Burg Perg
Die Burg Perg, auch Perga oder Perge genannt, war eine der Vogtburgen, von der aus im Hochmittelalter die edelfreien Herren von Perg ihre Besitzungen entlang der Flüsse Aist und Naarn, früher auch Regensburger Luß genannt, verwalteten. Als Standplatz stehen Anhöhen in oder nahe der heutigen Stadt Perg in Oberösterreich zur Diskussion.
Burg Perg | |
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Alternativname(n) | Perga, Perge |
Staat | Österreich |
Ort | Perg |
Entstehungszeit | 11. Jahrhundert |
Burgentyp | Höhenburg |
Erhaltungszustand | abgegangen |
Ständische Stellung | Vogtburg |
Bauweise | keine sichtbaren Spuren |
Geschichte
BearbeitenDie Burg Perg war im 11. und 12. Jahrhundert einer der Hauptsitze der edelfreien Herren von Perg und Machland. Als Bauherren der Burg gelten die Brüder Rudolf I. (* 1035; † 1090) und Walchun I. (* 1050; † 1114). Die Siedlung bei der Burg hieß von da an Perg.
Als letztes Familienmitglied mit Sitz in Perg gilt Friedrich II. (* 1150; † 1191), der sich 1189 dem vorbeiziehenden Kreuzfahrerheer unter Führung von Kaiser Friedrich Barbarossa anschloss. Dieses Heer hatte zuvor die damaligen Mauthausner Mauteinnehmer hart bestraft und ihr Dorf Mauthausen niedergebrannt, nachdem sie auch vom Kreuzfahrerheer Abgaben (Maut oder Zoll) verlangt hatten.[1]
Friedrich II. kehrte vom Kreuzzug nicht mehr zurück, er starb am 15. Juli 1191 in Antiochia am Orontes. Nach seinem Tod übersiedelte die Witwe Agnes von Wald zusammen mit ihrem Sohn Friedrich III. (* 1180; † 1218) auf Burg Wald an der Alz, einer Burg ihrer Familie in Oberbayern. Daraufhin kam der Großteil der Besitzungen Friedrichs II., auch Burg und Markt Perg, an den Landesfürsten. In Bayern wurde 1228 noch ein Rudolf V. als Sohn von Friedrich III. erwähnt. Dann verlor sich die Spur derer von Perg im Mannesstamm.
Die Standortfrage
BearbeitenLeider fehlen bisher sichtbaren Spuren einer Wehranlage oder Burg Perg. Ähnliches gilt für verlässliche schriftliche Quellen. Das führte zu einer divergenten Erörterungen der Standortfrage. Das Bundesdenkmalamt stuft die Burg jedenfalls als nicht mehr genau lokalisierbar ein.[1]
Erörterte Standorte (von West nach Ost)
BearbeitenKalvarienberg
BearbeitenDer Kalvarienberg[2][3][4] (Lage) ist ein mäßig breiter Geländesporn im Nordwesten der Stadt Perg. Er gilt als wenig wahrscheinlicher Standplatz für eine Burganlage. Heute findet man dort im Wesentlichen den Friedhof und die Perger Kalvarienbergkirche. Im Norden und Osten geht der Bergsporn in einen Steilabfall aus Sandstein über. Unterhalb gibt es eine Wasserquelle und den sogenannten Hinterbach (nun verrohrt unter der Lebingerstrasse). Sichtbare Spuren einer Burganlage am Kalvarienberg fehlen.
Dollberg
BearbeitenDer Dollberg (Lage) ist ein breit angelegter Geländesporn im Norden der Stadt Perg. Er gilt als wahrscheinlicher Standplatz für eine frühmittelalterliche Wehranlage, die als Vogtburg am rechten Naarnufer etwa 40 m über und zusammen mit den Häusern der Siedlung Perg errichtet wurde.
Schon nach 1191 nach dem Aussterben der Vögte von Perg wandelte sich diese Vogtburg zu einem landesfürstlichen Rittersitz der Tolberger und gegen Ende des 15. Jh. zu einem Bauernhof. Im Lehensuntertanenverzeichnis 1590–1630 ist er angeführt als Haus des Laurenz Dollperger.
In heimatkundlichen Aufsätzen blieb überliefert, dass um 1650 noch ein ruinöser Turm oberhalb des Marktes Perg sichtbar war, der um 1750 abgetragen wurde. Entsprechend berichtete 1827 Benedikt Pillwein, dass eine Burg auf einer Anhöhe nördlich des Marktes Perg stand, welche „vor ungefähr 80 Jahren“ bis auf die Grundfeste abgetragen wurde. Die von Pillwein dabei erwähnten unterirdischen Gänge betreffen wohl den Erdstall Ratgöbluckn. Weitere bis hinunter in den Markt führende Gänge sind wohl Wunschdenken.[5] 1830 gab es noch Mauerreste am Dollberg als auch am Abhang. Man verwertete diese beim Bau eines Wirtschaftsgebäudes der damaligen Brauerei Fries, Haus Markt Nr. 19 (moderne Adresse Dr. Schoberstraße Nr. 1). 1839 beseitigte man die letzten Grundmauern.[6]
Auf dem Dollberg stehen heute von Grünflächen umgebene Privathäuser. Darunter die Manner-Villa (moderne Adresse Dollberg Nr. 1), das Landhaus von Josef Manner (1865–1947), dem Gründer der Süßwarenfabrik Manner in Wien. Sichtbare Spuren einer Burganlage am heutigen Dollberg fehlen.
Der Dollberg geht westlich und südlich in einen Steilabfall aus Sandstein über. Der südliche Steilabfall wird in seiner heutigen Form Stefaniehain genannt. Der Sandstein erlaubte, ohne große Mühe Keller und Gänge anzulegen. Der Erdstall Ratgöbluckn ist so ein begehbares museales Gangsystem im Stefaniehain. Der Name Dollberg bezieht sich darauf und besagt etwa ausgehöhlter Berg.
Der westliche Steilabfall geht im Norden über in eine Geländemulde und Wiesenflächen. In der Geländemulde befindet sich eine eigene Quellfassung. Der östliche Steilabfall besteht aus Granitgestein. Eine abschüssige Geländerinne mag dort noch eine Wallanlage andeuten. Unterhalb liegt am Naarnfluss die Hausmühle (moderne Adresse Naarntalstraße Nr. 9). Der Name Hausmühle lässt sich deuten als Mühle, die zur Burg (zum festen Haus) gehörte.
Schützenweg, Karlingberg, Ziehberg
BearbeitenDer heutige steile Schützenweg befindet sich in Perg linksufrig des Naarnflusses. Beim oberen Wegstück (Lage) führt im Westen ein ca. 25 m hoher Steilabfall aus Granitgestein hinunter zum Fluss. Gegenüber im Osten beginnt der Golfplatz Perg. Spuren einer oberhalb des Steilabfalls vermuteten Burganlage entdeckte man bislang keine.
In der Topographia Windhagiana von 1654 zeichnete Clemens Beutler auf einer Anhöhe linksufrig des Naarnflusses ein dachloses eckiges Gebäude ein. Es lässt spontan an den Turm einer Burg denken. Derzeit meint man jedoch, im Gebäude das abgebrannte Gehöft Karlingberger (Besitzer war 1610–1644 ein Zacharias Prändl vom Khärlingberg[7]) zu erkennen. Die Gehöftstruktur blieb bis heute im Clubgebäude des Golfplatzes (Lage) erhalten.
Der Ziehberg ist ein breit angelegter Geländesporn und auch linksufrig des Naarnflusses gelegen. Die steile alte Ziehbergstraße (Lage) führt dort hohlwegartig bergauf. Oberhalb im Norden beginnt auch hier der heutige Golfplatz Perg. Spuren einer vermuteten Burganlage entdeckte man bislang keine.[8]
In Summe gelten Schützenweg, Karlingberg und Ziehberg heute als unwahrscheinliche Burgenstandorte.
Mitterberg, Pergkirchen
BearbeitenViktor von Handel-Mazzeti hatte 1912 in Erwägung gezogen, dass die alte Burg Perg auf dem Gelände der Burgruine Mitterberg zu suchen sei.[2]
Hansgeorg Löw-Baselli machte 1992 mit einem Verweis auf Benno Ulm auf den Umstand aufmerksam, dass die Burgkirchenanlage Pergkirchen alle wichtigen Kriterien eines hochmittelalterlichen Herrschaftssitzes erfüllt: Die im Jahr 1088 von Bischof Altmann von Passau geweihte ehemalige Eigenkirche. Die etwa um 1088 erbaute romanische Burg, heute der Südtrakt des Pfarrhofes. Die erhaltenen zwei romanischen Grabplatten der Eigenkirchenherren und Vögte von Perg.[9]
Diese beiden Wehranlagen sind aber von einer Burg Perg räumlich/zeitlich getrennte Bauwerke. Mitterberg und Pergkirchen liegen dementsprechend 1,9 km bzw. 3,2 km (Luftlinie) östlich der Häuser des alten Marktes Perg und nicht ident mit einer Burg Perg.[9]
Literatur
Bearbeiten- Benedikt Pillwein (Hrsg.): Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogthums Salzburg. Mit einem Register, welches zugleich das topographische und genealogische Lexikon ist und der Kreiskarte versehen. Geographisch-historisch-statistisches Detail nach Distrikts-Kommissariaten. 1. Auflage. Erster Theil: Der Mühlkreis. Joh. Christ. Quandt, Linz 1827, Perg, S. 404 (Google eBook). 2. Auflage 1843 (Google Book)
- Viktor von Handel-Mazzetti: Die Vögte von Perg. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Band 70, 1912, S. 123–153 (zobodat.at [PDF])
- Georg Grüll: Perg. In: Burgen und Schlösser im Mühlviertel. Birken Verlag, Wien 1962, S. 142 (Kapitel „65. Perg“).
- Leopold Josef Mayböck: Die Herren von Perg/Machland und Klam/Velburg. In: Heimatbuch der Stadt Perg 2009. Herausgeber Heimatverein und Stadtgemeinde Perg, Denkmayr Druck, Linz 2009, ISBN 978-3-902598-90-5, S. 176 (Die Vogtburg der Herren von Perg).
- Stadtgemeinde Perg (Hrsg.): Die Herren von Perge. In: Perg Stadterhebung. Trauner Druck, Linz 1969, S. 66 (Der Erdstall Ratgöbluckn).
- Florian Eibensteiner, Konrad Eibensteiner: Der Name von Perg. Die Vögte von Perg. In: Das Heimatbuch von Perg, Oberösterreich. Im Selbstverlag, Linz 1933, S. 9 (Die Vögte von Perg; landesbibliothek.at, abgerufen am 8. Oktober 2023).
- Christian K. Steingruber: Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ von N. Grabherr, Version 2023/II. S. 609 (I/15/1 Perg; online auf steyr.dahoam.net).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Willibald Katzinger: Markt und Maut Mauthausen. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Band 157. Linz 2012, S. 125–144 (zobodat.at [PDF]).
- ↑ a b Viktor von Handel-Mazzetti: Die Vögte von Perg. Separatdruck aus dem Jahresbericht des Museum Francisco-Carolinum, Druck J. Wimmer, Linz 1912, S. 1 (landesbibliothek.at, abgerufen am 8. Oktober 2023).
- ↑ Perg. In: Doris-Kulturatlas, Burgen, Schlösser. Land Oberösterreich, abgerufen am 11. Februar 2024 (mit der „Beschreibung lt. Grabherr: Auf dem Kalvarienberg in Perg, KG. Perg, befand sich die Burg der Herren von Perge; die Lagestelle heute verbaut“).
- ↑ Oskar Hille: Burgen und Schlösser in Oberösterreich einst und jetzt. Verlag Ferdinand Berger & Söhne, Horn 1975, ISBN 3-85028-023-3, S. 184 („Nördlich der Stadt Perg, auf dem Kalvarienberg, stand die Hauptburg der Vögte von Perg“).
- ↑ Pillwein: Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns. 1. Th. 1827, Perg, S. 404 (Google). 2. Auflage 1843 (Google) („Auf einer Anhöhe nördlich in der Nähe des Marktes stand eine Burg“).
- ↑ Aus Perg wird uns geschrieben. In: (Linzer) Tages-Post vom 3. April 1904, S. 6. Abgerufen am 16. November 2024 (... vor dem gegenwärtigen Eingange in die unterirdischen Gänge des Dollberges stand einst das Schloß Perge ...).
- ↑ Hilda Spreitzhofer, Alois Lueger: Häuserchronik von Perg. Darunter das Manuskript Karlingberg Nr. 3. Privatbesitz in Perg
- ↑ Manfred Pertlwieser, Vlasta Tovornik: Fundmeldungen, Bergungen und Begehungen. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Band 132b, Linz 1987, S. 18 (zobodat.at [PDF]; Begehung des Ziehbergs am 3. November 1986: „Der Lokalaugenschein vermochte diese Vermutung weder zu bestätigen, noch zu entkräften.“).
- ↑ a b Hansgeorg Löw-Baselli: Romanische Grabplatte von Pergkirchen. In: Institut für Volkskultur (Hrsg.): Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 46, Heft 2, Linz 1992, S. 271 (ooegeschichte.at [PDF]). Mit Verweis auf:
Benno Ulm: Kirche und Burghügel von Pergkirchen. In: 1000 Jahre Oberösterreich. Das Werden eines Landes. OÖ. Landesausstellung Wels 1983, Katalogteil, S. 64.
Karl Naderer: 900 Jahre Pergkirchen (1088–1988). Festschrift, Pfarramt Pergkirchen, 1988, S. 33.