Muharram

erster Monat des islamischen Kalenders

Muharram (arabisch محرم, DMG Muḥarram, türkisch Muharrem; auch Moharram und Maharram, aserbaidschanisch Məhərrəm) ist der erste Monat des islamischen Kalenders und einer der vier heiligen Monate des Jahres im Islam und im vorislamischen Arabien,[1] in denen kriegerische Handlungen verboten sind.[2] Da der islamische Kalender nach Mondjahren rechnet und verglichen mit dem Gregorianischen Kalender kürzer ist, wandern die islamischen Monate im Laufe mehrerer Jahrzehnte durch das Sonnenjahr.

Der zehnte Tag von Muharram ist bekannt als der Tag von Aschura. Sunniten feiern diesen Tag anlässlich verschiedener Ereignisse unter anderem die Strandung des Propheten Noah nach der Sintflut, indem sie fasten. Schiiten betrauern die Tragödie von Husain ibn Ali und seiner Familie mit verschiedenen Trauerveranstaltungen.

Ereignisse im Monat Muharram

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Muharram und Aschura

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Muharram-Trauerveranstaltung in einer Hussainia in Daressalaam, Tansania

Aschura bezieht sich auf den zehnten Tag von Muharram. Schiiten und Aleviten trauern in zehn oder zwölf Tage andauernde Trauerzeremonien wegen des Martyriums des Enkelsohns des islamischen Propheten Mohammad und dritten Imams der Schiiten Husains ibn Ali zusammen mit seinen Getreuen in der Schlacht von Kerbala. Muharram gilt für sie als Trauermonat.

Schiiten beginnen mit der Trauer in der ersten Nacht von Muharram, setzen es für die nächsten zehn Nächte fort bis zum Höhepunkt am Tag von Aschura, am 10. Muharram. Die Tage vom 07. Muharram bis einschließlich den Tag von Aschura sind die wichtigsten Tage, weil ab da Husain, seine Familie und Anhänger (darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen) vom Wasser des Flusses abgehalten wurden und Husain mit seinen 72 Anhängern und Familienangehörigen von der Armee Yazids I. in der Schlacht von Kerbala getötet wurden. Die überlebenden Anhänger und Familienmitglieder von Husain wurden gefangen genommen. Sie mussten durch die Wüste nach Damaskus marschieren und wurden dort eingesperrt.

Aleviten trauern und fasten zwölf Tage lang, als symbolischer Hinweis auf die zwölf Imame, die – nach schiitischer, wie nach alevitischer Ansicht – alle ermordet wurden, bis auf den 12. Imam Mahdi. Am zwölften Tag bricht man sein Fasten mit dem Einnehmen der Süßspeise Aşure.

Der sowjetische Kampf gegen die Muharram-Praktiken in Aserbaidschan

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In Aserbaidschan, wo ebenfalls Schiiten leben, wurden die Muharram-Trauerzeremonien während der frühen sowjetischen Zeit als Zeichen der Rückständigkeit bekämpft.[3] Unmittelbar nach der Errichtung der sowjetischen Herrschaft im Jahre 1920 sandte das Zentralkomitee von Aserbaidschan eine Anzahl von Direktiven an die Distriktkomitees und forderte sie dazu auf, in angemessener Weise gegen den „Fanatismus“ der Aschura-Prozessionen vorzugehen. Aktivisten der Kommunistischen Partei wurden 1921 beauftragt, an religiösen Versammlungsorten eine Anti-Muharram-Kampagne durchzuführen, über dann die Presse zu berichten hatte. 1922 beschloss das Zentralkomitee, noch schärfere Maßnahmen gegen die Muharram-Feiern zu ergreifen und die Herstellung von Produkten, die für die Durchführung der schiitischen Selbstgeißelungsrituale gebraucht wurden, zu verbieten sowie auch alle Trauerprozessionen in den Hauptstraßen von Baku zu untersagen. Der Sekretär des Zentralkomitee beauftragte die Tscheka, Maßnahmen zu ergreifen, um Massendemonstrationen an Aschura zu verhindern.[4] Mullas, die sich an der Anti-Muharram-Kampagne beteiligten, wurden 1923 mit einem neuen Anzug belohnt.[5]

Der Rat der Volkskommissare erließ 1925 das Dekret „Zum Muharram“, in dem den Bürgern der Aserbaidschanischen SSR streng verboten wurde, während des Muharram Prozessionen oder Selbstgeißelungen durchzuführen. Das Verbot wurde mit der notwendigen Gesunderhaltung der Arbeiterklasse begründet und darauf hingewiesen, dass diese Rituale den Menschen von den Grundbesitzern und dem Klerus ohne Grund auferlegt worden seien.[5] Dass der Kampf der Regierung gegen die Muharram-Zeremonien vergeblich war, lässt sich allerdings daran erkennen, dass 1927 das Aserbaidschanische Zentrale Exekutivkomitee erneut einen Appell an die Arbeiter richtete, „alle Kräfte zu vereinen, um dieses Phänomen, das eine Schande für ein sowjetisches Land ist, endgültig auszumerzen“.[6] 1929 wurde das Muharram-Dekret um einen zusätzlichen Artikel erweitert, der auch religiöse Massenfeiern in privaten Häusern verbot.[7]

Muharram im gregorianischen Kalender

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Der islamische Kalender ist ein Mondkalender und ein Monat beginnt, wenn die erste schmale Sichel des zunehmenden Mondes gesichtet wird. Da das islamische Mondkalenderjahr 10 bis 11 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, wandert Muharram durch die Sonnenjahre. Die voraussichtlichen Anfangs- und Enddaten für Muharram sind wie folgt (basierend auf dem Umm al-Qura Kalender von Saudi-Arabien:[8])

Muharram Daten zwischen 2018 und 2024
Islamischer Kalender Erster Tag (n. Chr.) Letzter Tag (n. Chr.)
1440 12. September 2018 09. Oktober 2018
1441 31. August 2019 29. September 2019
1442 20. August 2020 17. September 2020
1443 09. August 2021 07. September 2021
1444 30. Juli 2022 27. August 2022
1445 19. Juli 2023 16. August 2023
1446 07. Juli 2024 04. August 2024

Anmerkung: Die Tabelle zeigt die berechneten Daten. Der tatsächliche Beginn und Ende des Muharrams kann um ein bis zwei Tage abweichen.

Literatur

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  • Babak Rahimi: Theater state and the formation of early modern public sphere in Iran: studies on Safavid Muharram rituals, 1590–1641 CE. Brill, Leiden 2012.
  • Altay Göyüşov, Əlçin Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. In: Michael Kemper, Raoul Motika, Stefan Reichmuth (Hrsg.): Islamic Education in the Soviet Union and Its Successor States. Routledge, London 2010, S. 168–222, hier S. 173–178.
  • Keith Hjortshoj: Shi'i identity and the significance of Muharram in Lucknow, India. In: Martin Kramer (Hrsg.): Shi'ism, resistance and revolution. London 1987, S. 289–309.
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Einzelnachweise

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  1. Die anderen sind Dhu al-Qi'dah, Dhu al-Hijjah and Rajab des islamischen Kalenders
  2. An Overview of the Islamic Calendar. In: ThoughtCo. (thoughtco.com [abgerufen am 17. September 2018]).
  3. Göyüşov/Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. 2010, S. 168.
  4. Göyüşov/Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. 2010, S. 174.
  5. a b Göyüşov/Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. 2010, S. 173.
  6. Göyüşov/Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. 2010, S. 177.
  7. Göyüşov/Əsgərov: Islam and Islamic education in Soviet and independent Azerbaijan. 2010, S. 178.
  8. R.H. van Gent: The Umm al-Qura Calendar of Saudi Arabia. Abgerufen am 17. September 2018.