Justizvollzugsanstalt Koblenz
Die Justizvollzugsanstalt Koblenz ist eine Justizvollzugsanstalt des Landes Rheinland-Pfalz im Koblenzer Stadtteil Karthause.
Informationen zur Anstalt | |
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Name | Justizvollzugsanstalt Koblenz |
Haftplätze | 173 (im Jahr 2019)[1][2] |
Anstaltsleitung | Andrea Kästner (seit 2013) |
Geschichte
BearbeitenAnfänglich wurde in Koblenz als Gefängnisraum ein Gewölbekeller in einem der Türme der Alten Burg[3] oder unter der Auffahrtsrampe der Balduinbrücke[4] und später bis fast zum Ende des 18. Jahrhunderts im Ochsenturm genutzt. Weil dort nicht geheizt werden konnte, wurden die männlichen Gefangene im Winter – die weiblichen ganzjährig – in eines der Koblenzer Hospitäler gesperrt.[5] Daneben gab es seit 1770 an verschiedenen Standorten zeitweise ein Zucht- und Arbeitshaus. Im damals noch selbstständigen Ehrenbreitstein befand sich in den Kasematten auf der Festung Ehrenbreitstein ein kurtrierisches Staatsgefängnis.[6]
Im Oktober 1794 wurde Koblenz von französischen Revolutionstruppen im Verlauf des Ersten Koalitionskrieges besetzt und 1802 alle geistlichen Orden aufgehoben. Bereits einige Jahre zuvor hatten die Franzosen in Teilen des Karmeliterklosters ein Kantonalgefängnis (Position ) eingerichtet.[7] Das meist als Arrest- oder Korrektionshaus und später als Königliches Gefängnis bezeichnete Gebäude ging 1807 in den Besitz der Stadt und 1811 des Département de Rhin-et-Moselle über.[8] 1815 waren beispielsweise 115 Männer und 54 Frauen mit 17 Kindern untergebracht und nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 saßen 230 polizeiliche Schutzhaftgefangene ein. Die preußische Armee unterhielt seit 1818 ein eigenes Militärarresthaus nahe dem früheren Dominikanerkloster (Adresse 1913: Fischelstraße 32a, Position ), das die alliierten Besatzungsmächte noch bis in die 1920er Jahre hinein nutzten. Beide Gebäude wurden durch Luftangriffe 1944 zerstört.
Da es nach dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt Koblenz also keine Gefängnisbauten mehr gab, beschloss die französische Militärregierung am 27. Juli 1946 im Stadtteil Karthause (Simmerner Straße 14a) ein Gefängnis für deutsche Kriegsverbrecher und französische Häftlinge einzurichten.[9] Vorgesehen war dazu das sogenannte Mannschaftshaus III/IV der ehemaligen Spitzberg-Kaserne, das 1911–1913 für ursprünglich zwei Kompanien des Infanterie-Regiments Nr. 68 errichtet und zuletzt als Verwaltungsgebäude für den Arbeitsgau XXIV (Mittelrhein) des Reichsarbeitsdienstes genutzt worden war. Nach Beseitigung der Kriegsschäden wurden die Fensteröffnungen verkleinert und vergittert sowie entsprechend weitere Änderungen am gesamten Gebäude vorgenommen. 1952 war der Wiederaufbau des früheren Stabsgebäudes der Kaserne abgeschlossen. Es wurde zunächst für Beamtenwohnungen und seit einem Umbau (1979–1982) als Freigängerhaus genutzt. Mit Schließung der JVA Neuwied erfolgte 1971 die Verlegung einer Frauenabteilung nach hier. 1955 errichtete man einen neuen Küchentrakt und 1979–1981 ein neues Pfortengebäude. Nach einem spektakulären Ausbruch in den 1980er Jahren, bei dem mehrere Gefangene durch ein in die Außenwand gebohrtes Loch zur Simmerner Straße hin fliehen konnten, wurde die Sicherung des gesamten Außenbereichs verstärkt und Videokameras zur permanenten Überwachung installiert.
Zwischen dem 2. und 5. Dezember 2011 mussten alle Insassen aufgrund einer Bombenentschärfung am Rhein evakuiert und auf andere Haftanstalten in Rheinland-Pfalz verteilt werden.[10]
Zuständigkeit
BearbeitenDie JVA Koblenz ist ausschließlich für Gefangene aus dem Landgerichtsbezirk Koblenz zuständig. Im geschlossenen Vollzug nimmt sie seit 2014 nur noch männliche und weibliche erwachsene Untersuchungshäftlinge auf; im offenen Vollzug erwachsene weibliche Gefangene sowie erwachsene männliche mit weniger noch als einem Jahr zu verbüßender Haftzeit. Die Belegungsfähigkeit hat sich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt:[1]
Jahr | Geschlossener Vollzug | Offener Vollzug | Summe |
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2012 | 211 | 51 | 262 |
2013 | 148 | 51 | 199 |
2014 | 148 | 51 | 199 |
2015 | 148 | 26 | 174 |
2016 | 147 | 26 | 173 |
2019[2] | 147 (davon 138 für Männer u. 9 für Frauen)[11] |
26 (davon 12 für Männer u. 14 für Frauen) |
173 |
Die Haftanstalt nahm zwischen 2012 und 2016 pro Jahr durchschnittlich 1578 Häftlinge insgesamt auf.[12]
Bekannte Häftlinge
Bearbeiten- Rudolf Augstein, Herausgeber des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, im Dezember 1962[13]
- Holger Meins, RAF-Terrorist
- Dieter Popp, DDR-Spion
- Inge Viett, RAF-Terrorist
- Dieter Zurwehme, Gewaltverbrecher
Literatur
Bearbeiten- Katharina Demleitner: Weniger Strafgefangene im Land. In: Rhein-Zeitung Online. 18. Januar 2019 (rhein-zeitung.de).
- Christine Goebel: „Sicherheitsverwahren“ Knast-Leben und Archiv in Koblenz. In: Elsbeth Andre, Jost Hausmann und Ludwig Linsmayer (Hrsg.): Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte. Jahrgang 43, Koblenz 2017, S. 339–383.
- Werner Henrich: Unser Gefängnis. In: Festschrift 50 Jahre St. Beatus. Koblenz 1998, S. 141–142.
- Ministerium der Justiz in Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU zur Situation des Strafvollzugs in Rheinland-Pfalz (Drucksache 17/2698). Mainz 6. April 2017 (dokumente.landtag.rlp.de [PDF; abgerufen am 1. Oktober 2019]).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Ministerium der Justiz in Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Situation des Strafvollzugs in Rheinland-Pfalz (Drucksache 17/ 2698). S. 8.
- ↑ a b Katharina Demleitner: Weniger Strafgefangene im Land: Trotzdem ist Koblenzer Gefängnis ständig überbelegt. In: Rhein-Zeitung. 18. Januar 2019, archiviert vom am 2. Oktober 2019; abgerufen am 18. Mai 2020.
- ↑ Fritz Michel: Alte Coblenzer Gerichtsstätten. In: Rechtspflege im alten Coblenz. Koblenz 1911, S. 5–16, hier S. 11 (dilibri.de).
- ↑ Hans Bellinghausen (Hrsg.): 2000 Jahre Koblenz. Boppard 1973, S. 122.
- ↑ G. Reitz: Die ehemaligen Koblenzer Hospitäler. In: Mittelrheinische Geschichtsblätter. Band 8, Nr. 1. Koblenz 1928, S. 1–2, hier S. 1 (dilibri.de).
- ↑ Georg Fiebig: Die Koblenzer Bastille. In: Koblenzer Heimatblatt. Band 7, Nr. 5. Koblenz 2. Februar 1930, S. 1–2 (dilibri.de).
Karl Zimmermann: Das Gefängnis auf dem Ehrenbreitstein und der letzte Kurtrierische Festungskommandant. In: Koblenzer Heimatblatt. Band 7, Nr. 12. Koblenz 23. März 1930, S. 1–2 (dilibri.de). - ↑ Von Oktober bis Ende Dezember 2016 fand im Landeshauptarchiv Koblenz zum früheren Gefängnis in der Karmeliterstraße die Ausstellung Sicherheitsverwahren. Knast-Leben und Archiv in Koblenz statt.
- ↑ Hans Bellinghausen: Die Karmeliterkirche zu Coblenz. In: Coblenzer Heimatblatt. Band 3, Nr. 15. Koblenz 11. April 1926, S. 1 (dilibri.de).
- ↑ Peter Brommer: Zwischen Zerstörung und Wiederaufbau. Koblenz in den Jahren 1945 bis 1949. In: Kulturdezernat der Stadt Koblenz (Hrsg.): 1945–1949: Kriegsende und Neubeginn in Koblenz (= Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur. Band 6). Koblenz 1996, S. 63–107, hier S. 91–92.
Werner Henrich: Unser Gefängnis. S. 141. - ↑ Hartmut Wagner: 200 Häftlinge in Koblenz müssen umziehen. In: Rhein-Zeitung Online. 27. November 2011 (rhein-zeitung.de).
- ↑ Wissenswertes aus der JVA Koblenz. In: jvako.justiz.rlp.de. Justizvollzugsanstalt Koblenz, abgerufen am 18. Mai 2020.
- ↑ Ministerium der Justiz in Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Situation des Strafvollzugs in Rheinland-Pfalz (Drucksache 17/ 2698). S. 6.
- ↑ Hartmut Wagner: Koblenzer Gefängnis erhält neue Chefin. In: Rhein-Zeitung Online. 27. September 2013 (rhein-zeitung.de, Internet-Archiv).
Koordinaten: 50° 20′ 54″ N, 7° 35′ 0″ O