Wanzenpflanzen

Roridula dentata

Systematik
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Ordnung: Heidekrautartige (Ericales)
Familie: Wanzenpflanzengewächse
Gattung: Wanzenpflanzen
Wissenschaftlicher Name der Familie
Roridulaceae
Engl. & Gilg
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Roridula
Burm.f. ex L.

Die Wanzenpflanzen oder Taupflanzen (bot. Roridula) sind eine präkarnivore Pflanzengattung mit nur zwei Arten. Sie gehören zur gleichnamigen Familie der Wanzenpflanzengewächse (Roridulaceae) aus der Ordnung der Heidekrautartigen (Ericales).

Die Gattung stammt aus dem Westen der Kapprovinz in Südafrika und ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich: sie ist für ihre äußerst klebrigen Leimruten bekannt, welche die gesamte Pflanze überziehen. Sie stellt mit ihrer Fangmethode einen interessanten evolutionären Übergang von „Schutzvorrichtung gegen Fraßinsekten“ zu „tödlicher Falle“ dar. Die Gattung ist außerdem für ihre Symbiose mit verschiedenen Wanzen und Spinnen bekannt. Beide Arten sind pyrophil, das heißt, sie sind auf die regelmäßigen Buschfeuer ihrer Heimat angewiesen. In Kultur sind sie bei Sammlern und botanischen Gärten aufgrund ihrer ungewöhnlichen Lebensweise und ihres reizvollen Erscheinungsbildes gleichermaßen beliebt.

 
Blattschopf vom Roridula gorgonias mit Leimruten

Vegetative Beschreibung

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Beide Arten sind bis zu 2 m hohe, immergrüne Halbsträucher. Ihr Wurzelwerk besteht aus einer kräftigen Pfahlwurzel mit nur schwach ausgeprägten, feinen Seitenwurzeln. Die ausdauernde Sprossachse ist aufrecht, verholzend und nur schwach verzweigt. Bei beiden Arten konnte ein deutliches sekundäres Dickenwachstum nachgewiesen werden. Einzelne, spiralig verdickte Tracheen finden sich verstreut in Wurzeln und Stängeln. Im primären Stamm sind die einzelnen Leitbündel durch einen Ring aus Faserzellen miteinander verbunden. Die Holzstrahlen sind einreihig, einzigartig sind die aufrecht angeordneten Speicherzellen. Die Siebröhren-Plastiden gehören dem Ss-Typ an (= S-Typ mit Stärke). Das Holz von Roridula dentata bildet Jahresringe aus, sowie einige Anpassungen an trockenere Standorte im Holz.[1] Die Außenseite der Stängel von Roridula gorgonias weisen markante, horizontale Blattnarben auf, die Stängeloberfläche von Roridula dentata ist dagegen deutlich längs gefurcht.[2]

Die Blätter sitzen gedrängt schopfartig an kurzen Seitenzweigen, die unteren fallen früh ab und sind deutlich kürzer als die oberen Blätter. Bemerkenswert ist die, bei höheren Pflanzen äußerst seltene, sogenannte circinate Vernation, bei der die jungen Blätter während des Wachstums wie bei einem Bischofsstab schneckenartig eingerollt sind und sich von der Blattbasis her entrollen. Die Blätter sind ganzrandig, linealisch und spitz zulaufend, bis zu 5 cm lang und 3 mm breit. Bei Roridula dentata ist der Blattrand auffallend gezahnt. Alle Pflanzenteile (ausgenommen die Stängel) sind dicht mit knaufförmigen, aufwärts gerichteten, kurzen bis langen Drüsen besetzt, die eine klebrige Flüssigkeit ausscheiden. Eine weiße, kurze bis lange, spärliche bis dichte Behaarung bedeckt die Oberseite der Blattspreite, die Blattunterseite ist mehr oder weniger kahl.[3] Die Blätter von Roridula enthalten iridoide Glycoside, die bislang nicht eindeutig identifiziert werden konnten. In der Blattepidermis sind Kalziumoxalat-Drüsen vorhanden.[4] Die Blätter und Drüsenköpfchen von Roridula gorgonias absorbieren und reflektieren UV-Licht.[2]

Die Köpfchen der gestielten Drüsen von Roridula sind mit farblosen Leimtropfen überzogen, der Leim ist äußerst dickflüssig und wird von den Drüsen eigens produziert und ausgeschieden. Das harzige Exsudat der Drüsen besteht überwiegend aus pentacyclischen Triterpenen wie Dihydroxyolean und Dihydroxyurs-12-en sowie Taraxeradiol. Dazu kommen verschiedene Germanicole und 3α-Lupeol. Diese natürlichen Harze kristallisieren in frischer, warmer Luft, ohne jedoch gänzlich zu verhärten (sofern ihr Anteil im Sekret nicht zu hoch ist). Auch wurde Flavonol nachgewiesen, bei Roridula gorgonias kommen noch Acylglycerine hinzu. Die hochkomplexe Harz-Zusammensetzung sorgt nicht nur dafür, dass der Leim nie austrocknet, der Leim ist obendrein wasserabweisend (hydrophob).[5]

Generative Beschreibung

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Blüten von Roridula dentata im Detail

Die zwittrigen Blüten erscheinen an langen, drüsenbesetzten Stielen in den Achseln der oberen Blätter, sie sind zu endständigen Trauben zusammengefasst und tragen 10–12 Blüten auf kurzen Deckblättern. Die Kelchblätter sind linealisch, spitz zulaufend und 15 mm lang, die Spitze endet in einer gestielten Drüse, der Rand ist leicht behaart. Die fünfzähligen Blütenblätter sind rosa, eiförmig, 15 mm lang, spitz zulaufend, mit dunkler Basis, laubabwerfend. Die Staubblätter tragen durch breite Schlitze geöffnete Staubbeutel. Der Fruchtknoten ist kahl mit 2–4 Samenanlagen in jeder Kammer, der Griffel wird zur Spitze hin breiter, wo er eine breite, flache, papilläre Narbe bildet. Der Pollen ist asymmetrisch, annähernd sphärisch und ca. 50 μm groß. [2]

Frucht und Samen

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Die Kapselfrucht ist hängend, einzeln und an einer Achselplazenta befestigt. Sie ist in den anhaltenden Blütenteilen verborgen, holzig, länglich und aufwärts gerichtet. Die Samen erscheinen zu wenigen in einer Kapsel. Sie sind im Umriss länglich-ellipsoid, 5 mm lang, bräunlich und rau mit deutlich wabenförmigem Relief auf der Schale. Kommen sie mit Wasser in Berührung, werden die Samen auffallend klebrig. In den Samen wurden verschiedene Gerbstoffe wie Tannine nachgewiesen.[3] Im Inneren befinden sich reichlich fleischiges Endosperm und ein länglicher Embryo. In den Samen selbst wurden verschiedene Gerbstoffe wie Tannine nachgewiesen.[6]

Die Chromosomenzahl lautet: 2n = 12 (n = 6).[2]

Verbreitung und Habitat

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Verbreitungsgebiet Roridula

Die Wanzenpflanzen stammen aus der westlichen Kap-Provinz an der Südspitze Afrikas. In ihrer Heimat ist die gesamte Gattung endemisch, gilt aber nach aktuellem Stand trotz ihrer Seltenheit als „nicht bedroht“.[7][8] Roridula dentata stammt aus den Regionen um Clanwilliam, Tulbagh und Ceres. Sie kommt dort in Höhenlagen um 900–1200 m vor. Der Boden ist ausgesprochen sandig und dünenreich, überwiegend nährstoffarm und kahl, durch Sonne, Hitze und Winde ist er stark erosionsanfällig.[9]

Roridula gorgonias stammt aus den Regionen um Hottentots Holland und Kleinrivier bis zu den Bergen um Riviersonderend. Sie gedeiht besonders in den Distrikten um Somerset West, Stellenbosch, Caledon and Swellendam. Sie kommt dort in Höhenlagen um 100–900 m vor, wo sie in leicht bis stark versandeten Feuchtgebieten wächst. Obwohl ihre Standorte nicht allzu weit von jenen ihrer Schwesterart, Roridula dentata, liegen, überschneiden sich die Standorte nicht und es sind auch keine Naturhybriden bekannt.[9]

Die Gattung Roridula wächst in offenen, vollsonnigen Buschsavannen, den Fynbos (genauer: in den Berg-Fynbos im Inland), in denen alle paar Jahre Buschfeuer auftreten können. Die Flora der Fynbos wird charakterisiert durch das Vorhandensein von sechs endemischen oder fast endemischen Pflanzengattungen: Brunia, Geissoloma, Grubbia, Brachysiphon und Retzia. Aber auch viele Protea-Arten sind hier vertreten. Ausgedehnte Buschfeuer können die Vegetation zumindest oberflächlich fast vollständig zerstören, was aber den Wanzenpflanzen zugutekommt. Ihre Wurzeln und Triebe sind ausgesprochen feuerfest und nutzen die Gelegenheit, wenn nach den Buschbränden jegliche störende Begleitvegetation beseitigt wurde. Auch die Samen sind feuerfest, was bei der Ausbreitung hilft. Die Pyrophilie von Roridula geht so weit, dass die Samen oft erst nach kurzer Hitzeeinwirkung sowie Kontakt mit bestimmten Stoffen aus der Pflanzenasche aufgehen.[9]

Ökologie

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Pameridea roridulae auf Roridula gorgonias
 
Pameridea marlothi auf Roridula dentata

Bestäubung

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Die Wanzenpflanzen haben verschiedene Methoden entwickelt, ihre Bestäubung zu sichern, einige davon sind recht ausgefallen. Als Bestäuber dienen zumeist Wanzen. Die Tiere durchbohren mit ihren Saugrüsseln die Konnektive der Staubbeutel, um so an den dort enthaltenen Nektar zu gelangen. Dadurch drehen sich die Staubbeutel schlagartig um 180 Grad, setzen durch die Öffnungen an der Spitze des Staubbeutels den Pollen frei und stäuben die Wanzen damit ein.[10]

Aber auch andere Tierarten dienen als Bestäuber, festgestellt wurden die Bienenarten Allodape punctata und Xylocopa albifrons und der Ölkäfer Ceroctis capensis. Die Bienen sind sogenannte Buzz-Pollinators, das Summen der Tiere löst das Öffnen der Staubbeutel aus. Roridula betreibt demnach die Vibrationsbestäubung. Der Besuch insbesondere von Bienen ist wichtig für den genetischen Austausch der Roridula-Populationen, da Bienen auch größere Strecken zurücklegen können. Allerdings ist der Besuch der nur kurzgestielten und sich somit nahe der Blätter befindlichen Blüte für diese Tiere mit der Gefahr verbunden, gefangen zu werden.[10] In Kultur sind Schwebfliegen häufige Bestäuber, Roridula ist aber auch zur Selbstbestäubung befähigt.[2]

Symbiose mit Pameridea

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Die Wanzenpflanzen sind eine mutualistische Symbiose mit zwei spezialisierten Weichwanzenarten der Gattung Pameridea, nämlich Pameridea marlothi sowie Pameridea roridulae, eingegangen. Während die äußerst klebrigen Leimruten von Roridula auch größere Insekten wie Wespen, Libellen und Hummeln fangen, lebt Pameridea auf den Blättern und Trieben und kann sich dort frei bewegen. Die Tiere leben ausschließlich auf den Wanzenpflanzen, finden die Beutetiere innerhalb von wenigen Minuten nach dem Fang[11] und ernähren sich von den gefangenen Tieren. Im Falle von mangelnder Beute saugen sie jedoch auch Pflanzensäfte.[12] Wie genau die Wanzen selbst sich vor dem Kleben-Bleiben schützen, war lange Zeit unklar[13], vermutet wurde, dass die Tiere über die spezielle Gestalt ihrer Tarsi befähigt sind, sich an den unteren Partien der Stieldrüsen der Pflanzen festzuhalten und dabei weitgehend nicht in Kontakt mit der klebrigen Spitze zu kommen.[14] 2008 konnte dann nachgewiesen werden, dass die Tiere am ganzen Körper mit einer fettigen Ölschicht bedeckt sind, die als „Anti-Haft-Schicht“ wirkt. Dank dieser und mit Hilfe ihrer äußerst muskulösen Beine können sich die Wanzen jederzeit wieder aus den Leimruten befreien.[15]

Weitere Symbiosen

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Neben den Pameridea lebt noch die Raubwanze Rhynocoris disciventris auf den Wanzenpflanzen. Rhynocoris disciventris bewegt sich, im Gegensatz zu Pameridea, nur auf den unbelaubten Stängeln entlang und meidet die Leimruten. Auch sie bedient sich an frisch gefangenen Insekten. Es wurden aber auch drei Spinnenarten mit einer Vorliebe für klebrige Pflanzen nachgewiesen: die Luchsspinne Peucetia nicolae, die Krabbenspinne Synaema marlothi und eine weitere, noch nicht näher bestimmte Synaema-Art. Auch sie streifen auf den Pflanzen umher und erbeuten frisch gefangene Insekten. Letztere erbeutet allerdings auch Pameridea-Wanzen. Ihre Anwesenheit schadet den Pflanzen durch die Minderung der Wanzenbestände und – als Folge davon – durch eine Reduktion des aus der Verwertung von Beute stammenden Stickstoffs von 70 % auf bis zu 30 %.[16] Dafür wiederum dient auch der Kot der Spinnen den Roridula als natürlicher Dünger.[17]

Präkarnivorie

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Wie bereits zuvor erwähnt, sorgt die hochkomplexe Harz-Zusammensetzung des Roridula-Leims dafür, dass dieser hydrophob bleibt. Selbst nach einem 24-stündigen Tauchbad in Wasser bleibt der Leim klebrig, was der Pflanze bei starken Regenfällen zugutekommt: Sie kann ihren Beutefang unmittelbar nach Regenfällen wieder aufnehmen. Andere insektenfangende Pflanzen, wie zum Beispiel Sonnentau, Taublatt und Regenbogenpflanze, müssen nach Regenfällen stets neuen Leim produzieren, weil dieser aus wasserlöslichen Glycosiden besteht, nicht aus Harz. Dies zehrt an ihrer Energie, was den Wanzenpflanzen erspart bleibt.[5][18] Hauptsächlich gefangen werden fliegende Insekten wie Fliegen, Wespen und andere Hautflügler, bis hin zu großen Beutetieren wie Schmetterlingen und Libellen. Die Untersuchung eines Fanges einer Roridula gorgonias ergab, dass sie innerhalb von acht Wochen 109 Insekten größer als 2 Millimeter (10,1 % Käfer, 80,6 % Zweiflügler) und 112 kleinere (52 % Fransenflügler, 35 % Zweiflügler) erbeutete.[11]

Die Frage, ob die Gattung Roridula „fleischfressend“ ist oder nicht, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Charles Darwin untersuchte 1875 erstmals Wanzenpflanzen auf eine mögliche Karnivorie, kam aber zu keinem Ergebnis.[19] Aufgrund der Symbiose und dem Fehlen von absorptionsfähigen Gefäßen in den Drüsen wurden sie anhand von Untersuchungen von Rudolf Marloth 1910 als sogenannte präkarnivore Pflanze eingestuft. Es wurde zunächst vermutet, dass Roridula ausschließlich von ihren Symbionten lebt. Die Ausscheidungen der Wanzen und Spinnen nimmt die Pflanze als Blattdünger durch die Kutikula auf und nutzt so indirekt die Nährstoffe ihres Fangs.[20] Bis zu 70 % ihres Stickstoffbedarfs können die Pflanzen auf diesem Wege decken, ein im Vergleich mit anderen fleischfressenden Pflanzen sehr hoher Wert.[16]

Das Problem liegt darin, dass die Pflanzen einerseits in eigens dafür konzipierten Drüsen bestimmte Enzyme wie Phosphatasen bilden, welche die Verwertung komplexer Stickstoff- und Phosphorverbindungen erlauben (was „echte“ Karnivoren können). Andererseits aber scheidet Roridula keine Verdauungssäfte aus, mit denen sie die Körper getöteter Insekten zersetzen und auslaugen könnte – was aber echte Karnivoren tun. Und wie ebenfalls zuvor erwähnt, reflektiert zumindest Roridula gorgonias UV-Licht, um gezielt Insekten anzulocken - ein Verhalten, dass eigentlich nur von echten Karnivoren wie Sonnentau und Kannenpflanze bekannt ist. Experimente der Forscher Bartosz J. Płachno und Lubomír Adamec im Jahr 2009 an beiden Roridula-Arten mit toten Taufliegen (Drosophila) belegen, dass eine hohe Phosphatase- und Protease-Aktivität stattfindet und Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium in höheren Mengen aufgenommen, aufgespalten und von der Pflanze direkt verwertet werden können. Deshalb wird die Gattung im Allgemeinen als „präkarnivor“, das heißt „vor-karnivor“, eingestuft. An ihr lässt sich der evolutionäre Übergang von „Abwehrmechanismus gegen pflanzenfressendes Ungeziefer“ zu „Falle und Verdauungsorgan“ gut studieren und beschreiben. Die Forschungsergebnisse widerlegen allerdings zugleich die Annahme, dass Roridula allein auf die Kotausscheidungen ihrer Symbionten angewiesen wäre.[21]

Systematik

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Roridula dentata am Naturstandort im Groot Winterhoek-Gebirge
 
Roridula gorgonias am Naturstandort im Hermanus County, Südafrika

Die Gattung Roridula wurde 1764 von Carl von Linné erstbeschrieben, Typusart ist Roridula dentata. Der Gattungsname Roridula leitet sich von dem lateinischen Wort roridus ab, was „von Tau benetzt“ bedeutet.[22] Gattung wie Arten sind deutlich voneinander abgegrenzt und unumstritten, zwei Arten werden anerkannt:

Vier weitere beschriebene Taxa (Roridula crinita, Roridula verticilliata, Roridula muscicarpa, Roridula × brachysepala ) werden durchweg verworfen und als Synonyme eingestuft. Nicht zur Gattung gehören weitere zwischen 1775 und 1818 als Roridula beschriebene Arten, bei denen es sich um Taxa der – nicht näher verwandten – Gattung Cleome in der Familie der Kaperngewächse (Capparaceae) handelt.[23]

Deutlich weniger klar jedoch war lange die Position der Gattung. Historisch wurde sie unter anderem den Sonnentaugewächsen (Droseraceae, bei Bentham und Hooker 1865), den Grätenblattgewächsen (Ochnaceae, bei Planchon 1848) und den Scheinellergewächsen (Clethraceae, bei Hallier 1912) zugeordnet. 1924 dann beschrieben Adolf Engler und Ernst Friedrich Gilg die Gattung als eigenständige Familie, dem folgten Marloth (1925) und Diels (1930). Zwar wurde diese Einstufung im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrfach in Frage gestellt, unter anderem durch Platzierungen bei den Regenbogenpflanzengewächsen (Byblidaceae), mittlerweile aber hat sich die Behandlung als eigene Familie durchgesetzt, auch molekulargenetische Untersuchungen bestätigten dies. Diesen zufolge ist die Gattung verwandt mit den amerikanischen Schlauchpflanzengewächsen (Sarraceniaceae) und den Strahlengriffelgewächsen (Actinidiaceae).[24]

Paläobotanik

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2014 wurden zwei 35 bis 47 Mio. Jahre alte Blätter einer noch nicht näher bestimmten Roridula-Art in einem Stück Bernstein aus dem Tagebau bei Jantarny in Russland entdeckt. Der fossile Einschluss wird in die Zeit des Eozän datiert. Der Fund bestätigte zum einen die zuvor bereits durch molekulare Untersuchungen aufgestellte Annahme, dass sich die Familie der Roridulaceae vor rund 38 Mio. Jahren von den Actinidiaceae trennte. Darüber hinaus allerdings wies der Fund in Russland auch nach, dass die Familie im Eozän eine weit größere Verbreitung hatte als heute, was die bisherigen Theorien vom paläoendemitischen Ursprung der Familie in Gondwana unwahrscheinlich erscheinen lässt. Auch im Hinblick auf die Verbreitungsgebiete der verwandten Familien Actinidiaceae (tropisches Asien und Amerika) und Sarraceniaceae (Nord- und Südamerika) gilt im Licht des Fundes ein großes Verbreitungsgebiet der Familie als wahrscheinlich. Wohl erst durch Aussterbevorgänge nach dem Eozän wurde es dann kleiner, die heutigen Arten in ihren Verbreitungsgebieten wären dann Relikte dieses Prozesses.[25]

Wanzenpflanzen und der Mensch

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Obgleich die Wanzenpflanzen keinen wirtschaftlichen Nutzen für den Menschen haben, waren und sind sie den Einheimischen der Kap-Region aufgrund ihrer Klebrigkeit unter dem Namen Vlieëbos (deutsch etwa „Fliegenbusch“) vertraut. Der deutsch-afrikanische Botaniker, Apotheker und Chemiker Hermann Wilhelm Rudolf Marloth berichtete um 1920, dass Zweige der Pflanzen in Häusern, Bars und Geschäften als natürliche Fliegenfänger aufgehängt würden.[17] Heute werden Roridula gorgonias und Roridula dentata gelegentlich als Kuriosität in Pflanzensammlungen und an botanischen Gärten kultiviert.[2]

Literatur

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  • J. G. Conran: Roridulaceae. In: Klaus Kubitzki: Flowering Plants. Dicotyledons: Celastrales, Oxalidales, Rosales, Cornales, Ericales (= The Families and Genera of Vascular Plants, Bd. 6). Springer-Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-662-07257-8.
  • Wolf-Ekkehard Lönnig: Die Evolution der karnivoren Pflanzen: was die Selektion nicht leisten kann – das Beispiel Utricularia (Wasserschlauch); wissenschaftliches Sachbuch. Verlag Monsenstein und Vannerdat, Münster 2012, ISBN 978-3-86991-487-9.
  • R. Hegnauer: Chemotaxonomie der Pflanzen: Eine Übersicht über die Verbreitung und die systematische Bedeutung der Pflanzenstoffe. Springer-Verlag, Basel 2014, ISBN 978-3-0348-9382-4.
  • Aaron M. Ellison, Lubomír Adamec: Carnivorous Plants: Physiology, Ecology, and Evolution. Oxford University Press, Oxford (UK) 2018, ISBN 978-0-19-877984-1.
  • Umberto Quattrocchi: CRC World Dictionary of Plant Names: Common Names, Scientific Names, Eponyms. Synonyms, and Etymology. CRC-Press, Boca Raton 2023, ISBN 978-1-00-089771-5.
  • Janek Byern, Ingo Grunwald: Biological Adhesive Systems: From Nature to Technical and Medical Application. Springer Science & Business Media, Wien 2011, ISBN 978-3-7091-0286-2.
  • Nicky Allsopp, Jonathan F. Colville, G. Anthony Verboom: Fynbos: Ecology, Evolution, and Conservation of a Megadiverse Region. Oxford University Press, Oxford (UK) 2016, ISBN 978-0-19-967958-4.
  • John G. Conran, Roger Carolin: Byblidaceae. In: Joachim W. Kadereit: The Families and Genera of Vascular Plants. Volume 7: Flowering plants, Dicotyledons. Lamiales (except Acanthaceae including Avicenniaceae). Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-40593-3.
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Commons: Dr.Lantis/BNR 3 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Dr.Lantis/BNR 3 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikispecies: Dr.Lantis/BNR 3 – Artenverzeichnis

Einzelnachweise

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  1. Sherwin Carlquist: Wood Anatomy Of Roridulaceae: Ecological And Phylogenetic Implications. In: American Journal of Botany. Band 63, Nr. 7, August 1976, ISSN 0002-9122, S. 1003–1008, doi:10.1002/j.1537-2197.1976.tb13182.x.
  2. a b c d e f J. G. Conran: Roridulaceae, Berlin 2004, S. 339–342.
  3. a b A.A. Obermeyer: Roridulaceae. In: Codd, L. E. W., L. E. W. Codd, R. Allen Dyer, H. B. Rycroft, Bernard de Winter (Hrsg.): Flora of Southern Africa : the Republic of South Africa, Basutoland, Swaziland and South West Africa. Band 13. Govt. Printer, Pretoria 1970, ISBN 0-621-04737-6 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 12. September 2023]).
  4. R. Hegnauer: Chemotaxonomie der Pflanzen. Berlin 2013, Seite 369.
  5. a b Dagmar Voigt, Wilfried Konrad, Stanislav Gorb: A universal glue: underwater adhesion of the secretion of the carnivorous flypaper plant Roridula gorgonias. In: Interface Focus. Band 5, Nr. 1, 6. Februar 2015, ISSN 2042-8898, S. 20140053, doi:10.1098/rsfs.2014.0053, PMID 25657836, PMC 4275871 (freier Volltext).
  6. R. Hegnauer: Chemotaxonomie der Pflanzen. Berlin 2013, S. 369.
  7. Schutzstatus von Roridula gorgonias auf redlist.sanbi.org (englisch).
  8. Schutzstatus von Roridula dentata auf redlist.sanbi.org (englisch).
  9. a b c Nicky Allsopp, Jonathan F. Colville, G. Anthony Verboom: Fynbos. Oxford (UK) 2014, S. 68–72, 254–256 u. 355.
  10. a b Bruce Anderson, Jeremy J. Midgley, Barbara A. Stewart: Facilitated selfing offers reproductive assurance: a mutualism between a hemipteran and carnivorous plant. In: American Journal of Botany. Bd. 90, Nr. 7, 2003, S. 1009–1015, JSTOR:4124120.
  11. a b Alan G. Ellis, Jeremy J. Midgley: A new plant-animal mutualism involving a plant with sticky leaves and a resident hemipteran insect. In: Oecologia. Bd. 106, Nr. 4, 1996, S. 478–481, JSTOR:4221288.
  12. Bruce Anderson, Jeremy J. Midgley: Density-dependent outcomes in a digestive mutualism between carnivorous Roridula plants and their associated hemipterans. In: Oecologia. Bd. 152, Nr. 1, 2007, S. 115–120, JSTOR:40210657.
  13. Paul Simons: When a carnivore is not a carnivore. In: New Scientist. 2045, 31. August 1996, S. 16, (Online).
  14. William R. Dolling, J. M. Palmer: Pameridea (Hemiptera: Miridae): predaceous bugs specific to the highly viscid plant genus Roridula. In: Systematic Entomology. Bd. 16, Nr. 3, 1991, ISSN 0307-6970, S. 319–328, doi:10.1111/j.1365-3113.1991.tb00692.x.
  15. Dagmar Voigt, Stanislav Gorb: An insect trap as habitat: cohesion-failure mechanism prevents adhesion of Pameridea roridulae bugs to the sticky surface of the plant Roridula gorgonias. In: Journal of Experimental Biology. Bd. 211, Nr. 16, 2008, S. 2647–2657, doi:10.1242/jeb.019273.
  16. a b Bruce Anderson, Jeremy J. Midgley: It takes two to tango but three is a tangle: mutualists and cheaters on the carnivorous plant Roridula. In: Oecologia. Bd. 132, Nr. 3, 2002, S. 369–373, JSTOR:4223351.
  17. a b Aaron M. Ellison, Lubomír Adamec: Carnivorous Plants. Oxford (UK) 2018, S. 370–372.
  18. Wolfram Adlassnig, Thomas Lendl, Marianne Peroutka, Ingeborg Lang: Deadly Glue — Adhesive Traps of Carnivorous Plants. In: Biological Adhesive Systems. Springer Vienna, Vienna 2010, ISBN 978-3-7091-0141-4, S. 15–28, doi:10.1007/978-3-7091-0286-2_2.
  19. Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen (= Ch. Darwin's gesammelte Werke. Bd. 8). E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, S. 309–310.
  20. Bruce Anderson: Adaptations to Foliar Absorption of Faeces: a Pathway in Plant Carnivory. In: Annals of Botany. Bd. 95, Nr. 5, 2005, S. 757–761, JSTOR:42796161.
  21. Wolf-Ekkehard Lönnig: Die Evolution der karnivoren Pflanzen. 2012, Seite 2, 77 u. 212–215.
  22. Umberto Quattrocchi: CRC World Dictionary of Plant Names. Boca Raton 2023, S. 2333.
  23. Carnivorous Plant Database. Abgerufen am 7. September 2018.
  24. Randall J. Bayer, Larry Hufford, Douglas E. Soltis: Phylogenetic Relationships in Sarraceniaceae Based on rbcL and ITS Sequences. In: Systematic Botany. Bd. 21, Nr. 2, 1996, ISSN 0363-6445, S. 121–134, JSTOR:2419743.
  25. Eva-Maria Sadowski, Leyla J. Seyfullah, Friederike Sadowski, Andreas Fleischmann, Hermann Behling, Alexander R. Schmidt: Carnivorous leaves from Baltic amber. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Bd. 112, Nr. 1, 2015, S. 190–195, doi:10.1073/pnas.1414777111.