Felix Leo[1] Halle (* 1. Mai 1884 in Berlin; † 5. November[2] 1937 in Butowo/Moskau) war ein deutscher Jurist während der Zeit der Weimarer Republik. 1937 wurde er Opfer des Großen Terrors in der Sowjetunion.

Halle wurde als Sohn des jüdischen Bankiers Albert Halle und der Meta geb. Cohn in der elterlichen Wohnung an der Neuen Promenade 3 in der Spandauer Vorstadt geboren[1]. Von 1902 bis 1905 studierte er Staats- und Rechtswissenschaften in Berlin. Ob er ein Referendariat absolvierte, ist ungesichert,[3] jedenfalls trat er nicht als Anwalt auf. 1913 gründete er den Neuen Deutschen Verlag (den er 1924 an Willi Münzenberg verkaufte).

1912 wurde er Mitglied der SPD, 1917 der USPD und arbeitete für deren Pressedienst. In dieser Zeit wurde er ein Mitglied im Bund der Freimaurer.[4] Während des Ersten Weltkrieges publizierte Halle Ideen für eine Friedensordnung, in der er neben dem Völkerbund die Überwindung des Nationalismus durch eine „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ sah.

1919 wurde er Rechtswissenschafts-Professor der Universität zu Berlin und reiste im Folgejahr auf Vorschlag und Empfehlung von Ernst Däumig und Clara Zetkin nach Sowjetrussland. Er arbeitete dort im Wissenschaftsrat des Volkskommissariats für Justiz (NKJu) und kehrte 1921 mit einem Forschungsauftrag (Straf- und Prozeßrecht) nach Deutschland zurück. Seit Ende 1920 Mitglied der KPD, war er von 1922 bis 1926 Leiter der juristischen Zentralstelle der KPD-Reichs- und Landtagsfraktion sowie seit 1927 der juristischen Zentralstelle der Roten Hilfe. Bekanntheit erlangte in der Weimarer Republik sein juristischer Leitfaden Wie verteidigt sich der Proletarier in politischen Strafsachen (1924).

Auf KPD-Vorschlag war er 1928 und 1930 Mitglied des Staatsgerichtshofes der Weimarer Republik. Er lieferte Gutachten zu politischen Prozessen, wie zum Fall des verurteilten sowjetischen Diplomaten Towia Axelrod (Münchner Räterepublik), dem Wiederaufnahmeverfahren von Max Hoelz und der Bülowplatz-Affäre, in die auch Erich Mielke involviert war. Daneben arbeitete Halle eng mit dem Institut für Sexualwissenschaft um Magnus Hirschfeld und der Weltliga für Sexualreform zusammen und engagierte sich für die Entkriminalisierung von Homosexualität und Abtreibung und die Reform des Ehe- und Familienrechts. In der KPD war Halle antisemitischen Vorurteilen ausgesetzt.

Halle lehrte Strafrecht an der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH) und war 1929 Mitbegründer der Internationalen Juristischen Vereinigung. In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde er verhaftet und einen Monat später wieder freigelassen. Über Ascona (wo er die Frauenrechtlerin Helene Stöcker kennenlernte),[5] Prag und Paris emigrierte er in die Sowjetunion, wo er seit 1934 am Moskauer Institut für Kriminalistik arbeitete. 1935 hielt er sich zeitweise in der Schweiz auf, um (erfolgreich) dem deutschen Auslieferungsantrag gegen Heinz Neumann an das Dritte Reich entgegenzuarbeiten. 1936 erarbeitete er im Auftrag des Exekutivkomitees der Komintern (EKKI) in der Pariser Kun-Kommission aus der Anklageschrift Ernst Thälmanns eine Verteidigungsstrategie.

Zurück in Moskau wurde Halle im Zuge der Deutschen Operation des NKWD[6] am 5. August 1937 verhaftet und konterrevolutionärer, trotzkistischer Tätigkeit angeklagt. Aus der KPD ausgeschlossen, wurde er am 1. November 1937 zum Tode verurteilt und am 5. November[2] erschossen. Die Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK) der SED rehabilitierte ihn 1956.

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Die völkerrechtliche Unverletzlichkeit der Gesandten. Ein Rechtsgutachten zum Hochverratsprozeß gegen den Vertreter der Russischen Sowjetrepublik Dr. Axelrod. Rätebund, Berlin 1921.
  • Vorwort. In: [Max Hölz]: Hölz' Anklagerede gegen die bürgerliche Gesellschaft. Gehalten vor dem Moabiter Sondergericht am 22. Juni 1921 in Berlin. Nach dem stenographischen Bericht. Mit einem Vorwort von Felix Halle. Frankes Verlag, Leipzig/Berlin [1921], S. 3–5.
  • Wie verteidigt sich der Proletarier in politischen Strafsachen vor Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht? Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1924. - (2. Unveränderte Auflage 1924. Dritte Auflage 1929. Vierte erweiterte Auflage 1931.)
  • Anklage gegen Justiz und Polizei. Zur Abwehr der Verfolgung gegen das proletarische Hilfswerk für die politischen Gefangenen und deren Familien. Mopr Verlag, Berlin 1926.
  • Geschlechtsleben und Strafrecht. Vorwort v. Magnus Hirschfeld. Mopr Verlag, Berlin 1931.

Literatur

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  • Volkmar Schöneburg: Kriminalwissenschaftliches Erbe der KPD. 1919–1933. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989, ISBN 3-329-00468-1.
  • Hans-Jürgen Schneider, Erika Schwarz: Die Rechtsanwälte der Roten Hilfe Deutschlands. Politische Strafverteidiger in der Weimarer Republik. Geschichte und Biografien. Pahl-Rugenstein-Verlag, Bonn 2002, ISBN 3-89144-330-7.
  • Josef Schwarz: Zu Unrecht vergessen. Felix Halle und die deutsche Justiz. GNN, Schkeuditz 1997, ISBN 3-929994-87-9.
  • Ulrich Stascheit: Felix Halle (1883–1937), Justitiar der Kommunistischen Partei. In: Kritische Justiz (Hrsg.): Streitbare Juristen. Eine andere Tradition. Nomos, Baden-Baden 1988, ISBN 3-7890-1580-6, S. 153 ff.
  • Carola Tischler: Zwischen Selbststilisierung und Selbstaufgabe. Felix Halle und die KPD. In: Sabine Hering, Kurt Schilde (Hrsg.): Die Rote Hilfe. Die Geschichte der internationalen kommunistischen „Wohlfahrtsorganisation“ und ihrer sozialen Aktivitäten in Deutschland (1921–1941). Leske + Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3634-X, S. 233 ff. (online)
  • Halle, Felix. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.

Einzelnachweise

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  1. a b Geburtsregister StA Berlin IX Nr. 990/1884
  2. a b Hermann Weber, Jakov Drabkin, Bernhard H. Bayerlein (Hrsg.): Deutschland, Russland, Komintern. Teil: 2., Dokumente (1918-1943): nach der Archivrevolution: neuerschlossene Quellen zu der Geschichte der KPD und den deutsch-russischen Beziehungen. De Gruyter, Berlin München Boston 2015, ISBN 978-3-11-033976-5, S. 1450, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche. – In: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945 (siehe Literatur) wird abweichend der 3. November als Todesdatum genannt.
  3. Carola Tischler: Zwischen Selbststilisierung und Selbstaufgabe. Felix Halle und die KPD. In: Sabine Hering, Kurt Schilde (Hrsg.): Die Rote Hilfe. Die Geschichte der internationalen kommunistischen "Wohlfahrtsorganisation" und ihrer sozialen Aktivitäten in Deutschland. Mit einem Vorwort von Rudolph Bauer. Leske + Budrich Auflage. Opladen, ISBN 978-3-8100-3634-6, S. 234.
  4. Scholle, Thilo: Eine andere Tradition - Erinnerung an kritische Juristinnen und Juristen (Felix Halle, Max Hirschberg, Hans Litten, Elisabeth Kohn) Forum Recht: 04/2003 (Zeitschrift: 139–141)
  5. Helene Stöcker: Lebenserinnerungen, hg. von Reinhold Lütgemeier-Davin u. Kerstin Wolff. Köln: Böhlau, 2015, 271.
  6. Alexander Vatlin: „Was für ein Teufelspack“: Die Deutsche Operation des NKWD in Moskau und im Moskauer Gebiet 1936 bis 1941. Metropol, Berlin 2013, ISBN 978-3-86331-090-5, S. 307.
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