Institut für Slawistik der Universität Wien
Das Institut für Slawistik an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien betreut slawische Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft sowie Areal- und Kulturwissenschaft in Forschung und Lehre und befindet sich im Hof 3 des Campus der Universität Wien. Seit seiner Gründung im Jahre 1849 hat es sich als weltweit größte Forschungs- und Lehrstätte für slawische Sprachen, Literaturen und Kulturen etabliert und forscht auch auf international und im deutschsprachigen Raum deutlich unterrepräsentierten Gebieten wie der Bohemistik, Bulgaristik, Paläoslawistik, Slowakistik und Ukrainistik.[1]
Forschungsschwerpunkte
BearbeitenIn Forschung und Lehre werden folgende Schwerpunkte gesetzt:[2]
- Sprach-, Literatur- und Kulturkontaktforschung
- Kontakt- und Soziolinguistik
- Slawische Dialektologie einschließlich Burgenlandkroatisch und Slowenisch in Kärnten
- Slawische Literaturen im Vergleich und in ihrem Bezug zur deutschsprachigen Literatur
- Slawische Mediävistik (frühmittelalterliches Slawisch inklusive Urslawisch)
- Slawisches Substrat in Österreich
- Vergleichende slawische Sprachwissenschaft
- Geschichte der slawischen Schriftsprachen
Geschichte
Bearbeiten1775 wurde der Unterricht der tschechischen Sprache und Literatur an der Universität Wien eingeführt (als erste moderne Sprache neben Deutsch). Die Universität Wien verfügt damit über die älteste universitäre Bohemistik weltweit. Hierfür wurde Josef Valentin Zlobický aus Velehrad berufen, der auch den ersten Entwurf eines Studiums aller slawischen Sprachen ausarbeitete.[3] 1849 wurde das Institut für slawische Philologie an der Universität gegründet, erster Lehrstuhlinhaber war Franz Miklosich.
Das Institut konnte sich (unter anderem dank des Standortes Wien als Zentrum der Habsburgermonarchie) bald als Forschungszentrum etablieren. 1822 erschien in Wien das Gründungswerk der wissenschaftlichen Forschung zum Kirchenslawischen, die Institutiones linguae Slavicae dialecti veteris von Josef Dobrovský, 1954 die Altkirchenslawische Grammatik von Nikolai Sergejewitsch Trubetzkoy. Außerdem entstanden in Wien zwei slawistische Fachzeitschriften: das Wiener Slavistische Jahrbuch[4] (seit 1950) und der Wiener Slawistische Almnach (seit 1978, derzeit am Institut für Slawistik der Universität München herausgegeben).
Studienmöglichkeiten
BearbeitenDerzeit können folgende Studien inskribiert werden:
- Bachelorstudium der Slawistik
- Masterstudium der Slawistik
- Bachelor-Lehramtsstudium der Unterrichtsfächer Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Polnisch, Russisch, Slowakisch, Slowenisch und Tschechisch
- Master-Lehramtsstudium der Unterrichtsfächer Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Polnisch, Russisch, Slowakisch, Slowenisch und Tschechisch
Studenten anderer Studien können aus dem Angebot folgender Erweiterungscurricula wählen (der Umfang beträgt je 15 ECTS):
- Slawische Grundkompetenz I
- Slawistische Grundkompetenz II
- Slawisches Österreich – Minderheiten – Migration
Für den Studienbeginn sind keine Kenntnisse in den slawischen Sprachen vorgeschrieben. Studienanfänger, die bereits über Sprachkenntnisse verfügen, können eine Modulprüfung zur Sprachbeherrschung ablegen.[5]
Das Lehrangebot umfasst Sprachkurse (von den Grundlagen bis zu kompetenter Sprachverwendung) in den Sprachen Bulgarisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Polnisch, Slowakisch, Russisch, Slowenisch, Tschechisch und Ukrainisch, Vorlesungen, Konversatorien, Proseminare und Seminare zur slawistischen Sprachwissenschaft (synchron und diachron), Literaturwissenschaft und Areal- und Kulturwissenschaft, Lehrveranstaltungen zur individuellen Schwerpunktbildung, Lehrveranstaltungen zur Fachdidaktik slawischer Sprachen sowie drei Überblicksvorlesungen, die für alle Slawistik-Studenten vorgeschrieben sind.[6]
Wissenschaftliches Personal
BearbeitenProfessuren
Bearbeiten- Professur für Ostslawische Literaturen: Fedor B. Poljakov (seit 1. September 2005)
- Professur für Ostslawische Sprachwissenschaft (unter besonderer Berücksichtigung der Russistik): Elias Moncef Bounatirou (1. Oktober 2022 – 30. September 2026, Vertretungsprofessur)
- Professur für Südslawische Literatur- und Kulturwissenschaft: Miranda Jakiša (seit 1. Februar 2019)
- Professur für Slavische Sprachwissenschaft und Textsyntax: Michael Moser (seit 1. April 2019)
- Professur für Westslawische Sprachwissenschaft: Stefan Michael Newerkla (seit 1. März 2004)
- Professur für Westslawische Literatur- und Kulturwissenschaft: Anne Hultsch (1. Oktober 2022 – 30. Juni 2024, Vertretungsprofessur)
Assoziierte Professuren
Bearbeiten- Venia für Slawische Sprachwissenschaft: Emmerich Kelih
Außerordentliche Professuren
Bearbeiten- Venia für Didaktik der südslawischen Sprachen: Elizabeta Jenko
- Venia für Slawistik: Literaturwissenschaft: Stefan Simonek
Assistenzprofessuren
Bearbeiten- Altslawische Philologie und Balkanistik (Tenure-Track): Roman Krivko
- Polnische Literaturwissenschaft: Jolanta Doschek
- Tschechische und slowakische Literaturwissenschaft: Gertraude Zand
Privatdozenturen an der Universität Wien (Habilitierte)
Bearbeiten- Venia für Polnische Philologie: Przemysław Chojnowski
- Venia für Westslawische Philologie: Taťána Vykypělová
An anderen Universitäten Habilitierte
Bearbeiten- Venia für Slavische Philologie: Anne Hultsch (Technische Universität Dresden)
- Venia für Slawische Sprachen: Natalia Korina (Comenius-Universität Bratislava)
Ehemalige Mitarbeiter
Bearbeiten- Bernd von Arnim
- Sergei Sergejewitsch Awerinzew
- Nikolaus Bencsics
- Juliane Besters-Dilger
- Vladimir Biti
- Miriam Finkelstein
- Gero Fischer
- Jürgen Fuchsbauer
- Josip Hamm
- Aage A. Hansen-Löve
- Bernhard Hartmann
- Georg Holzer
- Vatroslav Jagić
- Rudolf Jagoditsch
- Konstantin Jireček
- Jagoda Jurić-Kappel
- Radoslav Katičić
- Anna Kretschmer
- Otto Kronsteiner
- Andreas Leben
- Ferdinand Liewehr
- František Václav Mareš
- Ferdinand Menčík
- Bonifacy Miązek
- Heinz Miklas
- Franz von Miklosich
- Matija Murko
- Elisabeth Netzkowa (Mnatsakanjan)
- Gerhard Neweklowsky
- Alfred Nozsicska
- Włodzimierz Pianka
- Karl Rajnoch
- Johannes Reinhart
- Milan Rešetar
- Tilmann Reuther
- Peter Scherber
- Heinrich Felix Schmid
- Katja Sturm-Schnabl
- Alois Vojtěch Šembera
- Barbara Sonnenhauser
- Karel Štrekelj
- Josef Vintr
- Václav Vondrák
- Pavol Winczer
- Alois Woldan
- Günther Wytrzens
- Rosemarie Ziegler
Literatur
Bearbeiten- Slawistik an der Universität Wien 1849–1999. Herausgegeben vom Institut für Slawistik der Universität Wien unter der Redaktion von Juliane Besters-Dilger und Heinz Miklas. Institut für Slawistik der Universität Wien, Wien 1999, 51 S.
- Hafner, Stanislaus: "Geschichte der österreichischen Slawistik." In: Josef Hamm und Günther Wytrzens [Hg.], Beiträge zur Geschichte der Slawistik in nichtslawischen Ländern (= Schriften der Balkankommission: Linguistische Abteilung, Band 30). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1985, 596 S. ISBN 978-3-7001-0738-5.
- Newerkla, Stefan Michael: "Der Tschechischunterricht (und der Slowakischunterricht) in Österreich von seinen Anfängen bis in die Gegenwart." Zeitschrift für Slawistik 52 (1), 2007, S. 52–75 (doi:10.1524/slaw.2007.52.1.52).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Geschichte der (Wiener) Slawistik. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- ↑ Forschungsschwerpunkte am Institut für Slawistik der Universität Wien. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- ↑ Geschichte der (Wiener) Slawistik. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- ↑ Wiener Slavistisches Jahrbuch. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- ↑ Modulprüfung zur Sprachbeherrschung. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- ↑ Lehrangebot der Studienprogrammleitung Slawistik der Universität Wien. Abgerufen am 21. Februar 2022.