Dies ist ein persönliches Essay von Benutzer:Drahreg01 zur Information von Mitgliedern der Klimagerechtigkeitsbewegung (hier: Parents for Future).
Was ist die Wikipedia?
BearbeitenWikipedia ist ein Projekt zum Aufbau einer Enzyklopädie aus freien Inhalten […]
So steht es auf der Wikipedia:Hauptseite, das ist der Zweck des Projektes. Alles, was nicht diesem Zweck dient, ist schädlich für die Wikipedia. Aber was heißt denn dieser Satz?
- Projekt: Wikipedia ist nicht fertig und wird es wohl auch nie.
- Enzyklopädie: Die Informationen werden für Leser*innen vorsortiert, aufbereitet, in einen Zusammenhang gerückt und sollen ihnen helfen, die Welt zu verstehen. Die Texte sind inhaltlich richtig und verständlich geschrieben. Die Herkunft der Informationen ist nachvollziehbar. Die Artikel sind ihrem Gegenstand gegenüber vollkommen neutral: die Wikipedia verfolgt (außer der Aufklärung) kein Ziel, auch kein gutes Ziel.
- Freie Inhalte: Texte und Bilder werden nicht von irgendwo kopiert, sondern stehen entweder schon unter einer freien Lizenz oder werden von dem oder der jeweiligen (Wikipedia-)Autor*in unter eine freie Lizenz gestellt (siehe Freie Inhalte).
Wie entsteht die Wikipedia?
BearbeitenIm Prinzip kann jede*r mitschreiben. Es sind wahrscheinlich Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende von Menschen, die über die Jahre seit 2001 inhaltlich zur deutschsprachigen (nicht: deutschen) Wikipedia beigetragen haben. Alle diese Menschen haben persönliche Ansichten und Meinungen, viele von ihnen verfolgen mit ihren Beiträgen bestimmte Ziele, die außerhalb der Wikipedia liegen (die Lieblingsband, den Lieblingsverein, die Lokalgeschichte, den eigenen Beruf […] bekannter machen). Solche Interessen zu haben und in die Wikipedia zu tragen, muss nicht schlecht sein. Wer länger dabei ist, lernt diese Interessen dem Projektziel unterzuordnen, er oder sie lernt mit dem eigenen Interessenkonflikt umzugehen.
Es gibt über diese eher „zufällig“ Beitragenden hinaus einen harten Kern von (ca. 1000) Menschen, die in ihrer Freizeit und ehrenamtlich dafür sorgen, dass unter all den Beiträgen, die von außen auf die Wikipedia einprasseln, die enzyklopädische Qualität der Wikipedia insgesamt nicht leidet. Sie trennen Wichtiges von Unwichtigem (dazu muss man auch Beiträge löschen), sie setzen die Beiträge in Beziehung zueinander und prüfen sie auf Widersprüche und Fehler, auf Verständlichkeit und Neutralität (dazu muss man auch mal Beiträge komplett umschreiben), sie prüfen, ob die eingestellten Inhalte wirklich freie Inhalte sind. Sie tun all das aus Idealismus und unentgeltlich. Die Aufgabe ist kaum zu schaffen. Diese Menschen – sie nennen sich Wikipedianer und Wikipedianerinnen – sind stolz auf ihr gemeinsames Werk. Sie reagieren empfindlich und manchmal unnötig harsch, wenn Beitragende den Umfang dieser Arbeit erhöhen, indem sie Banalitäten einstellen, unverständliche Texte, von irgendwo kopierte Texte und Bilder. Insbesondere machen nicht-neutrale Beiträge viel Arbeit und schaden der Reputation der Wikipedia.
Kann und soll man in der Wikipedia Politik machen?
BearbeitenWahrscheinlich gibt es Versuche, die Inhalte der Wikipedia in eine bestimmte Richtung zu manipulieren, seit es die Wikipedia selbst gibt. Da versuchen Politiker, ihre Biographien zu schönen. Unternehmen versuchen, sich in einem besseren Licht dastehen zu lassen (Whitewashing, Greenwashing, Healthwashing). Viele dieser Versuche fliegen auf und kehren als schädlicher Bumerang zu ihren Verursachern zurück. Alle Beiträge sind (zumindest im Prinzip) für alle Zeiten nachprüfbar. Legendär ist die Geschichte vom französischen Geheimdienst, der unter Androhung von Haft einen französischen Admin der französischsprachigen Wikipedia gezwungen hat, den Wikipedia-Artikel zu einer Militärbasis zu löschen. Stunden später wurde der Artikel von einem kanadischen Admin wiederhergestellt und der Artikel wurde innerhalb von Stunden in X Sprachversionen der Wikipedia veröffentlicht, mit Geodaten und allem Pipapo. Viele Versuche der Manipulation werden (bisher) unerkannt geblieben sein. Sie können aber immer noch auffliegen, weil ja alle Beiträge bis in alle Zeiten nachvollziehbar bleiben.
Gute Versuche der „Manipulation” (mehr oder weniger fiktiv):
- Der Fan eines bestimmten Fußballvereins erstellt Biographien über längst verstorbene Spieler seines Vereins (so sie denn die Wikipedia-Relevanzhürde nehmen).
- Ein Institut für nachwachsende Rohstoffe bezahlt einen Wikipedianer (Biologe) dafür, ausgezeichnete Artikel über bestimmte Nutzpflanzen zu erstellen (alle Taxa sind Wikipedia-relevant).
- Ein Klimaforscher erstellt Artikel zu (anderen) Klimaforscher*innen (so sie denn die Wikipedia-Relevanzhürde nehmen).
- Alle drei legen ihren Interessenkonflikt proaktiv offen und laden andere Wikipedianer ein, ihre Beiträge zu kontrollieren. Sie nehmen gegebenenfalls Kritik an und ändern im Bedarfsfall ihr Editierverhalten.
Schlechte Versuche der „Manipulation“ (mehr oder weniger fiktiv):
- Eine Gruppe von Maskulinisten oder Feministinnen – bisher ohne Bezug zu Wikipedia – stürmt eine bestimmte Diskussionsseite, um die internen Regeln der Wikipedia in ihrem Sinne zu verändern.
- Ein Sympathisant der AfD schreibt in möglichst viele Artikel zu Ortschaften in Deutschland, wie sich dort Ausländeranteil und Gesamtkriminalität seit 2015 verändert hätten. Er nutzt unzuverlässige Quellen und interpretiert diese frei.
- Ein Sympathisant von Fridays for Future schreibt in möglichst viele Artikel zu Ortschaften in Deutschland, wie sich die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse dort infolge des Klimawandels in Zukunft ändern könnten. Er nutzt eine einzelne wissenschaftliche Veröffenlichung („Paper“), die sich zu diesen Ortschaften aber überhaupt nicht auslässt.
- Alle drei reagieren auf Ansprache durch Wikipedianer*innen patzig und stellen ihre Beiträge wieder her, nachdem diese gelöscht worden waren.
Sollen Fridays/Parents for Future sich an der Wikipedia beteiligen?
BearbeitenAntwort A: Ja, gerne!
- Die Wikipedia braucht weiterhin engagierte Menschen, die für „ihre Sache” brennen und qualitativ hochwertige Beiträge leisten. Ein starkes Interesse für ein bestimmtes Thema ist die Grundlage für die Entstehung und die Pflege hervorragender Wikipedia-Artikel. Die Themen Klimaschutz, Umweltschutz, Artenschutz, Klimagerechtigkeit […] können und müssen auch in der Wikipedia angemessen abgebildet werden. Freies Wissen kann entscheidend zur Information der Menschen über den menschengemachten Klimawandel und notwendige Maßnahmen zu seiner Abschwächung beitragen. Die Wikipedia ist ausgesprochen Wissenschafts-freundlich und Verschwörungstheorien und Desinformation vollkommen abgeneigt. Unite behind the science!
Antwort B: Lieber nicht.
- Wikipedia ist wahnsinnig zeitaufwändig. Das User-Interface ist – vorsichtig ausgedrückt – gewöhnungsbedürftig. Das soziale Gefüge der Wikipedianer ist irre komplex, die Zahl der internen Regeln ist unüberschaubar. Die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln folgen nicht immer einer inneren Logik und erscheinen manchmal sogar aufklärerischen Gedanken abträglich (wie der konsequente Verzicht auf geschlechtergerechte Sprache in den Artikeln). Die Wahrscheinlichkeit für frustrierende Erlebnisse ist hoch.
- Einen guten Artikel (neu) zu schreiben, braucht den Überblick über die maßgebliche Fachliteratur (Fachbücher, systematische Übersichtsarbeiten). Es reicht nicht zu sagen, „im Artikel Korallenriff muss aber klarer herauskommen, dass der Klimawandel am Absterben schuld ist“ und dann „Korallenriff“ und „Klimawandel“ bei Ecosia einzutippen und eine passende Quelle für seine Meinung zu suchen. Nein, man müsste (eigentlich) die aktuelle Literatur der Korallenforschung auswerten. Und wenn da eben stünde, dass die Dynamitfischerei Hauptgrund des Korallensterbens sei, dann darf eben auch nichts anderes im Wikipedia-Artikel dazu stehen. Egal wie schlimm ich den Klimawandel finde.
- Wir alle haben ein begrenztes Zeitbudget. Es gilt kritisch zu prüfen, ob es – statt Zeit in die Wikipedia zu stecken – nicht klima-wirksamer ist, auf Aktivisten-Treffen zu gehen, auf Demos zu gehen, Pamphlete zu schreiben, Unterschriften zu sammeln, die sozialen Medien zu bespielen, Abgeordnete anzurufen, in Parteien einzutreten, Parteien zu gründen […]
…
Und jetzt?
Wenn ihr wirklich bei Wikipedia mitmachen wollt, hier meine Tipps:
- Legt einen Account an. Für jede natürliche Person einen. Siehe Hilfe:Benutzerkonto anlegen. Man kann seinen Klarnamen wählen. Im Bereich „Politik“ (einschließlich Klimabewegung) rate ich aber dazu, ein Pseudonym zu wählen.
- Legt euren Interessenkonflikt offen, zum Beispiel auf eurer Benutzerseite: Spezial:Meine Benutzerseite. Es reichen ein oder zwei Sätze zur Motivation oder zum geplanten Handlungsfeld. Seid authentisch. (Zum Beispiel: Hallo, ich bin Soundso. Ich bin neu hier und möchte die Sichtbarkeit der Klimagerechtigkeitsbewegung in der Wikipedia verbessern/ die Auswirkungen der Klimakrise für Wikipedia-Leser*innen begreifbarer machen. Bitte sprecht mich an, wenn meine Bearbeitungen gegen Wikipedia-Regularien verstoßen.)
- Organisiert euch On-Wiki. Koordination außerhalb der Wikipedia führt zur Wagenburgmentalität der Wikipedianer.
- Sucht euch die Hilfe erfahrener Wikipedianer: Wikipedia:Mentorenprogramm, Wikipedia:Fragen von Neulingen, meine Diskussionsseite (Benutzer Diskussion:Drahreg01).
- Schreibt über Sachthemen, die von allgemeinem Interesse sind. Lasst im Zweifel einen Wikipedia:Relevanzcheck machen. Schreibt nicht über euch selbst, auch nicht über Parents for Future (ich vermute, dieser Link wird noch sehr lange eine Weiterleitung auf Fridays for Future sein).
--Drahreg01 (Diskussion) 23:15, 21. Nov. 2019 (CET)