Ichthyolestes

Ausgestorbene Gattung der Familie Pakicetidae

Ichthyolestes ist eine Gattung von ausgestorbenen frühen Walen der Familie Pakicetidae. Die einzige bekannte Art der Gattung ist Ichthyolestes pinfoldi. Fossilfunde stammen aus dem Lutetium der Kuldana-Formation im Norden Pakistans.

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Ichthyolestes

Ichthyolestes

Zeitliches Auftreten
Eozän (Lutetium)
47,8 bis 41,3 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Säugetiere (Mammalia)
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Laurasiatheria
Wale (Cetacea)
Pakicetidae
Ichthyolestes
Wissenschaftlicher Name
Ichthyolestes
Dehm & Oettingen-Spielberg, 1958
Art

Ichthyolestes pinfoldi Dehm & Oettingen-Spielberg, 1958

Etymologie und Forschungsgeschichte

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Der Gattungsname Ichthyolestes setzt sich zusammen aus den altgriechischen Begriffen ἰχθύς („ichthys“ = „Fisch“) und λῃστής („lēstḗs“ = „Räuber“, „Dieb“). Der Artzusatz pinfoldi ehrt Ernest Sheppard Pinfold, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Geologe der Attock Oil Company in Rawalpindi tätig war.[1] Der wissenschaftliche Name der Typusart lässt sich dementsprechend etwa als „Pinfolds Fischräuber“ übersetzen.[Anm. 1]

Die Erstbeschreibung von Gattung und Typusart erfolgte 1958 durch Richard Dehm und Therese zu Oettingen-Spielberg anhand eines Oberkieferfragments mit erhaltenen Molaren M2 und M3. Der Holotypus stammt aus der Kuldana-Formation bei Ganda Kas (Distrikt Attock, Punjab, Pakistan) und wurde im Rahmen einer 1955/56 vom Institut für Paläontologie und Historische Geologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie durchgeführten Forschungsreise geborgen.[1][2]

Die Erstbeschreiber interpretierten Ichthyolestes, aufgrund der Zahnform, als „unbekannten Sonderzweig“ der Mesonychidae, einer ausgestorbenen Gruppe karnivorer Huftiere.[1] Dieser Zuordnung folgten zunächst auch andere Wissenschaftler.[3]

Philip Gingerich beschrieb 1977 einen unteren Prämolar p2 aus derselben Formation bei Ganda Kas, den er Ichthyolestes pinfoldi zuordnete. Gleichzeitig äußerte er erste Zweifel an der Zuordnung zu den Mesonychidae, indem er diese mit einem Fragezeichen versah.[4] Robert M. West stellte Ichthyolestes 1980 in die Gruppe der Protocetidae und damit erstmals in direkte verwandtschaftliche Beziehung zu den Walen.[5] Gingerich und Donald E. Russell etablierten 1990 die Gruppe der Pakicetinae im Rang einer Unterfamilie innerhalb der Protocetidae und vereinigten darin die Gattungen Pakicetus, Ichthyolestes und Gandakasia.[6] Hans Thewissen und Koautoren erhoben die Gruppe 1996 als Pakicetidae in den Rang einer Familie. Gleichzeitig wurde Gandakasia in die neu aufgestellte Gruppe der Ambulocetidae überführt.[7]

Ein Oberkieferfragment aus der Subathu-Formation von Rajouri im ehemaligen indischen Bundesstaat Jammu und Kashmir, das ursprünglich als Exemplar von Ichthyolestes pinfoldi beschrieben worden war,[8] wurde 1998 von Thewissen und Taseer Hussain als Pakicetus attocki zugehörig erkannt. Daneben beschrieben die beiden Autoren aus der Kuldana-Formation Pakistans aber auch umfangreiches neues Belegmaterial, darunter mehrere unvollständige Unterkiefer, von Ichthyolestes pinfoldi und ergänzten die Pakicetidae erneut um eine dritte Gattung Nalacetus.[9]

Im Jahr 2001 berichteten Thewissen et al. über neues Belegmaterial aus der Kuldana-Formation bei Ganda Kas, das erstmals auch größere teilerhaltene Schädel und postcraniale Skelettelemente von Ichthyolestes pinfoldi beinhaltete.[10] Die neuen Fossilbelege lieferten in den folgenden Jahren ausreichend Material für weiterführende Analysen.[11][12][13][14]

Alterszuordnung

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Das Alter der Kuldana-Formation, früher auch als „Lower-Chharat-Serie“ bezeichnet, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Gerald de Purcell Cotter ordnete 1933 die Sedimente dem Ypresium (Unteres Eozän) zu, während Guy Ellcock Pilgrim die Schichtfolge 1940 in das Lutetium, die untere chronostratigraphische Stufe des Mittleren Eozäns stellte.[15] Während der frühen Forschungsgeschichte zur Gattung Ichthyolestes folgten die meisten Autoren der Einschätzung Pilgrims.[1][3][4] Später wurden erneut Überlegungen angestellt, die Formation ganz oder zumindest teilweise dem Ypresium zuzuordnen.

Gingerich und Russell, die bereits 1981 vermutet hatten, dass sich die Kuldana-Formation über die Ypresium-Lutetium-Grenze erstreckt,[16] stellten ihre Gruppe der Pakicetinae in das oberste Ypresium.[6]

Beschreibung

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Ichthyolestes war als etwa fuchsgroßes Tier der kleinste Vertreter der Familie der Pakicetidae. Der Körperbau ähnelte im Wesentlichen dem von Pakicetus.[10]

Lebensweise

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Die im Innenohr liegenden Bogengänge, die ein wichtiger Bestandteil des Gleichgewichtsorgans aller Wirbeltiere sind und mithilfe derer Drehbewegungen reguliert werden können, fallen bei Ichthyolestes merklich größer aus als bei späteren Vertretern der Wale wie beispielsweise Remingtonocetus, Indocetus oder Dorudon, bis hin zu modernen Walen. Aus diesem Umstand und aus den sich noch nicht zu Flossen umgebildeten Gliedmaßen lässt sich schließen, dass Ichthyolestes höchstens semiaquatisch lebte und sich nicht permanent im Wasser aufgehalten hat.[11]

Einzelnachweise

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  1. a b c d R. Dehm, T. Oettingen-Spielberg: Paläontologische und geologische Untersuchungen im Tertiär von Pakistan - 2. Die mitteleocänen Säugetiere von Ganda Kas bei Basal in Nordwest-Pakistan. In Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften - Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Neue Folge, Heft 91, 1958, S. 1–54, (zobodat.at [PDF]).
  2. R. Dehm, T. Oettingen-Spielberg & H. Vidal: Paläontologische und geologische Untersuchungen im Tertiär von Pakistan - 1. Die Münchener Forschungsreise nach Pakistan 1955-1956. In Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften - Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Neue Folge, Heft 90, 1958, S. 1–13, (zobodat.at [PDF]).
  3. a b F. S. Szalay & S. J. Gould: Asiatic Mesonychidae (Mammalia, Condylarthra). In: Bulletin of the American Museum of Natural History, Band 132, 1966, S. 127–174, (PDF).
  4. a b P. D. Gingerich: A Small Collection of Fossil Vertebrates from the Middle Eocene Kuldana and Kohat Formations of Punjab (Pakistan). In: Contributions from the Museum of Paleontology of the University of Michigan, Band 24, Nummer 18, 1977, S. 190–203, (PDF).
  5. H.-Y. Gao & X.-J. Ni: Diverse stem cetaceans and their phylogenetic relationships with mesonychids and artiodactyls. In: Vertebrata Palasiatica, Band 53, Nummer 2, 2015, S. 153–176, (PDF).
  6. a b P. D. Gingerich & D. E. Russell: Dentition of Early Eocene Pakicetus (Mammalia, Cetacea). In: Contributions from the Museum of Paleontology of The University of Michigan, Band 28, Nummer 1, 1990, S. 1–20, (PDF).
  7. J. G. M. Thewissen, S. I. Madar & S. T. Hussain: Ambulocetus natans, an Eocene cetacean (Mammalia) from Pakistan. In: Courier Forschungsinstitut Senckenberg, Band 191, 1996, S. 1–86, (PDF).
  8. K. Kumar & A. Sahni: Eocene Mammals from the Upper Subathu Group, Kashmir Himalaya, India. In: Journal of Vertebrate Paleontology, Band 5, Nummer 2, 1985, S. 153–168, (PDF).
  9. J. G. M. Thewissen & S. T. Hussain: Systematic Review of the Pakicetidae, Early and Middle Eocene Cetacea (Mammalia) from Pakistan and India. In: K. C. Beard & M. R. Dawson (Hrsg.): Dawn of the Age of Mammals in Asia. - Bulletin of the Carnegie Museum of Natural History, Band 34, 1998, S. 220–238, (Digitalisat).
  10. a b J. G. M. Thewissen, E. M. Williams, L. J. Roe, S. T. Hussain: Skeletons of terrestrial cetaceans and the relationship of whales to artiodactyls. In: Nature, Band 413, Nummer 6853, 2001, S. 277–281, doi:10.1038/35095005, (PDF).
  11. a b F. Spoor, S. Bajpai, S. T. Hussain, K. Kumar & J. G. M. Thewissen: Vestibular evidence for the evolution of aquatic behaviour in early cetaceans. In: Nature, Band 417, Nummer 6885, 2002, S. 163–166, doi:10.1038/417163a, (PDF).
  12. S. Nummela, S. T. Hussain & J. G. M. Thewissen: Cranial Anatomy of Pakicetidae (Cetacea, Mammalia). In: Journal of Vertebrate Paleontology, Band 26, Nummer 3, 2006, S. 746–759, (PDF).
  13. T. Kishida, J. G. M. Thewissen, T. Hayakawa, H. Imai & K. Agata: Aquatic adaptation and the evolution of smell and taste in whales. In: Zoological Letters, Band 1, 2015, Artikel Nr. 9, doi:10.1186/s40851-014-0002-z.
  14. L. M. Gavazzi, L. N. Cooper, F. E. Fish, S. T. Hussain & J. G. M. Thewissen: Carpal Morphology and Function in the Earliest Cetaceans. In: Journal of Vertebrate Paleontology, Band 40, Nummer 5, 2020, Artikel e1833019, doi:10.1080/02724634.2020.1833019 (PDF).
  15. P. D. Gingerich: Stratigraphic and micropaleontological constraints on the middle Eocene age of the mammal-bearing Kuldana Formation of Pakistan. In: Journal of Vertebrate Paleontology, Band 23, Nummer 3, 2003, S. 643–651, doi:10.1671/2409 (PDF).
  16. P. D. Gingerich & D. E. Russell: Pakicetus inachus, a new archaeocete (Mammalia, Cetacea) from the early-middle Eocene Kuldana Formation of Kohat (Pakistan). In: Contributions from the Museum of Paleontology of The University of Michigan, Band 25, Nummer 11, 1981, S. 235–246, (PDF).

Anmerkungen

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  1. Da die Erstbeschreiber in ihrer Derivatio nominis ausschließlich die Übersetzung „Räuber“ angeben, wird hier die Interpretation als „Fischräuber“ gegenüber „Fischdieb“ bevorzugt.
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Commons: Ichthyolestes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien