Äquivalente Normen

mathematischer Begriff

Als äquivalente Normen bezeichnet man in der Mathematik ein Paar von abstrahierten Abstandsbegriffen, sogenannten Normen, die identische Konvergenzbegriffe erzeugen. Etwas detaillierter unterscheidet man in stärkere Normen (synonym auch feinere Normen genannt) und schwächere Normen (synonym auch gröbere Normen genannt) und nennt zwei Normen äquivalent, wenn sie sowohl stärker als auch schwächer als ihr Gegenstück sind.

Äquivalenz der euklidischen Norm (blau) und der Maximumsnorm (rot) in zwei Dimensionen

Definition

Bearbeiten

Gegeben sei ein Vektorraum   über   (in den meisten Fällen   oder  ), auf dem zwei Normen   und   definiert sind.

Dann heißt,   stärker oder feiner als  , wenn eine positive Zahl   existiert, sodass

 

ist. Entsprechend wird dann auch   schwächer oder gröber als   genannt.

Die Normen   und   heißen äquivalent, wenn es positive Zahlen   gibt, sodass

 

gilt. Zwei Normen sind somit äquivalent, wenn   stärker ist als   und   stärker ist als  .

Beispiele

Bearbeiten

Endlichdimensional

Bearbeiten

Gegeben sei der  , versehen mit der Maximumsnorm und der Summennorm

 .

Dann ist wegen   auch immer

 .

Somit ist

 ,

demnach ist die Maximumsnorm stärker als die Summennorm. Umgekehrt ist immer

 ,

da der betragsgrößte Eintrag eines Vektors nie größer ist als die Summe der Beträge aller Einträge des Vektors. Somit ist die Summennorm stärker als die Maximumsnorm. Insgesamt gilt dann

 ,

Maximumsnorm und Summennorm im   sind also äquivalent. Tatsächlich lässt sich zeigen, dass auf beliebigen endlichdimensionalen Vektorräumen alle Normen äquivalent sind.

Unendlichdimensional

Bearbeiten

Betrachtet man den Vektorraum   der reellwertigen stetigen Funktionen auf dem abgeschlossenen Intervall von null bis eins, so lassen sich zwei Normen definieren:

  • Einerseits die Supremumsnorm  , die aufgrund der Beschränktheit stetiger Funktionen auf dem kompakten Intervall   wohldefiniert ist.
  • Andererseits sind stetige Funktionen in diesem Kontext immer messbar und wegen ihrer Beschränktheit im Lp-Raum enthalten. Somit lässt sich auch die L1-Norm
 
definieren.

Das Integral lässt sich nach oben aber immer durch den größtmöglichen Funktionswert abschätzen, es gilt hier also

 

und somit

 .

Die Supremumsnorm ist also stärker als die L1-Norm.

Die beiden Normen sind jedoch nicht äquivalent: Beispielsweise gilt für die durch   mit   definierten Funktionen   und  . Es kann also keine Konstante   mit   für alle Funktionen   in   geben.

Interpretation

Bearbeiten

Sind zwei Normen   und   gegeben und ist   stärker als  , etwa  , so gilt für Normkugeln   die Beziehung

 .

Damit ist auch geometrisch-anschaulich klar, dass eine Konvergenz   bzgl.   die Konvergenz bzgl.   nach sich zieht, denn wenn die Differenzen   in kleinen  -Kugeln liegen, so liegen sie auch in (bis auf einen konstanten Faktor  ) kleinen  -Kugeln.

Die Äquivalenz der Normen bedeutet nun, dass sowohl   stärker als   ist als auch, dass   stärker als   ist. Nach dem obigen Argument konvergiert demnach eine Folge bezüglich   genau dann, wenn sie bezüglich   konvergiert.

Eigenschaften

Bearbeiten
  • Ist die Norm   stärker als  , so gilt für die erzeugten Metriken
 ,
dass dann auch   stärker als   ist.
  • Analog gilt: Ist   stärker als  , so ist die von   erzeugte Topologie feiner bzw. stärker als die von   erzeugte Topologie.
  • In endlichdimensionalen Vektorräumen sind alle Normen äquivalent.

Literatur

Bearbeiten