Bundespräsidentenwahl in Österreich 1986

achte Volkswahl eines österreichischen Staatsoberhaupts

Zur Bundespräsidentenwahl in Österreich 1986, der achten Volkswahl eines österreichischen Staatsoberhaupts, kam es am 4. Mai 1986. Der bisherige Amtsinhaber, Rudolf Kirchschläger, konnte aufgrund der Verfassung keine dritte Amtsperiode ausüben.
Kein Kandidat konnte jedoch im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit erreichen und somit wurde eine Stichwahl nötig. Diese fand am 8. Juni 1986 statt.

Präsidentschaftswahl 1986
Staat Osterreich Österreich
Zusammenfassung der Stimmen
1. Wahlgang
Kurt Waldheim (ÖVP)
49,6 %
Kurt Steyrer (SPÖ)
43,7 %
Freda Meissner-Blau (Grüne)
5,5 %
Otto Scrinzi (National-Freiheitliche Aktion)
1,2 %
2. Wahlgang
Kurt Waldheim (ÖVP)
53,9 %
Kurt Steyrer (SPÖ)
46,1 %
Stimmenstärkste nach Bundesländern
1. Wahlgang
2. Wahlgang
Bundespräsident vor der Wahl
Rudolf Kirchschläger
1980 1992

Die Bundespräsidentenwahl 1986 war die erste, bei der keine allgemeine Wahlpflicht auf Bundesebene mehr bestand. Allerdings blieb die tatsächliche Abschaffung der Wahlpflicht den Bundesländern überlassen, von denen einige die Wahlpflicht noch für Jahre (das letzte bis 2010) beibehielten. Die Wahlbeteiligung sank im Vergleich zur letzten Präsidentschaftswahl 1980 nur geringfügig (von 91,6 % auf 89,5 % im ersten Wahlgang 1986).

Der Wahlkampf wurde von der Waldheim-Affäre überschattet.

Ausgangslage

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Der bisherige Bundespräsident Rudolf Kirchschläger konnte, wie es die Verfassung vorschrieb, nicht neuerlich zu einer dritten Amtszeit antreten.

Kandidaten

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Sieger der Bundespräsidentenwahl 1986: Kurt Waldheim
Kandidat Partei
Kurt Waldheim Unabhängig, von ÖVP unterstützt
Kurt Steyrer SPÖ
Freda Meissner-Blau Die Grünen
Otto Scrinzi NFA

Um die Nachfolge von Kirchschläger bewarben sich der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen Kurt Waldheim, offiziell unabhängig, jedoch von der ÖVP unterstützt, Kurt Steyrer von der SPÖ, Freda Meissner-Blau von den Grünen und Otto Scrinzi von der National Freiheitlichen Aktion. Waldheim bewarb sich nach seinem erfolglosen Versuch in der Wahl 1971 das zweite Mal um die Präsidentschaft.

Waldheim-Affäre

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Der Wahlkampf war begleitet von Protesten wegen einer mutmaßlichen Verstrickung des ÖVP-Kandidaten Waldheim im NS-Kriegsverbrechen. Die Proteste bewirkten, dass das Land erstmals offen die Beteiligung von Österreichern an NS-Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus diskutierte. Dies bewirkte eine Abkehr von der staatlichen Opferthese, wonach Österreich 1938 „erstes Opfer Adolf Hitlers“ gewesen sei.

Ergebnis

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Wahlwerbung für Waldheim
KandidatenParteien1. Wahlgang2. Wahlgang
Stimmen%Stimmen%
Kurt WaldheimÖsterreichische Volkspartei2.343.46349,62.464.78753,9
Kurt SteyrerSozialistische Partei Österreichs2.061.10443,72.107.02346,1
Freda Meissner-BlauDie Grünen – Die Grüne Alternative259.6895,5
Otto ScrinziNational-Freiheitliche Aktion55.7241,2
Gesamt4.719.9801004.571.810100
Ungültige Stimmen144.7293,0174.0393,7
Wähler4.864.70989,54.745.84987,3
Wahlberechtigte5.436.8465.436.846
Quelle: Bundesministerium für Inneres

Interpretation des Wahlergebnisses

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Der ÖVP-Kandidat Waldheim konnte auch eine große Zahl von SPÖ-Sympathisanten für sich gewinnen. Besonders in der Arbeiterschaft und bei Jungwählern war die Stimmung für die SPÖ-geführte Bundesregierung Sinowatz vor dem Hintergrund der Krise der verstaatlichten Industrie sehr schlecht. Der Historiker Robert Kriechbaumer spricht in diesem Zusammenhang von einer „Protest- und Wendewahl“.[1]

Kurt Waldheim wurde am 8. Juli 1986 vor der Bundesversammlung angelobt.

Nach dem Wahlsieg Waldheims trat Bundeskanzler Fred Sinowatz, welcher vehement gegen Waldheim im Wahlkampf auftrat, als Bundeskanzler zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige Finanzminister Franz Vranitzky.

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Commons: 1986 Austrian presidential election – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Robert Kriechbaumer: Zeitenwende. Die SPÖ-FPÖ-Koalition 1983–1987 in der historischen Analyse. Aus der Sicht der politischen Akteure und in Karikaturen von Ironimus. Böhlau Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-205-77770-0, S. 190