Avi Gabbay

israelischer Politiker (Awoda)

Avraham „Avi“ Gabbay (hebräisch אַבְרָהָם "אָבִי" גַּבַּאי;[1] * 22. Februar 1967 in Jerusalem) ist ein israelischer Manager und Politiker. Von Mai 2015 bis Mai 2016 war er Minister für Umweltschutz und von Juli 2017 bis Juli 2019 Parteivorsitzender der Arbeitspartei.[2]

Avi Gabbay

Gabbay wurde 1967 als siebtes von acht Kindern einer aus Marokko eingewanderten Familie im Jerusalemer Viertel Baka geboren.[3] Er diente in einer nachrichtendienstlichen Einheit der israelischen Armee und studierte danach Wirtschaftswissenschaften. Das Studium schloss er mit einem MBA der Hebräischen Universität Jerusalem ab.

Anschließend arbeitete er mehrere Jahre im israelischen Finanzministerium, wechselte dann zur Telekommunikationsgesellschaft Bezeq, wo er zuerst Assistent des CEO war, später dann im Vorstand für Strategiefragen zuständig war. 2003 wurde er CEO von Bezeq International und wurde 2006 CEO des Gesamtunternehmens. 2013 wurde er verrentet.[4]

2014 war Gabbay Vorsitzender einer Kommission, die finanzielle Unregelmäßigkeiten am Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem untersuchen und Vorschläge für eine Verwaltungsreform unterbreiten sollte. Das bedeutendste Krankenhaus Israels hatte ein Defizit von mehr als 1,3 Mrd. Schekel und stand kurz vor dem Konkurs.[5]

Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2015 in Israel gründete er gemeinsam mit Mosche Kachlon die Partei Kulanu.[6] Er verpasste den Einzug in die Knesset, wurde aber am 14. Mai 2015 als neuer Minister für Umweltschutz vereidigt.[7] Am 27. Mai 2016 trat er „wegen des Rechtsrucks der Regierung“ nach dem Eintritt von Avigdor Lieberman mit der Partei Israel Beitenu als Minister für Umweltschutz zurück.[8]

Im Dezember 2016 wechselte er zur Arbeitspartei. Im Juli 2017 wurde er zu ihrem Parteivorsitzenden gewählt.[9] Am 1. Januar 2019, drei Monate vor den vorgezogenen Parlamentswahlen, kündigte Gabbay das Mitte-links-Parteienbündnis Zionistische Union von Arbeitspartei und Ha-Tnu’a auf.[10] Bei den Knessetwahlen am 9. April 2019 stürzte die Awoda auf 4,45 % ab und erzielte damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Sie stellt nur noch 6 der 120 Abgeordneten in der Knesset. Nachdem Premierminister Netanjahu nach der Wahl scheiterte, eine Regierung zu bilden, wandte sich Netanjahu, um Neuwahlen abzuwenden, kurz vor Ende der Frist an Awoda-Chef Avi Gabbay, der einen Eintritt seiner Partei in die Koalition nach anfänglichem Zögern allerdings ablehnte. Gabbay, der vor der Wahl versprochen hatte, keiner von Netanjahu geführten Regierung beizutreten, wurde innerhalb der eigenen Partei heftig dafür kritisiert, dass er so lange gezögert hatte, bis er das Angebot Netanjahus ablehnte.[11][12] Nachdem Rücktrittsforderungen gegen ihn laut wurden, entschied sich Gabbay, nicht erneut für den Parteivorsitz zu kandidieren und sich aus der Politik zurückzuziehen.[13] Zu seinem Nachfolger wurde Anfang Juli 2019 Amir Peretz gewählt.[14]

Anfang Januar 2020 genehmigte das Direktorium der Telekommunikationsgesellschaft Cellcom die Ernennung Gabbays zu deren CEO.

Politische Positionen

Bearbeiten

Seit seinem Amtsantritt hat er sich gegen eine Zusammenarbeit mit der linksgerichteten Vereinten Liste ausgesprochen und sich im Bereich der Sicherheitspolitik weitgehend den Positionen der Regierung Netanjahu angeschlossen.[15] Es gebe keinen Grund für die Räumung von Siedlungen als Teil eines Friedensabkommens, sagte er; ein friedfertiger palästinensischer Staat müsse jüdische Bewohner akzeptieren.[16]

Privates

Bearbeiten

Gabbay lebt in Tel Aviv und ist verheiratet. Er hat drei Kinder.

Bearbeiten
Commons: Avi Gabbay – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Gabbay auf der Website des Ministeriums für Umweltschutz

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. תרומות וערבויות למועמדים בבחירות מקדימות (Memento des Originals vom 30. Juli 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statements.mevaker.gov.il State Comptroller of Israel
  2. Ulrich Schmid: Israels Linke erfindet sich neu. Neue Zürcher Zeitung, 12. Juli 2017, abgerufen am 14. Juni 2018.
  3. Jochen Stahnke: Mehr Jitzhak Rabin wagen. Der neue Vorsitzende der israelischen Arbeiterpartei wirbt für Frieden und bläst zum Sturz Netanjahus. In: FAZ, 12. Juli 2017, S. 4. Er besuchte das renommierte Gymnasium im Stadtteil Rechavia.
  4. Suddenly, Bezeq CEO stepping down Haaretz, 21. Januar 2013
  5. Gabbay C'ttee: Take hospital away from Hadassah, Globes, 8. April 2014
  6. Kahlon officially registers new Kulanu party The Jerusalem Post, 12. Dezember 2014
  7. Who’s who in Netanyahu’s 2015 government. In: Times of Israel, 15. Mai 2015
  8. Umweltschutzminister tritt wegen Rechtsruck der Regierung zurück. (Memento vom 27. Mai 2016 im Internet Archive) deutschlandfunk.de, 27. Mai 2016, abgerufen am 27. Mai 2016
  9. Ulrich Schmid: Israels Linke erfindet sich neu. Neue Zürcher Zeitung, 12. Juli 2017, abgerufen am 17. Juli 2017.
  10. Israelisches Oppositionsbündnis zerbricht kurz vor den Parlamentswahlen. In: www.nzz.ch. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
  11. Raoul Wootliff: Labor chief admits weighing, then rejecting, last-minute offer to join coalition. Abgerufen am 3. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
  12. T. O. I. staff: Labor MK: Party chief Gabbay ‘has ended his political career’. Abgerufen am 3. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
  13. Stuart Winer, T. O. I. staff: After stormy term, Labor chief Gabbay announces he is quitting politics. Abgerufen am 3. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
  14. Raoul Wootliff: Ailing Labor elects past chairman Amir Peretz to lead it through next election. Abgerufen am 3. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
  15. Liat Schlesinger: Alles begann mit dem linken Fuß - Plädoyer: Israels Arbeitspartei muss ihre linke Stimme wiederfinden. Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office, 18. Dezember 2017, abgerufen am 3. Januar 2018.
  16. Amotz Asa-El: 25 Jahre nach Oslo: Die israelische Linke gibt auf in Audiatur online, 13. Juni 2018