Gegenabhängigkeit bezeichnet in der Psychologie eine Form von subjektiv psychischer Abhängigkeit: Aus dem Bedürfnis eines Individuums, einer Gruppe oder auch einer sozialen Bewegung resultiert die abhängige Gegenreaktion – wie beispielsweise Trotz, Rebellion,[1] parentifizierte Anmaßung etc.

Nach dem gruppendynamischen Modell der rangdynamischen Positionen (Schindler 1957) steht in Gruppen häufig das Mitglied, das die Omega-Position einnimmt, in Gegenabhängigkeit zur Alpha-Position. Eine Unterphase der Gegenabhängigkeit entsteht zuweilen nach einer Phase der Abhängigkeit.[2]

Gegenabhängigkeit (Kodependenz) in der Psychotherapie

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In sozialen Beziehungen ist der Gegenabhängige (Kodependente) häufig Gegenspieler bzw. komplementärer Partner des Co-Abhängigen.[3] Psychisch Kranke, die in ihrem Therapeuten die gegenabhängige Rolle der „kritischen Eltern“ suchen, erwarten damit Gegenübertragung durch den jeweiligen Therapeuten.[4] Übernimmt der Therapeut oder der Sozialarbeiter die gegenabhängige Position („bessere Eltern“),[5] wirkt dies kontraproduktiv gegenüber Hilfesuchenden (Vgl. Reparenting).[6]

Siehe auch

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  • Interdependenz (gegenseitige Abhängigkeit – „Zwischenabhängigkeit“)

Einzelnachweise

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  1. Klaus Antons: Ansprüchliche Autonomie – die Gruppe „Alf“. In: Gruppenprozesse verstehen. Gruppendynamische Forschung und Praxis, Opladen 2001, S. 132.
  2. Vgl. Rainer Fliedl, Maria Majce-Egger: Gruppenmodelle. In: Gruppentherapie und Gruppendynamik. Dynamische Gruppenpsychotherapie, Wien 1999, S. 106 ff.
  3. Reinhard T. Krüger: Störungsspezifische Psychodramatherapie. Theorie und Praxis. Göttingen 2015, S. 518 ff.
  4. Nicholas Jenner, 2013: When Co-dependency becomes Counter-dependency (Memento vom 12. Januar 2016 im Internet Archive)
  5. George A. Kelly: The Psychology of Personal Constructs. Vol. II. Clinical Diagnosis and Psychotherapy. Oxford 2003, p. 81: "The therapist who cannot adequately construe his client within a set of professional constructs runs the risk of transferring his own dependencies upon the client."
  6. Vgl. Manfred Clemenz: Psychoanalytische (gruppenanalytische) Gruppenselbsterfahrung in berufshomogenen Gruppen. In: Psychoanalyse in der Weiterbildung. Zur Professionalisierung sozialer Arbeit. Opladen 1992, S. 18.