EU-Arbeitsplatzgrenzwerte (englisch EU occupational exposure limits, EU OEL) und biologische Grenzwerte (BGW) können gemäß der Richtlinie 98/24/EG von der EU-Kommission festgelegt werden.[1] Die Richtlinie definiert den Arbeitsplatzgrenzwert als einen Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines chemischen Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Bei dem Referenzzeitraum handelt es sich üblicherweise entweder um 8 Stunden (englisch eight hours time-weighted-average, TWA) oder 15 Minuten (englisch short-term exposure limit, STEL).

EU-Arbeitsplatzgrenzwerte basierten bis 2019 auf den Empfehlungen des wissenschaftlichen Ausschusses für Grenzwerte berufsbedingter Exposition (SCOEL).[2] 2019 wurde diese Aufgabe dem Ausschuss für Risikobewertung (RAC) übertragen.[3] Es können zwei Arten von EU-Arbeitsplatzgrenzwerten unterschieden werden:[4] verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte (englisch binding occupational exposure limit values, EU BOELV) und Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte (englisch indicative occupational exposure limit values, EU IOELV).

Verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte (BOELV)

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Verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte der EU sind Mindeststandards, die von allen Mitgliedstaaten übernommen werden müssen.[5] Der nationale Grenzwert für einen Arbeitsstoff darf also niedriger (d. h. strenger) sein als der verbindliche Arbeitsplatzgrenzwert, aber er darf nicht höher sein als dieser.

Die verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte der EU basieren nicht ausschließlich auf wissenschaftlichen Daten zum Gesundheitsschutz, sondern berücksichtigen auch sozioökonomische Aspekte und die technische Machbarkeit.[1][6] Demnach entsprechen die verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte der EU z. B. nicht der deutschen Definition des Arbeitsplatzgrenzwertes nach § 2 Abs. 8 der GefStoffV, bei dessen Einhaltung akute oder chronisch schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.[7] Aus diesem Grund werden sie nicht in der TRGS 900 geführt.[5] In Deutschland werden die verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte der EU über § 7 Abs. 11 der GefStoffV in nationales Recht überführt.[8][9]

Bisher wurden in Richtlinien (98/24/EG, 2004/37/EG, 2009/148/EG[10], 2017/2398/EU[11], 2019/130/EU[12] und 2022/431/EU[13]) verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte für insgesamt 22 Arbeitsstoffe festgelegt:[5]

Verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte (BOELV) der EU
Arbeitsstoff EU-Richtlinie BOELV Referenz
Blei und anorganische Bleiverbindungen 98/24/EG 0,15 mg/m³ [1]
Benzol 2004/37/EG 1 ml/m³ [14]
Hartholzstäube 2004/37/EG

2017/2398/EU

2 mg/m³ (E) [14][11]
Vinylchlorid 2004/37/EG

2017/2398/EU

2,6 mg/m³ [14][11]
Asbest 2009/148/EG 100.000 F/m³ [10]
Acrylamid 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,1 mg/m³ [14][11]
Bromethylen 2004/37/EG

2017/2398/EU

4,4 mg/m³ [14][11]
1,3-Butadien 2004/37/EG

2017/2398/EU

2,2 mg/m³ [14][11]
Chrom (VI)-Verbindungen 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,005 mg/m³ (als Chrom) [14][11]
1,2-Epoxypropan (Propylenoxid) 2004/37/EG

2017/2398/EU

2,4 mg/m³ [14][11]
Ethylenoxid 2004/37/EG

2017/2398/EU

1,8 mg/m³ [14][11]
Hydrazin 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,013 mg/m³ [14][11]
Keramikfasern, feuerfest 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,3 F/ml [14][11]
2-Nitropropan 2004/37/EG

2017/2398/EU

18 mg/m³ [14][11]
Siliciumdioxid, kristallin, alveolengängig 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,1 mg/m³ [14][11]
o-Toluidin 2004/37/EG

2017/2398/EU

0,5 mg/m³ [14][11]
Dieselmotoremissionen 2004/37/EG

2019/130/EU

0,05 mg/m³ (EC) [14][12]
Epichlorhydrin
2004/37/EG

2019/130/EU

1,9 mg/m³ [14][12]
Ethylendibromid
2004/37/EG

2019/130/EU

0,8 mg/m³ [14][12]
Ethylendichlorid 2004/37/EG

2019/130/EU

8,2 mg/m³ [14][12]
4,4'-Methylendianilin
2004/37/EG

2019/130/EU

0,08 mg/m³ [14][12]
Trichlorethylen 2004/37/EG

29/130/EU

54,7 mg/m³ [14][12]

Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte (IOELV)

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Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte der EU müssen von den zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Erlassung von rechtlich bindenden Arbeitsplatzgrenzwerten berücksichtigt werden. Es besteht jedoch keine ausdrückliche Verpflichtung, den Luftgrenzwert exakt in der von der EU-Kommission empfohlenen Höhe zu übernehmen.[9] Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte basieren ausschließlich auf wissenschaftlichen Daten zur Gesundheitsgefährdung durch einen bestimmten Arbeitsstoff.[1][6]

Bisher wurden in vier Richtlinien Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte festgelegt:[4]

Falls in Deutschland für einen Arbeitsstoff kein Arbeitsplatzgrenzwert nach TRGS 900 festgelegt ist, kann nach TRGS 402 zur Bewertung der Exposition z. B. der Arbeitsplatz-Richtgrenzwert der EU herangezogen werden.[4][15]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit
  2. Beschluss 2014/113/EU der Europäischen Kommission zur Einsetzung eines Wissenschaftlichen Ausschusses für Grenzwerte berufsbedingter Exposition gegenüber chemischen Arbeitsstoffen und zur Aufhebung des Beschlusses 95/320/EG
  3. [1] DG Employment, Social Affairs & Inclusion, abgerufen am 19. September 2019.
  4. a b c Ausländische und EU-Grenzwerte Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, abgerufen am 27. Juni 2015
  5. a b c Verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte der EU-Kommission Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, abgerufen am 27. Juni 2015.
  6. a b SCOEL's involvement in setting Occupational Exposure Limits Dokument des Wissenschaftlichen Ausschuss für Grenzwerte berufsbedingter Exposition (SCOEL), abgerufen am 27. Juni 2015.
  7. Gefahrstoffverordnung § 2 Begriffsbestimmungen
  8. Gefahrstoffverordnung § 7 Grundpflichten
  9. a b Herkunft deutscher Luftgrenzwerte GESTIS, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, abgerufen am 27. Juni 2015.
  10. a b Richtlinie 2009/148/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdungen durch Asbest am Arbeitsplatz
  11. a b c d e f g h i j k l m n Richtlinie (EU) 2017/2398 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit, abgerufen am 7. Februar 2019
  12. a b c d e f g Richtlinie (EU) 2019/130 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit, abgerufen am 7. Februar 2019
  13. EUR-Lex: Richtlinie(EU) 2022/431 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit. In: EUR-Lex. Abgerufen am 5. September 2022.
  14. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit.
  15. Technische Regel für Gefahrstoffe 402 Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition, BAuA, abgerufen am 29. Juni 2015