Csanád Szegedi
Csanád Szegedi (* 22. September 1982 in Miskolc) ist ein ehemaliger ungarischer Politiker, er war von 2009 bis 2014 Abgeordneter zum Europaparlament.[1] Von 2003 bis 2012 war Szegedi Mitglied der rechtsextremen Partei Jobbik. Er trat aus der Partei aus, nachdem er mit seinen ihm zuvor unbekannten jüdischen Wurzeln konfrontiert worden war;[2] bis zum Ende der Legislaturperiode war er parteiloser Abgeordneter.
Außerhalb Ungarns wurde er 2007 als Mitbegründer der ultranationalistischen paramilitärischen Ungarischen Garde bekannt[3] und er galt, vor seinem Austritt, als einer der extremsten Hetzer gegen Juden und Roma in seiner Partei.[4]
Leben
BearbeitenSzegedi wurde in Miskolc geboren. Sein Vater Miklós ist Kunsthandwerker, seine Mutter Katalin Softwaretechnikerin.[5][6]
Er studierte vier Jahre, ohne Abschluss, an der Universität Miskolc Rechtswissenschaften und anschließend in Budapest an der evangelischen Károli-Gáspár-Universität Geschichte.[6][7]
Politische Tätigkeit
BearbeitenPolitisch geprägt wurde Szegedi vor allem durch seinen Vater und seinen Geschichtslehrer, beide Nationalisten und Anhänger eines Großungarns.[8][7] Während seines Geschichtsstudiums schloss er sich rechten Studenten an.[7]
Weil ihm der Nationalismus der Fidesz-Partei zu wenig radikal ausgeprägt erschien,[7] beteiligte er sich 2003 an der Gründung der rechtsextremen Jobbik,[9] trat 2005 dieser Partei bei und wurde bereits 2006 stellvertretender Vorsitzender.[10] Bis zur Enthüllung seiner jüdischen Wurzeln war Szegedi für seine hetzerischen Reden gegen Juden und Roma bekannt.[4]
2007 war er Gründungsmitglied der aus der Jobbik hervorgegangen[10] ultranationalistischen Ungarischen Garde, einer paramilitärischen Organisation, deren schwarze Uniformen und gestreiften Flaggen an die während des Zweiten Weltkrieges regierende faschistische Pfeilkreuzlerpartei erinnern. Die Garde wurde 2009 gerichtlich verboten.[3]
Als Szegedi 2009 ins Europäische Parlament gewählt wurde[1], schien seinen politischen Aufstieg nichts mehr zu stoppen.[10]
Konfrontierung mit jüdischen Wurzeln und Parteiaustritt
Bearbeiten2010[11][12] wurde Szegedi von seinem Parteikollegen Zoltan Ambrus, einem verurteilten Waffenhändler, über die jüdischen Wurzeln seiner Mutter informiert. Ambrus zeichnete das Gespräch auf und wollte ihn damit später politisch erpressen.[2] Szegedi reagierte überrascht und versuchte Ambrus' Schweigen mit EU-Geldern und der Aussicht auf eine Tätigkeit bei der Europäischen Union zu erkaufen.[10][13]
Ende Juni 2012 trat Szegedi aus der Jobbik-Partei aus, sein Mandat als EU-Abgeordneter behielt er jedoch bei. Er entschuldigte sich beim Budapester Chabad-Rabbiner Slomó Köves für seine antisemitischen Äußerungen[10] und ist mittlerweile Mitglied einer orthodoxen jüdischen Gemeinde.[14]
Seine Großmutter ist eine der wenigen Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Sie hatte seit 1956 aus Angst vor Repressalien ihr Judentum auch vor ihrer Familie verschwiegen.[7]
Literatur
BearbeitenAnne Applebaum: Anti-Semite and Jew. The Double Life of a Hungarian Politician. In The New Yorker vom 11. November 2013, S. 28–35.
Weblinks
Bearbeiten- Csanád Szegedi in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Csanád Szegedi in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments, abgerufen am 22. Oktober 2013
- ↑ a b Ungarische Rechtsextreme: Wie ein Jobbik-Kader seine jüdischen Wurzeln fand. In: Der Spiegel. 16. August 2012, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ a b Ungarischer Rechtsextremist entdeckt jüdische Wurzeln. In: Die Welt. 16. August 2012, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ a b Warum ein Judenhasser zum Judentum konvertiert. In: Die Welt. 20. Oktober 2013, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Boris Kálnoky: Nicht ganz koscher. In: Die Welt. 13. Oktober 2013, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ a b Politikusok. Szegedi Csanád. In: lmbtszovetseg.hu. Abgerufen am 22. Oktober 2013 (ungarisch, Eigenbiografie von Csanád Szegedi anlässlich der Europaparlamentswahlen 2009).
- ↑ a b c d e Jan Puhl: Die Verwandlung. auf spiegel.de, 31. März. 2014, abgerufen am 17. August 2014.
- ↑ Ayala Goldmann: Die wundersame Wandlung des Csanád Szegedi. In: juedische-allgemeine.de. 20. Februar 2014, abgerufen am 18. August 2014.
- ↑ Jan Puhl: Die Verwandlung. In: Der Spiegel. 31. März 2014, abgerufen am 31. März 2016.
- ↑ a b c d e Silviu Mihai: Reinrassige Erpressung. In: Jüdische Allgemeine. 23. August 2012, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Silviu Mihai: Reinrassige Erpressung. In: Jüdische Allgemeine. 23. August 2012, abgerufen am 22. Oktober 2013 (Szegedi gab ursprünglich fälschlicherweise 2012 an).
- ↑ Rabbinál vizitált a volt jobbikos. In: Népszava. 7. August 2012, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 23. Oktober 2013; abgerufen am 22. Oktober 2013 (ungarisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Antisemit entdeckt seine jüdischen Wurzeln. In: Süddeutsche Zeitung. 15. August 2012, abgerufen am 22. Oktober 2013.
- ↑ Anne Applebaum: Anti-Semite and Jew. The double life of a Hungarian politician. In The New Yorker, 11. November 2013, S. 28–35, abgerufen am 22. Oktober 2013 (englisch).
Personendaten | |
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NAME | Szegedi, Csanád |
KURZBESCHREIBUNG | ungarischer Politiker, MdEP |
GEBURTSDATUM | 22. September 1982 |
GEBURTSORT | Miskolc |