Bromadiolon

chemische Verbindung, Rodentizid

Bromadiolon ist ein Gemisch von vier stereoisomeren chemischen Verbindungen aus der Gruppe der Cumarinderivate. Es wird als Rodentizid (Nagetiergift) verwendet.

Strukturformel
Strukturformel von Bromadiolon
Grundstrukturformel (Stereozentren sind mit einem * markiert)
Allgemeines
Name Bromadiolon
Andere Namen
  • Contrax
  • (4′-Hydroxy-3′-cumarinyl)-3-phenyl-1-(4′-brombiphenyl)-1-propanol
  • 4′-Hydroxy-2′-oxochromeno-3′-yl-3-phenyl-1-(4-brombiphenyl)-1-propanol
  • 3-(3-(4′-Brom(1,1′-biphenyl)-4-yl)-3-hydroxy-1-phenyl-propyl)-4-hydroxy-2H-1-benzopyran-2-on
  • 3-[3-(4′-Brombiphenyl-4-yl)-3-hydroxy-1-phenylpropyl]-4-hydroxycumarin
  • Deadline (Handelsname)
  • Lanirat (Handelsname)
  • Maid (Handelsname)
Summenformel C30H23BrO4
Kurzbeschreibung

farb- und geruchloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 28772-56-7 (Bromadiolon)
EG-Nummer 249-205-9
ECHA-InfoCard 100.044.718
PubChem 54680085
ChemSpider 10606098
Wikidata Q423091
Eigenschaften
Molare Masse 527,41 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,32 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

200 – 210 °C (Isomerengemisch)[1]

Löslichkeit
  • wenig in Wasser (16 mg·l−1 bei 25 °C)[2]
  • wenig in Ethanol (8 mg·l−1 bei 20 °C)[3]
  • löslich in Dimethylformamid (730 g·l−1 bei 20 °C)[3]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300+310+330​‐​360D​‐​372​‐​410
P: 202​‐​264​‐​273​‐​280​‐​302+352+310​‐​304+340+310[1]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Paste enthält Bromadiolon (0,005 %)

Eigenschaften

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Bromadiolon ist ein weißer bis gelblicher Feststoff, der wenig löslich in Wasser ist.[1] Das technische Produkt ist eine Mischung aus zwei Diastereomeren mit mindestens 97 % Reinheit.[3]

Stereoisomere

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Der Wirkstoff enthält zwei Stereozentren, daraus ergeben sich vier verschiedene Stereoisomere:

  • (1R,3S)-(4′-Hydroxy-3′-cumarinyl)-3-phenyl-1-(4′-brombiphenyl)-1-propanol
  • (1S,3R)-(4′-Hydroxy-3′-cumarinyl)-3-phenyl-1-(4′-brombiphenyl)-1-propanol
  • (1R,3R)-(4′-Hydroxy-3′-cumarinyl)-3-phenyl-1-(4′-brombiphenyl)-1-propanol
  • (1S,3S)-(4′-Hydroxy-3′-cumarinyl)-3-phenyl-1-(4′-brombiphenyl)-1-propanol

Das (1R,3S)-Isomer und das (1S,3R)-Isomer sind Diastereomere der (1R,3R)- und (1S,3S)-konfigurierten Isomere. Erstere werden als trans-Bromadiolon bezeichnet und sind zu etwa 70–90 % im Gemisch vorhanden. Die (1R,3R)- und (1S,3S)-konfigurierten Isomere werden als cis-Bromadiolon bezeichnet, welches zu etwa 10–30 % im Gemisch des Rodentizids enthalten ist.[6]

Bromadiolon
 
(1R,3S)-Isomer
 
(1S,3R)-Isomer
 
(1R,3R)-Isomer
 
(1S,3S)-Isomer

Verwendung

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Bromadiolon wird als Rodentizid verwendet.[1] Es ist ein Antigerinnungsmittel der zweiten Generation und wird vor allem in der kommunalen und landwirtschaftlichen Rattenbekämpfung als Fraßköder eingesetzt.[7] Es wirkt durch Hemmung der Prothrombinbildung und wird meist in einer Konzentration von 0,005 % eingesetzt. Die Patentierung als Rodentizid erfolgte 1967.[3]

Zulassung

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Als Biozidprodukt

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Gemäß europäischer Gesetzgebung (Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten)[8] und mit Beschluss vom 31. Juli 2009[9] liegt ein Entscheid vor, den Wirkstoff Bromadiolon in die entsprechende Liste (Anhang I/IA der Richtlinie 98/8/EG) für die Produktart 14 (Rodentizide) aufzunehmen. Die Abgabe von Biozidprodukten, die den Wirkstoff Bromadiolon enthalten, ist somit in der EU (die Schweiz hat diese Bestimmung übernommen) weiterhin erlaubt. Diese Bewilligung wurde jedoch an gewisse Auflagen geknüpft:

  • Die nominale Konzentration des Wirkstoffs in den Produkten darf 50 mg/kg nicht übersteigen und es dürfen nur gebrauchsfertige Produkte zugelassen werden. Die Produkte dürfen nicht als Haftgift verwendet werden.
  • Zur Risikominderung gegenüber Menschen, Nicht-Zieltieren und Umwelt sind geeignete Maßnahmen umzusetzen. So die Beschränkung auf die Anwendung durch Fachpersonal, die Festlegung einer Packungshöchstgröße und die Verpflichtung zur Verwendung zugriffsgesicherter, stabiler Köderboxen.
  • Die Bewilligung wurde zunächst befristet bis 30. Juni 2016 und eine Verlängerung an eine erneute Risikobeurteilung geknüpft.

Mit dem Durchführungsbeschluss 2015/1737 wurde das Ablaufdatum auf den 30. Juni 2018 verschoben.[10] Die Risikobeurteilung erlaubte eine Verlängerung der Zulassung, welche mit der Durchführungsverordnung 2017/1380 umgesetzt wurde. Dabei gelten weiterhin die oben angegebenen Einschränkungen. Außerdem:

  • dürfen – je nach Anwendungsgebiet – maximal 300 g Köder je Packung verkauft werden,
  • ist die Anwendung für bestimmte Zwecke nur in Gebäuden zulässig,
  • müssen Informationen über die Risiken beiliegen.

Die Genehmigung wurde bis zum 30. Juni 2024 erteilt.[11] Die Ablauffrist der Genehmigung wurde Anfang 2024 durch einen Durchführungsbeschluss auf den 31. Dezember 2026 verschoben.[12]

Als Pflanzenschutzmittel

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Gemäß europäischer Gesetzgebung (Richtlinie 91/414/EWG vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln)[13] und mit Beschluss vom 8. Dezember 2008 der EU-Kommission[14] wurde entschieden, den Wirkstoff Bromadiolon nicht in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG (Positivliste der in Pflanzenschutzmitteln zulässigen Wirkstoffe) aufzunehmen. Die Abgabe von Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Bromadiolon wäre ab 2012 nicht mehr erlaubt gewesen. Dieser Beschluss wurde mit Entscheid vom 15. April 2011[15] wieder aufgehoben. Die EU-Mitgliedstaaten können unter Einhaltung diverser gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen und Prüfverfahren Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Bromadiolon wieder zulassen. In der EU war der Wirkstoff zwischen Anfang Juni 2011 und Ende Mai 2021 zugelassen.[16]

In der Schweiz war der Wirkstoff Bromadiolon im Anhang 1 (zugelassene Wirkstoffe) der Pflanzenschutzverordnung ebenfalls aufgeführt.[17] In der Schweiz war Bromadiolon in Präparaten gegen Ratten enthalten.

Heute sind in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland keine Pflanzenschutzmittel zugelassen, die Bromadiolon als Wirkstoff enthalten.[16]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Eintrag zu Bromadiolon in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  2. Müfit Bahadir, Harun Parlar, Michael Spiteller (Hrsg.): Springer Umweltlexikon. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-56998-2, S. 236 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b c d Robert Irving Krieger: Handbook of Pesticide Toxicology: Principles; ISBN 978-0-12-426260-7, S. 1822 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Eintrag zu bromadiolone (ISO); 3-[3-(4′-bromobiphenyl-4-yl)-3-hydroxy-1-phenylpropyl]-4-hydroxy-2H-chromen-2-one im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 17. Juni 2017. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Eintrag zu Bromadiolon. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. Juni 2017.
  6. I. Fourel, M. Damin-Pernik, E. Benoit, V. Lattard: Cis-bromadiolone diastereoisomer is not involved in bromadiolone Red Kite (Milvus milvus) poisoning. In: Science of The Total Environment. 601–602, 2017, S. 1412–1417, doi:10.1016/j.scitotenv.2017.06.011
  7. Rodentizide. Umweltbundesamt, 5. Dezember 2013, abgerufen am 10. Juni 2017.
  8. Richtlinie 98/8/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten in der konsolidierten Fassung vom 25. August 2009. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L 123, 24. April 1998, S. 1.
  9. Richtlinie 2009/92/EG vom 31. Juli 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/8/EG zwecks Aufnahme von Bromadiolon in Anhang I. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L 201, 1. August 2009, S. 43.
  10. Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1737 der Kommission vom 28. September 2015 zur Verschiebung des Ablaufdatums der Genehmigung von Bromadiolon, Chlorophacinon und Coumatetralyl zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 14. In: Amtsblatt der Europäischen Union. Abgerufen am 2. August 2022.
  11. Durchführungsverordnung (EU) 2017/1380 der Kommission vom 25. Juli 2017 zur Erneuerung der Genehmigung für Bromadiolon als Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 14, abgerufen am 15. Oktober 2019
  12. Durchführungsbeschluss (EU) 2024/734 der Kommission vom 27. Februar 2024 zur Verschiebung des Ablaufdatums der Genehmigung von Brodifacoum, Bromadiolon, Chlorphacinon, Coumatetralyl, Difenacoum, Difethialon und Flocoumafen zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 14 gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates , abgerufen am 2. August 2024
  13. Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L 230, 19. August 1991, S. 1.
  14. Entscheid (2008/941/EG) über die Nichtaufnahme bestimmter Wirkstoffe in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG und Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L 335, 13. Dezember 2008, S. 91.
  15. Durchführungsrichtlinie 2011/48/EU zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Bromadiolon. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L 102, 16. April 2011, S. 28.
  16. a b Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Bromadiolone in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 11. April 2023.
  17. CH: Pflanzenschutzmittelverordnung. (PDF; 2,2 MB) SR 916.161 – gültig ab 1. Juli 2011.