Dagmar Käsling

deutsche Leichtathletin und Olympiasiegerin

Dagmar Käsling (* 15. Februar 1947[2] in Magdeburg[3]), seit September 1972 verheiratete Lühnenschloß, ist eine deutsche ehemalige Leichtathletin und Olympiasiegerin, die für die DDR startete. Nach ihrer sportlichen Karriere war sie als Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Magdeburg und als außerplanmäßige Professorin am Institut für Sportwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg tätig.

Dagmar Käsling


Dagmar Käsling-Lühnenschloß im Dezember 1972
beim Empfang der „DDR-Sportler des Jahres“

Nation Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Geburtstag 15. Februar 1947 (77 Jahre)
Geburtsort Magdeburg
Größe 170 cm
Gewicht 59 kg
Beruf Lehrerin
Karriere
Disziplin Fünfkampf, Hürdenlauf, Sprint
Bestleistung 51,5 s (400 m)
Verein SC Magdeburg
Trainer Klaus Wübbenhorst[1]
Status zurückgetreten
Karriereende 1974
Medaillenspiegel
Olympische Spiele 1 × Goldmedaille 0 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
DDR-Meisterschaften 0 × Goldmedaille 0 × Silbermedaille 2 × Bronzemedaille
DDR-Hallenmeisterschaften 0 × Goldmedaille 3 × Silbermedaille 1 × Bronzemedaille
Olympische Ringe Olympische Spiele
Gold München 1972 4 × 400 m
DDR-Meisterschaften
Bronze Erfurt 1972 400 m
Bronze Dresden 1973 4 × 400 m
DDR-Hallenmeisterschaften
Silber Ost-Berlin 1969 55 m Hürden
Bronze Ost-Berlin 1971 50 m Hürden
Silber Ost-Berlin 1972 400 m
Silber Senftenberg 1973 4 × 250 m
letzte Änderung: 22. August 2024

Laufbahn

Bearbeiten

Dagmar Käsling begann im Alter von sieben Jahren bei der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Post Magdeburg mit dem Turnsport. Sie bestand die Eignungstests im Schwimmen, Turnen und Dreikampf und besuchte in der Folge eine Kinder- und Jugendsportschule (KJS). 1958 wechselte sie in die Leichtathletikabteilung der BSG Einheit Pädagogik Magdeburg, wo sie sich zunächst als Mehrkämpferin betätigte. Sie konnte die zentrale Kinder- und Jugendspartakiade der DDR für sich entscheiden und wurde in die Nachwuchsauswahl aufgenommen.[3]

Für den SC Magdeburg startend gewann Käsling 1969 bei den Hallenmeisterschaften eine Silbermedaille über 55 Meter Hürden. Im Jahr darauf wechselte sie in eine von Klaus Wübbenhorst geleitete Trainingsgruppe, der u. a. die späteren Olympiasiegerinnen Annelie Ehrhardt, Waltraud Dietsch und ihr späterer Ehemann Gerhard Lühnenschloß angehörten. Zu diesem Zeitpunkt studierte sie am Standort Magdeburg der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) und arbeitete als Lehrerin an der Magdeburger Mehring-Schule, sodass sie nur abends trainieren konnte.[3] 1971 wurde sie Dritte bei den Hallenmeisterschaften im 50-Meter-Hürdenlauf.

Auf das Betreiben ihrer Trainer wechselte sie erneut die Disziplin; 1971 belegte sie bei den DDR-Meisterschaften über 400 Meter noch den fünften Platz, im Folgejahr gewann sie die Bronzemedaille, bei den Hallenmeisterschaften sogar die Silbermedaille. Folglich wurde Käsling bei der Formierung der Olympiastaffel berücksichtigt. Anfang 1972 gelang ihr in der Mannschaft eine Verbesserung des Weltrekords in der 4-mal-400-Meter-Staffel auf 3:28,2 min.

Nachdem sie am 7. September 1972 bei den XX. Olympischen Spielen in München im Einzellauf über 400 Meter Platz sieben belegt hatte, gewann Käsling zusammen mit ihren Teamkolleginnen Rita Kühne, Helga Seidler und Monika Zehrt am 10. September mit einer Weltrekordszeit von 3:22,95 min die Mannschaftsgoldmedaille der 4-mal-400-Meter-Staffel. Bereits am Tag zuvor, im zweiten Vorlauf, hatten sie den Weltrekord der 400-Meter-Staffel auf 3:28,48 min verbessern können. Diese Staffel wurde 1972 in der DDR-Sportlerumfrage zur Mannschaft des Jahres gewählt. Zudem erhielt Käsling 1972 den Vaterländischen Verdienstorden in Silber. Der Weltrekord wurde bereits bei den nächsten Olympischen Spielen 1976 in Montreal von der Staffel der DDR unterboten.

Wenige Tage nach ihrem Olympiasieg heiratete sie Gerhard Lühnenschloß. Bei den Hallenmeisterschaften 1973 der Staffel über vier Runden à 250 Meter kam sie noch einmal auf Platz zwei, bevor sie 1974 ihre Karriere beendete. In ihrer Wettkampfzeit war sie 1,70 m groß und 59 kg schwer.

Im Jahr 2010 äußerte sie im Deutschlandfunk im Hinblick auf das staatliche Doping in der DDR die Auffassung, dass Marita Koch ihr (Stand 2024) immer noch gültiger 400-Meter-Weltrekord entzogen werden solle, und beteuerte indessen, dass sie nicht gedopt habe und ihre persönliche Bestzeit über die 400-Meter-Distanz von 51,50 s definitiv ohne Doping möglich sei.[4]

Persönliche Bestleistungen[5]
Disziplin Leistung Datum Ort
100 Meter 11,6 s 21. Juli 1971 Magdeburg
200 Meter 23,8 s 25. Juli 1971 Berlin
400 Meter 51,5 s 18. August 1972 Potsdam
80 Meter Hürden 11,0 s 28. August 1968 Magdeburg
100 Meter Hürden 13,7 a s 29. Juli 1967 Halle/Saale
14,0 s 1969 k. A.
200 Meter Hürden 29,0 s 3. Juni 1969 Magdeburg
Weitsprung 5,90 m 6. September 1970 Erfurt
Fünfkampf
(1961–1968)
4594 b Punkte 22. Juni 1968 Cottbus
11,2 s (80 m Hürden) – 11,54 m (Kugel) – 1,55 m (Hochsprung) – 5,89 m (Weitsprung) – 25,3 s (200 m)
Fünfkampf
(1969–1976)
4168 Punkte 6. September 1970 Erfurt
13,8 s (100 m Hürden) – 12,01 m (Kugel) – 1,56 m (Hochsprung) – 5,90 m (Weitsprung) – 24,6 s (200 m)

Anmerkungen:

a 
Hürdenhöhe betrug 1967 nur 76,4 cm statt der sonst üblichen 83,82 cm
b 
sachsen-anhaltischer Landesrekord in dieser Disziplinenkombination[6]

Wissenschaft

Bearbeiten

Da Käßling-Lühnenschloß, wie sie 2015 im Interview äußerte, „Lehrerin bleiben wollte“, studierte sie von 1975 bis 1978 an der Pädagogischen Hochschule Potsdam Deutsch als Zweitfach. Anschließend promovierte sie 1980 im Rahmen einer Aspirantur an der Pädagogischen Hochschule Magdeburg mit einer Arbeit über Die Anwendbarkeit trainingsspezifischer Übungen der Schnelligkeit und der Ausdauer im Schulsport der Klassenstufen 9 und 10 und die Auswirkungen auf die sportliche Leistungsentwicklung dieser Altersgruppe zur Dr. paed. 1983 folgte ebenda die Promotion B zur Dr. sc. bei Günter Thieß mit der Arbeit Zu Fragen der Einstellung unserer Schülerinnen und Schüler der 4. bis 10. Klassen zum Sportunterricht und zu den Lehrgängen Leichtathletik, Gerätturnen und Sportspiele.

Von ihrer Ernennung zur Hochschuldozentin an der PH Magdeburg 1983[2] bis zu bis zu ihrem Ruhestand 2012[7] war Dagmar Käsling-Lühnenschloß als Hochschullehrerin in Magdeburg tätig, seit 1996 als außerplanmäßige Professorin am Institut für Sportwissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in den Bereichen Trainingswissenschaft sowie Leichtathletik.[8]

Schriften (Auswahl)

Bearbeiten
  • mit Bernd Dierks: Schnelligkeit. Hofmann, Schorndorf 2005, ISBN 3-7780-0161-2 (2. Aufl. u.d.T.: Handbuch Schnelligkeit. Theorie und Praxis der Schnelligkeit).
  • mit Peter Wastl (Hrsg.): Quo vadis olympische Leichtathletik? Probleme, Bilanzen, Perspektiven (= Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft. Band 181). Czwalina, Hamburg 2008, ISBN 978-3-88020-512-3.
  • Peter Hirtz, Gudrun Ludwig, Bernd Dierks, Hans-Joachim Vilkner (Hrsg.): Reaktion. Hofmann, Schorndorf 2012, ISBN 978-3-7780-2541-3.
Bearbeiten
Commons: Dagmar Käsling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Willi Olfert: Der letzte Lauf einer SCM-Legende. In: Volksstimme. 26. April 2019, abgerufen am 22. August 2024.
  2. a b Dagmar Lühnenschloß. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender Online. degruyter.com, abgerufen am 22. August 2024 (Begründet von Joseph Kürschner, ständig aktualisierte zugangsbeschränkte Onlineausgabe).
  3. a b c Klaus Renner: "Ich habe diese Strecke gehasst". In: Volksstimme. 30. Mai 2015, abgerufen am 22. August 2024.
  4. Thomas Purschke: Sind 25 Jahre Doping-Weltrekord genug? Deutschlandfunk, 1. Juli 2010, abgerufen am 22. August 2024.
  5. Eike Blumenauer: Ewige Leichtathletikbestenliste Sachsen-Anhalt. (PDF; 762 kB) Leichtathletikgemeinschaft Merseburg, abgerufen am 20. August 2024.
  6. Eike Blumenauer: Entwicklung der Rekorde in Sachsen-Anhalt ab 1900. (PDF; 277 kB) Leichtathletik-Verband Sachsen-Anhalt, Dezember 2020, abgerufen am 20. August 2024.
  7. Kommen & Gehen. In: uni:report: Campus-Magazin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Ausgabe 2, April 2012, S. 21 (ovgu.de [PDF; 5,8 MB]).
  8. Lena Bellon: Frist verpasst: Sohn von DDR-Olympiasiegerin sucht Magdeburger Straße. In: Volksstimme. 3. Januar 2023, abgerufen am 5. Januar 2023.