Störunterdrückung und bei Stellgrößenbegrenzungen auf   ( ) totzeitähnliches Allpassverhalten.

Je nach Anforderung hinsichtlich Regelabweichung und Störunterdrückung am Ausgang der Regelstrecke kann er im Vergleich zu einem konventionellen PID-Standardregler unterlegen sein. Abhilfe dieser Nachteile schafft ein mit einem PI-Regler überlagerter Regelkreis. Damit hat der Zustandsregler die erheblich besseren Eigenschaften.

Der Einsatz der Zustandsregler hängt letztlich von einer Kosten-Nutzen-Bewertung ab.

Zustandsregler mit überlagertem Regelkreis

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Blockschaltbild eines Zustandsreglers mit überlagertem PI-Regelkreis für eine Regelstrecke 3. Ordnung eines Eingrößensystems.

Für anspruchsvolle Regelaufgaben mit Systemen im Zustandsraum kann die Einführung eines überlagerten Regelkreises für den Zustandsregelkreis mit einer Ausgangsrückführung erforderlich sein. Damit sind sämtliche stationären Probleme für die Übereinstimmung der Führungsgröße mit der Regelgröße und konstante Störanteile ausgeschaltet.

Es empfiehlt sich der Einsatz eines PI-Reglers. Laut der Übertragungsfunktion des PI-Reglers in der Produktdarstellung besteht der Regler aus den Komponenten I-Glied und PD-Glied. Dieser Regler lässt nur eine vorübergehende Regelabweichung zu, vorausgesetzt, die Führungsgröße und eine mögliche Störgröße sind konstant. Durch die PD-Komponente kann ein Verzögerungsanteil (PT1-Glied) des Zustandsregelkreises kompensiert werden. Signalrauschen des PD-Gliedes wird durch das I-Glied reduziert.

Für die Auslegung des überlagerten PI-Zustandsregelkreises sind folgende Parameter zu beachten:

 
Sprungantwort eines Zustandsregelkreises mit einem überlagerten PI-Regler und Stellgrößenbegrenzung.
  • Stellgrößen
Große Stellgrößen im Regelkreis machen eine Regelstrecke schnell, sofern die Stabilität des Kreises nicht gefährdet ist. In vielen Fällen begrenzt die Regelstrecke eine große Stellgröße. Damit wird eine Sprungantwort im Großsignalverhalten verzögert und verzerrt. Dieses Problem tritt meistens bei Einsatz von P- und PD-Reglern auf. Dennoch bedeutet eine hohe P-Kreisverstärkung im Kleinsignalverhalten, dass die Regelabweichung geringer und die Störunterdrückung größer werden.
  • Bewertung der Faktoren der Zustandskoeffizienten
Die Faktoren   der zurückgeführten Zustandsvariablen, die Kreisverstärkung   und die Vorhaltezeit   des PD-Anteils des PI-Reglers bestimmen die Dynamik des Zustandsregelkreises. Sie sind alle voneinander abhängig.
  • Zustandsvariable   im stationären Zustand
Stationär bestimmt die Zustandsvariable   die Ausgangsgröße  . Alle anderen Zustandsvariablen haben den Wert Null. Der überlagerte Regelkreis führt die Regelgröße   auf das Niveau der Führungsgröße  , vorausgesetzt   ist konstant.
  • Störgröße
Die Größe der P-Kreisverstärkung bestimmt die dynamische Reduzierung angreifender Störgrößen im Bereich der Regelstrecke. Im stationären Zustand hat eine konstante Störgröße wegen des I-Anteils des überlagerten Regelkreises keinen Einfluss.

Ein Zustandsregler mit überlagertem PI-Regelkreis hat gegenüber einem konventionellen gut optimierten Regelkreis mit jeweils gleicher Regelstrecke und gleichem Einschwingverhalten eindeutige dynamische Vorteile.

Vorteile:

  • Eine höhere Kreisverstärkung erlaubt eine bessere Störunterdrückung,
  • die Stellgrößen sind bei der Sprungantwort für einen gegebenen Grenzwert der Überschwingung kleiner,
  • keine parasitäre Zeitkonstante des Reglers erforderlich,
  • das Vorfilter entfällt,
  • die Signal-Rauschanteile sind im überlagerten Zustands-Regelkreis gering, weil keine Differenzierung beim PI-Regler vorkommt.

Nachteile allgemein:

  • Die Zustandsgrößen stehen meistens nicht zur Verfügung. Sie müssen gemessen werden.
  • Evtl. müssen die Zustandsgrößen durch einen Beobachter rekonstruiert werden.
  • Wie bei allen Reglern mit I-Anteil erfolgt im Falle der Begrenzung durch die Regelstrecke bei der Sprungantwort ein überhöhtes Überschwingen der Regelgröße. Durch eine Wind-Up-Korrektur wird dieser Effekt kompensiert.
  • Erhöhter Materialaufwand, speziell geschultes Fachpersonal erforderlich.

Mathematisches Konzentrat der Regeln und Gleichungen im Zustandsraum

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Beschreibung linearer Systeme

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Zeitkontinuierliche lineare Systeme werden durch die lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung

 

beschrieben. Falls die Koeffizienten   und   alle konstant sind, ist die Laplace-Transformation ausführbar und es gilt die Übertragungsfunktion

 .

Eine Differentialgleichung n-ter Ordnung kann in ein System von n Differentialgleichungen 1. Ordnung

 
 
 

überführt werden.

Zeitdiskrete lineare Systeme werden durch die lineare Differenzengleichung n-ter Ordnung

 
 

beschrieben. Falls die Koeffizienten   und   alle konstant sind, ist die z-Transformation ausführbar und es gilt die Übertragungsfunktion

 .

Eine Differenzengleichung n-ter Ordnung kann in ein System von n Differenzengleichungen 1. Ordnung

 
 
 

überführt werden.

Lineare Zustandsgleichungen

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Signalflussplan Zustandsraum

Für zeitkontinuierliche Systeme lauten die linearen Grundgleichungen in vektorieller Form:

 
 

Über die Matrizen   und   sind die Verkettungen der einzelnen Zustände, samt die Zugriffe über die Steuervariablen (Eingangsgrößen)   darstellbar. Die Matrix   wird als Systemmatrix,   als Steuermatrix bezeichnet. Die Beobachtungsmatrix   beschreibt die Auswirkungen des Systems auf den Ausgang. Die Durchgangsmatrix   beschreibt die Durchgriffe des Systems, sie ist bei nicht sprungfähigen Systemen Null.

Einen wichtigen Sonderfall stellen Systeme mit einer Ein- und einer Ausgangsgröße dar (SISO Single Input, Single-Output Systeme). Hier sind   und   Vektoren und   ein Skalar. Es werden dann häufig die Formelzeichen  ,   und   verwendet.

In vielen Fällen interessiert anstelle eines kontinuierlichen Verlaufs nur der Systemzustand zu diskreten Zeitpunkten, beispielsweise den Abtastzeitpunkten bei Regelung durch einen Digitalrechner. In diesem Fall ist   anstelle einer vektorwertigen Funktion der Zeit eine Folge   von Vektoren. An die Stelle der Zustandsdifferentialgleichung tritt dann eine Differenzengleichung.

Die Typen der linearen Grundgleichungen:

System-Typ Zustandsraum-Modell
Kontinuierlich Zeitinvariant  
 
Kontinuierlich Zeitvariant  
 
Diskret Zeitinvariant  
 
Diskret Zeitvariant  
 
Laplace-Transformierte
Kontinuierlich Zeitinvariant
 
 
Z-Transformierte
Diskret Zeitinvariant
 
 

Für die letzten beiden Fälle wurde davon ausgegangen, dass der Anfangszustand des Systems   ist (siehe Differentiationssatz der Laplace-Transformation bzw. Differenzensatz der Z-Transformation).

Die zeitdiskrete Zustandsdarstellung wird aus der kontinuierlichen Form mittels Diskretisierung über einer festen Zeitschrittweite T in der Form

 
 

gewonnen. Gilt   ergibt das Integral

 .

Die Berechnung der e-Funktion erfolgt, bevor die Gleichungen rekursiv immer wieder abgearbeitet werden, also einmalig oder bei Parameteränderung. In der Praxis wird die e-Funktion dazu durch das Matrixexponential linear angenähert.

Das war früher von Vorteil, da diese Näherung auch auf einfachen Rechnern (z. B. ohne Gleitkommaprozessor) handhabbar ist. Heute ist dieser Vorteil nicht mehr so relevant, aber die Näherung ist in den meisten Fällen ausreichend, insbesondere wenn die Zeitschrittweite wesentlich kürzer ist als die kleinste Zeitkonstante des Systems. Dann vereinfacht sich die Berechnung der diskreten Darstellung aus der Kontinuierlichen zu:

 
 .

In Echtzeit wird zuerst die Ausgangsgleichung gerechnet, und danach erst die Zustandsdifferenzengleichung zur Ermittlung der Zustände für den nächsten Berechnungsschritt.

Die zeitkontinuierliche Darstellung eignet sich hingegen gut für Simulationen ohne Echtzeit-Ansprüche, durch numerische Integration. Die Exaktheit kann hier durch die Wahl des Integrationsverfahrens und die Anpassung der statischen oder dynamischen Schrittweite beeinflusst werden.

Von zentraler Bedeutung ist die Systemmatrix, aus der die Eigenwerte, und damit die Systemdynamik und deren Stabilität abgeleitet werden kann (charakteristisches Polynom). Ist die Durchgriffsmatrix keine Nullmatrix, haben die Systemeingänge zeitgleichen Einfluss auf die Ausgänge, was zu einer algebraischen Schleife führen kann.

Sind A, B, C, D konstant, so ist das System linear und zeitinvariant, d. h. ein sog. LTI-System.

Nichtlineare Zustandsgleichungen

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Ein nichtlineares System n-ter Ordnung kann als ein System nichtlinearer Differenzialgleichungen 1. Ordnung

 
 
 

oder kompakter in Vektorschreibweise

 

geschrieben werden.

Für den Ruhepunkt   gilt

 

Ist   die Abweichung des Systems vom Ruhepunkt, dann gilt

 
 

und

 .

Die linearisierte Darstellung  

mit den Jacobi-Matrizen   und   ergibt sich aus einer mehrdimensionalen Taylor-Entwicklung um den Ruhepunkt linearisiert.

Ähnlichkeitstransformation

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Die Zustandsraumdarstellung ist nicht eindeutig. Zum gleichen System existieren unendlich viele Zustandsraumdarstellungen. Anstatt der gewohnten Zustandsvariablen   kann man auch einen neuen Satz an Zustandsvariablen   benutzen, falls man   durch   beschreiben kann.  , wobei   eine reguläre, lineare Transformationsmatrix ist, d. h.   muss durch   ohne Hinzufügen von Eingängen oder Ableitungen beschreibbar sein.

Es gilt dann:  

Die neue Zustandsraumdarstellung beschreibt das gleiche System. Es ist deshalb selbstverständlich, dass alle Systemeigenschaften bei der Transformation unverändert bleiben.

Übertragungsfunktion

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Die „Übertragungsfunktion“ eines kontinuierlichen zeitinvarianten Zustandsraum-Modells kann bei verschwindenden Anfangsbedingungen (x(0)=0) auf folgende Weise hergeleitet werden:

 

durch die Laplace-Transformation erhält man

 
 
 

womit   in der Ausgangs-Gleichung substituiert wird

 
 

und die Übertragungsfunktion ergibt

 
 

Hierbei entspricht   der Einheitsmatrix.

Allgemeine Lösung im Zeitbereich

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Die allgemeine Lösung im Zeitbereich erhält man mit den Startwerten   durch:

 
 

Zur Berechnung wird die Matrixexponentialfunktion verwendet, die analog zur skalaren Exponentialfunktion definiert ist durch die Potenzreihe

 

Um hier einen geschlossenen Ausdruck angeben zu können, ist es hilfreich,   vorher mittels Hauptachsentransformation auf Diagonalgestalt zu transformieren. Für eine Diagonalmatrix der Form

 

ergibt sich dann die Matrixexponentialfunktion zu

 

Normalformen

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Normalformen werden benutzt, um strukturelle Eigenschaften eines Systems klar hervorzuheben. Oft besitzt ein System in der Zustandsraumdarstellung Zustandsvariablen, welche sich im Übertragungsverhalten des Systems nicht bemerkbar machen. So kann es z. B. sein, dass sich Pole und Nullstellen kürzen, sodass diese keinerlei Einfluss auf die Übertragungsfunktion   haben. Diesen Fall nennt man eine Nichtminimal-Realisierung des Systems, und dies führt dazu, dass das System entweder nicht steuerbar, nicht beobachtbar, oder weder steuerbar noch beobachtbar ist.

Regelungsnormalform

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Signalflussplan Regelungsnormalform

Die gegebene Übertragungsfunktion kann mit folgendem Ansatz in eine Zustandsraumdarstellung überführt werden.

Die gegebene Übertragungsfunktion wird in die Zähler- und Nennerfaktoren ausmultipliziert

 .

Zu dieser Übertragungsfunktion im Frequenzbereich gehört im Zeitbereich die Differentialgleichung (DGL):

 

Aus dieser DGL ergeben sich für die ZR – Darstellung nach Regelungsnormalform folgende Zustandsgleichungen:

 
 
 
 
 

Die Koeffizienten können nun einfach direkt in die Zustandsmatrizen eingetragen werden:

 

Allgemein gilt:

 [8]

Für nicht sprungfähige Systeme gilt:

 [8]

Die Transformationsmatrix folgt aus der Steuerbarkeitsmatrix

 .

Wenn   ist das System steuerbar. Dann kann aus

 

die Transformationsmatrix

 [9]

gebildet werden.

Beobachtungsnormalform

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Signalflussplan Beobachtungsnormalform

Die Differenzialgleichung nach   aufgelöst

 

und 4-mal integriert ergibt

 .

Daraus lassen sich die Zustandsgrößen

 
 
 
 

und die Ausgangsgleichung

 

ableiten. Einsetzen von   ergibt

 
 
 
 .

oder in Matrix-Form

 
 

Die Transformationsmatrix folgt aus der Beobachtbarkeitsmatrix

 

Wenn   ist das System beobachtbar. Dann kann aus

 

die Transformationsmatrix

 

gebildet werden.

Kanonische Normalform

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Signalflussplan Diagonalform

Hat die Übertragungsfunktion   einfache, reelle Polstellen  , so kann eine Partialbruchzerlegung der Form

 

durchgeführt werden. Aus

 

ergeben sich durch Rücktransformation die Zustandsgleichungen

 

und die Ausgangsgröße

 .

In Matrizenschreibweise:

 

und

 

Die Zustandsgleichungen sind in diesem Fall entkoppelt. Die Transformationsmatrix wird aus den Eigenvektoren  , die zu den Eigenwerten   der Systemmatrix gehören, geschrieben in der Form

 

Literatur

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  • Serge Zacher, Manfred Reuter: Regelungstechnik für Ingenieure: Analyse, Simulation und Entwurf von Regelkreisen. 14. Auflage. Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-8348-1786-0.
  • Holger Lutz, Wolfgang Wendt: Taschenbuch der Regelungstechnik mit MATLAB und Simulink. 12. Auflage. Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2021, ISBN 978-3-8085-5870-6.
  • Jan Lunze: Regelungstechnik 1: Systemtheoretische Grundlagen, Analyse und Entwurf einschleifiger Regelungen. 10. Auflage. Springer Verlag, 2014, ISBN 978-3-540-68907-2.
  • Jan Lunze: Regelungstechnik 2: Mehrgrößensysteme. Digitale Regelung (mit MATLAB). 8. Auflage. Springer Verlag, 2014, ISBN 978-3-642-53943-5.
  • Heinz Unbehauen: Regelungstechnik I: Klassische Verfahren zur Analyse und Synthese linearer kontinuierlicher Regelsysteme, Fuzzy-Regelsysteme. 15. Auflage. Vieweg & Teubner, 2008, ISBN 978-3-8348-0497-6.
  • Gerd Schulz: Regelungstechnik 2: Mehrgrößenregelung, Digitale Regelungstechnik, Fuzzy-Regelung. 2. Auflage. Oldenbourg, 2008, ISBN 978-3-486-58318-2.
  • Gerd Schulz: Regelungstechnik 1: Lineare und Nichtlineare Regelung, Rechnergestützter Reglerentwurf. 3. Auflage. Oldenbourg, 2007, ISBN 978-3-486-58317-5.
  • Heinz Unbehauen: Regelungstechnik II. Friedr. Vieweg & Sohn, 1997, ISBN 3-528-63348-4.
  • Günter Ludyk: Theoretische Regelungstechnik 1. Springer Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-540-55041-0 (Grundlagen, Synthese linearer Regelungssysteme).
Theoretische Regelungstechnik 2. Springer Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-528-08911-3 (Zustandsrekonstruktion, optimale und nichtlineare Regelungssysteme).
  • Ulrich Korn, Hans-Helmut Wilfert: Mehrgrößenregelungen – moderne Entwurfsprinzipien im Zeit- und Frequenzbereich. Verlag Technik, Berlin und Springer-Verlag, Wien; New York, 1982, ISBN 3-211-95802-9.

Einzelnachweise

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  1. Heinz Unbehauen: Regelungstechnik I. 15. Auflage. Vieweg+Teubner, 2008, ISBN 978-3-8348-0497-6, S. 49 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b Beschreibung dynamischer Systeme im Zustandsraum. In: Oliver Nelles: Vorlesungsmanuskript Mess- und Regelungstechnik II. Universität Siegen, 4. Mai 2010.
  3. Torsten Wey: Nichtlineare Regelungssysteme: ein differentialalgebraischer Ansatz. Springer-Verlag, 2002, S. 291 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Zustandsraumdarstellung linearer Systeme. In: Jan Lunze: Regelungstechnik I.
  5. Zustandsgleichungen von Eingrößensystemen. In: Gerd Schulz: Regelungstechnik 2.
  6. Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen, Kapitel 3. In: Gerd Schulz: Regelungstechnik 2
  7. Zustandsregler durch Polvorgabe. In: Oliver Nelles: Vorlesungsmanuskript Mess- und Regelungstechnik II. Universität Siegen, 4. Mai 2010.
  8. a b Jan Lunze: Regelungstechnik 1 : Systemtheoretische Grundlagen, Analyse und Entwurf einschleifiger Regelungen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-13808-9, S. 153 f.
  9. Adamy, Jürgen 1962-: Systemdynamik und Regelungstechnik 2. 6. Auflage. Band 2. Düren 2019, ISBN 978-3-8440-6631-9.