Diskussion:Old Shatterhand (Romanfigur)
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Musical
Bearbeiten- Es ist unzutreffend, das Musical von Ralph Siegel in die Sechzigerjahre zu verlegen. Es wurde erst 1982 aufgeführt und auch nicht mit Bruce Low, sondern Rüdiger Bahr als Old Shatterhand. Bruce Low spielte bei Theateraufführungen verschiedener Stücke in der Deutschlandhalle den Shatterhand. Bitte korrigieren. Piedesack 02:18, 25. Nov 2005 (CET)
Henrystutzen und Bärentöter, Realitäten und Zitate
Bearbeiten[Ich bin kein Fan, aber kann mir Bücher texttreu merken, dies verblasst nach Monaten. Ich lese schnell und las Jan.-März 2024 über zwanzig von ihm. Im Oktober 2023 wurden Winnetou-Spielfilme wiederholt. Ich hatte 40 Jahre immer weggeschaltet, aber im Dezember sah ich mal den ersten an, um zu sehen, was ich als Kind daran gefunden hatte. Der Schatz im Silbersee, 1962. Einmal nennt Lex Barker (Old Shatterhand) die Banditen »Tramps«. Ein Tramp ist Charlie Chaplin in den Weltwirtschaftskrisen von 1924 und 1929. Das Wort machte mich stutzig, ich fahndete nach den Büchern und stellte fest, am Anfang des 2.Kapitels vom Silbersee stellt Karl May die Opfer von Wirtschaftskrisen als Täter dar. (Wie 130 Jahre nach 1895 auch Friedrich Merz, Linnemann, die FDP und Hubertus Heil; kleiner Scherz.) Falls ich es in einem nicht zu langen Text schaffe, werde ich Karl Mays Bild von Rothaarigen, Frauen, Chinesen in San Francisco und Arbeitslosen (»Tramps«) bei Wikipedia einstellen; fraglich jedoch der Ort, vermutlich die Diskussions-Site zu Karl Mays Gesammelten Werken. (Karl Mays Romane können kurz als Anglerlatein oder Jägerlatein beschrieben werden. Dennoch gelingt ihm Spannung. Zur Vereinfachung beim Erzählen will er den Personen immer schon am Gesicht ansehen, ob sie zu den Guten oder den Bösen gehören, das kann Vorurteile festigen.)] Jetzt zum »Henrystutzen« und zum »Bärentöter«. (Die folgenden Infos und Zitate erhellen, aber im Artikel ist es eigentlich sinnvoll kurz.)
Karl Mays »HENRYSTUTZEN« :
Relevante Stellen: im Anfang von Winnetou I. Und ein paar Seiten in Band 4: In den Schluchten des Balkan. Die Zitate, unten angehängt, zeigen deutlich, dass Karl May den Namen »Henry« benutzt, ohne den geringsten Bezug zum echten Betriebsleiter von Oliver Winchesters Waffenfabrik in New Haven (Connecticut, gegenüber von Long Island, New York). Auch die Waffe denkt sich Karl May frei aus. Und scheitert als technischer Laie mit einer Idee, die er wohl nie zu skizzieren versucht hat. Den Zylinder eines Trommelrevolvers erweitert er zu einer dreidimensional ladbaren Kugel. Sollen die 25 Patronen wie in einen Igel geladen werden, die Projektile (Spitzen) nach außen? Aber dann müsste der Zündbolzen im Inneren einer drehenden Kugel liegen. Rubik’s Cube? Oder würden die Patronen mit dem Boden nach außen geladen? Dann müssten die Projektile den Durchmesser der Kugel ganz durchfliegen, in einer Röhre – da wäre nur die halbe Kugel für Kammern zum Laden geeignet. Die Bohrungen würden sich überschneiden. Es ist schlicht eine unsinnige Idee. [Später ließ Karl May Winnetous Silberbüchse und den Bärentöter bauen, Wikipedia »Old Shatterhand (Romanfigur)« nennt diese Waffen im Karl-May-Museum »nicht beschießbar«, also unbrauchbar. Als Henrystutzen zeigt das Museum ein Winchester-Repetiergewehr.] (Romanautoren, Drehbuchautoren oder Historiker vom verbreiteten Typus »Geschichts-Theologe« müssen nicht beweisen, ob ihr Geflunker in der Realität funktioniert hätte.) Kindisch auch der Gedanke, einmal auseinandergebaut, könnte man die Waffe nicht wieder zusammenbauen. Technik-affine Bastler unter den jungen Oglala-Sioux verbesserten die Winchester 66, Oliver Winchester erfuhr es durch Briefe und brachte das verbesserte Modell Winchester 73 heraus (mit dem die Sioux am Little Bighorn siegten). Auch Billy the Kid hält eine Winchester in der linken Hand (Ferrotypien zeigen die Arme seitenverkehrt). Er soll sogar mal Siedler vor angreifenden Mescalero-Apachen gerettet haben. Zu genau derselben Zeit will Karl May als Old »Shatterhemd« die Indianer mit einem Zaubergewehr zum Staunen gebracht haben. Sie kannten die Winchester, nutzten sie selbst. Nun die realen Fakten: Betriebsleiter unter Mehrheitseigner Oliver Winchester war Benjamin Tyler Henry, er baute den 16-schüssigen (15 Patronen im Magazin, das als Röhre unter dem Lauf liegt) Henry-Repetierer (verkürzt als Karabiner oder »Stutzen«). Unterhebel-Repetierer, 1860. Der Ladehebel, der auch als Handschutz dient, wird vor und zurück geklappt, dies wirft die leere Patronenhülse aus und führt die nächste Patrone aus dem Magazin in den Verschluss zu und verriegelt ihn, gleichzeitig wird der Hahn gespannt. Henry entwickelte sogar die Patronen dazu, diese wurden auch zum Standard für die Patronenrevolver jener Zeit. Das nächste Modell verbesserte Henrys Nachfolger Nelson King entscheidend: Kein Schlitz mehr über die Länge des Magazins, Schmutz konnte nicht mehr eindringen. Und durch eine Öffnung konnten 12 Patronen einzeln von hinten geladen werden. (Gegendruck durch die Feder.) Statt umständlich von vorne. Dieses neue Modell brachte Winchester 1866 unter seinem eigenen Namen heraus. Vermutlich hatte Karl May keine technischen Informationen über diese Waffen oder verstand sie nicht.
Jetzt Karl Mays frei erfundener Einsiedler »Henry« in St. Louis (Missouri), der seine Familie gewaltsam verloren habe. Karl Mays – alberne – nähere Angaben zum »Henrystutzen«. In den Schluchten des Balkan, S.165: »Dieses Gewehr ist nichts als ein Spielzeug für Knaben. Man kann es nicht laden, also kann man damit gar nicht schießen. Hier ist der Schaft und da der Kolben, dazwischen eine eiserne Kugel mit vielen Löchern. Wozu soll die Kugel sein? Etwa um Patronen aufzunehmen? Man kann sie nicht drehen. Wo ist der Hahn? Der Drücker lässt sich nicht bewegen.« Und S.171: »In Amerika gab es einen berühmten Waffenkünstler. Er erfand dieses Gewehr. Er war ein Sonderling und dachte, dass in kurzer Zeit alle jagdbaren Tiere ausgerottet sein würden, wenn es viele solcher Flinten gäbe. Darum behielt er das Geheimnis für sich und fertigte nur einige dieser Gewehre an. Er starb bald. Andere wollten das Geheimnis ergründen, aber wer die Teile des Gewehrs auseinandernahm, konnte sie nicht wieder zusammensetzen. Das Gewehr war unbrauchbar geworden. Die wenigen, die eins besaßen, kamen in der Wildnis um, und ihre Flinten gingen verloren. Dieses Gewehr ist vielleicht das einzige, das noch übriggeblieben ist. Es wird Henrystutzen genannt«. [Karl May erschafft ein magisches Wort »Henry«.]
Und Winnetou I, S.14-17: »…und nahm aus einem Kasten ein vielkantiges Eisenstück, dessen Ecken er abzufeilen begann. Ich sah, dass jede der zahlreichen Flächen ein Loch hatte. (…) Wird wohl Marke Henry heißen. (…) Er guckte längere Zeit in alle die Löcher hinein, drehte das Eisen nach verschiedenen Richtungen, hielt es einige Male an das hintere Ende des Laufs und sagte endlich: ›Es ist ein Geheimnis … Es wird ein Stutzen, ein Mehrlader mit fünfundzwanzig Schüssen.‹ … ›Aber da müsstet Ihr doch Kammern zur Aufnahme des Schießbedarfs für fünfundzwanzig Schüsse haben!‹ ›Habe ich auch.‹ ›Die würden aber so groß und unhandlich sein, dass sie stören.‹ ›Nur eine Kammer. Ist ganz handlich und stört gar nicht. Dieses Eisen ist die Kammer.‹ (…) ›Also! Dieses Eisen wird eine Kugel, die sich durch einen besonderen Mechanismus bewegt. Fünfundzwanzig Löcher darin enthalten ebensoviele Patronen. Bei jedem Schuss rückt die Kugel weiter und schiebt die nächste Patrone an den Lauf … Habe schon jetzt als Gunsmith einen guten Namen, werde dann aber berühmt, sehr berühmt werden und viel Geld bekommen.‹ ›Und ein böses Gewissen dazu!‹ [Widerspricht ihm der deutsche Idealist. Beihilfe zum Mord wirft der Ich-Erzähler Charlie dem Büchsenmacher Henry vor.] … ›Sogar zum Massenmord! Bedenkt doch, wenn Ihr ein Gewehr fertigt, das fünfundzwanzigmal hintereinander schießt, und es in die Hände jedes beliebigen Strolches gebt, so wird sich drüben auf den Prärien, in den Urwäldern und Schluchten des Gebirges bald ein grausiges Morden erheben. Man wird die armen Indianer niederschießen wie Kojoten, und in einigen Jahren wird es keinen Indsman mehr geben! … wenn jedermann diese mörderische Schusswaffe für Geld bekommen kann, so werdet Ihr allerdings in kurzer Zeit Tausende davon absetzen, aber die Mustangs und die Büffel werden ausgerottet werden und mit ihnen jede Art von Wild, dessen Fleisch die Roten zum Leben brauchen. Es werden sich hundert und tausend Aasjäger mit Euerm Stutzen bewaffnen und in den Wilden Westen gehen. Das Blut von Menschen und Tieren wird in Strömen fließen, und sehr bald werden die Gegenden diesseits und jenseits der Felsenberge von ihren Lebewesen entvölkert sein.‹ [Das ›Greenhorn‹ aus ›Germany‹ ›nimmt den Mund so voll, als wäre er der Urgroßvater aller Indianer‹.] (…) Selbst wenn alles so wäre, wie Ihr sagt, wird es mir niemals in den Sinn kommen, eine Gewehrfabrik zu eröffnen. Ich bin ein einsamer Mann (…) und ich denke, dass ich auch fernerhin ohne Patent keine Not leiden werde.‹« [Karl May zeigt hier die für viele Deutsche typische Komplettignoranz zu den echten Fakten, zeitgenössischen und geschichtlichen. Inzwischen nahm neben den Büchern die Realität ihren Lauf. Zusatz:
ABSCHWEIFUNG vom Thema: Karl May hielt noch 1912 einen Pazifismus-Vortrag und wurde dafür von Bertha von Suttner mit einem Nachruf geehrt. Deutsche Pazifisten verstehen nicht, dass in bestimmten Situationen der einseitige Ausstieg aus dem Rüstungswettlauf genau gegenteilige Folgen, zerstörerische Folgen haben kann. Kurzinfo, nicht in Übereinstimmung mit den gängigen Erzählungen der Geschichts-Theologen, insbesondere der Patrioten in den Siegermächten: Die deutschen Pazifisten, Dichter, Künstler, Schriftsteller – aber auch die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen (SPD und Zentrum) – hatten ab 1890 ein Klima der Rüstungsbegrenzung geschaffen und so geholfen, die aggressiven Mächte im Rüstungsfieber optimistisch zu machen. Niall Ferguson: Etwas mehr Militarismus, etwas mehr deutsche Aufrüstung hätte den 1.Weltkrieg verhindern können. Deutschland war mindestens zehn Jahre vor dem 1.Weltkrieg einseitig aus dem Rüstungswettlauf ausgestiegen und hatte so die Aggressiven erst optimistisch für ihren Überfall auf das friedliche und unvorbereitete Deutschland von 1914 gemacht. Das vom Virus des Nationalismus am wenigsten befallen gewesen war. Für die Gewinne ihrer Rüstungsindustrie stellten sich die USA auf die Seite der globalen Aggressoren des 1.Weltkriegs und ermöglichten so die Erschaffung des Monsters Hitler in Versailles 1919. Der größtmöglichen Anomalie im sonst besonders friedlichen und (laut Bismarck) besonders uneigennützigen und objektiven Deutschland. Während die anderen Länder Egoisten waren (und sind), Nationalisten, Tribalisten. Das müsste genauer erläutert werden, hier fehlt der Platz.]
Karl Mays »BÄRENTÖTER« :
Relevante Stellen: Im Anfang von Winnetou I. Und ein paar Seiten in Band 10, Der Sand des Verderbens: Kara Ben Superheld und Lord David Percy (ein Vorläufer Sir David Lindsays) jagen zwei schwarze Panther und zwei Löwen in Tunesien. Die Erzählungen spielen in den 1860-ern. May nutzt das Wort »damals«, um zeitlichen Abstand zu schaffen. Er schrieb um 1890. Den Bärentöter will er vom »Büchsenmacher Henry« geschenkt bekommen haben. Die Zeit weist auf einen zweiläufigen Vorderlader hin, nicht mit Feuersteinschloss, sondern mit Zündhütchen unterm Hahn. Das Pulver kann in Papierpatronen vorportioniert sein, zum Laden wird das Papier vorne abgebissen, das Schwarzpulver in den Lauf geschüttet und die Kugel mit kleinem Tuch hinzu gesteckt, dann der eiserne Ladestock zum Stopfen verwendet. Man muss beim Laden stehen – während die Preußen im Liegen ihre Hinterlader luden. (In Der Schut nachts auf Bärenjagd klappert mal Halefs eiserner Ladestock.) Dann Zündhütchen unter den Hähnen anbringen. Das dauert seine Zeit. In der Szene nachts auf Panther- und Löwenjagd lädt Kara Ben Nemsi den Bärentöter schnell nach, im Dunkeln, und er scheint dabei zu knien. (Karl May bleibt absichtlich vage beim Erzählen, auch die Revolver werden nie näher erklärt.) Offenkundig dachte sich May den Bärentöter als urtümlichen Vorderlader. (Interessant im Wikipedia-Artikel zu Old Shatterhand, Romanfigur: Der Bärentöter im Karl-May-Museum ist nicht einsetzbar, riesiges Kaliber mit unbeherrschbarem Rückstoß.) Ab 1890 blieb May vage, damit man sich auch das Laden von Patronen vorstellen konnte. Dazu könnte man sich einen abknickbaren Lauf vorstellen – wie bei doppelläufigen Schrotflinten. So kann im Dunkeln, kniend, schnell nachgeladen werden, bevor der zweite schwarze Panther auftaucht. (Auch Winnetous Silberbüchse ist ein Vorderlader, zweiläufig wie Halefs Pistolen, schlicht deswegen, damit mehr Schüsse möglich wären.) Die überschäumende Phantasie Karl Mays verlangte schließlich nach der Herstellung von Reliquien, damit das Ausgedachte in Gegenständen greifbar wurde. Außer der Henrykugelkammer. An Hinterlader und mit Hebel vor und zurück zu schiebende Verschlüsse scheint Karl May nicht gedacht zu haben, obwohl es diese schließlich schon gab – das lag etwas außerhalb dessen, was er aus der Jugend gekannt hatte (und er war Sachse, nicht Preuße). Und die Erzählungen spielen zu früh. --Historian ATBT Zweimal (Diskussion) 14:17, 4. Jun. 2024 (CEST)
- Wenn schon alle relevanten Stellen zum »Henrystutzen« hier versammelt sein sollen, dann muss ich eine ergänzen: Band 12, Am Rio de la Plata, Seite 322: »So bewährte ich mich nun jetzt als tüchtiger Jäger. Das Gewehr aufnehmen, zweimal abdrücken und es wieder sinken lassen, das war in einer Sekunde geschehen.« [Karl May präsentiert den Ich-Erzähler Old Shatterhand alias Kara Ben Nemsi als Menschenfreund und auch als (relativen) Tierfreund. Trotzdem bringt er immer wieder Szenen, in denen er spontan Vögel oder andere zufällig anwesende Tiere erschießt, um vor den Zuschauern mit seinen Schießkünsten zu prahlen. Der Widerspruch fiel Karl May gar nicht auf.] (So auch hier, sie fahren von Buenos Aires mit dem Dampfer den Rio Parana hinauf, der Erzähler erschießt zwei »Alligatoren« oder Kaimane.) Das Repetieren einer Henry-Rifle oder des fast baugleichen Nachfolgemodells Winchester 66 dauert tatsächlich nur 1-2 Sekunden. Mays Behauptung kann also auch mit einer Winchester erzielt werden, zwei Schüsse mit 1 Sekunde Abstand. Dann hätte er sparsam erzählt und die Angabe weggelassen, ob er repetierte. Doch passt es auch auf den erfundenen Ablauf aus Winnetou I, Zitat wie oben: »Bei jedem Schuss rückt die Kugel weiter und schiebt die nächste Patrone an den Lauf.« Da es diese Henry-Kugel nie gab und auch kein Büchsenmacher für Karl May das Unikat (Unikum) nachträglich konstruieren konnte, müssen wir nicht weiter diskutieren, ob er sich das Schießen mit oder ohne Repetieren dachte. (Ohne Nachladen oder ohne Durchladen.) Es ist natürlich Jägerlatein, dass er als »Westmann« schon »das Korn in die Kimme« brachte, bevor er den Henrystutzen überhaupt erst an die Schulter hob und in Anschlag brachte. (Natürlich dürfen die Nutzer weiterhin über alles diskutieren.) --Historian ATBT Zweimal (Diskussion) 10:43, 10. Jun. 2024 (CEST)
- Zum »Bärentöter« wäre zu ergänzen: Die oben genannte absichtliche Unklarheit Karl Mays, damit man sich auch Patronen vorstellen konnte (mit Metallhülsen), die von hinten geladen werden konnten (eher in einen abknickbaren Lauf, während May über Verschlüsse nicht schreibt), wird mindestens an einer Stelle unterbrochen. In Band 16, Im Lande des Mahdi I (oder Menschenjäger) [Ägypten und Sudan], S.395f (f = und folgende Seite) finden wir den – wohl kaum erst nach Karl Mays Tod 1912 unmotiviert von Bearbeitern eingefügten – Satz: »Um schnell laden zu können, hatte ich mehrere Patronen bereitgelegt.« Vorher beschreibt er, dass er »eine Sandwelle zusammenscharrte« und sich dahinter in Deckung legte. Wenn es also nur Papierpatronen (Kartuschen) waren, die er dann doch im Stehen laden musste, in einen Vorderlader, dann lässt Karl May sich trickreich den Ausweg, dass die vier Sklavenhändler abgelenkt waren: »Die Verwirrung gab genügend Zeit, wieder zu laden.« Stehend, statt liegend in der Deckung? Das Nachladen erzählt er aber nur einmal, in der Situation hat er jedoch schon viermal auf ihre Kamele geschossen. Sein zweites Nachladen lässt er als Erzähler ganz weg, er erwähnt es nicht, aber steht mit wieder geladenem Bärentöter vor den Sklavenhändlern, die sich ergeben. (Die Zeit, in der er den Bärentöter vom »Büchsenmacher Henry« in St.Louis geschenkt bekommen haben wollte, müssen die 1860-er Jahre sein. Das spricht für einen Vorderlader. Plötzlich schreibt Karl May um 1890 von Patronen. Damit kann er auch Papierkartuschen meinen. Oft ist davon die Rede, Pulver und Blei (oder Kugeln) zu kaufen, das nennt er »Schießbedarf«. Aber sogar wenn Blei gekauft würde, heißt das nicht viel: Westmänner gossen sich Kugeln selbst auch für Metallpatronen, die sie wiederluden, nicht nur für Vorderladerwaffen.) Erfundene Geschichten haben den Nachteil, dass nichts stimmig sein muss, und oft passiert das auch. [Noch schlimmer als die meisten Romanautoren werden Filmregisseure von den Zeitläufen erwischt; immer gerade die Waffe und die Patrone, die man zeigen will, gab es noch nicht oder durfte gerade in dem Jahr wegen Patentstreit noch nicht verkauft werden. Sergio Leone und Clint Eastwoods schlanker (Vorderlader-) Colt um 1864 mit Patronen. Anachronistisch, hat aber im Film eine wichtige ästhetische Funktion. Der spätere Colt ab 1873 sieht einer Banane ähnlich und ist zu hässlich, um von den großen Italo-Showdown-Helden getragen zu werden. / Die Filmindustrie hat eine Code-Sprache entwickelt. Wenn am Anfang vom Film groß die Schrift prangt: »Nach wahren Ereignissen.« (»Nach einer wahren Begebenheit.«) Dann bedeutet das: Wir haben die Story frei erfunden und jeden Historiker vor dem Set von der Security ergreifen und gewaltsam wegschleppen lassen. »Wir wurden von Historikern beraten« bedeutet: Wir haben es genau gegenteilig erzählt, als sämtliche Historiker meinten. Unser Narrativ (Märchenerzählung) passt zu den patriotischen männlichen Jugendlichen, der Zielgruppe unseres Films. (Variante nur in Deutschland: keine kindische patriotische, sondern das eigene Land hassende und oft diffamierende Erzählung. Andere Länder taten oft Schlimmeres, aber drehen keine Filme darüber. So wird die Wahrnehmung verzerrt.)]
- In aller Kürze vollständig – trotz der versteckten Stelle hier – sollte zum Henrystutzen erwähnt werden, dass der Ich-Erzähler (Old Shatterhand alias Kara Ben Nemsi) immer wieder zwei Schüsse schnell hintereinander abgibt. Zum Beispiel so beschrieben, Band 11, Am Stillen Ozean [Pazifik, hier genauer Tahiti und Papeete, ein Freund flieht, zwei Bogenschützen zielen auf ihn], S.57: »Ich legte schnell meinen Stutzen an, zielte und drückte zweimal nacheinander ab; die beiden stürzten zu Boden.« Vorher schreibt er, der eine stand am Altar, der andere etwas entfernt vor einer Bananenstaude. Also muss er zweimal gezielt haben, aber das Zielen erzählt er nur einmal, daher kann er auch zwischendurch repetiert haben (wie mit einer Winchester alias Henry-Rifle als fast baugleichem Vorgängermodell) und es einfach nur sparsam erzählt haben, nicht ausdrücklich erwähnt haben. So bleibt immer ein Ausweg offen, um sich beides vorzustellen. Das zweimalige schnelle Abdrücken mit dem Henrystutzen ist geradezu ein Leitmotiv (kommt bei May immer wieder vor). --Historian ATBT Zweimal (Diskussion) 14:18, 26. Jun. 2024 (CEST)
Karl Mays Menschenbild. Frauen. Rothaarige. Arbeitslose. Schwarze. Chinesen.
BearbeitenIch bin jetzt darauf gekommen, dass dies die richtige Stelle ist, Romanfigur Old Shatterhand, denn Karl Mays Menschenbild erfahren wir meistens durch den Ich-Erzähler, durch die Augen Old Shatterhands (alias Kara Ben Nemsi).
Die Amerikanischen Ureinwohner, Indianer, »Indsmen« oder »Rothäute« wollte ich weglassen, weil zu viele Sätze nötig wären. Aber mal kurz: Karl Mays Bild von den Indianern schwankt (changiert) zwischen den edlen Wilden (die ihr Wort noch halten und ehrenhaft handeln – anders als die bösen, zivilisierten Weißen) und den barbarischen Wilden (die aus unbeherrschten Emotionen Gewalt anwenden). [In große Widersprüche verstrickt May sich, indem er Christen als die Guten sehen will, daher die Ausrotter der Indianer als Atheisten sehen möchte – aber sie sahen sich als Erfüller des Willens des Christengottes: Es sei ihre offenbare Bestimmung (manifest destiny), die Indianer auszurotten und ihre Bodenschätze in Besitz zu nehmen, um ein neues Jerusalem zu errichten, das »Go West!« ihr Auftrag Gottes. Mit Heuchelei kommt Karl May nicht zurecht. (Er äußert sich auch abfällig über die »Götzenbilder«, die Buddhisten, Chinesen usw. anbeten. Chinesische und arabische Musik will er verächtlich darstellen, noch nicht mal ein Takt und Rhythmus sei zu hören.)]
Mays fixe Idee, dass »einmal noch am deutschen Wesen« die Indianer »genesen« sollen: Klekih-petra ist ein Ex-Revolutionär von 1848, der keinen Gott, keinen König und keine Obrigkeit anerkannt hatte, rechnete sich alle Toten zu, eilte aus Reue nach Amerika. Wo er die Mescalero-Apachen im Sinn deutscher Idealisten formte. Pfui die Ideen der Aufklärung, pfui »Meine Göttin hieß Vernunft«. (Winnetou I, S.87.) Dann wird er fromm, wie Karl May. (Auch der Komponist Richard Wagner musste als Revolutionär aus Dresden fliehen, ging als Flüchtling nach Paris, entwickelte hier einen Ekel gegen freiheitliche Ideen und kehrte als Reaktionär nach Deutschland zurück. Wenn ich so etwas in einem einzigen Satz schreibe, ist es natürlich auch humorig/ humoristisch gemeint.) [Und lass dir mal was Neues einfallen. In Band 13, In den Kordilleren, ist es diesmal einer, der in Argentinien im Gran Chaco einen Indianerstamm zivilisiert; aus Reue, weil ein chauvinistischer dänischer Offizier seine kranke Frau ermordet hatte, und er brachte ihn um, im Befreiungskampf um Schleswig-Holstein. Aber er schickt dann Geld an dessen Nachkommen, bis er glücklich erfährt, dass der Däne überlebt hatte. (Hier haben wir wieder ein großes, komfortables Versteck in einem Felsen, das man nur über einen davor stehenden Baum kletternd erreichen kann. Genau wie in Sibirien mit einem russisch sprechenden Sam Hawkens in Band 63, Zobeljäger und Kosak. Karl May scheint Ideen gerne recycelt zu haben. Statt sich was Neues auszudenken.]
Im Wikipedia-Artikel »Karl May« (zur Person). Kapitel »Künstlerisches Schaffen«. Der Absatz über rassistische Stereotype oder abwertende Klischees ist gut gelungen. Man könnte nähere Beobachtungen ergänzen: Mays Frauenbild. Rothaarige als Schurken. Schwarze. Chinesen in San Francisco. »Tramps« – Opfer von Wirtschaftskrisen in die Täterrolle. Zuerst zitiere ich aber die gute Stelle aus dem Artikel, Version 3.4.2024: »Obwohl sich May sehr bewusst von den ethnologischen Vorurteilen seiner Zeit absetzen wollte und gegen die öffentliche Meinung anschrieb …, treten in seinen Werken doch heute als rassistisch angesehene Formulierungen auf, die den Paradigmen seiner Zeit unterlagen. Beispielsweise gibt es einige pauschal abwertende Aussagen über Iren, Juden, Armenier, Chinesen, Schwarze, Mestizen und Beduinen. Andererseits werden Chinesen oder Mestizen in seinen Romanen teilweise als positive Figuren dargestellt, die als Ausnahmecharaktere den gängigen Klischees widersprechen. Vom Nationalismus und auch Rassismus, die das wilhelminische Deutschland seiner Zeit prägten, blieb jedoch auch May nicht unbeeinflusst.« [Eine kurze Bemerkung zu vielen Artikeln in der deutschen Wikipedia. Als wäre es aus den Gehirnen amputiert worden, wird das Gesamtbild ignoriert: Das wilhelminische Kaiserreich existierte in einem Umfeld von Staaten, die wesentlich stärker vom Virus des Nationalismus befallen waren, auch die anderen negativen Eigenschaften kamen von außen (Rassendenken, Militärbegeisterung). Deutschland war Nachplapperer und Nachäffer der echten Kolonial- und Eroberermächte. (Vielleicht sollten wir Belgien und die USA als »Ausrottungsmächte« bezeichnen, weil sie sich so betätigten?) Es ist interessant, dass wir allen anderen Ländern ihre positive Selbstsicht einfach glauben, ohne bei den Fakten nachzuhaken. Deutschland aber übertrieben diffamieren. Es kann sich um eine psychiatrisch auffällige Deformierung handeln, die traumatisierte Opfer von Kolonialgewalt getroffen hat?]
Genauere Beobachtungen hier ergänzt. Rothaarige, Frauen, Tramps (Arbeitslose), Schwarze und Chinesen in San Francisco:
Rothaarige: Immer wieder sind die Hauptschurken rothaarig, hier hing Karl May wohl an plumpen Klischees fest. (So auch bei Personenbeschreibungen, denen der Erzähler meistens schon am Gesicht ansieht, ob sie zu den Guten oder den Bösen gehören. Leider faselt er auch über Halbblut und Mischlinge eine negative Rassentheorie nach, die damals irrtümlich als Stand der Wissenschaft galt, jedoch nur Ideologie war, mit der Herrschaftsverhältnisse und Diskriminierung gerechtfertigt wurden.) Sein Frauenbild: Kleine Rollen, kaum etwas zu sagen, für den Haushalt zuständig. Sogar durch die Prärie traut er Frauen nicht zu, auf einem Pferd zu reiten. Sie wird in einer Sänfte zum Silbersee geschleppt. Wenn eine Frau doch einmal hartnäckig aktiv ist, dann fast immer auf der Schurkenseite (die Jüdin Judith in Band 20-22, Felsenburg, Krüger Bei, Satan und Isch.; mit einem Winnetou in Dresden und in der Wüste Tunesiens). Oder als resolute Schreckschraube veralbert wie Frau »Eberschbach« in Der Ölprinz. Ausnahme Kolma Puschi, die in Männerkleidern als Rächerin unterwegs ist. (Tante von Old Surehand und dem Komantschenhäuptling Apanatschka, die als Babys entführt nicht wissen, dass sie Brüder sind.) Sonderfall Tante Droll, ein Mann in Frauenkleidern, doch tüchtiger Detektiv und Westmann, seitenlang sächselnd mit seinem Vetter Hobble-Frank. (Die Romane können kurz als Anglerlatein oder Jägerlatein beschrieben werden. Dennoch gelingt Karl May eine lebendige Erzählung. Schrullige Nebenfiguren. Winnetou und die deutschen Recken Old Firehand und Old Shatterhand sind Superhelden. Die Schurken verkörpern perfekt die Enthemmung und Gier nach Geld und Macht. Positiv die Hartnäckigkeit der Helden, Blutvergießen zu vermeiden, die als typisch deutsch dargestellt wird; so erklärt sich, dass die Romane in den USA, England u. Frankreich keiner kennt.)
[Nicht nur in Deutschland, in allen Ländern des Westens – und die Deutschen nahmen eifrig auf, was von außen kam – fesselten sich die Weißen mit Scheinproblemen. In Zobeljäger und Kosak (Bd 63) darf Adolfhorst von Adlerbert nicht die Burjatin, Tungusin, Jakutin heiraten, sondern sie muss sich erst als auf dem Weg in die Verbannung abhanden gekommene Deutsche erweisen. Siehe auch den Spielfilm von 1957 Sayonara mit Marlon Brando, in dem zwei Stunden lang gegrübelt wird, ob ein US-Offizier eine Japanerin heiraten dürfe.]
»Tramps« am Silbersee: Als das mit Pensionen prächtig gepolsterte Bundesverfassungsgericht Ende 2023 der Regierung in außen- und innenpolitisch bedrängten Zeiten 60+ Milliarden Euro wegstrich, suchten die Politiker hektisch nach Leuten, denen man das Geld wegnehmen könnte, ohne dass sie sich wehren (können). Die Bauern erwiesen sich als nicht pflegeleicht. Hubertus Heil (SPD) ging mit einer Erzählung hausieren über die Arbeitslosen (Friedrich Merz noch verschärft), wie sie Karl May am Beginn des 2.Kapitels vom Goldschatz im Silbersee erzählte (1890). Durch Zufall fiel mir dieses Wiederkäuen von Uraltem auf. [Im Oktober 2023 kamen die Winnetou-Filme im TV, ich hatte 30 Jahre immer weggeschaltet. Nun wollte ich sehen, was ich als Kind daran fand. Mit dem ersten fing ich an, Der Schatz im Silbersee (1962). Seltsam, Lex Barker (Old Shatterhand) bezeichnet Cornel Brinkley und seine Bande als »Tramps«. (Ein Tramp ist Charlie Chaplin in den Wirtschaftskrisen 1924 und 1929. In Moderne Zeiten bringt er die erste Tonsequenz und lässt einen Politiker nur sagen: »Blah-blah-blah«.) Daraufhin sah ich ins Buch. Ich fand ein altes Taschenbuch von 1974, nicht in den grünen Einbänden des Karl-May-Verlags. Behauptet wurde: Originaltext. Tatsächlich gebraucht Karl May darin umständlich »dieselben« und »denselben«, anders als in Unter Geiern oder Der Ölprinz.] Wie Hubertus Heil und Friedrich Merz (oder FDP-ler) 2024, macht Karl May in seiner schlichten Erzählung 1890 die Opfer von Wirtschaftskrisen zu arbeitsscheuen Tätern, die selber schuld dran wären, ich zitiere den Anfang von Kapitel 2:
»›Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind trotz oder vielmehr infolge ihrer freisinnigen Institutionen der Herd ganz eigenartiger sozialer Landplagen‹ (…) Zur schlimmsten und gefährlichsten Landplage aber entwickelten sich die Tramps als Vertreter des rohesten und brutalsten Vagabundentums. Als zu einer gewissen Zeit ein schwerer Druck auf Handel und Wandel lag [Wirtschaftskrise], Tausende von Fabriken stillstanden und Zehntausende von Arbeitern beschäftigungslos wurden [nicht ihre Schuld], begaben sich die Arbeitslosen auf die Wanderung, welche vorzugsweise in westlicher Richtung erfolgte. Die am und jenseits des Mississippi liegenden Staaten wurden von ihnen förmlich überschwemmt. Dort trat ein Scheideprozess ein, indem die Ehrlichen [auf einmal ist es ein individuelles moralisches Problem, wie bei Heil und Merz] unter ihnen Arbeit nahmen, wo sie dieselbe fanden, selbst wenn die Beschäftigung nur eine wenig lohnende und dabei anstrengende war. Sie traten meist auf Farmen an, um bei der Ernte zu helfen … Die arbeitsscheuen Elemente [und schon sind die Opfer der Wirtschaftskrise Täter, die moralisch gebrandmarkt werden dürfen und selbst schuld sind – kürzt ihnen die Bezüge, wenn sie nicht jede Arbeit annehmen!] aber vereinigten sich zu Banden, welche von Raub, Mord und Brand ihr Leben fristeten. Die Mitglieder derselben sanken schnell auf die tiefste Stufe sittlicher Verkommenheit herab … Diese Tramps (Vagabunden) erschienen gewöhnlich in größeren Haufen … Sie überfielen nicht bloß einzelne Farmen, sondern selbst kleinere Städte, um sie vollständig auszurauben. Sie bemächtigten sich sogar der Eisenbahnen … Dieses Unwesen nahm so überhand, dass in einigen Staaten die Gouverneurs gezwungen waren, die Miliz einzuberufen, um den Strolchen förmliche Schlachten zu liefern.« [Auf die Idee sind Hubertus Heil u. Friedrich Merz noch nicht gekommen.] Passend zu Karl Mays Anglerlatein oder Jägerlatein.
Schwarze. Und Chinesen. (Früh in Winnetou III.) Old Shatterhand muss nach San Francisco. Karl May beschreibt die malerische Lage in der Bucht und das Völkergemisch. Dann 15 Zeilen rassistische Diffamierung von Chinesen. Gefolgt von 23 positiven Zeilen über die Chinesen. Der Widerspruch könnte auf einer späteren Textänderung beruhen, ein Rassist könnte etwas eingefügt haben. (Siehe Wikipedia-Artikel Karl May‘s Gesammelte Werke: Immer wieder größere Texteingriffe vom Karl-May-Verlag und anderen Bearbeitern.) Aber ich vermute, beides stammt von Karl May, der den eklatanten Widerspruch der beiden Absätze gar nicht bemerkte?
Bezeichnend der Irrtum, alle Chinesen sähen gleich aus. In den USA werden viele unschuldige Schwarze verurteilt, weil die weißen Zeugen sie mit ganz anders aussehenden Tätern verwechseln. Weiße, Schwarze, Asiaten erkennen die Unterschiede der Gesichter von Personen der jeweils anderen Gruppen deutlich schwieriger. Karl May geht naiv davon aus, dass seine subjektive Wahrnehmung objektiv wahr wäre. Wie schon auffällig bei Karl Mays Beschreibung von Schwarzen, so hat er auch keine oder nur wenige Chinesen gesehen, seine Vorstellung stammt aus Abbildungen. Fotos gab es nur schwarzweiß und grobkörnig, also aus Zeichnungen in Zeitungen und Büchern. So spricht Karl May nach, was ihm vorgelogen wird: Bei Schwarzen faselt er von wulstigen Lippen und flachen Fersen. Lustig, naiv und ungebildet – May macht ihnen die von der Gesellschaft verweigerte Schulbildung zum Vorwurf. Karl May kommt nicht auf die Idee, Schwarze in Amerika könnten die Sprache akzentfrei und mit derselben Grammatik wie die – oft keine Schule besucht habenden – Weißen sprechen. Immer nur abgehackte Sätze in falscher Grammatik. Das gilt auch für jene Schwarzen, die er als Teil seiner Heldengruppe empfindet. Auch für (Sliding-) Bob, für den Old Shatterhand alles stehen und liegen lässt, um ihn vor dem Marterpfahl zu retten; während Old Wabble als Yankee alle Schwarzen verachtet und Indianer tötet. Leider benutzt Karl May (außer im Silbersee) neben dem Wort »Schwarze« auch das N-Wort, das er als nicht diskriminierend empfindet. Das Nig-Wort legt er nur Weißen in den Mund, die er als Schurken und Mörder zeichnet. (Ausnahme seltsamerweise Sam Hawkens in den Bänden 61-63, Derwisch, Tal des Todes, Zobeljäger u. Kosak. Aber wir wissen ja, dass die Figuren nachträglich zu den bekannteren Personen geändert wurden. Und es gibt frühere Fassungen, in denen auch Winnetou noch kein »roter Gentleman« ist. Spuren davon in Band 19, Kapitän Kaiman.)
Da es ein erschreckender Text ist, zitiere ich nun aus Winnetou III – die Chinesen in San Francisco. Karl May häuft die negativsten Rassisten-Klischees über Asiaten, entweder direkt aus US-Zeitungen aufgeschnappt oder über deutsche Zwischenträger. [Vorher noch ein Zitat des (jüdischen) Dänen Georg Brandes aus Der Wahrheitshass. Er meint 1881, die Forderung in Russland nach Vertreibung der Deutschen und die Forderung in San Francisco nach Vertreibung der Chinesen habe in Deutschland zum Plagiat geführt, diesmal gegen Juden.] Georg Brandes, Der Wahrheitshass, S.25: »Derselbe Umstand, der dazu führt, dass man in San Franzisko die Vertreibung der Chinesen und in Russland die Vertreibung der Deutschen fordert, lässt hier Stimmen laut werden, die den Juden die Menschenrechte nehmen wollen (…) Es fällt bis zur Lächerlichkeit auf, wie die Schmähartikel gewisser russischer Organe gegen Deutsche in Russland und die Ausfälle gewisser deutscher Organe gegen Juden in Deutschland wie gegenseitige Plagiate aussehen.« (Das Bild des geldgierigen Blutsaugers und der zusammenhaltenden Deutschen in Russland sei identisch mit dem, das über Juden von gewissen Kreisen in Deutschland erzählt werde. Karl May war nicht unbeeinflusst davon.)]
Das nun folgende Zitat bedarf in der ersten Hälfte eines Warnhinweises, Karl May (falls der Absatz von ihm stammt, vermutlich abgeschrieben aus US-Zeitungen) wütet gegen Asiaten, die ihm fremd sind. Ganz anders als 1888 im Blauroten Methusalem (Band 40), wo ein ins Exil nach Deutschland geflohener Chinese als Import-Händler in einer deutschen Universitätsstadt lebt und geachtet ist. (Vergleiche jenen Chinesen, der mit seiner Heimat abgeschlossen hatte und in den 1970-ern als Ingenieur bei VW arbeitete; als plötzlich eine Delegation aus China in Wolfsburg vorsprach und er in der Folge mit etwas betraut wurde, das viele Chinesen den VW-Santana als erstes Auto in ihrem Leben empfinden ließ.)
Chinesen in San Francisco. Hetzerischer, diffamierender Rassismus im ersten Absatz. Dem folgt abrupt ein Absatz mit positiver Darstellung. Grotesk widersprüchlicher Text. Zitiert aus Winnetou III., S.187f: »Diese ›Söhne aus dem Reich der Mitte‹ bilden den hervorragendsten fremdländischen Bestandteil der Bevölkerung und geben ihr ein besonderes Gepräge. Sie scheinen alle samt und sonders über einen Kamm geschoren und über einen Leisten geschlagen zu sein. [Naiv glaubt Karl May, wie weiße Zeugen in den USA bei der Gegenüberstellung mit Schwarzen oft sehr verschiedene Gesichter nicht unterscheiden können: Die sähen alle gleich aus.] Bei allen ist die Nase kurz und gestülpt; bei allen ragt der Unterkiefer über den Oberkiefer vor; alle haben die derb aufgeworfenen Lippen, die eckig hervorstehenden Backenknochen, die schiefgeschlitzten Augen, die nämliche Gesichtsfarbe, bräunlichgrün ohne alle Schattierung, ohne eine Spur von dunklerer Färbung der Wangen, hellerer Tönung der Stirn; überall sieht man in den unbeweglichen, nichtssagenden Zügen den Ausdruck, den man mit dem Wort ›leer‹ bezeichnen möchte und der infolgedessen nicht einmal ein Ausdruck wäre, wenn nicht aus den zugekniffenen Augen ein Etwas blickte, das sie alle kennzeichnet: die Verschlagenheit. [Nach diesem Exzess brutalsten Rassismus fährt Karl May abrupt fort, indem er ein ganz anderes, positives Bild von Chinesen andeutet.] / Die Chinesen sind die fleißigsten Arbeiter San Franciscos. Diese kleinen, runden, wohlgenährten und dabei doch so beweglichen Gestalten besitzen eine seltene Anlage für jede nur erdenkliche Art von Verrichtung und besonders eine hervorragende Fertigkeit in allen Arbeiten, bei denen es auf Geschicklichkeit der Hände und auf Geduld ankommt. Sie schnitzen in Elfenbein oder Holz, drechseln in Metall, sticken auf Tuch, Leder, Baumwolle, Leinen und Seide. Sie stricken und weben, zeichnen und malen, klöppeln und nähen. Sie flechten die scheinbar unschmiegsamsten Dinge zusammen und bringen seltsame, bewundernswerte Arbeiten hervor, die ihnen die Kundschaft aller Sammler von Seltenheit sichert. Dazu kommt, dass sie bescheiden sind und mit dem kleinsten Nutzen fürlieb nehmen. Sie fordern zwar unverschämt, aber man weiß, dass sie mit sich handeln lassen und zuschlagen werden, wenn man ihnen ein Drittel oder gar nur ein Viertel ihrer Forderung bietet. Auch der Tageslohn, den man ihnen zahlt, ist geringer als der, den man einem Weißen gibt. Allein er ist doch noch zehnmal höher als in ihrem Vaterland, und da sie wenig ausgeben, weil sie über alle Begriffe genügsam und sparsam leben, kommen sie gut voran. Sämtliche kleinen Handwerke sind in ihren Händen, und sowohl die Wäsche als auch die Bedienung des Hauses und der Küche wird von ihnen besorgt. Aber nicht nur die Chinesen sind rührig, sondern fabelhaft ist überhaupt die Geschäftstüchtigkeit aller Bewohner der Stadt. Die Leute haben alle nur ein Ziel: sie wollen Geld verdienen, und zwar möglichst viel und schnell. Alle wissen, dass Zeit Geld ist …« [Ob Karl May je darüber nachgedacht hat, ob »fordern unverschämt« zu geringsten Löhnen und Genügsamkeit wirklich passte?]
[Aus der Aufzählung des Positiven an den Chinesen wird wohl klar, woher die Gehässigkeit der US-Presse gegen Chinesen kam – die Karl May nachplapperte. Georg Brandes 1881 vermutete schon (Der Wahrheitshass, S.25) – wir könnten noch ergänzen: wieso die Briten Deutschland diffamierten und zerstörten – hinter dem Hass in Russland auf Deutsche und dem Hass in San Francisco auf Chinesen und dem Hass gewisser Deutscher auf Juden denselben Mechanismus, Zitat: »Es ist die größere Energie … Immer wenn eine Rasse [Gruppe] enthaltsamer, fleißiger, sparsamer und überlegter als ihre Umgebung ist, wird diese ihr Tod und Verdammnis an den Hals wünschen … Nach einem russischen Sprichwort wird jeder Deutsche mit einem Haken in der Hand geboren; damit hakt er sich in dem Deutschen über sich fest und ist sogleich dem unter sich behilflich … Dasselbe Thema wird hier [in Deutschland] mit Blick auf die Juden variiert, deren Zusammenhalt als Gefahr beschworen wird, obgleich sie in Wahrheit wenig oder nichts voneinander wissen …« Der jüdische Däne Georg Brandes gibt den Spott wieder, erst durch die Antisemiten wurden sie Juden, da »in der Epoche des freieren Geistes viele ihr Judentum so völlig vergessen hatten«. »In Russland gilt der Deutsche als kaltherziger Blutsauger par excellence« – vergleiche Juden und Jüdinnen in der Darstellung durch Karl May. Allzu naiv nehmen viele ihre eigene Meinung als wahr.] Hat schon mal jemand Karl Mays Erzählungen nach solchen Mustern durchgesehen? Heute wäre das mit Computerhilfe leicht zu leisten.
ANGEHÄNGT: Der Kantor als Schreckbild eines deutschen Künstlers und Idealisten?
Bemerkenswert ist der Kantor in Der Ölprinz. Karl May, der selbst Pazifismus propagierte und von Bertha von Suttner 1912 dafür mit einem Nachruf geehrt wurde, stellt den Kantor – der im Spielfilm von Heinz Erhardt gespielt wurde und nur mal kurz Winnetou und die anderen aus Versehen in Gefahr bringt – als das Schreckbild eines deutschen Künstlers und Idealisten dar, der seine Mitmenschen in große Gefahr bringt, weil er sich weigert, die Realität zu berücksichtigen. (Sogar der tolerante Old Shatterhand, nachdem sie erneut nur mit der Hilfe ihrer Superheldenkräfte dem Marterpfahl entkamen, lässt den Kantor für den Rest der Reise fesseln und streng bewachen.) Ich denke dabei an Künstler wie Konstantin Wecker, die Wehrlosigkeit für das Beste halten, was angesichts von Putin getan werden könnte. [Heinrich Heine, der ein sehr nach den realen Fakten forschender Poet war, ähnlich wie Nietzsche, der meinte: Künstler sind schlechte Lerner und wissen zu wenig, daher müssen sie aufs Lügen setzen. Heine: »Der leere Kopf pochte jetzt mit Fug auf sein volles Herz, und die Gesinnung war Trumpf.« Wer früh spürt, dass er nicht in der Realität leben will, sucht sich einen Winkel, der von der wirklichen Welt abgeschottet ist: Margot Käßmann, Theologie, Jürgen Grässlin, die deutsche Schule, Konstantin Wecker, die Kunstwelt mit oder ohne psychedelische Substanzen.] Ich zitiere hier mal kurz mich selbst, nahe am Gesamtbild der historischen Fakten – aber entgegen der gängigen Erzählung: »Die deutschen Pazifisten, Dichter, Künstler, Schriftsteller hatten ab 1890 ein Klima der Rüstungsbegrenzung geschaffen und so geholfen, die aggressiven Mächte im Rüstungsfieber optimistisch zu machen. Niall Ferguson: Etwas mehr Militarismus, etwas mehr deutsche Aufrüstung hätte den 1.Weltkrieg verhindern können. Deutschland war mindestens zehn Jahre vor dem 1.Weltkrieg einseitig aus dem Rüstungswettlauf ausgestiegen und hatte so die Aggressiven erst optimistisch für ihren Überfall auf das friedliche und unvorbereitete Deutschland von 1914 gemacht. Das vom Virus des Nationalismus am wenigsten befallen gewesen war. Für die Gewinne ihrer Rüstungsindustrie stellten sich die USA auf die Seite der globalen Aggressoren des 1.Weltkriegs und ermöglichten so die Erschaffung des Monsters Hitler in Versailles 1919.«
Leider kann ich nicht näher darlegen, dass das »hochrüstende« Deutschland ein britisches Propaganda-Märchen war. Einen anderen Aspekt: »Bismarck war strikt gegen ›Weltpolitik‹. Er war der nüchternste aller Realpolitiker und fand, Deutschland hatte seine maximale Ausdehnung erreicht, an Einfluss und Gebieten. (Genie des praktischen Verstandes nannte ihn Egon Friedell.) Kostüm-Clown Kaiser Wilhelm II. gab sich als Theater-Held, aber war sogar noch zaghafter als Bismarck. (So erweist sich ein Weltpolitik machendes deutsches Kaiserreich als mächtiges Propaganda-Märchen der Briten. Viele fallen darauf herein.) Bismarcks Nachfolger General Caprivi sagte brüsk, er wisse gar nicht, was ›Weltpolitik‹ sein sollte. Dessen Nachfolger Kanzler Hohenlohe erklärte verzweifelt, der Kaiser habe in sechs Monaten dreimal sein außenpolitisches Programm umgeworfen. Daraufhin bekam er von der Entourage Wilhelms II. zu hören, der Kaiser stelle gar keine Programme auf, sondern äußere nur launige Augenblickseinfälle, die der Kanzler nicht ernst nehmen dürfe (!). Wilhelm II. hatte ein so geknicktes Selbstvertrauen, dass er nur unselbständige Befehlsempfänger zu Kanzlern machte – aber sie sollten eigenständig Politik machen wie Bismarck. (Über Bülow: ›Er soll mein Bismarck sein.‹) Einer sagte: Kanzler Bethmann verstecke sich hinter dem Kaiser, aber der Kaiser verstehe sich in allen konkreten Politikfragen als konstitutionell [dem Parlament und der Regierung untergeordnet], so drehe sich die Verantwortlichkeit im Kreis.«
Deutschland war erst vor 40 Jahren aus Kleinstaaten vereinigt worden, seine Bevölkerung und seine Eliten hatten die Mentalität von Kleinstaatlern. Bismarck ironisierte das 1896: »Die Frage ist, ob wir eine Großmacht sind oder ein deutscher Bundesstaat, und ob wir … wie es in der zweiten Eigenschaft allerdings zulässig ist, durch Professoren, Kreisrichter und kleinstädtische Schwätzer zu regieren sind.« Die kleinstädtischen Schwätzer oder wie ausgerechnet Putin-Freund Schröder ätzt, der Provinzialismus, sind nicht nur bei Mützenich und Stegner mit Händen zu greifen. / Sondervermögen 1913, dem Parlament vom kleinen Sachbearbeiter Oberst Ludendorff aufgedrängt, aber zu wenig, um die aggressiven Mächte vom Krieg abzuhalten (abzuschrecken). Däne Georg Brandes verriet 1913, dass Kaiser und Kanzler »die beiden alten Frauen« genannt wurden, wegen ihrer Friedlichkeit. Ich abschließend: »Deutschland hat sogar schon mal versucht, einen ganzen Weltkrieg mit einem Friedenskanzler zu absolvieren. Theobald v. Bethmann Hollweg (Betbruder auf dem Holzweg) versuchte die ganze Zeit, sich Kompromisse auszudenken, welche für die bestimmt ebenso gutmütigen Gegner akzeptabel wären; und inzwischen wollte er sie nicht durch zu wirksame Kriegshandlungen verärgern – ohne zu bemerken, dass der bloße Widerstand die gescheiterten Eroberer gewaltig verärgerte. Bethmann ignorierte, dass die britische Propaganda den Deutschen die Mitgliedschaft in der Menschheit abstritt – nach bewährtem Muster aus dem Kolonialismus: für die Briten waren Inder und Iren unmündige Völker, die einen Vormund, eine Herrenrasse (Master Race) über sich brauchten, dann auch die Chinesen, die Türken, die Deutschen – der Krieg könne nur mit der Vernichtung des sich so bösartig wehrenden Opfers durch die edlen Kolonialmächte enden. Die Deutschen können sich nicht vorstellen, wie die Sicht verzerrend fanatischer Patriotismus wirken kann.« Für uns ist Nationalismus eher etwas Fremdes, wie Moltke 1868 schrieb: »Der Deutsche ist in Estland guter Russe, im Elsass guter Franzose, in Amerika eifriger Yankee, nur in Deutschland will er nicht Deutscher … sein.« (Das Phänomen »Hitler« war der schräge Versuch Deutschlands, so zu werden wie die anderen? Die größtmögliche Anomalie im sonst besonders friedlichen und (laut Bismarck) besonders uneigennützigen und objektiven Deutschland?)
[Einschub für diejenigen, die sagen: »Das bin ich anders gelernt worn« (Tucholsky). Frankreich verursachte zwei Weltkriege und die Karrieren Hitlers und Stalins, bloß um Revanche für den schiefgegangenen Eroberungs- und Hegemonialkrieg von 1870 zu verüben. Es verbündete sich dazu mit dem Autokraten, dem russischen Zaren. Während es diese zerstörerischen Verbrechen beging, war es eine Art Demokratie; das macht es schlimmer. Ein solches Frankreich sollte sich weit unten einsortieren, aber die USA erlaubten ihm, als Atommacht zu figurieren – wie der Kolonialherr die Tlaxcalaner gegen die Azteken ausspielte, um einen Kontinent zu beherrschen. / US-Spitzendiplomat George F. Kennan, The Fateful Alliance, 153f. Als der geheime Militärvertrag mit Frankreich geschlossen wurde, 1894, sagte Zar Alexander III. zu Außenminister Giers und Botschafter in Paris Vladimir Lamsdorf: Wenn er mit dem vereinigten Deutschland fertig sei, dann würde er der Herr der Welt sein. Zwei Jahre vorher hatte Generalstabschef Obruchev dem Zaren eingeschärft: Der Krieg dürfe nicht lokalisiert werden, denn das Ziel sei die Zerstörung Deutschlands und Österreichs (und der Türkei). Und die Generalmobilmachung sei die Kriegserklärung. Damit wird ein Kartenhaus von Propaganda Großbritanniens, Russlands und Frankreichs zu 1914 hinfällig, ihr Opfer Deutschland wäre der Täter gewesen. (Der Bruder des Zaren, Nikolajewitsch, war Oberbefehlshaber im 1.Weltkrieg. Diesen Onkel des Zaren Nikolai II. hat Außenminister Sasonow wohl gemeint, als er am 30.7.1914 nachts zum deutschen Botschafter Pourtalès sinngemäß sagte: Wenn der Zar nicht wegen Serbien einen Weltkrieg startete, würde er von den Ultra-Nationalisten gestürzt werden. Wilhelm II. kritzelte an den Rand: »Blödsinn! Diese Sorte von Politik birgt die ernstesten Gefahren für den Zaren in sich.« Vier Jahre später wurde der Zar mit seiner Familie erschossen, nicht von den Ultra-Nationalisten, sondern von Revolutionären.) Kennan stellte den expansiven Nationalismus 1890 dar, dem Zar Alexander III. verfiel, gleichzeitig fürchtete er die Ultras, die das Land dominierten. Wie heute bei Putin. (Der Däne Georg Brandes 1919: Die Briten hatten den friedlichen Handelskonkurrenten Deutschland ermordet, an dessen Stelle die USA traten, deutlich aggressiver; und die USA rüsteten wirklich eine riesige Kriegsflotte auf.)]
Ultra-Kurz Old Superheld:
Also, jetzt kurz gerafft den Inhalt von Winnetou I: Genauso kurz und Holterdiepolter wie hier geschildert, läuft die Verwandlung vom Greenhorn zum Superhelden auch im Buch: Karl May, der Ich-Erzähler, kommt aus Deutschland nach St.Louis, als Hauslehrer in einer deutschen Familie. Der Erfinder Henry mag ihn und gibt ihm den Bärentöter, später auch den Henrystutzen (wie die Winchester-Repetiergewehre). Als Vermesser für die Eisenbahn, der die Apachen nicht zugestimmt haben, begibt Charley sich – (Scharlieh, wie Winnetou sagt, mit dem er am Ende Blutsbrüderschaft schließt, die Schwester wird aber nicht zu einer Love-Story mit Heirat, sondern zum Glück vom Schurken Santer ermordet) – in den Wilden Westen. Unter den Fittichen von Sam Hawkens, dessen Großmutterland Deutschland ist. Und nun, rasch hintereinander, verübt das Greenhorn folgende Taten: Er verspricht dem Sachsen Klekih-petra, der stirbt, dass er die Apachen weiterhin zivilisatorisch anleiten wird, fängt den wilden Mustang mit dem Lasso (und das schlaue Maultier Mary für Sam). Schießt den wilden Bisonbullen, der Sam aufspießen will. Erlegt den Grizzly mit dem bloßen Bowiemesser. Befreit Winnetou und seinen Vater Intschu-irgendwie vom Marterpfahl der Kiowas. Besiegt den Häuptling Tangua (zur Abwechslung zu James Fenimore Cooper‘s Magua im Lederstrumpf) und den Apachenhäuptling Intschu-schuna im Schwimm-, Lauf-, Tomahawk-Wettkampf. (Nur dessen Mörder Santer entkommt immer wieder, ihn besiegt Old Shatterfaust erst, als Winnetou in Band III schon tot ist. Durch den Zufallstreffer eines unbekannten »Ogellallah«, bei einer Geiselbefreiung. Winnetou ahnt den Tod voraus, aber als Held darf er nicht kneifen. Wie durch ein Wunder entspricht die Handlung immer auch Mays Propaganda für das Christentum. In Old Surehand unterbricht er sogar die Handlung und erklärt uns seitenlang, jeder Mensch hätte mehrere Schutzengel, er wisse das sicher, weil er dran glaube. Kritiker bemängelten seine katholischen Glaubensinhalte, Karl May war Protestant, aber zielte wohl auf den Effekt beim Publikum.) Als echter Superheld wie Herkules oder Thor oder Iron Man, Captain America, Superman, Batman, Spiderman, löst Shatterman 12 Heldentaten.
Frappierend gelang May die Szene in Winnetou II., als Old Shatterhand in stockfinsterer Nacht auf einen stößt und ein gewaltiger lautloser Ringkampf stattfindet, bis sie mit letzter Kraft voreinander in die Dunkelheit entkommen – später erfährt er, dass er auf Old Firehand gestoßen war. Einen weiteren deutschen Superhelden, ehemals Oberförster in Sachsen, nun Gigant unter den Trappern.
Ein paar Floskeln: Pshaw! Zounds! Heavens! Schon reden sie wie Westmänner. Am Morgen und Abend klappt es gut, Good Morning, Good Evening. Leider glaubt Karl May, Amerikaner würden zur Begrüßung sagen: Good Day. Nur ein einziges Mal in über 20 durchgesehenen Büchern wird die Floskel korrekt verwendet, von Will Parker oder Dick Stone, den beiden anderen Kleeblättern neben Sam Hawkens, im Sinne von: Einen schönen Tag noch, good bye.
Old Shatterhand schleicht sich an und erfährt alle Pläne der Schurken. Die Superhelden sind hellwach, aber werden immer mal wieder wie Anfänger gefangen und gefesselt, damit Spannung aufkommt. Dann retten sie sich nicht einfach vorm Marterpfahl, sondern müssen auch ihre Wunderwaffen und Wunderpferde wieder bekommen. --Historian ATBT Zweimal (Diskussion) 14:24, 26. Jun. 2024 (CEST)
- @Historian ATBT Zweimal: Ich bin unsicher, ob und was ich dir darauf antworten soll. Du hast dir enorm viel Arbeit gemacht und sher viel Text produziert. Leider ist das alles für die Wikipedia nicht von Bedeutung. Was du dir aus den Texten herausliest und welche Bezüge zur deutschen Politik im Sommer 2024 du ziehst, ist WP:Theoriefindung. Wenn du Wertungen in die Wikipedia schreiben willst, brauchst du einen Beleg aus einer reputablen Veröffentlichung. Und zu allen Aspekten aus Leben und Werk von Karl May gibt es Fachveröffentlichungen. Auch zu den Waffen (zB Karl-May-Stiftung: Silberbüchse Bärentöter Henrystutzen, Die berühmtesten Gewehre des Wilden Westens. ISBN 3-910035-04-3, S. 82). Auch zu Rassismus und der Darstellung von Ethnien. Wenn du dazu etwas beitragen willst, musst du die Fachliteratur besorgen und auswerten. Grüße --h-stt !? 22:03, 10. Jul. 2024 (CEST)