Der stille Grund

Gedicht von Joseph von Eichendorff
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Der stille Grund ist ein Gedicht des deutschen Lyrikers und Schriftstellers Joseph von Eichendorff. Laut Hilda Schulhof wurde das Gedicht erstmals in dem heute verschollenen „Sedlnitzer Fund“ am 19. Juni 1835 von Eichendorff niedergeschrieben. 1837 wurde es vom Verlag Duncker & Humblot in dem Buch Gedichte von Joseph Freiherrn von Eichendorff (S. 420 f.) veröffentlicht.

Der stille Grund ist ein Gedicht von Eichendorff über eine Nixe:

Der Mondenschein verwirret
Die Täler weit und breit,
Die Bächlein, wie verirret,
Gehn durch die Einsamkeit

Da drüben sah ich stehen
Den Wald auf steiler Höh,
Die finstern Tannen sehen
In einer tiefen See.

Ein Kahn wohl sah ich ragen,
Doch niemand der es lenkt,
Das Ruder war zerschlagen,
Das Schifflein halb versenkt.

Eine Nixe auf dem Steine
Flocht dort ihr goldnes Haar,
Sie meint´, sie wär´alleine,
Und sang so wunderbar.

Sie sang und sang, in den Bäumen
Und Quellen rauscht‘ es sacht
Und flüsterte wie in Träumen
Die mondbeglänzte Nacht.

Ich aber stand erschrocken,
Denn über Wald und Kluft
Klangen die Morgenglocken
Schon ferne durch die Luft.

Und hätt´ ich nicht vernommen
Den Klang zu guter Stund‘:
Wär‘ nimmer mehr gekommen
Aus diesem stillen Grund.

Das Gedicht mit 28 Versen besteht aus sieben vierzeiligen Strophen mit einem regelmäßigen Reimschema abab.

Interpretation

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Eichendorff ordnete Der stille Grund den Romanzen zu. In diesem Gedicht geht es um die Sage der Loreley, die von vielen als uralte Sage angesehen wurde[1], die in der Literatur jedoch erstmal 1801 in der Ballade Zu Bacharach am Rheine[2] von Clemens Brentano als Figur auftaucht. Jedoch unterscheidet sich dieses Gedicht von anderen, in denen eine Nixe oder eine schöne Jungfrau in Verbindung mit einem Schiffer eine wichtige Rolle spielt. In Heinrich Heines Ich weiß nicht, was soll es bedeuten lebt der Schiffer noch, hier jedoch ist der Schiffer bereits tot, als das lyrische Ich den Vorgang erfasst. Im Gegenzug zu anderen Versionen ist in Der stille Grund nicht mehr der Schiffer das bedrohte Opfer, sondern der Dichter selbst. Die „Morgenglocken“ (V. 23) retten das Lyrische Ich, reißen es aus der scheinbaren Trance gegenüber der Nixe, die ihr schönes „goldnes Haar“ (V. 14) flicht, und bringt es zurück in die Realität. Dem Lyrischen Ich bietet sich eine Alternative: Er kann dem strukturierten Lebenslauf folgen, in dem die „Morgenglocken“ den Gang bestimmen, oder er folgt dem Leben im Gesang, das der Dichtung verfallen ist. Überraschenderweise hat das Ich keine Angst vor der Nixe, obwohl es die Trümmer ihres Opfers sieht („Das Ruder war zerschlagen,/ Das Schifflein halb versenkt.“ V. 11 u. V. 12). Im Gegenteil: In der „mondbeglänzten Nacht“ (V. 20) wäre das Ich dem Gesang der Nixe verfallen gewesen, vielmehr die „Morgenglocken“ als die Nixe erschrecken es.

Literatur

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  • Gedichte von Joseph Freiherrn von Eichendorff. Duncker & Humblot, Berlin 1837. (Online über dta)
  • Gunter E. Grimm [Hrsg.]: Gedichte und Interpretationen. Deutsche Balladen
  • Rüdiger Bernhardt: Königs Erläuterungen Spezial: Joseph von Eichendorff, Das lyrische Schaffen, Der stille Grund.
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Einzelnachweise

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  1. Virginia Gerard: Loreley – „Ein Märchen aus alten Zeiten“, Goethe-Institut, Märchen, abgerufen am 25. September 2023
  2. Lore Lay – Clemens Brentano Volltext, literaturwelt.de, abgerufen am 25. September 2023