Hirsch Glik (pol. Hirsz Glik, geboren am 24. April 1922 in Wilna, damals Polen; gestorben 1944 in Estland) war ein jiddischsprachiger Dichter in Nordostpolen bzw. Litauen. Seine vertonten Gedichte und Lieder zählen zu den bekanntesten jiddischen Partisanenhymnen gegen die NS-Terrorherrschaft.

Partisanendenkmal in Bat Yam mit der Inschrift zog nit keynmol, az du geyst dem letstn veg

Hirsch Glik wuchs in Wilna auf und schrieb bereits in seiner frühen Jugendzeit Gedichte. Er gehörte als eines der jüngsten Mitglieder der Künstlergruppe Yung Vilne an.[1] Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion und der Einnahme Wilnas im Juli 1941 wurde Glik, Mitglied der sozialistisch-zionistischen Jugendgruppe Hashomer Hatzair,[2] in das Konzentrationslager Weiße Wache und später mit allen Mitgefangenen in das Ghetto Vilnius gebracht. Dort schloss er sich der Fareinikte Partisaner Organisatzije an, die Lebensmittel, Kleidung, Waffen und Sprengstoff schmuggelte, und nahm 1942 an einem Aufstand im Ghetto teil. Während dieser Zeit schrieb er weiterhin Gedichte und Liedtexte, darunter 1943 als bekannteste die jiddische Partisanenhymne Zog nit keynmol, az du geyst dem letstn veg – Sage niemals, dass du den letzten Weg gehst[3] (zu einer Melodie von Dmitri Jakowlewitsch Pokrass),[4] die Glik laut Kurt Schilde im April/Mai 1943 zu Ehren der Aufständischen des Warschauer Ghettos schrieb,[5] und zwar in einem Zwangsarbeiterlager bei Wilna.[6] Ein weiteres bekanntes Lied ist Shtil, di nakht iz oysgeshternt – Still, die Nacht ist voller Sterne.[7] Hirsch Glik geriet 1944 in deutsche Gefangenschaft und wurde in ein Konzentrationslager[8] in Estland gebracht, von wo ihm die Flucht in die umliegenden Wälder gelang. Kurze Zeit später fiel er im Kampf gegen deutsche Truppen im Alter von 22 Jahren.

In den 1940er und 1950er Jahren gab Nachman Meisel[9] Lieder und Texte Gliks auf Jiddisch heraus. 1966 veröffentlichte der Holocaust-Überlebende und -Historiker Meir Dworzecki[10] ein englischsprachiges Buch zu Glik. Einer breiteren deutschen Öffentlichkeit wurde Glik durch Lutz van Dijks Jugendroman Der Partisan von 1991 bekannt, der Gliks Leben behandelt.

  • Hirsh Glick: Lider un poemes. Mit an areinfir fun Nachman Meisel. Aber Press, New York 1953 (Digitalisat, jiddisch).

Literatur

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Einige jiddische Texte von und über Hirsch Glik befinden sich als Digitalisate der Steven Spielberg Digital Yiddish Library im Internet Archive.[11]

  • Nachman Majzel: Hirsch Glick un zein Lied „Zog nisht keinmol“. Ykuf, New York 1949 (Digitalisat, jiddisch).
  • Nachman Meisel: Noente un eigene (From Jacob Dineson to Hirsh Glick). Grenich Printing, New York 1966, Kapitel zu Glik, S. 362–378 (Digitalisat, jiddisch).
  • Meir Mark Dworzecki: Hirsch Glik. The Author of the Jewish Partisan Hymn. Paris 1966.
  • Lutz van Dijk: Der Partisan. Das kurze Leben von Hirsch Glik. Mit einem Nachwort von Esther Bejarano: „Poesie als Waffe?“. Alibaba, C. Bertelsmann Jugendbuchverlag, Frankfurt am Main 1991 (Neuauflage München 2002, ISBN 3-570-30049-8).
  • Yehiel Szeintuch: Glik, Hirsh. In: Israel Gutman (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Band 1. Berlin 1993, S. 544 f.
  • Anna Lipphardt: Vilne – die Juden aus Vilnius nach dem Holocaust – eine transnationale Beziehungsgeschichte. Schöningh, Paderborn 2010, Kapitel 11. Zog nit keynmol, az du geyst dem letstn veg! Vom Vilner Widerstandslied zur jüdischen Transnational-Hymne. S. 293–342. Unterkapitel 11.1, Wer war Hirsh Glik? S. 296f.
  • Max Czollek: "Sog nit kejn mol, as du gejsst dem leztn weg". Zu einem Archiv wehrhafter Poesie bei Hirsch Glik. Heidelberg: Das Wunderhorn 2020 (Reihe Zwiesprachen der Stiftung Lyrik Kabinett). ISBN 978-3-88423-634-5
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Einzelnachweise

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  1. Gudrun Schroeter: Worte aus einer zerstörten Welt. Das Ghetto in Wilna (= Kunst und Gesellschaft. Studien zur Kultur im 20. und 21. Jahrhundert. Band 4). Röhrig, St. Ingbert 2008, S. 49.
  2. Kurt Schilde: „Sog nit kejnmol, as du gejsst dem letztn Weg“. Widerstand der Ghettojugend in Osteuropa. In: ders.: Jugendopposition 1933–1945. Ausgewählte Beiträge. Mit einem Geleitwort von Johannes Tuchel. Lukas, Berlin 2007, S. 92–103, hier S. 92.
  3. זאָג ניט קײנמאָל, אַז דו גײסט דעם לעצטן װעג
    YIVO: zog nit keynmol, az du geyst dem letstn veg
    IPA: zɔg nɪt kenmɔl, ɑz du gest dɛm lɛtˢtn̩ vɛg
  4. Partisans of Vilna. (Memento des Originals vom 27. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.yadvashem.org In: Heartstrings. Music of the Holocaust. Yad Vashem (englisch, mit Liedtext und Noten); Sog nischt kejnmol. Text und Musik von Hirsch Glik, in einer Interpretation des Folk-Liedermacherduos Zupfgeigenhansel, YouTube-Video.
  5. Kurt Schilde: „Sog nit kejnmol, as du gejsst dem letztn Weg“. Widerstand der Ghettojugend in Osteuropa. In: ders.: Jugendopposition 1933–1945. Ausgewählte Beiträge. Mit einem Geleitwort von Johannes Tuchel. Lukas, Berlin 2007, S. 92–103, hier S. 92.
  6. Gudrun Schroeter: Worte aus einer zerstörten Welt. Das Ghetto in Wilna (= Kunst und Gesellschaft. Studien zur Kultur im 20. und 21. Jahrhundert. Band 4). Röhrig, St. Ingbert 2008, S. 49.
  7. Julia Smilga: Das mutige Mädchen. Die Geschichte eines jiddisches Partisanenlieds. In: Deutschlandfunk Kultur, 25. April 2014. Shtil, die nacht is oysgeschternt, jiddisches Partisanenlied aus dem Zweiten Weltkrieg, Text und Musik von Hirsch Glik, in einer Interpretation von Daniel Kempin, YouTube-Video (untermalt mit zeitgenössischen Fotografien, insbesondere aus dem jüdischen Partisanenkampf gegen NS-Deutschland in Osteuropa).
  8. Laut Kurt Schilde: „Sog nit kejnmol, as du gejsst dem letztn Weg“. Widerstand der Ghettojugend in Osteuropa. In: ders.: Jugendopposition 1933–1945. Ausgewählte Beiträge. Mit einem Geleitwort von Johannes Tuchel. Lukas, Berlin 2007, S. 92–103, hier S. 92, waren es verschiedene Konzentrationslager.
  9. Nachman Meisel, Editor and Literary Critic, Dies in Israel; Was 79. In: Jewish Telegraphic Agency, 29. April 1966 (englisch).
  10. Boaz Cohen: Dr Meir (Mark) Dworzecki: the historical mission of a survivor historian. In: Holocaust Studies. Band 21, 2015, S. 24–37 (Abstract).
  11. Suchabfrage mit Digitalisaten jiddischer Bücher über Glik.