Zufallsvariable

Begriff aus der Stochastik: Größe, deren Wert vom Zufall abhängt
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In der Stochastik ist eine Zufallsvariable (auch zufällige Variable[1], zufällige Größe[2], zufällige Veränderliche[1], zufälliges Element[1], Zufallselement[3], Zufallsveränderliche[4][5]) eine Größe, deren Wert vom Zufall abhängig ist.[6] Formal ist eine Zufallsvariable eine Funktion, die jedem möglichen Ergebnis eines Zufallsexperiments eine Größe zuordnet.[2] Ist diese Größe eine reelle Zahl, so spricht man von einer reellen Zufallsvariablen oder Zufallsgröße[1]. Beispiele für reelle Zufallsvariablen sind die Augensumme von zwei geworfenen Würfeln und die Gewinnhöhe in einem Glücksspiel. Zufallsvariablen können aber auch komplexere mathematische Objekte sein, wie Zufallsfelder, Zufallsbewegungen, Zufallspermutationen oder Zufallsgraphen. Über verschiedene Zuordnungsvorschriften können einem Zufallsexperiment auch verschiedene Zufallsvariablen zugeordnet werden.[2]

Den einzelnen Wert, den eine Zufallsvariable bei der Durchführung eines Zufallsexperiments annimmt, nennt man Realisierung[7] oder im Falle eines stochastischen Prozesses einen Pfad. Bei der Zufallszahlenerzeugung werden Realisierungen spezieller Zufallsexperimente als Zufallszahlen bezeichnet.

Während A. N. Kolmogorow zunächst von durch den Zufall bestimmten Größen sprach[8][9], führte er 1933 den Begriff zufällige Größe ein[10] und sprach später von Zufallsgrößen.[11] Im Jahr 1933 ist auch schon der Begriff Zufallsvariable in Gebrauch.[12] Bereits 1935 ist der Begriff zufällige Variable nachweisbar.[13] Später hat sich (ausgehend vom englischen random variable, das sich gegen chance variable und stochastic Variable durchsetzte[14]) der etwas irreführende Begriff[15] Zufallsvariable durchgesetzt.

Einführung

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Die Grundidee hinter der Zufallsvariable ist es, den Zufall mit Hilfe des Begriffes der Funktion zu modellieren. Dies wird einige Vorteile mit sich bringen. Angenommen, wir betrachten ein Zufallsexperiment, welches nur zwei Ausgänge hat, welche wir mit   und   notieren. Mit Hilfe der Funktion können wir nun eine „zufällige Variable“ definieren, die berücksichtigt, ob   oder   eingetroffen ist.

 
Ein Beispiel einer Zufallsvariable. Die Menge   steht für eine beliebige Menge, welche die Zahlen   enthält.

Dies geschieht durch die Funktion

 

wobei die Werte   und   vom Experiment abhängen, welches man modelliert. Man nennt

  •   und   Ergebnisse und zusammen bilden sie den Ergebnisraum  . Welches dieser Ergebnisse eintritt, wissen wir a priori nicht.
  •   und   Realisierungen der Zufallsvariable. Wir notieren die Menge, in der sie sich befinden, mit  .

In den meisten Fällen wählt man entweder die reellen Zahlen   oder eine diskrete Menge wie zum Beispiel   oder  . Allgemeiner kann   aber auch  , ein Banach-Raum oder ein topologischer Vektorraum sein.

Eine Zufallsvariable ist somit eine Abbildung der Form  .

  • Beispiel (Münzwurf): Wir möchten einen Münzwurf modellieren. Seien   und   das zufällige Ergebnis des Münzwurfs und  . Nun können wir verschiedene Zufallsvariablen bilden, zum Beispiel eine Wette, bei der 1 EUR ausgezahlt wird, wenn Zahl erscheint und sonst nichts. Dann ist die Auszahlungssumme die Zufallsvariable
 
Wir haben also   und   gewählt, hätten wir hingegen bei falscher Wette 1 EUR bezahlen müssen, dann hätten wir uns für   entschieden.
  • Beispiel (Würfelwurf): Wir möchten einen Würfelwurf modellieren. Seien  , dann ist   und der Würfel die Zufallsvariable
 
  • Beispiel (2-facher Münzwurf): Wir möchten den 2-fachen Münzwurf modellieren. Die Ergebnismenge ist  , ihre Elemente haben die Form  . Wettet man bei zwei Münzwürfen beide Male auf Kopf, so lassen sich beispielsweise folgende Zufallsvariablen untersuchen:
  1.   als Auszahlung nach der ersten Wette,
  2.   als Auszahlung nach der zweiten Wette,
  3.   als Summe der beiden Auszahlungen.

Zufallsvariablen werden üblicherweise mit einem Großbuchstaben bezeichnet (hier  ), während man für die Realisierungen die entsprechenden Kleinbuchstaben verwendet (zum Beispiel  ,  ,  ,  ).

Im Münzwurf-Beispiel hat die Menge   eine konkrete Interpretation. In der weiteren Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie ist es oft zweckmäßig, die Elemente von   als abstrakte Repräsentanten des Zufalls zu betrachten, ohne ihnen eine konkrete Bedeutung zuzuweisen, und dann sämtliche zu modellierende Zufallsvorgänge als Zufallsvariable zu erfassen.

Notation

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Häufig verzichtet man auf die Schreibweise   und benützt stattdessen die Kurzschreibweise  . Dies sollte aber nicht falsch verstanden werden, denn es handelt sich hier nur um eine Abkürzung für   respektive für die Menge aller  , so dass  .

Elemente der Maßtheorie

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Damit man über Wahrscheinlichkeiten sprechen kann, müssen die Räume   und   noch mit zusätzlichen Strukturen ausgestattet sein. Für   brauchen wir

  • ein System  , welches alle möglichen Ereignisse enthält,
  • eine Funktion  , welche den möglichen Ereignissen aus   eine Wahrscheinlichkeit zuordnet.

Aus technischer Sicht verwendet man hierfür die Maßtheorie, was zum Begriff des Wahrscheinlichkeitsraumes   führt, wobei   eine sogenannte σ-Algebra und   ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist. Für   brauchen wir etwas ähnliches, welches mit der Struktur auf   verträglich ist.

Konkret brauchen wir für   ein System  , welches mit dem System   von   verträglich ist. Dies führt zum Begriff der Messbarkeit. Es soll gelten

  • für jedes Element   muss das Urbild unter der Zufallsvariable, das bedeutet die Menge  , ein Ereignis in dem System   sein, das bedeutet  .

Wenn diese Eigenschaft gilt, dann nennen wir   eine  -messbare Funktion. Zufallsvariablen erfüllen diese Eigenschaft (für ein   und  ) und sind messbare Funktionen.

Als Letztes ermöglicht uns die Messbarkeit, das Wahrscheinlichkeitsmaß   auf den Raum   zu übertragen. Dies führt zum Begriff der Wahrscheinlichkeitsverteilung, welche als sogenanntes Bildmaß unter der Zufallsvariable   durch   für alle   definiert ist.

Definition

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Als Zufallsvariable bezeichnet man eine messbare Funktion von einem Wahrscheinlichkeitsraum in einen Messraum.

Eine formale mathematische Definition lässt sich wie folgt geben:[16]

Es seien   ein Wahrscheinlichkeitsraum und   ein Messraum. Eine  -messbare Funktion   heißt dann eine  -Zufallsvariable auf   oder einfach nur Zufallsvariable.

Beispiel: Zweimaliger Würfelwurf

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Summe von zwei Würfeln: 

Das Experiment, mit einem fairen Würfel zweimal zu würfeln, lässt sich mit folgendem Wahrscheinlichkeitsraum   modellieren:

  •   ist die Menge der 36 möglichen Ergebnisse  
  •   ist die Potenzmenge von  
  • Will man zwei unabhängige Würfe mit einem fairen Würfel modellieren, so setzt man alle 36 Ergebnisse gleich wahrscheinlich, wählt also das Wahrscheinlichkeitsmaß   als   für  .

Die Zufallsvariablen   (gewürfelte Zahl des ersten Würfels),   (gewürfelte Zahl des zweiten Würfels) und   (Augensumme des ersten und zweiten Würfels) werden als folgende Funktionen definiert:

  1.  
  2.   und
  3.  

wobei für   die borelsche σ-Algebra auf den reellen Zahlen gewählt wird.

Bemerkungen

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In der Regel wird auf die konkrete Angabe der zugehörigen Räume verzichtet; es wird angenommen, dass aus dem Kontext klar ist, welcher Wahrscheinlichkeitsraum auf   und welcher Messraum auf   gemeint ist.

Bei einer endlichen Ergebnismenge   wird   meistens als die Potenzmenge von   gewählt. Die Forderung, dass die verwendete Funktion messbar ist, ist dann immer erfüllt. Messbarkeit wird erst wirklich bedeutsam, wenn die Ergebnismenge   überabzählbar viele Elemente enthält.

Einige Klassen von Zufallsvariablen mit bestimmten Wahrscheinlichkeits- und Messräumen werden besonders häufig verwendet. Diese werden teilweise mit Hilfe alternativer Definitionen eingeführt, die keine Kenntnisse der Maßtheorie voraussetzen:

Reelle Zufallsvariable

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Bei reellen Zufallsvariablen ist der Bildraum die Menge   der reellen Zahlen versehen mit der borelschen  -Algebra. Die allgemeine Definition von Zufallsvariablen lässt sich in diesem Fall zur folgenden Definition vereinfachen:

Eine reelle Zufallsvariable ist eine Funktion  , die jedem Ergebnis   aus einer Ergebnismenge   eine reelle Zahl   zuordnet und die folgende Messbarkeitsbedingung erfüllt:
 

Das bedeutet, dass die Menge aller Ergebnisse, deren Realisierung unterhalb eines bestimmten Wertes liegt, ein Ereignis bilden muss.

Im Beispiel des zweimaligen Würfelns sind  ,   und   jeweils reelle Zufallsvariablen.

Mehrdimensionale Zufallsvariable

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Eine mehrdimensionale Zufallsvariable ist eine messbare Abbildung   für eine Dimension  . Sie wird auch als Zufallsvektor bezeichnet. Damit ist   gleichzeitig ein Vektor von einzelnen reellen Zufallsvariablen  , die alle auf dem gleichen Wahrscheinlichkeitsraum definiert sind. Die Verteilung von   wird als multivariat bezeichnet, die Verteilungen der Komponenten   nennt man auch Randverteilungen. Die mehrdimensionalen Entsprechungen von Erwartungswert und Varianz sind der Erwartungswertvektor und die Kovarianzmatrix.

Im Beispiel des zweimaligen Würfelns ist   eine zweidimensionale Zufallsvariable.

Zufallsvektoren sollten nicht mit Wahrscheinlichkeitsvektoren (auch stochastische Vektoren genannt) verwechselt werden. Diese sind Elemente des  , deren Komponenten positiv sind und deren Summe 1 ergibt. Sie beschreiben die Wahrscheinlichkeitsmaße auf Mengen mit   Elementen.

Komplexe Zufallsvariable

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Bei komplexen Zufallsvariablen ist der Bildraum die Menge   der komplexen Zahlen versehen mit der durch die kanonische Vektorraumisomorphie zwischen   und   „geerbten“ borelschen σ-Algebra.   ist genau dann eine Zufallsvariable, wenn Realteil   und Imaginärteil   jeweils reelle Zufallsvariablen sind.

Numerische oder erweiterte Zufallsvariable

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Der Begriff Zufallsvariable ohne weitere Charakterisierung bedeutet meistens – und fast immer in anwendungsnahen Darstellungen – reelle Zufallsvariable. Zur Unterscheidung von einer solchen wird eine Zufallsvariable mit Werten in den erweiterten reellen Zahlen   als numerische Zufallsvariable[17] – entsprechend der Terminologie der numerischen Funktion – oder als erweiterte Zufallsvariable[17] (engl. extended random variable[18]) bezeichnet. Es gibt aber auch eine abweichende Terminologie, bei der Zufallsvariable eine numerische Zufallsvariable bezeichnet und eine reelle Zufallsvariable immer als solche bezeichnet wird.[19]

Zufallselement

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In der Literatur wird die obige Definition der Zufallsvariable manchmal für den Begriff Zufallselement oder zufälliges Element (resp. englisch random element) verwendet, um reelle Zufallsvariablen   von allgemeineren Objekten wie dem Zufallsvektor, dem zufälligen Maß, der Zufallsfunktion, der Zufallsmenge, der Zufallsmatrix usw. zu unterscheiden.

Die Verteilung von Zufallsvariablen, Existenz

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Eng verknüpft mit dem eher technischen Begriff einer Zufallsvariablen ist der Begriff der auf dem Bildraum von   induzierten Wahrscheinlichkeitsverteilung. Mitunter werden beide Begriffe auch synonym verwendet. Formal wird die Verteilung   einer Zufallsvariablen   als das Bildmaß des Wahrscheinlichkeitsmaßes   definiert, also

  für alle  , wobei   die auf dem Bildraum der Zufallsvariable   gegebene σ-Algebra ist.

Statt   werden in der Literatur für die Verteilung von   auch die Schreibweisen   oder   verwendet.

Spricht man also beispielsweise von einer normalverteilten Zufallsvariablen, so ist damit eine Zufallsvariable mit Werten in den reellen Zahlen gemeint, deren Verteilung einer Normalverteilung entspricht.

Eigenschaften, welche sich allein über gemeinsame Verteilungen von Zufallsvariablen ausdrücken lassen, werden auch wahrscheinlichkeitstheoretisch genannt.[20] Für Behandlung solcher Eigenschaften ist es nicht notwendig, die konkrete Gestalt des (Hintergrund-)Wahrscheinlichkeitsraumes zu kennen, auf dem die Zufallsvariablen definiert sind.

Häufig wird deswegen von einer Zufallsvariablen lediglich die Verteilungsfunktion angegeben und der zu Grunde liegende Wahrscheinlichkeitsraum offen gelassen. Dies ist vom Standpunkt der Mathematik erlaubt, sofern es tatsächlich einen Wahrscheinlichkeitsraum gibt, der eine Zufallsvariable mit der gegebenen Verteilung erzeugen kann. Ein solcher Wahrscheinlichkeitsraum   lässt sich aber zu einer konkreten Verteilung leicht angeben, indem beispielsweise  ,   als die Borelsche σ-Algebra auf den reellen Zahlen und   als das durch die Verteilungsfunktion induzierte Lebesgue-Stieltjes-Maß gewählt wird. Als Zufallsvariable kann dann die identische Abbildung   mit   gewählt werden.[21]

Wenn eine Familie von Zufallsvariablen betrachtet wird, reicht es aus wahrscheinlichkeitstheoretischer Perspektive genauso, die gemeinsame Verteilung der Zufallsvariablen anzugeben, die Gestalt des Wahrscheinlichkeitsraums kann wiederum offen gelassen werden.

Die Frage nach der konkreten Gestalt des Wahrscheinlichkeitsraumes tritt also in den Hintergrund, es ist jedoch von Interesse, ob zu einer Familie von Zufallsvariablen mit vorgegebenen endlichdimensionalen gemeinsamen Verteilungen ein Wahrscheinlichkeitsraum existiert, auf dem sie sich gemeinsam definieren lassen. Diese Frage wird für unabhängige Zufallsvariablen durch einen Existenzsatz von É. Borel gelöst, der besagt, dass man im Prinzip auf den von Einheitsintervall und Lebesgue-Maß gebildeten Wahrscheinlichkeitsraum zurückgreifen kann. Ein möglicher Beweis nutzt, dass sich die binären Nachkommastellen der reellen Zahlen in [0,1] als ineinander verschachtelte Bernoulli-Folgen betrachten lassen (ähnlich Hilberts Hotel).[22]

Mathematische Attribute für Zufallsvariablen

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Verschiedene mathematische Attribute, die teilweise denen für allgemeine Funktionen entlehnt sind, finden bei Zufallsvariablen Anwendung. Die häufigsten werden in der folgenden Zusammenstellung kurz erklärt:

Eine Zufallsvariable wird als diskret bezeichnet, wenn sie nur endlich viele oder abzählbar unendlich viele Werte annimmt, oder etwas allgemeiner, wenn ihre Verteilung eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung ist.[23] Im obigen Beispiel des zweimaligen Würfelns sind alle drei Zufallsvariablen  ,   und   diskret. Ein weiteres Beispiel für diskrete Zufallsvariablen sind zufällige Permutationen.

Konstant

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Eine Zufallsvariable wird als konstant bezeichnet, wenn sie nur einen Wert annimmt:   für alle  . Sie ist ein Spezialfall einer diskreten Zufallsvariable.

Es gilt

 ,[24]

die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Eine Zufallsvariable, die nur die rechte Seite erfüllt, heißt fast sicher konstant.

Unabhängig

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Zwei reelle Zufallsvariablen   heißen unabhängig, wenn für je zwei Intervalle   und   die Ereignisse   und   stochastisch unabhängig sind. Das sind sie, wenn gilt:  .

In obigem Beispiel sind   und   unabhängig voneinander; die Zufallsvariablen   und   hingegen nicht.

Unabhängigkeit mehrerer Zufallsvariablen   bedeutet, dass das Wahrscheinlichkeitsmaß   des Zufallsvektors   dem Produktmaß der Wahrscheinlichkeitsmaße der Komponenten, also dem Produktmaß von   entspricht.[25] So lässt sich beispielsweise dreimaliges unabhängiges Würfeln durch den Wahrscheinlichkeitsraum   mit

 ,
  der Potenzmenge von   und
 

modellieren; die Zufallsvariable „Ergebnis des  -ten Wurfes“ ist dann

  für  .

Die Konstruktion eines entsprechenden Wahrscheinlichkeitsraums für eine beliebige Familie unabhängiger Zufallsvariable mit gegebenen Verteilungen ist ebenfalls möglich.[26]

Identisch verteilt

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Zwei oder mehr Zufallsvariablen heißen identisch verteilt (bzw. i.d. für identically distributed), wenn ihre induzierten Wahrscheinlichkeitsverteilungen gleich sind. In Beispiel des zweimaligen Würfelns sind  ,   identisch verteilt; die Zufallsvariablen   und   hingegen nicht.

Unabhängig und identisch verteilt

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Häufig werden Folgen von Zufallsvariablen untersucht, die sowohl unabhängig als auch identisch verteilt sind; demnach spricht man von unabhängig identisch verteilten Zufallsvariablen, üblicherweise mit u.i.v. bzw. i.i.d. (für independent and identically distributed) abgekürzt.

In obigem Beispiel des dreimaligen Würfelns sind  ,   und   i.i.d. Die Summe der ersten beiden Würfe   und die Summe des zweiten und dritten Wurfs   sind zwar identisch verteilt, aber nicht unabhängig. Dagegen sind   und   unabhängig, aber nicht identisch verteilt.

Austauschbar

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Austauschbare Familien von Zufallsvariablen sind Familien, deren Verteilung sich nicht ändert, wenn man endlich viele Zufallsvariablen in der Familie vertauscht. Austauschbare Familien sind stets identisch verteilt, aber nicht notwendigerweise unabhängig.

Mathematische Attribute für reelle Zufallsvariablen

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Kenngrößen

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Zur Charakterisierung von Zufallsvariablen dienen einige wenige Funktionen, die wesentliche mathematische Eigenschaften der jeweiligen Zufallsvariable beschreiben. Die wichtigste dieser Funktionen ist die Verteilungsfunktion, die Auskunft darüber gibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Zufallsvariable einen Wert bis zu einer vorgegebenen Schranke annimmt, beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, höchstens eine Vier zu würfeln. Bei stetigen Zufallsvariablen wird diese durch die Wahrscheinlichkeitsdichte ergänzt, mit der die Wahrscheinlichkeit berechnet werden kann, dass die Werte einer Zufallsvariablen innerhalb eines bestimmten Intervalls liegen. Des Weiteren sind Kennzahlen wie der Erwartungswert, die Varianz oder höhere mathematische Momente von Interesse.

Stetig oder kontinuierlich

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Das Attribut stetig wird für unterschiedliche Eigenschaften verwendet.

  • Eine reelle Zufallsvariable wird als stetig (oder auch absolut stetig) bezeichnet, wenn sie eine Dichte besitzt (ihre Verteilung absolutstetig bezüglich des Lebesgue-Maßes ist).[27]
  • Eine reelle Zufallsvariable wird als stetig bezeichnet, wenn sie eine stetige Verteilungsfunktion besitzt.[28] Insbesondere bedeutet das, dass   für alle   gilt.

Verteilungsfunktion

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Eine reelle Zufallsvariable   mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung   hat die Verteilungsfunktion

 

Transformation

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Wenn eine reelle Zufallsvariable   auf dem Ergebnisraum   und eine messbare Funktion   gegeben ist, dann ist auch   eine Zufallsvariable auf demselben Ergebnisraum, da die Verknüpfung messbarer Funktionen wieder messbar ist.   wird auch als Transformation der Zufallsvariablen   unter   bezeichnet. Die gleiche Methode, mit der man von einem Wahrscheinlichkeitsraum   nach   gelangt, kann benutzt werden, um die Verteilung von   zu erhalten.

Die Verteilungsfunktion   der transformierten Zufallsvariablen   kann mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung   bestimmt werden

 .

Beispiel

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Es sei   eine reelle Zufallsvariable mit stetiger Verteilungsfunktion  . Dann ist die Verteilungsfunktion   der Zufallsvariablen   durch

 

gegeben.[29]

Erwartungswert

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Der Erwartungswert einer quasi-integrierbaren Zufallsgröße   von   nach   mit der Verteilung   ist

 .

Integrierbar und quasi-integrierbar

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Eine Zufallsvariable heißt integrierbar, wenn der Erwartungswert der Zufallsvariable existiert und endlich ist. Die Zufallsvariable heißt quasi-integrierbar, wenn der Erwartungswert existiert, möglicherweise aber unendlich ist. Jede integrierbare Zufallsvariable ist folglich auch quasi-integrierbar.

Standardisierung

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Eine Zufallsvariable nennt man standardisiert, wenn ihr Erwartungswert 0 und ihre Varianz 1 ist. Die Transformation einer Zufallsvariable   in eine standardisierte Zufallsvariable

 

bezeichnet man als Standardisierung der Zufallsvariable  .

Sonstiges

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  • Zeitlich zusammenhängende Zufallsvariablen können auch als stochastischer Prozess aufgefasst werden
  • Eine Folge von Realisierungen einer Zufallsvariable nennt man auch Zufallsfolge oder Zufallssequenz
  • Eine Zufallsvariable   erzeugt eine σ-Algebra  , wobei   die Borelsche σ-Algebra des   ist.
  • Es gibt Zufallsvariablen, die weder diskret noch stetig sind. Ein Beispiel ist die Lebensdauer   einer Maschine.   ist eine Zufallsvariable mit   (und daher nicht stetig), weil eine Maschine eine Wahrscheinlichkeit hat, von Anfang nicht zu funktionieren. Außerdem ist   für alle   (und daher ist   nicht diskret).[30] Ein anderes Beispiel ist die Wartezeit eines Autos vor einer Ampel.[31] Man kann in diesen Fällen eine Zerlegung in eine Summe aus einer stetigen und einer diskreten Zufallsvariablen vornehmen.

Literatur

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  • Karl Hinderer: Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitstheorie. Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York 1980, ISBN 3-540-07309-4.
  • Erich Härtter: Wahrscheinlichkeitsrechnung für Wirtschafts- und Naturwissenschaftler. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1974, ISBN 3-525-03114-9.
  • Michel Loève: Probability Theory I. 4. Auflage. Springer, 1977, ISBN 0-387-90210-4 (englisch).
  • P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-05-500608-9, Zufällige Variable (random variable), S. 511.
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Commons: Zufallsvariable – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Zufallsvariablen – Lern- und Lehrmaterialien
Wikibooks: Funktionen von Zufallsvariablen – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

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  1. a b c d P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-05-500608-9, Zufällige Variable (random variable), S. 511.
  2. a b c Jörg Bewersdorff: Glück, Logik und Bluff. Mathematik im Spiel - Methoden, Ergebnisse und Grenzen. 6. Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8348-1923-9, S. 39, doi:10.1007/978-3-8348-2319-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Peter Gänssler, Winfried Stute: Wahrscheinlichkeitstheorie. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1977, ISBN 3-540-08418-5, Kap. VIII Zufallselemente in metrischen Räumen, doi:10.1007/978-3-642-66749-7.
  4. S. Goldberg: Die Wahrscheinlichkeit. Vieweg, Braunschweig 1960, ISBN 3-663-01040-6, Kap IV. Zufallsveränderliche (Zufallsvariable), doi:10.1007/978-3-663-02953-3.
  5. Pál Révész: Die Gesetze der Grossen Zahlen (= Lehrbücher und Monographien aus dem Gebiete der exakten Wissenschaften. Band 35). Birkhäuser, Basel 1980, ISBN 3-0348-6941-X, Kap. 2 Unabhängige Zufallsveränderliche, doi:10.1007/978-3-0348-6940-9 (Originalausgabe: The Laws of Large Numbers, Budapest 1967, übersetzt von Eva Vas).
  6. Norbert Henze: Stochastik für Einsteiger: Eine Einführung in die faszinierende Welt des Zufalls. Vieweg+Teubner Verlag, 2010, ISBN 978-3-8348-0815-8, doi:10.1007/978-3-8348-9351-2, S. 12.
  7. David Meintrup, Stefan Schäffler: Stochastik. Theorie und Anwendungen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2005, ISBN 3-540-21676-6, S. 456–457, doi:10.1007/b137972.
  8. Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow: Über die Summen durch den Zufall bestimmter unabhängiger Größen. In: Mathematische Annalen. Band 99, 1928, S. 309 ff. (uni-goettingen.de).
  9. Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow: Bemerkungen zu meiner Arbeit „Über die Summen durch den Zufall bestimmter unabhängiger Größen“. In: Mathematische Annalen. Band 99, 1930, S. 484 ff. (uni-goettingen.de).
  10. Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow: Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Springer, Berlin 1933.
  11. Boris Gnedenko, Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow: Grenzverteilung von Summen unabhängiger Zufallsgrößen. Akademie Verlag, 1959.
  12. Z. Birnbaum, J. Schreier: Anmerkung zum starken Gesetz der großen Zahlen. In: Studia Mathematica. Band 4, 1933, doi:10.4064/sm-4-1-85-89.
  13. Oskar N. Anderson: Einführung in die Mathematische Statistik. Springer, Wien 1935, ISBN 3-7091-5873-7, Kap 2.6 Zufällige Variable, S. 167, doi:10.1007/978-3-7091-5923-1.
  14. Jeff Miller: Earliest Known Uses of Some of the Words of Mathematics. Abschnitt R.
  15. Eine Zufallsvariable ist weder zufällig noch eine Variable, siehe Jürgen Hedderich, Lothar Sachs: Angewandte Statistik: Methodensammlung mit R. 15. Auflage. 2016, ISBN 978-3-662-45690-3, S. 197, doi:10.1007/978-3-662-45691-0.
  16. Karl Hinderer: Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitstheorie. Springer, Berlin 1980, ISBN 3-540-07309-4 (nicht überprüft)
  17. a b Guido Walz (Hrsg.): Lexikon der Mathematik. Band 4 (Moo bis Sch). Springer Spektrum, Berlin 2017, ISBN 978-3-662-53499-1, S. 98.
  18. Galen R. Shorack: Probability for Statisticians (= Springer Texts in Statistics). 2. Auflage. Springer, Cham 2017, ISBN 978-3-319-52206-7, S. 35, doi:10.1007/978-3-319-52207-4.
  19. Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. 2.,durchgesehene Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-21025-9, S. 194.
  20. Loève: Probability Theory. 4. Auflage. Band 1, Springer 1977, ISBN 0-387-90210-4, S. 172f.
  21. Robert B. Ash: Real Analysis and Probability. Academic Press, New York 1972, ISBN 0-12-065201-3, Definition 5.6.2.
  22. Olav Kallenberg: Foundations of Modern Probability. 2. Ausgabe. Springer, New York 2002, ISBN 0-387-95313-2, S. 55.
  23. David Meintrup, Stefan Schäffler: Stochastik. Theorie und Anwendungen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2005, ISBN 3-540-21676-6, S. 90, doi:10.1007/b137972.
  24. Diese Implikation gilt, da  .
  25. Robert B. Ash: Real Analysis and Probability. Academic Press, New York 1972, ISBN 0-12-065201-3 (Definition 5.8.1)
  26. Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89729-3, Kapitel 11.4.
  27. Marek Fisz: Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 11. Auflage. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1989, Definition 2.3.3.
  28. Robert B. Ash: Real Analysis and Probability. Academic Press, New York 1972, ISBN 0-12-065201-3, S. 210.
  29. Für   ist  . Für   gilt
     
    Das letzte Gleichheitszeichen folgt, da die Verteilungsfunktion von   als stetig vorausgesetzt ist, woraus   folgt.
    Typischerweise werden solche Berechnungen in der Statistik mit etwas Übung ohne expliziten Rückgriff auf die zugrundeliegende Ergebnismenge   und damit den zugrundeliegenden Wahrscheinlichkeitsraum durchgeführt, z. B. für den Fall   in der Form
     
  30. Günter Mühlbach: Repetitorium Stochastik: Ein Zugang über Beispiele. 1. Auflage. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, 2011, ISBN 978-3-446-47597-7, S. 53.
  31. Matthias Vierkötter: Grundlagen der modernen Finanzmathematik. 2021, ISBN 978-3-662-63062-4, S. 16–17.