Das Staatswesen der Lakedämonier (altgriechisch Λακεδαιμονίων Πολιτεία) ist die älteste bekannte Schrift über die Verfassung der Spartaner. Neben Plutarchs Lykurg-Vita kann Das Staatswesen der Lakedämonier als die wichtigste Quelle zur spartanischen Verfassung und Gesellschaft gelten.
Zum Verfasser
BearbeitenDas Werk wird seit der Antike Xenophon zugeschrieben, doch wird diese Zuordnung mitunter bezweifelt. Die Mehrheit der Forscher nimmt derzeit aber an, dass Xenophon tatsächlich der Verfasser des – recht kurzen – Textes ist. Ähnlich wie sein Werk „Kyrupädie“ nicht den „echten“ Kyros II. und seine Erziehung, sondern einen idealisierten Kyros darstellt, dient auch dieses Werk wohl weniger der Darstellung des „tatsächlichen“ Staatswesens der Spartaner als vielmehr der Darstellung des Idealbildes eines Staates. Die „Kyrupädie“ beschäftigt sich dabei mit der Erziehung eines Einzelnen, während das Staatswesen der Lakedämonier sich mit der Erziehung der Bürger eines Staates beschäftigt. Ziel und Ergebnis ist in beiden Fällen „Größe“, der Weg dorthin die Erziehung. Dennoch wird meist angenommen, dass die Schrift die spartanische Verfassung des frühen 4. Jahrhunderts im Kern korrekt darstellt.
Motiv des Autors ist, wie er im Einleitungskapitel schreibt, der Versuch einer Erklärung, wieso ein Staat mit einer so geringen Anzahl an Vollbürgern[1][2] wie Sparta zur mächtigsten und berühmtesten Stadt in Griechenland werden konnte. Die Erklärung dazu findet sich im Einleitungskapitel: Die Begründung liegt nach Meinung des Autors in der Gesetzgebung Lykurgs. Dieser habe im spartanischen „Grundgesetz“, der „Großen Rhetra“, nicht einfach die Gesetze anderer griechischer Städte nachgeahmt, sondern häufig sogar entgegengesetzte Bestimmungen erlassen.
Inhalt und Gliederung
BearbeitenDas Werk umfasst 15 Kapitel, in denen die Elemente des Staatswesens beschrieben werden, von der Erziehung der Frauen, die kräftige Spartiaten gebären sollen, über die Regeln für die Kindererziehung, die Lebensführung der Männer, das Militärwesen, die Kriegsführung und die Machtverteilung im Staat bis hin zur Stellung der beiden Könige (das Doppelkönigtum war eine spartanische Besonderheit) sowie deren Rechte und Pflichten. Häufig wird dabei ein Aspekt der spartanischen Verfassung mit dem anderer griechischer Stadtstaaten verglichen.
Kapitel
BearbeitenElemente des Staatswesens
BearbeitenDie Kapitel 1 bis 11 beschreibt alle Elemente des Staatswesens, die sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten Anwendung fanden. Als herausragendes Merkmal des spartanischen Staatswesen wird dabei der Gehorsam gegenüber Amtsträgern und den Gesetzen mehrfach deutlich unterstrichen. Dies führt Xenophon in Kapitel 8 darauf zurück, dass Lykurg die Mächtigen vor Verkündung der Gesetze mit eingebunden und ihnen durch Einrichtung des Ephorats eine Plattform zum Mitregieren gegeben habe.
Vorschriften der Kriegführung
BearbeitenDie Kapitel 11 und 12 befassen sich mit der Kriegführung und den Vorschriften zum Aufbau der Feldlager. Xenophon unterstreicht, dass die spartanische Schlachtordnung sehr einfach sei, aber von vielen als komplex angesehen werde. Wichtigstes Merkmal sei, dass die Befehle stets von den Männern der ersten Reihe gegeben würden. Die Feldlager würden, sofern keine natürlichen Landschaftsformen Vorteile versprächen, kreisförmig angelegt. Dabei gebe es eine Wache innerhalb des Lagers und Wachtposten außerhalb, um die Sicherheit der Spartaner zu gewährleisten. Kein Soldat darf sich von seinen Waffen und dem Lager so weit entfernen, dass er nicht innerhalb kürzester Zeit zur Stelle sein kann.
Der König im Feld
BearbeitenKapitel 13 befasst sich mit der Rolle des jeweils kommandierenden Königs im Feld. Während des Marsches, sofern sich kein Feind zeige, marschiere der König stets vor dem Heer. Ausnahme bildeten nur die Skiritai (altgriechisch Σκιρἵται), eine insgesamt 600 Mann starke Einheit des spartanischen Heeres (es befänden sich aber jeweils nicht alle Skiritai auf einem Feldzug), und die Kundschafter. Während der Schlacht befinde sich der König zwischen zwei Abteilungen.
Verfall der Gesetze
BearbeitenKapitel 14 beklagt dann den angeblichen Verfall der Gesetze (auch hierin besteht übrigens eine Parallele zur Kyrupädie). Hierfür werden zwei auffällige Anzeichen aufgeführt: zum einen der Umstand, dass einige Spartaner sich mittlerweile rühmten, Gold zu besitzen, zum anderen der Versuch einiger Spartiaten, als Harmost im Ausland zu leben. Manche Forscher vermuten, dass dieses Kapitel nach der totalen Niederlage der Spartaner bei Leuktra, 371 v. Chr., und dem Ende der spartanischen Hegemonie eingeschoben wurde. Da Xenophon diese noch als Zeitgenosse erlebte, könnte dieses Kapitel durchaus von ihm selbst verfasst sein, selbst wenn es nachträglich eingeschoben sein sollte. Die Position des Kapitels in der Schrift ist ungewöhnlich, denn Kapitel 15 geht nochmals auf die besondere Rolle der beiden Könige ein.
Literatur
Bearbeiten- John K. Anderson: Military Theory and Practice in the Age of Xenophon. Berkeley/Los Angeles 1970.
- Stefan Rebenich: Xenophon Die Verfassung der Spartaner. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Stefan Rebenich. Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13203-3.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Stefan Rebenich: Xenophon. Die Verfassung der Spartaner. In: Texte zur Forschung. Band 70. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13203-3, S. 52.
- ↑ Stefan Rebenich: Xenophon. Die Verfassung der Spartaner. In: Texte zur Forschung. Band 70. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13203-3, S. 88.