John Gottowt
John Gottowt, als Isidor Gesang, (* 15. Juni 1881 in Lemberg, Österreich-Ungarn; † 29. August 1942 in Wieliczka, Polen) war ein österreichischer Schauspieler und Regisseur für Theater und Stummfilm.
Leben
BearbeitenNach seiner Ausbildung in Wien fing Gottowt 1905 in Berlin bei Max Reinhardt im Deutschen Theater als Schauspieler und Regisseur an. Gottowt war in der Folge in Berlin, Wien und München in verschiedenen Theatern als Charakterschauspieler und Oberspielleiter tätig. Er war ein begnadeter Darsteller von Greisen und Narren. Sein Rollenfach in Reinhardts Ensemble wurde nach seinem Weggang 1911 von Ernst Lubitsch übernommen. Seinen ersten überlieferten Filmauftritt hatte John Gottowt 1913 zusammen mit Paul Wegener in Der Student von Prag als satanischer Zauberer Scapinelli. Noch im selben Jahr gab er sein Debüt als Filmregisseur mit Das schwarze Los, einer filmischen Commedia dell’arte mit dem Reinhardt-Schauspieler Alexander Moissi in der Hauptrolle. 1920 war er in Werken der expressionistischen Welle zu sehen, so in Robert Wienes Genuine und dem frühen Science-Fiction-Film Algol. Tragödie der Macht, in dem er die Titelfigur spielt, einen Außerirdischen. 1920 spielte er auch seine größte Filmrolle, den Buckligen James Wilton in F. W. Murnaus verschollenem Der Bucklige und die Tänzerin. 1921 wirkte er in Murnaus Klassiker Nosferatu mit, in dem er den Epidemiologen Professor Bulwer verkörpert.
Im Sommer 1920 übernahm er zusammen mit seinem Schwager Henrik Galeen die Leitung des Theaters in der Kommendantenstraße in Berlin, was künstlerisch sehr erfolgreich war. Mit Galeen, der Drehbuchautor von Nosferatu war, arbeitete Gottowt auch an weiteren Filmprojekten, wie der Komödie Der verbotene Weg, die Galeen mit Lupu Pick für dessen Firma Rex-Film inszenierte.
1923 leitete Gottowt mit Paul Leni das Kabarett Die Gondel.
1933 wurde er als Jude mit einem Berufsverbot belegt. Nach einigen Jahren in Dänemark zog er nach Krakau. 1942 wurde John Gottowt von einem SS-Offizier in Wieliczka ermordet, wo er sich als römisch-katholischer Priester getarnt versteckt hielt.[1]
Gedenken
BearbeitenAm 24. September 2024 wurden vor seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Charlottenburg, Dernburgstraße 7, Stolpersteine für seine Frau und ihn verlegt.
Filmografie
Bearbeiten- 1913: Der Student von Prag
- 1913: Das schwarze Los (Pierrots letztes Abenteuer)
- 1915: Büßende Magdalena
- 1915: Satan Opium
- 1917: Die Prinzessin von Neutralien
- 1918: Peer Gynt
- 1919: Morphium
- 1919: Der rote Henker
- 1920: Der verbotene Weg
- 1920: Genuine
- 1920: Die Nacht der Königin Isabeau
- 1920: Der Bucklige und die Tänzerin
- 1920: Niemand weiß es
- 1920: Algol
- 1920: Die tote Stunde
- 1921: Die Lou vom Montmartre
- 1921: Pariserinnen
- 1921: Brennendes Land
- 1922: Nosferatu, eine Symphonie des Grauens
- 1922: Der schwarze Stern
- 1922: Elixiere des Teufels
- 1922: Menschenopfer
- 1922: Der falsche Dimitry
- 1923: Der Geldteufel
- 1923: Das Wachsfigurenkabinett
- 1926: Dürfen wir schweigen?
- 1926: Die Flucht in die Nacht
- 1927: Prinz Louis Ferdinand
- 1932: Unheimliche Geschichten
Literatur
Bearbeiten- Archives of British Film Institute, London
- Karta. Nr. 42, 2004, ISSN 0867-3764, www.karta.org.pl
- Henryk Schönker: Dotknięcie anioła. Ośrodek Karta, Warszawa 2005, ISBN 83-61283-51-X, www.karta.org.pl
- Heinrich Schönker: Ich war acht und wollte leben. Eine Kindheit in Zeiten der Shoah. Mit einem Vorwort von Charlotte Knobloch. Patmos, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-35023-6.
- Irene Stratenwerth, Hermann Simon (Hrsg.): Pioniere in Celluloid. Juden in den frühen Filmwelt. Henschel, Berlin 2004, ISBN 3-89487-471-6.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 335.
- Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 141.
- Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 204 f.
- Olaf Brill, Thomas Ploog: John Gottowt – Schauspieler, Regisseur. In: Hans-Michael Bock (Hrsg.): CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Lieferung 47, edition text + kritik, München 2009.
Weblinks
Bearbeiten- John Gottowt bei filmportal.de
- John Gottowt bei IMDb
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Heinrich Schönker: Ich war acht und wollte leben. Eine Kindheit in Zeiten der Shoah. Mit einem Vorwort von Charlotte Knobloch. Patmos, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-35023-6, S. 96–102 (referiert von Otto Brill, 3. November 2008, abgerufen am 4. Juli 2021).
Personendaten | |
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NAME | Gottowt, John |
ALTERNATIVNAMEN | Gesang, Isidor (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schauspieler und Regisseur für Theater und Stummfilm |
GEBURTSDATUM | 15. Juni 1881 |
GEBURTSORT | Lemberg, Galizien |
STERBEDATUM | 29. August 1942 |
STERBEORT | Wieliczka, Polen |