Aggregation interagierender Kriterien
Aggregation (von lateinisch aggregare, hinzunehmen) steht hier für Zusammenfassung. Es geht um die geeignete Zusammenfassung verschiedener Kriteriumswerte zu einem globalen Wert, beispielsweise mit dem Ziel, eine möglichst objektive Rangordnung zwischen konkurrierenden Individuen zu erhalten. Dabei können sich die einzelnen Kriterien untereinander beeinflussen (interagieren). Diese Aggregation geschieht durch sog. Aggregationsfunktionen, die häufig geeignete Mittelwerte der Einzelkriterien sind, siehe [1]. Siehe aber auch die unter dem Gesichtspunkt der Datenverdichtung geschriebenen Artikel Aggregatfunktion und Aggregation (OLAP).
Einfaches Beispiel
BearbeitenDie folgende Tabelle zeigt in den ersten drei Spalten die Leistungen (in Punkten) von 4 Schülern in den Fächern Mathematik, Physik und Deutsch. Die Zahlenwerte in den weiteren Spalten werden im Laufe des Artikels erklärt.
Name | Mathematik | Physik | Deutsch | AM | GM | OWA(1) | OWA(2) | CI |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Peter | 19 | 16 | 10 | 15 | 16,0 | 13,6 | 17,2 | 13,40 |
Paul | 13 | 15 | 17 | 15 | 14.6 | 14,4 | 16,0 | 15,07 |
Petra | 19 | 18 | 8 | 15 | 16,4 | 13,2 | 17,6 | 12,33 |
Paula | 8 | 19 | 18 | 15 | 14,4 | 13,2 | 17,6 | 15,33 |
Aggregationsfunktionen
BearbeitenSei eine Menge von Kriterien mit den Ausprägungen , die zu einem globalen Wert zusammengefasst werden sollen.
Arithmetisches Mittel (AM)
BearbeitenDies ist eine der einfachsten Aggregationsfunktionen:
- .
AM verzichtet völlig auf Schwerpunktsetzung und Interaktion unter den Kriterien, im Beispiel zeigt die Spalte AM keinen Unterschied zwischen den Schülern.
Gewichtetes Mittel (GM)
BearbeitenHier ist durch die unterschiedlichen Gewichte eine Schwerpunktsetzung möglich:
- .
Wenn man für gewisse Zielstellungen die Naturwissenschaften höher bewerten will und z. B. wählt, ergibt sich in der Tabelle die Spalte GM. Bei Sprachbevorzugung ergibt sich natürlich ein anderes Bild (nicht in der Tabelle enthalten). Eine Interaktion zwischen den Kriterien wird hier allerdings noch nicht berücksichtigt.
Geordnetes gewichtetes Mittel (OWA)
BearbeitenGeordnete gewichtete Mittel (engl. Ordered Weighted Average (OWA)) sind erstmals 1988 von Ronald Robert Yager[2] betrachtet worden, siehe auch [3]. Seien die der Größe nach geordneten Kriteriumswerte, dann ist OWA definiert durch
- .
Extreme OWA's sind und , die man für bzw. erhält.
Wenn man im Beispiel eine möglichst gute Allgemeinbildung honorieren möchte, muss man dem kleinsten Kriteriumswert ein hohes Gewicht geben, z. B. . Dann ergibt sich in der Tabelle die Spalte OWA(1). Wenn man dagegen belohnt, dass wenigstens in einem Fach Spitzenwerte vorliegen, dann gibt man dem höchsten Kriteriumswert ein hohes Gewicht, z. B. . Dann ergibt sich in der Tabelle die Spalte OWA(2). Bei OWA interagieren die Kriterien, man kann z. B. den kleinsten Kriteriumswert nur bei Kenntnis aller Kriteriumswerte festlegen. Der Nachteil der bisherigen Aggregationsfunktionen ist allerdings, dass sie keine Redundanzen bzw. Synergien zwischen Kriterien berücksichtigen können. Im Beispiel ist kein Unterschied zwischen Petra und Paula festzustellen. Man könnte aber argumentieren, dass ein Schüler, der in Mathematik gut ist, fast automatisch auch in Physik gut sein wird, d. h. die Leistungen in diesen beiden Fächer weisen eine gewisse Redundanz auf.
Diskretes Choquet-Integral (CI)
BearbeitenDas diskrete CI ist die flexibelste Aggregationsfunktion. Sie ist definiert durch [1]
- .
Dabei ist eine normierte Kapazität (d. h. ). ist die Menge der Kriterien, deren Werte mindestens so groß sind wie der i-te Wert in der Rangordnung . Für drei Kriterien stellt sich das diskrete CI ausführlich wie folgt dar:
- .
Setzt man für das Beispiel mit für Mathematik, für Physik und für Deutsch und weiter
- (alle Fächer sind gleichbedeutend)
- (Redundanz zwischen Mathematik und Physik)
- (leichte Synergie),
dann ergibt sich beispielsweise für Peter ( )
- .
Die weiteren Ergebnisse sind in der CI-Spalte der Tabelle zu finden. Für kompliziertere Beispiele, insbesondere praktische Anwendungen, ist Software nötig.[4]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Grabisch,M., Marichal,J.-L., Mesiar,R. and E. Pap (2009): Aggregation Functions. Cambridge University Press
- ↑ Yager, R.R. (1988): On ordered weighted averaging aggregation operators in multi-criteria decision making, IEEE Transactions on Systems, Man and Cybernetics 18, 183-190
- ↑ Yager, R.R. and J. Kacprzyk (1997): The Ordered Weighted Averaging Operators: Theory and Application, Kluwer
- ↑ Simon James (2016): An Introduction to Data Analysis using Aggregation Functions in R, Springer