Für den Sommer 2020 war die Austragung der 44. Schacholympiade in Russland vorgesehen. Infolge der weltweiten COVID-19-Pandemie konnte dieses Turnier nicht wie geplant ausgetragen werden und wurde zunächst auf das Jahr 2021 verlegt, später gänzlich abgesagt. Ersatzweise richtete der Weltschachverband FIDE ein Online-Turnier für die Nationalmannschaften seiner Mitgliedsverbände auf dem Server chess.com aus. Die Spielerinnen und Spieler verblieben in ihrem jeweiligen Heimatland.
Bei diesem Turnier waren 163 Auswahlmannschaften am Start, womit die Beteiligung jener der regulären Schacholympiaden vergleichbar war. Mit den Cayman-Inseln und Grenada traten zwei Teams an, die zuvor noch nie an den eigentlichen Schacholympiaden teilgenommen hatten. Aus dem Kreis der stärkeren Schachnationen fehlten hingegen Tschechien, Litauen und Bosnien-Herzegowina. Nicht alle Länder waren allerdings in stärkstmöglicher Besetzung vertreten.
Hauptschiedsrichter war Alex Holowczak aus England, seine Vertreterin Sabrina de San Vicente aus Uruguay.
Die Bedenkzeit betrug generell 15 Minuten pro Spieler und Partie + 5 Sekunden Zuschlag pro Zug.
Das Turnier wurde in mehreren Leistungsgruppen ausgetragen. Es begannen die am schwächsten eingeschätzten Mannschaften ("Base Division"). Jeweils die besten Teams einer Leistungsklasse qualifizierten sich für die anschließend ausgetragenen Wettkämpfe der nächsthöheren Klasse.
Grundlage der Einstufung waren die Ergebnisse bei der Schacholympiade 2018 in Gesamtauswertung des offenen Turniers und der Frauen-Olympiade.
Bei der Gruppeneinteilung innerhalb einer Spielklasse wurde soweit möglich auf geographische Aspekte (Zeitzonen) Rücksicht genommen.
Jeder Mannschaftssieg wurde mit 2 Mannschaftspunkten bewertet, ein Unentschieden mit je einem Mannschaftspunkt. Bei Gleichheit der Mannschaftspunkte in der Abschlusstabelle entschied die Zahl der Brettpunkte.
Die Mannschaften bestanden in jedem Wettkampf aus sechs Spielern, von denen mindestens drei weiblich sein mussten. Außerdem mussten mindestens ein Spieler und eine Spielerin vom Geburtsjahrgang 2000 oder jünger sein.
Insgesamt konnten pro Team bis zu 12 Spieler/Spielerinnen eingesetzt werden, wobei in jedem einzelnen Wettkampf die oben angeführte Besetzungsregel einzuhalten war.
In der Base Division spielten 30 Mannschaften, die im Vorfeld nicht mindestens für das Niveau der Division 4 qualifiziert waren. In drei Gruppen standen sich je 10 Mannschaften gegenüber. Die besten vier Teams jeder Gruppe rückten in die Division 4 auf. Die Spiele der Base Division wurden vom 25. bis 27. Juli ausgetragen.
Somalia trat nur zu den ersten vier Runden an und verlor die übrigen Wettkämpfe kampflos.
Bhutan startete nur mit fünf Spielern, von denen wegen der Aufstellungsvorgaben nur je vier antreten konnten und gab in jeder Runde zwei Partien kampflos ab.
Auch Macau konnte in den meisten Wettkämpfen nur auf fünf Spieler zurückgreifen.
Mali, San Marino und DR Kongo traten in der Regel nicht mit vollständigen Mannschaften an. Wenn in den internen Duellen dennoch zum Teil sechs Punkte vergeben wurden, rührt dies daher, dass unterschiedliche Bretter freigelassen wurden.
Kampflos abgegebene Partien: Liberia (3), Burundi (1), Gambia (5), Gabun (7), Mali (24), San Marino (27), DR Kongo (36)
In der Division 4 spielten 38 Mannschaften aufgrund ihrer sportlichen Qualifikation aus der Schacholympiade 2018 sowie 12 aufgerückte Mannschaften aus der Base Division. In fünf Gruppen standen sich je 10 Mannschaften gegenüber. Die besten drei Teams jeder Gruppe rückten in die Division 3 auf. Die Spiele der Division 4 wurden vom 31. Juli bis 2. August ausgetragen.
Unter den beiden punktgleichen Mannschaften auf Platz 7 und 8 war nach den Match- und Brettpunkten auch das Ergebnis des direkten Vergleichs unentschieden. Somit entschied die Sonneborn-Berger-Wertung der Matchpunkte über die Platzierung.
Die Mannschaft aus Sierra Leone musste in den meisten Wettkämpfen mehrere Bretter kampflos abgeben und trat in der letzten Runde nicht an. Auch die Bahamas gaben mehrfach mehrere Bretter kampflos ab.
In der Division 3 spielten 35 Mannschaften aufgrund ihrer sportlichen Qualifikation aus der Schacholympiade 2018 sowie 15 aufgerückte Mannschaften aus der Division 4. In fünf Gruppen standen sich je 10 Mannschaften gegenüber. Die besten drei Teams jeder Gruppe rückten in die Division 2 auf. Die Spiele der Division 3 wurden vom 7. bis 9. August ausgetragen.
Die Mannschaft "IPCA" vertrat die International Physically Disabled Chess Association, den Internationalen Schachverband der Körperbehinderten. Zur Mannschaft gehörten Spieler und Spielerinnen aus Russland, Israel, Indien und von den Philippinen.
Die FIDE verwendet auf ihrer Homepage das Flaggensymbol und die Bezeichnung Chinesisch TaipehChinesisch Taipeh anstelle von TaiwanTaiwan.
Zwischen den Mannschaften der Emirate und von Botswana entschied als dritte Wertung das Ergebnis des direkten Vergleichs.
Nigeria trat zu den Spielen dieser Gruppe nicht an und verlor jeweils kampflos. Weitere kampflos abgegebene Partien: Botswana (2), Angola (3)
In der Division 2 spielten 35 Mannschaften aufgrund ihrer sportlichen Qualifikation aus der Schacholympiade 2018 sowie 15 aufgerückte Mannschaften aus der Division 3. In fünf Gruppen standen sich je 10 Mannschaften gegenüber. Die besten drei Teams jeder Gruppe rückten in die Top-Division auf. Die Spiele der Division 2 wurden vom 14. bis 16. August ausgetragen.
Die Mannschaft "IPCA" vertrat die International Physically Disabled Chess Association, den Internationalen Schachverband der Körperbehinderten. Zur Mannschaft gehörten Spieler und Spielerinnen aus Russland, Israel, der Ukraine, Indien und von den Philippinen.
In der Top-Division spielten 5 Mannschaften aufgrund ihrer sportlichen Qualifikation aus der Schacholympiade 2018 (China, Russland, Ukraine, USA, Indien). Dazu kamen je 5 Mannschaften, die von den vier Kontinentalverbänden nominiert wurden und die 15 aufgerückten Mannschaften aus der Division 2. In vier Gruppen standen sich je 10 Mannschaften gegenüber. Die besten drei Teams jeder Gruppe rückten in die Play-offs auf. Dabei qualifizierten sich die Gruppensieger bereits direkt für das Viertelfinale, die Zweiten und Dritten für eine zusätzliche Vorrunde. Die Spiele der Top-Division wurden vom 21. bis 23. August ausgetragen.
Da zwischen der Mongolei und Georgien beide Hauptwertungen und auch der direkte Vergleich unentschieden ausgingen, wurde die Platzierung über die Sonneborn-Berger-Wertung ermittelt.
Usbekistan gab im Spiel gegen den Iran eine Partie kampflos ab.
Die Entscheidungen der Online-Olympiade fielen schließlich in einer Play-off-Phase im K.-o.-System. Die beiden Mannschaften standen sich jeweils in zwei Wettkämpfen gegenüber. Endete dieses Duell nach Mannschaftspunkten unentschieden, fiel die Entscheidung in einer Armageddon-Partie. Dafür wurde aus den vier Spielerkategorien (Männer, Frauen, männliche bzw. weibliche Jugend) eine Kategorie per Los ermittelt und dann durch den Mannschaftskapitän der Spieler bzw. die Spielerin für diese Entscheidungspartie bestimmt. Die Spiele der Play-off-Phase wurden vom 27. bis 30. August ausgetragen.
In der Armageddon-Partie siegte Ungarn. Der deutsche Großmeister Dennis Wagner überschritt gegen Tamás Bánusz in Verluststellung die Bedenkzeit, als Banusz noch 0,3 Sekunden Restzeit hatte.
Das Ergebnis kam durch technische Probleme eines armenischen Spielers zustande. Aus Protest gegen die Wertung der betreffenden Partie als Verlust traten die Armenier zum Rückspiel nicht an.[1]
Der Wettkampf konnte aus technischen Gründen nicht regulär abgeschlossen werden. Die FIDE entschied, beiden Mannschaften die Goldmedaille zuzusprechen.[2]
Den vom Sponsor Gazprom ausgelobten Schönheitspreis erhielt der für Spanien spielende Großmeister Alexei Schirow.[3] In seiner Partie gegen Danyyil Dvirnyy (Italien) brachte er ein Damenopfer, das bei Annahme in sehr komplizierten Varianten zum Matt geführt hätte. Dvirnyy lehnte das Opfer zunächst ab. Später opferte Schirow die Dame mit dem gleichen Motiv erneut und gewann dadurch die Partie.[4]
In den früheren Runden der unterklassigen Mannschaften kam es zu einigen Fällen, in denen ein Betrug durch Computerunterstützung angenommen wird.[5]
In einigen Fällen führten technische Probleme zu abweichenden Wertungen einzelner Partien. Dies betraf u. a. das Match zwischen Armenien und Indien,[6] sowie das Finale der Olympiade.[7] Im Ergebnis der Störungen beim Finalmatch erhielten beide beteiligte Mannschaften die Goldmedaille zugesprochen.