Nichtphilosophie
Nichtphilosophie ist ein Konzept aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, welches zahlreiche Dogmen und Denkmuster der Philosophie in Frage stellt und sich mit den Grenzen der Disziplin auseinandersetzt. Exponenten waren die französischen Poststrukturalisten Gilles Deleuze und François Laruelle. Letzterer gründete und leitete die Organisation Non-Philosophique Internationale. Als Vordenker und Begriffsbildner der Nichtphilosophie gilt der deutsche Arzt und Naturphilosoph Carl August von Eschenmayer (1768–1852). Ein weiterer Vorläufer war der japanische Philosoph Hajime Tanabe (1882–1965), ein Schüler von Riehl, Rickert und Husserl.
These
BearbeitenLaruelle argumentiert, das alle Formen der Philosophie auf einer ursprünglichen Annahme beruhen, die ungenannt bleibe und dennoch das Fundament des Argumentation bilde. Dies sei gültig für alle Formen der Philosophie, von der antiken über die analytische bis zur dekonstruktiven. Die Grundannahme sei die dialektische Aufteilung der Welt, um sie philosophisch verstehen zu können. Er nennt Kants Synthese von Empirismus und Rationalismus, Heideggers Unterscheidung von Ontischem und Ontologischem und den von Derrida untersuchten Widerspruch zwischen différance und presence.[1]
Kritik
BearbeitenVor allem die Verortung der Nichtphilosophie innerhalb der Philosophie und ihrem Lehrbetrieb – Laruelle war an der Universität Paris X tätig – wurde kritisiert, auch die Institutionalisierung in Form einer Vereinigung, weil so der anarchische Ansatz unterminiert wurde. Eine radikale Infragestellung kam vom nordamerikanischen Philosophen Jacob Vangeest im Jahre 2021, also noch zu Lebzeiten von Laruelle.[2]
Zentrale Werke
BearbeitenIn chronologischer Abfolge
- Carl August von Eschenmayer: Die Philosophie in ihrem Ubergange zur Nichtphilosophie. Walthersche Kunst- und Buchhandlung, Erlangen 1803 (Digitalisat), neu hg. als Taschenbuch bei Legare Street Press, 2023, ISBN 978-1021833990
- Tanabe Hajime: Philosophie als Metanoetik, 1946 (jap.)
- Gilles Deleuze: Différence et répétition, 1968; deutsch: Differenz und Wiederholung, übersetzt von Joseph Vogl, München: Wilhelm Fink 1992
- François Laruelle: 'A Summary of Non-Philosophy' in Pli: The Warwick Journal of Philosophy, Vol. 8, Philosophies of Nature, 1999 (engl.)
- Ray Brassier: 'Axiomatic Heresy: The Non-Philosophy of Francois Laruelle', Radical Philosophy 121, Sept./Okt. 2003
- John Ó Maoilearca: All thoughts are equal: Laruelle and Nonhuman Philosophy, Minnesota University Press 2015
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ An und für sich: Notes on François Laruelles Les Philosophies de le différence, 30. September 2009
- ↑ Jacob Vangeest: Non-Philosophy Does Not Exist, 5. Januar 2021 (engl.)