Erfurter Enchiridion
Das Erfurter Enchiridion (zu altgriechisch ἐγχειρίδιον encheirídion, deutsch sinngemäß: „Handbüchlein“) ist eines der ersten protestantischen Gesangbücher. Es erschien 1524 in Erfurt in zwei konkurrierenden Ausgaben.[1]
Entstehung
BearbeitenLuthers Lieder und andere protestantische Lieder wurden als Einblattdrucke vertrieben und trugen zur Verbreitung protestantischen Gedankenguts bei. Diese Lieder wurden dann in ersten Sammlungen zusammengefasst gedruckt, so auch das Achtliederbuch und das Wittenberger Gesangbüchlein, die beide im gleichen Jahr erschienen. Das Erfurter Enchiridion erschien in zwei fast gleichen Ausgaben bei zwei verschiedenen Druckern, bei Johannes Loersfeld „in der Permentergasse zum Färbefass“ und bei Matthes Maler „Zum Schwarzen Horn bei der Krämerbrücke“ (die Druckortangaben beziehen sich auf die Hausnamen in Erfurt). Beide Bücher sind bis auf ein Lied identisch. Das doppelte Erscheinen und der flüchtige Druck lassen darauf schließen, dass der Druck aus Konkurrenzgründen in Eile geschah und eine große Nachfrage bestand. Wahrscheinlich war der Druck von Loersfeld der erste und wurde von Maler kopiert.
Beschreibung
BearbeitenDie Fassung von Loersfeld wurde im Oktavformat gedruckt und umfasst 48 – davon 47 bedruckte – Seiten. Sie enthält 25 Lieder, die deutsche Fassung des Glaubensbekenntnisses und eine zweiseitige Vorrede ohne Verfasserangabe. Die Fassung von Maler enthält ein Lied weniger. Die Anzahl der einstimmigen Choralmelodien beläuft sich auf 16. Von den Liedern stammen 18 von Martin Luther, dessen Name aber nur bei einem Titel genannt wird. Von den anderen Chorälen wurden drei von Paul Speratus verfasst, je einer von Justus Jonas dem Älteren, Elisabeth Cruciger und Erhard Hegenwald. Ein Lied wird Jan Hus zugeschrieben, ein Autor ist nicht bekannt. Die Anordnung der Lieder ist nicht systematisch, nur sieben Psalmnachdichtungen bilden eine zusammenhängende Gruppe. Fünf weitere Lieder sind deutsche gereimte Fassungen von lateinischen, liturgischen Gesängen. Das Lied „Ein neues Lied wir heben an“ beschreibt die Hinrichtung der beiden Mönche und Märtyrer der Reformation Hendrik Vos und Johannes van Esschen in Brüssel.
Der Autor der Vorrede kritisiert den alten Kirchengesang als Geschrei der „Baalspriester“ und „Waldesel“. Die enthaltenen Lieder seien dagegen in der heiligen Schrift begründet und dienten der Besserung, der Lehre sowie der Erziehung der Jugend. Ein Christ solle sie immer bei sich tragen zur ständigen Übung.
Viele der Lieder des Erfurter Enchiridions fanden weite Verbreitung, 17 sind noch heute im Evangelischen Gesangbuch, teils mit anderer Melodie, enthalten.
Inhalt
BearbeitenEdition und Transkription
BearbeitenLiteratur
Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens
- Wolfgang Herbst: Erfurter Enchiridion (Handbüchlein). In: Wer ist wer im Gesangbuch? Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 86–87.
- Christiane und Kai Brodersen (Hrsg.): Ein Enchiridion oder Handbüchlein geistlicher Gesänge und Psalmen (Erfurt 1524). Kartoffeldruck-Verlag, Speyer 2008, 2., verbesserte Aufl. 2011, ISBN 978-3-939526-03-2.
- Helmut Liersch: Ein Unikat in der Marktkirchen-Bibliothek Goslar: Das Erfurter Färbefaß-Enchiridion von 1524. In: Otmar Hesse (Hrsg.): Die Reformation in der Reichsstadt Goslar (= Goslarsches Forum, Band 6). Verlag Goslarsche Zeitung, Goslar 2013, ISBN 978-3-9813191-7-0, S. 40–44 und 81–83.
- Henrike Lähnemann: Das Erfurter „Enchiridion“ in der Goslarer Marktkirchen-Bibliothek. In: Helmut Liersch (Hrsg.): Marktkirchen-Bibliothek Goslar. Beiträge zur Erforschung der reformationszeitlichen Sammlung. Regensburg 2017, S. 232–243.
- Andreas Marti: Die drei von 1524. Achtliederbuch – eyn geystlich Gesangk Buchleyn – Erfurter Enchiridien. In: Musik & Kirche. Die Zeitschrift für Kirchenmusik, Jg. 94 (2024), Heft 1, S. 14–18.
Weblinks
BearbeitenFußnoten
Bearbeiten- ↑ Andreas Marti: Die drei von 1524. Achtliederbuch – eyn geystlich Gesangk Buchleyn – Erfurter Enchiridien. In: Musik & Kirche, Jg. 94 (2024), Heft 1, S. 14–18.