Blaue Zone (Demographie)

Regionen der Erde, in denen die Menschen länger leben als der Durchschnitt

Blaue Zonen sind Regionen der Welt, in denen Menschen viel länger als der Durchschnitt leben sollen. Das Konzept wird von Dan Buettner vertreten und wurde erstmals im November 2005 im Magazin National Geographic in der Titelgeschichte „The Secrets of a Long Life“ von Buettner vorgestellt.[1] Buettner identifizierte fünf Regionen, die er als „Blaue Zonen“ betrachtet: Okinawa (Japan), Sardinien (Italien), die Nicoya-Halbinsel (Costa Rica), Ikaria (Griechenland) und unter den Siebenten-Tags-Adventisten in Loma Linda, Kalifornien. Er gibt eine Erklärung, basierend auf Daten und Beobachtungen aus erster Hand, warum diese Bevölkerungsgruppen gesünder und länger leben.

Eine Studie aus dem Jahr 2024 kritisiert hingegen die Datenerhebung und setzt die Zahl der Hundertjährigen in den Blue Zones deutlich tiefer an.[2]

Begriff und Forschung

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Den englischen Begriff „Blue Zones“ hat sich Dan Buettner schützen lassen.[3] Die Bezeichnung „Blue Zones“ entstand einfach dadurch, dass während der ursprünglichen Untersuchung durch Wissenschaftler, diese mit einem blauen Stift auf einer Karte die Dörfer mit langlebiger Bevölkerung markierten.[4]

Aufbauend auf Forschungsergebnissen in den Bereichen Biogerontologie, Epigenetik und Naturheilkunde wird der Begriff „Blue Zones“ auch für Gegenden verwendet, deren heimische Flora unter speziellen Bedingungen wächst und dem Alterungsprozess effektiv entgegenwirken kann. Solche zumeist hochgelegenen Gebiete befinden sich etwa in Nepal, Bhutan, Tibet oder China.[5] Die Schweizer Forschungsgruppe Bluezones[6] in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe Haslberger[7] der Universität Wien fokussieren sich auf Sekundäre Pflanzenstoffe aus solchen Gebieten, welche im Bereich Anti-Aging, Neurodegenerative Erkrankungen und Alterskrankheiten einen Nutzen haben könnten. Bereits im Jahr 1998 befasste sich die Schweizer Gruppe mit den Essgewohnheiten der Bevölkerung von Yuzurihara, wo die Bewohner sehr alt werden bei bester Lebensqualität. Langlebigkeits-Regionen werden zeitlich auch in China untersucht.[8] Eine weitere Forschungsgruppe der University of California[9] in Zusammenarbeit mit der University of Rome La Sapienza untersuchen zeitlich Bluezones Gebiete in Italien, welche außerhalb von Sardinien liegen.[9] Der Begriff „BlueZones“ in Europa hat sich die System Biologie AG der Forschungsgruppe Bluezones schützen lassen in den Bereichen Wirkstoffe, Nahrungsergänzung und Kosmetik.[10]

Das Konzept entstand aus der demographischen Arbeit von Gianni Pes und Michel Poulain, die im Journal of Experimental Gerontology beschrieben wurden, die die Provinz Nuoro auf Sardinien als die Region mit der höchsten Konzentration an männlichen Hundertjährigen identifizierten.[11] Als die beiden Männer auf die Gruppe der Dörfer mit der höchsten Langlebigkeit zusteuerten, zeichneten sie konzentrische blaue Kreise auf der Karte und begannen, das Gebiet innerhalb des Kreises als Blaue Zone zu bezeichnen. Gemeinsam mit den Demographen Pes und Poulain erweiterte Buettner den Begriff und wandte ihn auf validierte Langlebigkeitsgebiete in Okinawa, Japan, und unter den Siebenten-Tags-Adventisten in Loma Linda, Kalifornien, an. Buettner und Poulain, unter der Leitung von National Geographic, identifizierten und validierten dann Langlebigkeits-Hotspots in Nicoya, Costa Rica und Ikaria, Griechenland.

Die fünf Regionen in Buettners Buch The Blue Zones: Lessons for Living Longer from the People Who’ve Lived the Longest sind:[12]

 
Ein alter sardischer Mann
  • Sardinien, Italien, insbesondere die Provinz Ogliastra, die Barbagia (Hochebene) von Ollolai und die Barbagia von Seulo: Ein Team von Demographen fand einen Hotspot der Langlebigkeit in Bergdörfern, wo ein erheblicher Anteil der Männer 100 Jahre alt ist.[12] Insbesondere ein Dorf namens Seulo (ca. 800 Einw.), das sich in der Barbagia von Seulo befindet, hielt von 1996 bis 2016 den Rekord von 20 Hundertjährigen, was bestätigt, dass es „der Ort ist, an dem die Menschen am längsten auf der Welt leben“.[13]
  • Die Inseln Okinawa, Japan: Ein anderes Team untersuchte eine Gruppe, die zu den am längsten lebenden auf der Erde gehört.[12]
  • Loma Linda, Kalifornien: Die Forscher untersuchten eine Gruppe von Siebenten-Tags-Adventisten, die zu den am längsten lebenden Menschen Nordamerikas gehören.[12][14]
  • Nicoya-Halbinsel, Costa Rica: Die Halbinsel war Gegenstand der Forschung auf einer Quest-Network-Expedition, die am 29. Januar 2007 begann.[12][15][16]
  • Ikaria, Griechenland: Eine Studie vom April 2009 auf der Insel Ikaria ergab den Standort mit dem höchsten Prozentsatz von 90-Jährigen auf der Welt – fast jeder Dritte schafft es in die Neunzigerjahre. Außerdem haben die Ikarier „etwa 20 Prozent niedrigere Krebsraten, 50 Prozent niedrigere Raten von Herzerkrankungen und fast keine Demenz“.[12][17]

Die Bewohner dieser Orte produzieren eine hohe Rate an Hundertjährigen, erleiden einen Bruchteil der Krankheiten, die in anderen Teilen der entwickelten Welt häufig Menschen töten, und genießen mehr Jahre guter Gesundheit.[18]

Merkmale

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Ein Venn-Diagramm von Langlebigkeitsindikatoren aus Okinawa, Sardinien und Loma Linda

Die Menschen in den Blauen Zonen haben gemeinsame Lebensstil-Merkmale, die zu ihrer Langlebigkeit beitragen. Das Venn-Diagramm rechts zeigt die folgenden sechs gemeinsamen Merkmale der Menschen in Okinawa, Sardinien und den Blauen Zonen von Loma Linda:[19]

  • Familie – wichtiger als andere Anliegen
  • Nicht rauchen
  • Pflanzenbasierte Ernährung – der Großteil der verzehrten Nahrung stammt aus Pflanzen.
  • Ständige moderate körperliche Aktivität – ein untrennbarer Bestandteil des Lebens.
  • Soziales Engagement – Menschen jeden Alters sind sozial aktiv und in ihre Gemeinschaften integriert.
  • Hülsenfrüchte – häufig konsumiert

In seinem Buch bietet Buettner eine Liste von neun Lektionen, die den Lebensstil der Menschen in den blauen Zonen behandeln:[20]

  1. Mäßige, regelmäßige körperliche Aktivität.
  2. Lebensinhalt.
  3. Stressabbau.
  4. Mäßige Zufuhr von Nahrungsenergie.
  5. Pflanzenbasierte Ernährung.
  6. Mäßiger Alkoholkonsum; überwiegend Wein.
  7. Engagement in der Spiritualität oder Religion.
  8. Engagement im Familienleben.
  9. Engagement im gesellschaftlichen Leben.

Marketing

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Dan Buettner gründete 2008 die Blue Zones LLC, welche heute unter anderem Blue Zones Project initiiert. Dieses möchte Communities in den USA nach den Merkmalen der Blue Zone Regionen umgestalten, um so für ein gesundheitsförderndes Umfeld zu sorgen. In Rahmen dieses Projektes wurde die Blue Zones LLC 2020 von Adventist Health erworben.[21]

2023 erschien die Netflix Dokumentarserie Wie wird man 100 Jahre alt? – Die Geheimnisse der Blauen Zonen, in der Dan Buettner in 4 Folgen seine Konzepte vorstellt.[22]

Wissenschaftliche Kritik

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Eine Studie von Poulain aus dem Jahr 2011, die die Behauptungen der Langlebigkeit in Okinawa bestätigen sollte, war nicht in der Lage zu überprüfen, ob die Bewohner wirklich so alt waren, wie sie berichteten, da viele Aufzeichnungen den Zweiten Weltkrieg nicht überlebten.[23]

Auch wurde der erhebliche Rückgang der Lebenserwartung während des 21. Jahrhunderts in Okinawa untersucht, wobei die Analyse zu dem Schluss kam, dass die männliche Langlebigkeit auf Platz 26 unter den 47 Präfekturen Japans liege.[24]

Fehlende Beweise

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Harriet Hall schrieb für Science-Based Medicine, dass es keine kontrollierten Studien über die Hundertjährigen in den Blue Zones gäbe und dass die Ernährung in den Blue Zones auf Spekulationen und nicht auf Beweisen durch eine strenge wissenschaftliche Methode beruhe. Dadurch stellt sie das Konzept der außergewöhnlichen Langlebigkeit in den Communities der Blue Zones durch das Fehlen evidenzbasierter Informationen in Frage.[25]

Unzuverlässigkeit der Datenquellen

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Saul Newman aus der Universität Oxford untersuchte systematisch die Glaubwürdigkeit der Datenquellen zu Blue Zones. Er kam zur Erkenntnis, dass zahlreiche Akten aufgrund von Kriegszerstörungen oder anderen Havarien nicht die Lebensdauer der vermeintlich Hundertjährigen dokumentieren können. Das hohe Alter von einigen verstorbenen Hundertjährigen sei mangels Geburtsurkunden nicht belegbar. Auch können Fälle von Rentenbetrug zur Verzerrung der Daten beitragen.[26] Für seine wissenschaftliche Ausarbeitung erhielt Newman im Jahr 2024 den Ig-Nobelpreis.[2]

Siehe auch

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Bibliographie

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  • Dan Buettner: The Blue Zones, Second Edition: 9 Lessons for Living Longer From the People Who’ve Lived the Longest. National Geographic, Washington, D.C. 2012, ISBN 978-1-4262-0948-2 (englisch).
  • Dan Buettner: Thrive : finding happiness the Blue Zones way. National Geographic, Washington, D.C. 2010, ISBN 978-1-4262-0515-6 (englisch).
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Einzelnachweise

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  1. Longevity, The Secrets of Long Life - National Geographic Magazine. 11. Dezember 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen im Jahr 2017 (englisch).
  2. a b UCL: UCL demographer’s work debunking ‘Blue Zone’ regions of exceptional lifespans wins Ig Nobel prize. 13. September 2024, abgerufen am 20. September 2024 (englisch).
  3. Dina Spector: This Adventurer Discovered The Secrets To Long Life — And It Could Save Iowa $16 Billion By 2016. Abgerufen am 5. November 2018 (amerikanisches Englisch).
  4. Poulain, Michel; Herm, Anne; Pes, Gianni. The Blue Zones: areas of exceptional longevity around the world in: Vienna Yearbook of Population Research, vol. 11, 2013, p. 87–108. backup Quote: „...These populations succeeded in maintaining a traditional lifestyle implying an intense physical activity that extends beyond the age of 80, a reduced level of stress and intensive family and community support for their oldest olds as well as the consumption of locally produced food...Based on a strict validation method, the ages of Sardinian centenarians were thoroughly proven to be correct (Poulain et al. 2006)... [footnote 2:] The term was chosen simply because at the time the authors used a blue pen on a map to mark the villages with long-lived population... [definition:] In practice, a blue zone (BZ) is defined as a rather limited and homogenous geographical area where the population shares the same lifestyle and environment and its longevity has been proved to be exceptionally high. [] Other validated BZs have been found so far in Okinawa (Japan), on the Nicoya peninsula (Costa Rica) and on the island of Ikaria (Greece)...The extreme longevity area identified in Sardinia and named as Blue Zone (BZ) includes a group of 14 villages in Barbagia and Ogliastra, covering the highest mountain area of Sardinia.4...Starting from 2005, in cooperation with D. Buettner, a journalist writing for National Geographic, the BZ concept was extended to other relevant regions of the earth (Buettner 2012). Exceptional longevity at population level has been identified and validated so far in three other settings: the island of Okinawa in Japan, the peninsula of Nicoya in Costa Rica and the island of Ikaria in Greece (Figures 3)...“
  5. Blue Zones. Abgerufen am 24. Mai 2019.
  6. Forschungsgruppe Bluezones. Abgerufen am 3. Juni 2019.
  7. Forschungsgruppe Haslberger. Abgerufen am 3. Juni 2019.
  8. Y. Huang, G. Mark Jacquez: Identification of a Blue Zone in a Typical Chinese Longevity Region. In: International Journal of Environmental Research and Public Health. Band 14, Nummer 6, 05 2017, S. , doi:10.3390/ijerph14060571, PMID 28555035, PMC 5486257 (freier Volltext).
  9. a b Remote Italian Village Could Harbor Secrets of Healthy Aging. Abgerufen am 3. Juni 2019.
  10. Blue Zones. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 3. Juni 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.zones.blue.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. Michel Poulain, Giovanni Mario Pes, Claude Grasland, Ciriaco Carru, Luigi Ferrucci, Giovannella Baggio, Claudio Franceschi, Luca Deiana: Identification of a geographic area characterized by extreme longevity in the Sardinia island: the AKEA study. In: Experimental Gerontology. Band 39, Nr. 9, 1. September 2004, ISSN 0531-5565, S. 1423–1429, doi:10.1016/j.exger.2004.06.016, PMID 15489066 (englisch, sciencedirect.com [abgerufen am 20. September 2024]).
  12. a b c d e f Dan Buettner: The Blue Zones: Lessons for Living Longer from the People Who’ve Lived the Longest. National Geographic Society, 2009, ISBN 978-1-4262-0400-5 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Seulo, il paese più longevo del mondo Soprannomi e segreti del paese dei record – Cronaca. In: unionesarda.it. 3. April 2016, abgerufen am 27. November 2016.
  14. Gary Tuchman, Anderson Cooper: CNN Transcripts on Living Longer. In: transcripts.cnn.com. 16. November 2005, abgerufen am 25. August 2006.
  15. Nicoya, Costa Rica. In: BlueZones.com. Abgerufen am 4. März 2011.
  16. Dan Buettner: Report from the 'Blue Zone': Why Do People Live Long in Costa Rica? In: abcnews.go.com. 2. Februar 2007, abgerufen am 4. März 2011.
  17. The Island Where People Live Longer. NPR: Weekend Edition Saturday, May 2, 2009
  18. Dan Buettner: The Secrets of Long Life. S 9
  19. Blue Zones – Live Longer, Better. Quest Network, 2006.
  20. Dan Buettner: The Blue Zones, Second Edition: 9 Lessons for Living Longer From the People Who’ve Lived the Longest. National Geographic Books, 2012, ISBN 978-1-4262-0949-9 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Adventist Health Acquires Blue Zones to Redefine Healthcare in America. In: Blue Zones. Abgerufen am 17. September 2024 (amerikanisches Englisch).
  22. Netflix-Serie zeigt, wie man 100 Jahre alt wird. Abgerufen am 17. September 2024 (österreichisches Deutsch).
  23. Michel Poulain: Exceptional Longevity in Okinawa:. In: Demographic Research. Band 25, 21. Juli 2011, ISSN 1435-9871, S. 245–284, doi:10.4054/demres.2011.25.7 (researchgate.net [abgerufen am 17. September 2024]).
  24. Tomiko Hokama, Colin Binns: Declining longevity advantage and low birthweight in Okinawa. In: Asia-Pacific Journal of Public Health. 20 Suppl, Oktober 2008, ISSN 1010-5395, S. 95–101, PMID 19533867 (researchgate.net [abgerufen am 17. September 2024]).
  25. Blue Zones Diet: Speculation Based on Misinformation | Science-Based Medicine. 12. Oktober 2021, abgerufen am 17. September 2024 (amerikanisches Englisch).
  26. Saul Justin Newman: Supercentenarian and remarkable age records exhibit patterns indicative of clerical errors and pension fraud. In: bioRxiv, medRxiv. 14. März 2024, doi:10.1101/704080 (englisch, biorxiv.org).