Die KK-Theorie ist eine mathematische Theorie aus dem Bereich der Funktionalanalysis. Der Name rührt daher, dass sie eine K-Theorie mit zwei Variablen darstellt, die die klassische K-Theorie für C*-Algebren und die Theorie der Erweiterungen von C*-Algebren verallgemeinert. Die KK-Theorie geht auf G. G. Kasparow zurück.[1]
Die unten zu definierenden Gruppen der KK-Theorie werden von Äquivalenzklassen von Hilbert-C*-Moduln mit einer Zusatzstruktur gebildet und hängen von zwei C*-Algebren und ab. Die C*-Algebren tragen eine -Graduierung und für einige zum Teil sehr technische Konstruktionen sollten alle C*-Algebren, die als erste Variable auftreten, separabel sein und alle C*-Algebren, die als zweite Variable auftreten, σ-unital, was der Einfachheit wegen im Folgenden stets vorausgesetzt sei. Für C*-Algebren ohne Graduierung kann man die triviale Graduierung, die durch die Identität als Graduierungsautomorphismus erzeugt wird, unterstellen; dann erhält man Aussagen für nicht-graduierte C*-Algebren.
einem graduierten *-Homomorphismus , wobei die C*-Algebra der -linearen Operatoren auf mit der von herrührenden Graduierung ist (siehe Hilbert-C*-Modul),
Betrachtet man die Elemente aus als „klein“ gegenüber den allgemeineren aus , so wie man manchmal einen echten kompakten Operator als „kleine“ Störung eines Hilbertraum-Operators auffasst, so sagen die Bedingungen an , dass die Größen „klein“ sein sollen. Sind diese Größen sogar 0, so nennt man den Kasparow-Modul degeneriert. Der triviale Modul ist ein degenerierter Kasparow-A-B-Modul; beachte, dass hierbei höchst unterschiedliche Objekte mit 0 bezeichnet sind.
Im Folgenden sei die Klasse der Kasparow-A-B-Moduln. Wir werden eine Addition und eine geeignete Äquivalenzrelation auf definieren, die die Menge der Äquivalenzklassen zu einer Gruppe macht. Das werden die KK-Gruppen sein.
Die Addition in den KK-Gruppen wird mittels der direkten Summe definiert werden, daher beschreiben wir kurz die direkte Summe endlich vieler Kasparow-Moduln. Seien Kasparow-A-B-Moduln. Wir definieren die direkte Summe
durch
mit Graduierung , wobei die Graduierungen auf den seien.
Man überprüft, dass das Tripel wieder ein Kasparow-A-B-Modul ist, den man die direkte Summe der nennt.
Zur angekündigten Definition der Äquivalenzrelation auf benötigen wir die folgende als Pushout bezeichnete Konstruktion.
Es sei ein Kasparow-A-B-Modul und ein surjektiver *-Homomorphismus. Dann kann man zeigen, dass es zu jedem Operator genau einen Operator gibt mit , wobei das Pushout des Hilbert-B-Moduls bezüglich ist und die Quotientenabbildung. Dann definiert einen *-Homomorphismus und
ist ein Kasparow-A-C-Modul, den man das Pushout von bezüglich nennt.[4]
Ähnlich wie in der K-Theorie, in der die direkte Summe eine Verknüpfung auf geeigneten Äquivalenzklassen definiert, werden wir hier vorgehen. Es ist üblich, mehrere Äquivalenzrelationen zu definieren, von denen dann gezeigt wird, dass sie unter geeigneten Abzählbarkeitsvoraussetzungen an die C*-Algebren, die wir wie oben erwähnt generell voraussetzen, zusammenfallen. Wir werden uns hier nur einer dieser Äquivalenzrelationen, der sogenannten Homotopie-Relation, zuwenden und erwähnen an dieser Stelle nur, dass man Teile der Theorie parallel für mehrere Äquivalenzrelationen entwickelt, um dann später Gleichheit zeigen zu können. Da wir nur Ergebnisse darstellen wollen, werden wir diesen Weg hier nicht nachzeichnen.
Zur Definition der Homotopie-Relation benötigen wir zunächst die feinere unitäre Äquivalenz.
Zwei Kasparow-A-B-Moduln und heißen unitär äquivalent, in Zeichen , wenn es einen Operator gibt, der eine unitäre Äquivalenz der graduierten Hilbert-C*-Moduln vermittelt, so dass
für alle
Für eine graduierte C*-Algebra sei die C*-Algebra der stetigen Funktionen auf dem Einheitsintervall mit Werten in . Diese ist mit der von induzierten Graduierung wieder eine graduierte C*-Algebra. Die Auswertungen sind surjektive *-Homomorphismen, mit denen daher Pushouts gebildet werden können.
Man schreibt nun , falls es einen Kasparow-A-C([0,1],B)-Modul mit und .
Schließlich nennt man und homotop, in Zeichen , falls es endlich viel Kasparow-A-B-Moduln gibt mit
.
Man zeigt, dass eine Äquivalenzrelation auf der Klasse der Kasparow-A-B-Moduln ist. Die Äquivalenzklasse eines Kasparow-Moduls wird mit bezeichnet.[5]
die Menge der Äquivalenzklassen der Kasparow-A-B-Moduln. Da die abzählbar erzeugten Hilbert-B-Moduln nach dem Stabilisierungssatz von Kasparow bis auf unitäre Äquivalenz als Untermoduln von aufgefasst werden können, liegt hier tatsächlich eine Menge vor.
Man kann zeigen, dass die direkte Summe eine Addition
definiert, die zu einer abelschen Gruppe macht.[6]
Das Nullelement ist die Klasse der degenerierten Kasparow-Moduln. Wir beschreiben kurz die Inversenbildung in dieser Gruppe. Es ist
.
Dabei ist der Hilbert--Modul mit der entgegengesetzten Graduierung, das heißt die Moduln haben dieselben homogenen Elemente, lediglich die Grade dieser homogenen Elemente des einen sind gegenüber den Graden der homogenen Elemente des anderen um 1 modulo verschoben. Weiter ist , wobei die homogene Elemente vom Grad aus seien.
Schließlich sei
.
Dabei ist das graduierte Tensorprodukt aus und , wobei diese zweidimensionale C*-Algebra die durch definierte Graduierung trage. Zum besseren Verständnis dieses Tensorproduktes sei der Graduierungsautomorphismus auf und sei derjenige Homomorphismus, der 0 auf die Identität und 1 auf abbildet. Dann ist ein C*-dynamisches System und das graduierte Tensorprodukt ist isomorph zum Kreuzprodukt dieses C*-dynamischen Systems.
Es seien ein Kasparaow-A-B-Modul eine weitere, separable, graduierte C*-Algebra. Dann ist ein graduierter Hilbert-D-Modul und man kann den Hilbert-B⊗D-Modul , das äußere, graduierte Tensorprodukt der beiden Hilbert-C*-Moduln, bilden. ist dann ein *-Homomorphismus und ein Operator, der
zu einem Kasparow-A⊗D-B⊗D-Modul macht. Auf diese Weise erhalten wir einen Homomorphismus
Dies nennt man die formale Bott-Periodizität, weil es sich ähnlich wie die Bott-Periodizität der K-Theorie verhält. Die formale Bott-Periodizität lässt sich im Wesentlichen auf die Beziehung zurückführen und ist damit wesentlich einfacher als die echte Bott-Periodizität, die Einhängungen verwendet. Aber auch diese echte Bott-Periodizität lässt sich in der KK-Theorie beweisen.
Ist eine C*-Algebra, so bezeichne die Einhängung von , das heißt die C*-Algebra aller stetigen Funktionen , die im Unendlichen verschwinden. Dann gilt[8]
Wir definieren hier sogenannte KK1-Zykel und zeigen, wie mittels einer geeigneten Äquivalenzrelation solche Zykel zu einer alternativen Beschreibung von für trivial graduierte C*-Algebren herangezogen werden können.
Ein KK1-Zykel ist ein Paar bestehend aus einem Element und einem *-Homomorphismus , so dass
für alle
Es sei die Menge solcher KK1-Zykel. Zwei KK1-Zykel und heißen homomtop, falls es gibt mit
,
wobei die Auswertungsabbildung im Punkt sei und deren eindeutige strikt-stetige Fortsetzung auf die Multiplikatorenalgebren. Diese mit bezeichnete Relation ist eine Äquivalenzrelation, deren Äquivalenzklassen wir mit eckigen Klammern schreiben.
Auf hat man die durch
definierte Addition, wobei eine unitäre Isomorphie bezeichne.
Wir beschreiben nun einen Isomorphismus von nach . Dazu sei und der durch definierte Isomorphismus.
Für einen KK1-Zykel setze
.
Dann ist und
ist ein Isomorphismus.[9] Damit ist unabhängig von der formalen Bott-Periodizität beschrieben.
Ist ein graduierter *-Homomorphismus zwischen C*-Algebren, so ist ein Kasparow-A-B-Modul. Beachte dazu die oben vereinbarte Voraussetzung, dass -unital ist; damit ist als Hilbert--Modul (mit trivialer Graduierung) tatsächlich abzählbar erzeugt. Die Äquivalenzklasse wird oft nur mit bezeichnet. Die Elemente werden beim weiter unten zu besprechenden Kasparow-Produkt die Rolle von Identitäten einnehmen.
Es seien mit Graduierung und der *-Homomorphismus mit . Weiter sei die Quotientenabbildung in die Calkin-Algebra. Sei ein Operator, so dass unitär ist. Dann ist
Wir zeigen hier, wie die K-Gruppen einer C*-Algebra (mit trivialer Graduierung) in der KK-Theorie wieder auftauchen.[10]
Es sei ein unitäres Element der äußeren Multiplikatorenalgebra der C*-Algebra , das heißt aus dem Quotienten der Multiplikatorenalgebra des Tensorproduktes aus und der C*-Algebra der kompakten Operatoren über einem separablen Hilbertraum nach diesem Tensorprodukt.
Sei eine Liftung von , das heißt . Dann ist
.
Beachte dabei, dass und daher die dritte Komponente des angegebenen Elementes tatsächlich aus ist und offenbar den Grad 1 hat. ist der *-Homomorphismus mit .
Dann kann man zeigen, dass die Zuordnung
ein Gruppenisomorphismus ist. Wie im Artikel über Multiplikatorenalgebren ausgeführt, hat man auch einen natürlichen Isomorphismus , so dass man insgesamt einen Isomorphismus erhält.
Entweder durch ähnliche Überlegungen oder unter Verwendung der oben vorgestellten Bott-Periodizität kommt man auch zu einem Isomorphismus , so dass man insgesamt zu folgender leicht einprägsamer Formel gelangt:
Unter Verwendung der oben vorgestellten alternativen Beschreibung von mittels KK1-Zykeln lässt sich ein Isomorphismus konstruieren, wobei ersteres die Gruppe der invertierbaren Elemente in Ext(A,B) bezeichne. Wie im Artikel über Erweiterungen von C*-Algebren ausgeführt, gehören zur Busby-Invariante eines invertierbaren Elementes ein Homomorphismus und eine Projektion mit . Dann ist ein KK1-Zykel und wir erhalten einen Gruppenisomorphismus
Die Zuordnung zweier C*-Algebren zu ihrer KK-Gruppe kann zu einem Funktor ausgebaut werden, wenn man jeweils eine C*-Algebra fixiert. Diese Funktoren erweisen sich sogar als homotopieinvariant.[12]
Sind ein Kasparow-A-B-Modul und ein graduierter *-Homomorphismus, so ist ein Kasparow-C-B-Modul und man erhält einen Gruppenhomomorphismus
.
Dadurch wird bei festem zu einem kontravarianten Funktor von der Kategorie der separablen, graduierten C*-Algebren in die Kategorie der abelschen Gruppen. Betrachtet man auf jeder C*-Algebra die triviale Graduierung, so erhalten wir einen kontravarianten Funktor von der Kategorie der separablen C*-Algebren in die Kategorie der abelschen Gruppen.
Dieser Funktor ist homotopieinvariant, das heißt sind *-Homomorphismen für , so dass die Abbildungen für alle stetig sind, so ist .
Sind ein Kasparow-A-B-Modul und ein graduierter *-Homomorphismus, so bilde das innere Tensorprodukt . Dieses ist ein Hilbert--Modul und ist ein *-Homomorphismus . Durch diese Definition erhält man einen Gruppenhomomorphismus
.
Dadurch wird bei festem zu einem kovarianten Funktor von der Kategorie der -unitalen, graduierten C*-Algebren in die Kategorie der abelschen Gruppen. Betrachtet man auf jeder C*-Algebra die triviale Graduierung, so erhalten wir einen kovarianten Funktor von der Kategorie der -unitalen C*-Algebren in die Kategorie der abelschen Gruppen.
Dieser Funktor ist homotopieinvariant, das heißt sind *-Homomorphismen für , so dass die Abbildungen für alle stetig sind, so ist .
das in den Anwendungen ein mächtiges Werkzeug darstellt. Sowohl die Konstruktion, die unten nur angedeutet werden kann, als auch der Nachweis der unten aufgelisteten Eigenschaften erfordern einen hohen technischen Aufwand.[13]
Zur Konstruktion seien und . Dann ist das graduierte, innere Tensorprodukt ein Hilbert--Modul und ist ein *-Homomorphismus . Mit hohem technischen Aufwand kann man einen geeigneten Operator konstruieren und so ein Element definieren, das man das Kasparaow-Produkt der beiden Elemente aus und nennt, und das folgende Eigenschaften hat:[14]
für
für *-Homomorphismus
für *-Homomorphismus
für *-Homomorphismus
für
für
für
für *-Homomorphismus
für *-Homomorphismus.
Insbesondere ist für jede separable C*-Algebra ein Ring mit Einselement . Der oben vorgestellte Gruppenisomorphismus erweist sich als Ringisomorphismus.
Ist eine AF-C*-Algebra, so ist isomorph zum Endomorphismenring der Gruppe .
Das Kasparow-Produkt kann wie folgt zu einem Produkt
verallgemeinert werden, wobei die auftretenden C*-Algebren die oben vereinbarten Abzählbarkeitsbedingungen erfüllen sollen und das Tensorprodukt stets das graduierte Tensorprodukt sei. Für und sind
und
,
so dass man das Kasparow-Produkt , ein Element in , bilden kann. Dieses Produkt bezeichnet man wieder mit und bestätigt, dass es nicht in Konflikt zum bereits definierten Kasparow-Produkt steht, was im Wesentlichen daran liegt, dass die Identität ist. Insgesamt erhalten wir so die angekündigte, bilineare Abbildung
Für erhält man das bereits bekannte Kasparow-Produkt zurück, denn das Tensorieren mit führt zu isomorphen C*-Algebren und ist die Identität. In diesem Sinne stellt obiges Produkt eine Verallgemeinerung des zuvor eingeführten Kasparow-Produkts dar.
Als wichtigen Spezialfall wollen wir das Tensorieren mit behandeln, denn das führt nach obiger Definition zu KK1-Gruppen. Ist speziell und , so kann man beim Auftreten des Tensorproduktes mit zur KK1-Gruppe übergehen und das Tensorieren mit fortlassen. Aus obigem erhält man daher eine bilineare Abbildung
.
Man kann also Elemente aus von links mit Elementen aus multiplizieren und erhält ein Element aus .
Indem man analog und beziehungsweise setzt, erhält man bilineare Abbildungen
und
,
wobei für die letzte Abbildung noch die formale Bott-Periodizität verwendet wurde.
Die aus der K-Theorie bekannten zyklischen, 6-gliedrigen, exakten Sequenzen können auch in der KK-Theorie bewiesen werden. Wir gehen von einer kurzen, exakten Sequenz
aus, die aus einem abgeschlossenen, zweiseitigen Ideal in einer C*-Algebra mit Einselement entsteht und von der wir voraussetzen wollen, dass sie semi-spaltend ist. Dann ist diese Sequenz eine invertierbare Erweiterung und bestimmt daher nach obigem ein Element . Die durch das Kasparow-Produkt definierte Multiplikation mit definiert für eine weitere C*-Algebra Homomorphismen
,
,
,
,
die sämtlich mit bezeichnet seien. Dann bestehen die folgenden zyklischen, exakten Sequenzen:[16]
und
Derartige Sequenzen sind bei der Berechnung von KK-Gruppen oft hilfreich, insbesondere wenn ein oder zwei Glieder einer solchen Sequenz 0 sind, denn dann können einige Abbildungen mittels Exaktheit als injektiv, surjektiv oder sogar als bijektiv nachgewiesen werden.