Kappenblaurabe
Der Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) ist ein Blaurabe aus der Familie der Rabenvögel (Corvidae). Er lebt im mittleren Südamerika.
Kappenblaurabe | ||||||||||||
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Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cyanocorax chrysops | ||||||||||||
(Vieillot, 1818) |
Beschreibung
BearbeitenDer Kappenblaurabe erreicht eine Körperlänge von 36 cm. Der Kopf trägt eine Haube aus kurzen aufrecht stehenden Federn, die dem Vogel seinen deutschsprachigen Namen gibt.[1] Sein Oberkopf, die Kehle und die obere Brust sind schwarz. Der Nacken und der hintere Oberkopf ist weißlich-blau, die Färbung geht am hinteren Nacken in ein dunkles violett über. Oberhalb und unter dem Auge befindet sich ein violett-blauer oder grünlich-blauer Fleck, der Fleck unter dem Auge verbindet sich mit dem violetten Wangenstreif.
Die Oberseite und die Flügel sind dunkel blauviolett, der Bauch ist cremefarben. Der moderat lange Schwanz ist an der Spitze leicht abgestuft, über das terminale Ende der Schwanzfedern verläuft ein breites blass gelbes bis weißliches Band.[2]
Der Schnabel und die Füße sind schwärzlich, die Iris ist zitronengelb oder blassgelb.[2]
Der Weißnacken-Blaurabe (Cyanocorax cyanopogon) ist sehr ähnlich, hat jedoch einen rein weißen Nacken.[3]
Verbreitung und Lebensraum
BearbeitenSein Verbreitungsgebiet erstreckt sich über das südwestliche Brasilien nach Bolivien, Paraguay und Uruguay sowie ins nördliche Argentinien. In den Anden Boliviens ist er lokal bis in Höhen von 2800 Metern[2] anzutreffen, meist lebt er aber unterhalb von 1500 Metern.
Der Kappenblaurabe lebt in offenen Waldgebieten und in niedrigen, dichten Buschlandschaften[4], in Waldinseln der Pampa, in Primär- und Sekundärwald. Zur Nahrungssuche begibt er sich auch in angrenzende Plantagen und landwirtschaftliche Gebiete. Offene Gebiete überfliegt er in der Regel nicht.[2]
Lebensweise
BearbeitenDas Brutgeschäft ist nur wenig erforscht. Berichten zufolge befinden sich die Nester in einer Höhe von 4 bis 6 Metern in Bäumen. Das Gelege besteht in Paraguay aus 2 bis 4, in Brasilien aus 6 bis 7 variabel gefärbten Eiern. In Paraguay sind die Eier vom frühen Oktober bis zum frühen Dezember zu finden.[2]
Ernährung
BearbeitenKappenblauraben gehen nicht selten in Gruppen von zehn bis zwölf Individuen auf Nahrungssuche, sie werden dabei dort, wo sich das Verbreitungsgebiet überschneidet, oft von den verwandten Purpurblauraben (Cyanocorax cyanomelas) begleitet.
Kappenblauraben sind Allesfresser. Sie ernähren sich sowohl von Sämereien, Früchten und Beeren, Körnern aller Art, Nüssen und anderen Waldfrüchten als auch von Insekten und deren Larven, kleineren Wirbeltieren, Vogeleiern und Nestlingen. Gelegentlich wird auch Aas verzehrt. Seine Nahrung findet der Kappenblaurabe sowohl auf dem Waldboden als auch im Geäst der Bäume. Dabei ist er in den Bäumen zumeist in den unteren Schichten unterwegs. Kappenblauraben gelten als räuberisch. Ihre Spezialität ist das Ausrauben von Nestern anderer Vögel.[1]
Unterarten
BearbeitenVier Unterarten werden bisher unterschieden:[5]
- Cyanocorax chrysops diesingii Pelzeln, 1856[6] – Diese Unterart kommt in Brasilien vom äußersten Osten des Bundesstaates Amazonas (rechts des Rio Madeira) bis zum Unterlauf des Rio Tapajós südlich des Amazonas im Westen des Bundesstaates Pará vor.
- Cyanocorax chrysops insperatus Pinto & Camargo, 1961[7] – Das Vorkommen dieser Unterart ist in Brasilien auf die Serra do Cachimbo im Südwesten des Bundesstaates Pará am Unterlauf des Rio Tapajós beschränkt.
- Cyanocorax chrysops chrysops (Vieillot, 1818)[8] – Die Nominatform kommt im Norden, Osten und Südosten Boliviens vor (in den Departamentos Beni, Cochabamba, Santa Cruz, Chuquisaca und Tarija), ebenso im angrenzenden Südosten Brasiliens (von den Bundesstaaten Mato Grosso do Sul und São Paulo südlich bis Rio Grande do Sul), in Paraguay und im Nordwesten Uruguays sowie im nordöstlichen Argentinien (südlich bis in die Provinz Chaco und in die Provinz Entre Ríos).
- Cyanocorax chrysops tucumanus Cabanis, 1883[9] – Diese Unterart ist in Argentinien beheimatet und lebt in den Provinzen Salta, Tucumán, Catamarca und La Rioja.
Etymologie und Forschungsgeschichte
BearbeitenDie Erstbeschreibung des Kappenblauraben erfolgte 1818 durch Louis Pierre Vieillot unter dem wissenschaftlichen Namen Pica chrysops. Die Beschreibung bezog sich auf Urraca del acahé[10] von Félix de Azara.[8] 1826 führte Friedrich Boie die neue Gattung Cyanocorax für den Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) (Synonym Corvus pileatus Temminck, 1821)[11] ein.[12] Dieses Wort leitet sich vom griechischen »cyanos κυανος« für »dunkel blau« und »corax, coracos κοραξ, κορακος« für »Rabe, Krähe« ab.[13] Der Artname »chrysops« ist ein Wortgebilde aus »chrysos χρυσος« für »gold« und »ōps, ōpos ωψ, ωπος« für »Gesicht«.[14] »Diesingii« ist Karl Moriz Diesing (1800–1867) gewidmet.[6] Tucumanus bezieht sich auf die Provinz Tucumán.[9] Insperatus hat seinen Ursprung in lateinisch in- ‚nicht‘ und lateinisch speratus, sperare ‚erwartet, erwarten‘.[15] Alfred Laubmann sah in seinem Werk Die Vögel von Paraguay in C. c. tucumanus kaum einen Unterschied zur Nominatform und bezweifelte seine Güligkeit als Unterart. Die Art selbst sah er für ganz Paraguay als nicht besonders selten an.[16] Cyanocorax chrysops interpositus Pinto, 1958[17] wird heute als Hybride wischen Kappenblaurabe und Weißnacken-Blaurabe (Cyanocorax cyanopogon (Wied-Neuwied, 1821)) betrachtet.[18]
Literatur
Bearbeiten- Cristiane Silva Apolinario dos Santos, Luís Fábio Silveira: Hybridism between Cyanocorax chrysops and Cyanocorax cyanopogon (Aves: Corvidae) in Brazil. In: Zoologia (Curitiba Impresso). Band 36, 2019, S. 1–7, doi:10.3897/zoologia.36.e32138.
- Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 1. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1802 (google.de).
- Jean Louis Cabanis: Von Fritz Schulz in Tucuman entdeckte Arten. In: Journal für Ornithologie (= 4). Band 11, Nr. 2, 1883, S. 214–216 (biodiversitylibrary.org).
- Friedrich Boie: Generalübersicht der ornithologischen Ordnungen, Familien und Gattungen. In: Isis von Oken. Band 19, 1826, S. 969–981 (biodiversitylibrary.org).
- Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 2. Strecker und Schröder, Stuttgart 1940, S. 189–190 (google.de).
- August von Pelzeln: Neue und wenig gekannte Arten der kaiserlichen ornithologischen Sammlung. In: Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Band 20, Nr. 1, 1856, S. 153–166 (biodiversitylibrary.org).
- Olivério Mário de Oliveira Pinto: Resultados ornitológicos de duas viagens científicas ao estado de Alagoas. In: Papéis Avulsos De Zoologia. Band 12, Nr. 1, 1954, S. 1–98 (usp.br).
- Olivério Mário de Oliveira Pinto, Eurico Alves de Camargo: Resultados ornitológicos de quatro recentes expedições do Departamento de Zoologia ao. Nordeste do Brasil, com a descrição de seis novas subespécies. In: Arquivos de Zoologia do Estado de São Paulo. Band 11, Nr. 9, 1961, S. 193–284 (usp.br).
- Coenraad Jacob Temminck, Jean-Gabriel Prêtre, Nicolas Hüet: Nouveau recueil de planches coloriées d’oiseaux: pour servir de suite et de complément aux planches enluminées de Buffon, Édition in-folio et in-4⁰ de l’Imprimerie royale, 1770. Band 2. F.G. Levrault, Legras Imbet et Comp., Straßburg, Amsterdam 1838 (biodiversitylibrary.org).
- Louis Pierre Vieillot: Nouveau dictionnaire d'histoire naturelle, appliquée aux arts, à l'agriculture, à l'économie rurale et domestique, à la médecine, etc. Par une société de naturalistes et d'agriculteurs. Band 26. Deterville, Paris 1818 (biodiversitylibrary.org).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Sarah K. Reich: Cyanocorax chrysops. T. S. Schulenberg (Hrsg.): Neotropical Birds Online. The Cornell Lab of Ornithology, Ithaca 2012. Abgerufen am 26. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e Steve Madge, Hilary Burn: Crows and Jays. Helm, 1994, ISBN 978-0-691-08883-9, S. 89.
- ↑ Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) auf eBird.org
- ↑ Charles Gald Sibley: Distribution and Taxonomy of Birds of the World. Yale University Press, 1991, ISBN 978-0-300-04969-5, S. 465
- ↑ IOC World bird list Jayshrike, shrikes, crows, mudnesters, melampittas, Ifrit, birds-of-paradise
- ↑ a b August von Pelzeln (1857), S. 164.
- ↑ Olivério Mário de Oliveira Pinto u. a. (1961), S. 265.
- ↑ a b Louis Pierre Vieillot (1818), S. 124.
- ↑ a b Jean Louis Cabanis (1883), S. 216.
- ↑ Félix de Azara (1802), S. 253–256.
- ↑ Coenraad Jacob Temminck (1821), Tafel 58 & Text (Lieferung 10)
- ↑ Friedrich Boie (1826), S. 975
- ↑ Cyanocorax in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ chrysops in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ insperatus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ Alfred Laubmann (1940), S. 189–190
- ↑ Olivério Mário de Oliveira Pinto (1958), S. 75–77.
- ↑ Cristiane Silva Apolinario dos Santos u. a. (2019), S. 2.
Weblinks
Bearbeiten- Cyanocorax chrysops in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2023.1. Eingestellt von: BirdLife International, 2012. Abgerufen am 29. Dezember 2023.
- Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) bei Avibase
- Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops) auf eBird.org
- xeno-canto: Tonaufnahmen – Kappenblaurabe (Cyanocorax chrysops)
- Plush Crested Jay (Cyanocorax chrysops) in der Encyclopedia of Life. (englisch).