Hochkirchliche Bewegung

spirituelle Strömung in der lutherischen und evangelischen Kirche

Die hochkirchliche Bewegung bezeichnet eine theologische und geistliche Richtung innerhalb der evangelischen, insbesondere der lutherischen Kirche. Die Wurzeln der evangelischen hochkirchlichen Bewegung liegen im Neuluthertum des 19. Jahrhunderts, im Anglokatholizismus, der insbesondere die Schwedische Kirche beeinflusst hat, und in der liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts.

Der Begriff hochkirchlich

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Das Wort hochkirchlich kam in Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts auf. Es ist abgeleitet vom englischen Ausdruck High Church, der dort den Anglokatholizismus, eine Ausprägung innerhalb des Anglikanismus, bezeichnet (Gegensatz: Low Church).

Hochkirchliche Spiritualität bezieht sich in einer einzigen Glaubensbewegung auf Jesus Christus und zugleich auf die eine, sichtbare, sakramentale und katholische, also alle Zeiten und Völker umfassende Kirche, die sein Leib und seine fortdauernde Gegenwart ist. Sie setzt diese Kirche aber nicht mit der römisch-katholischen und/oder orthodoxen Kirche gleich, sondern erkennt sie in allen Konfessionen, die den Glauben der ersten fünf christlichen Jahrhunderte teilen.

Hochkirchliche Gottesdienste sind in der heiligen Messe und im Stundengebet von den liturgischen Formen der alten lutherischen und somit „katholischen“ Tradition geprägt. Insbesondere die allsonntägliche Abendmahlsfeier wird durch Gebete, Gesänge und Gewänder als Ostermahl des Herrn mit seiner Kirche gestaltet. Dabei wird streng auf die Unterscheidung der unkonsekrierten von den konsekrierten Mahlgestalten geachtet. Letztere werden entweder restlos verzehrt oder für die Krankenkommunion würdig aufbewahrt. Hochamt ist eine feierliche Form der Feier der Eucharistie (Missa Solemnis).

Teile der Hochkirchlichen Bewegung legen, im Unterschied zu rein liturgischen Bewegungen, großen Wert auf ein durch apostolische Sukzession übertragenes geistliches Amt. Dabei wird das kirchliche Amt in großer Nähe zum römisch-katholischen Priester- und Bischofsverständnis begriffen. Einzelne hochkirchliche Pastoren und Diakone bemühen sich um die Priesterweihe durch einen in der apostolischen Sukzession stehenden Bischof.

Andere sehen die „presbyteriale“ (also zeitweise nur von Priestern an Priester weitergegebene) Ordination als durch die Wirren der Reformationszeit bedingte, hinreichende Notordnung an.

Hochkirchliche Bewegung in Deutschland

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Am Beginn der deutschen evangelischen hochkirchlichen Bewegung stehen die 1917 von dem norddeutschen Pastor Heinrich Hansen anlässlich des 400. Jahrestages des Beginns der Reformation veröffentlichten 95 Thesen Stimuli et clavi (= „Spieße und Nägel“). 1918 entstand die Hochkirchliche Vereinigung Augsburgischen Bekenntnisses, in der sehr schnell Friedrich Heiler führend wurde. An der Prägung der deutschen hochkirchlichen Bewegung waren auch die Berneuchener Bewegung und die Kirchliche Arbeit Alpirsbach beteiligt. In den hochkirchlichen Bruderschaften und Gemeinschaften, die auf das Wirken von Helmut Echternach zurückgehen (unter anderem St.-Athanasius-Bruderschaft, Kommunität St. Michael, Hochkirchliches Apostolat St. Ansgar), wird die historisch-kritische Auslegung der Bibel abgelehnt und das lutherische Bekenntnis stark betont. Letzteres findet sich in deutschen hochkirchlichen Kreisen sonst nur in der Evangelisch-Lutherischen Gebetsbruderschaft und der Brüderngemeinde in Braunschweig.

Zur Hochkirchlichen Bewegung gehören Bruderschaften wie

Zur Hochkirchlichen Bewegung rechnen sich auch Kommunitäten, bekennende Gemeinschaften bzw. evangelische Gemeinden wie zum Beispiel

Ferner gibt es (lutherisch-)evangelische Gemeinden, die sich nicht direkt zur hochkirchlichen- oder hochliturgischen Bewegung zählen, die aber durch sie beeinflusst worden sind und in denen regelmäßig die evangelische Messe gefeiert oder die Stundengebete gebetet werden und die Gregorianik hochgehalten wird, wie z. B. die Gartenkirche St. Marien und die Gnadenkirche zum Heiligenkreuz in Hannover.

Die Hochkirchliche Bewegung genießt innerhalb des deutschen Protestantismus, in dem sie zahlenmäßig eine kleine Minderheit bildet, mitunter Beachtung und Wertschätzung, erfährt aber oft auch strikte Ablehnung oder Spott.[3] Letzterer thematisiert vor allem die feierlichen, „katholisierenden“ Formen. Die ernsthafte theologische Kritik setzt bei der Frage an, inwieweit ein katholisches Amts- und Sakramentsverständnis mit dem breiten Spektrum der evangelischen Ordinations- und Abendmahlspraxis kompatibel ist.

Vordenker der Hochkirchlichkeit in Deutschland

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Siehe auch

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Literatur

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  • Hans Asmussen: Die Kirche und das Amt. Chr. Kaiser Verlag München 1939.
  • Karl-Heinrich Bieritz: Die Hochkirchliche Bewegung in Deutschland und die Gestaltung des Messgottesdienstes. Jena 1962 (Jena, Diss. 14. Jan. 1963).
  • Karsten Bürgener: Segen, Amt und Abendmahl. Was die Bibel dazu sagt, und welche Konsequenzen sich daraus für das kirchliche Handeln ergeben. 2. gründlich überarbeitete und erweiterte Auflage. Selbstverlag, Bremen 1995.
  • Karsten Bürgener: Die bischöfliche Konfirmation. Das Sakrament der Endzeit. Plädoyer eines lutherischen Pastors für die heilige Firmung. Selbstverlag, Bremen 2006.
  • W. Drobnitzky: Hochkirchliche Bewegung. In: Kurt Galling (Hrsg.): Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. (RGG). Band 3: H – Kon. 3. Auflage. Mohr, Tübingen 1959.
  • Helmut Echternach: Segnende Kirche. 3. erweiterte Auflage. Velmede, Hamburg 1968.
  • Hans Hartog: Evangelische Katholizität. Weg und Vision Friedrich Heilers. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1995, ISBN 3-7867-1836-9.
  • Theo Hauf, Ursula Kisker (Hrsg.): Siebzig Jahre Hochkirchliche Bewegung (1918–1988). Hochkirchliche Arbeit. Woher? Wozu? Wohin? Jubiläumsdruck. Hochkirchliche Vereinigung Augsburgischen Bekenntnisses, Bochum 1989 (Eine Heilige Kirche. NF 3 ZDB-ID 518086-7).
  • Friedrich Heiler: Die Sakramentsnot der evangelischen Kirche. Reinhardt, München 1932 (Die Hochkirche Jg. 14, Nr. 4/5 = Sonderheft, ZDB-ID 214363-x).
  • Friedrich Heiler (Hrsg.): Evangelium und Hochkirchentum. Reinhardt, München 1932 (Die Hochkirche Jg. 14, Nr. 10/11 = Sonderheft).
  • Hochkirchliche Vereinigung Augsburgischen Bekenntnisses (Hrsg.): Um die eine Kirche. Evangelische Katholizität. Festschrift Hans-Joachim Mund zum 70. Geburtstag am 25. November 1984. Werk-Verlag Banaschewski, München-Gräfelfing 1984.
  • Gustav Huhn: Es begann mit Hans Asmussen. Ein Bericht auf dem Wege zur einen Kirche. Regensberg, Münster 1981.
  • Peter Lüning: Offenbarung und Rechtfertigung. Eine Studie zu ihrer Verhältnisbestimmung anhand des anglikanisch/römisch-katholischen Dialogs. Bonifatius, Paderborn 1999, ISBN 3-89710-092-4 (Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien 70; zugleich: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1998).
  • Leonard J. Swidler: The Ecumenical Vanguard: The History of the Una Sancta Movement, Duquesne university Press, 1966.
  • Richard Walter: Der Evangelische Humiliaten-Orden. In: Friedrich Heiler (Hrsg.): Eine Heilige Kirche. Sonderheft Evangelische Orden und Bruderschaften. München 1935, S. 69–73.
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Einzelnachweise

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  1. Vgl. www.hochkirche.de
  2. Vgl. Congregatio Augustini
  3. Vgl. auch zum Folgenden Liturgische Bewegungen (Stand: 10. Mai 2015).