Oxygenium (Periode)

Einheit in der Erdgeschichte

Das Oxygenium ist Teil der von Felix M. Gradstein vorgeschlagenen Neudefinitionen der Perioden des Präkambriums. Gemäß diesem Vorschlag ist es die erste Periode innerhalb des Äons Proterozoikum. Es eröffnet die Ära des Paläoproterozoikums, folgt auf die Periode des Sideriums und wird seinerseits von der Periode des Jatuliums (bzw. Eukaryiums) abgelöst. Das Oxygenium dauerte nach diesem Vorschlag 170 Millionen Jahre und füllt den Zeitraum von 2420 bis 2250 Millionen Jahre BP.

QS-Geowissenschaften
Beteilige dich an der Diskussion!

Dieser Artikel wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Geowissenschaften eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geowissenschaften zu steigern. Bitte hilf mit, die Mängel zu beseitigen, oder beteilige dich an der Diskussion. (+)
Begründung: Die Darstellung ist irreführend. Es wird unterdrückt, dass es um die Vorgeschlagene Neugliederung geht. ÅñŧóñŜûŝî (Ð) 17:59, 28. Jan. 2023 (CET)

Etymologie

Bearbeiten

Die Bezeichnung Oxygenium ist von altgriechisch ὀξύς oxys, deutsch ‚scharf‘, ‚spitz‘, ‚sauer‘ und γεννάω gen-, deutsch ‚erzeugen‘, ‚gebären‘, zusammen somit Säure-Erzeuger, abgeleitet. Es spielt auf den in dieser Periode stattfindenden, globalen Anstieg der Sauerstoffkonzentrationen in der Erdatmosphäre an.

Neudefinition der Perioden des Präkambriums

Bearbeiten

Im Zuge des Abrückens von rein radiometrisch bestimmten Periodengrenzen, willkürlich festgelegt durch GSSAs, machten Felix M. Gradstein und Kollegen im Jahr 2012 den Vorschlag, das GSSP-Prinzip so weit wie möglich auch im Präkambrium anzuwenden. Die Perioden sollen somit anhand von bedeutenden geologischen Ereignissen definiert werden und nicht mehr an radiometrischen Altern.[1]

Das Oxygenium soll an die Stelle der vormaligen Perioden Siderium (2500 bis 2300 Millionen Jahre BP) und Rhyacium (2300 bis 2050 Millionen Jahre BP) treten.

Der Vorschlag ist aber bis jetzt (Stand 2022) von der ICS noch nicht aufgegriffen bzw. ratifiziert worden.

Definition des Oxygeniums

Bearbeiten

Die Untergrenze des Oxygeniums wird durch einen GSSP an der Basis der Kazput-Formation in Westaustralien festgelegt. Die um 2420 Millionen Jahre BP abgelagerte Kazput-Formation gehört zur Turee Creek Group und somit zur Mount Bruce Supergroup. Sie führt weltweit die ersten glazigenen Sedimente. Die Obergrenze des Oxygeniums markiert ebenfalls ein GSSP. Dieser liegt an der Basis der kanadischen Lorrain-Formation, die zur Cobalt Group der Huronian Supergroup gehört. Die um 2250 Millionen Jahren BP abgelagerte Lorrain-Formation markiert das Ende der Vereisungen.

Bedeutung

Bearbeiten

Die vorrangige Bedeutung des Oxygeniums – daher auch die Namensgebung – liegt in einem ständigen Anstieg des Sauerstoffgehaltes in der Erdatmosphäre. Dies führte zur Großen Sauerstoffkatastrophe, die möglicherweise die um 2400 Millionen Jahren BP einsetzende Paläoproterozoische Vereisung auslöste.[2] Das Ende der Vereisungen bedeutete gleichzeitig das Verschwinden der Bändererze. Bezeichnend für das Oxygenium ist außerdem eine enorme Verlangsamung der magmatischen Tätigkeiten,[3] die jedoch nicht vollkommen zum Stillstand kamen. Eine mögliche Erklärung liegt in einer starken Auskühlung des Erdmantels, der eine Episode stagnierender Deckelung erlebte (engl. stagnant-lid behaviour)[4] – ähnlich dem jetzt auf der Venus vorherrschenden tektonischen Stil.[5]

Die Abkühlung der Atmosphäre bewirkte eine Rückkopplung auf die Manteltemperaturen. Die Mantelkonvektion verlangsamte sich, so dass Plattentektonik und Krustenwachstum während des Oxygeniums eingeschränkt wurden.[6]

Weiterhin erscheinen erstmals abdichtende Schelfkarbonate (englisch cap carbonates), die sich durch hohe, positive δ13C-Werte auszeichnen und den Beginn der Lomagundi-Jatuli-Isotopenexkursion einleiten. Auch oxidierte Paläoböden und Rotsedimente (engl. red beds) treten erstmals auf.

Sauerstoffentwicklung

Bearbeiten
 
Anstieg der Sauerstoffkonzentration in der Erdatmosphäre mit Beginn des Oxygeniums vor 2420 Millionen Jahren. Ein Großteil des produzierten Sauerstoffs wird aber noch im Meer selbst und von den Gesteinen des Meeresbodens gebunden.

Rouxel und Kollegen (2005) konstatieren für die Periode 2400 bis 2300 Millionen Jahren BP einen starken Anstieg im Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre. Er erreichte damals wahrscheinlich im Zusammengang mit der starken Vereisung einen Wert von mehr als 10−5 des heutigen Niveaus (engl. present atmospheric level oder PAL).[7] Nach der paläoproterozoischen Vereisung stiegen die Sauerstoffkonzentrationen in der Erdatmosphäre stufenweise an und erreichten ihr jetziges Niveau erstmals nach den Vereisungen des Neoproterozoikums gegen 700 Milionen Jahre BP.[8]

Paläoproterozoische Vereisung

Bearbeiten

Anhand der in einem Rift-Zusammengang abgelagerten Huronian Supergroup lassen sich insgesamt drei Intervalle für die paläoproterozoische Vereisung erkennen.[9] Glazigene Ablagerungen treten zu diesem Zeitpunkt auch in Australien, Finnland, Indien und in Südafrika auf. Dass die Eismassen bis auf niedere Breiten herabreichten, ist offensichtlich anerkannt, ob es sich aber um eine Schneeballerde handelte, ist umstritten.

Meeres-Geochemie

Bearbeiten

Um 2300 Millionen Jahre BP beobachten Rouxel und Kollegen (2005) in den Ozeanen einen Anstieg der δ56Fe-Werte um bis zu 3 ‰ gegenüber dem Archaikum. Bis auf den heutigen Tag liegen die δ56Fe-Werte nicht mehr unter – 0,5 ‰, wohingegen sie im Archaikum noch bis – 3,5 ‰ sinken konnten.[10] Die Autoren erklären diesen Sachverhalt mit der Etablierung ozeanischer Tiefenschichtung ab 2300 Millionen Jahren BP und einem Anstieg der Sulfidfällung gegenüber der Eisenoxidfällung.

Magmatismus

Bearbeiten

Meteoritenkrater

Bearbeiten

In Karelien entstand möglicherweise um 2400 Millionen Jahre BP der bisher älteste bekannte Meteoritenkrater von Suavjärvi.

Stratigraphie

Bearbeiten
 
Rund 2300 Millionen Jahre alter Metatillit der Gowganda-Formation in Ontario

Bedeutende Sedimentbecken und geologische Formationen

Bearbeiten

Grundgebirgsterrane

Bearbeiten
 
Kontinentverteilung zu Beginn des Oxygeniums um 2400 Millionen Jahre BP

Siehe auch

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Felix M. Gradstein, James G. Ogg und Frits J. Hilgen: On the Geologic Time Scale. In: Newsletters on Stratigraphy. Band 45/2, 2012, S. 171–188 (englisch).
  2. James F. Kasting und Shuehi Ono: Paleoclimates: The First Two Billion Years. 2006 (englisch).
  3. G. F. Davies: Punctuated tectonic evolution of the Earth. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 36, 1995, S. 363–380.
  4. W. G. Ernst: Archean plate tectonics, rise of Proterozoic supercontinentality and onset of regional episodic stagnant-lid behaviour. In: Gondwana Research. Band 15, 2009, S. 243–253.
  5. D. L. Turcotte, G. Morein und B. D. Malamud: Catastrophic resurfacing and episodic subduction on Venus. In: Icarus. Band 139, 1999, S. 49–54.
  6. A. Lenardic, A. M. Jellinek und L.-N. Moresi: A climate induced transition in the tectonic style of a terrestrial planet. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 271, 2008, S. 34–42.
  7. G. M. Young: Stratigraphic and tectonic settings of Proterozoic glaciogenic rocks and banded iron-formations: Relevance to the snowball Earth debate. In: Journal of African Earth Sciences. Band 35, 2002, S. 451–466.
  8. J. F. Kasting und D. Catling: Evolution of a habitable planet. In: Annual Review of Astronomy and Astrophysics. Band 41, 2003, S. 429–463.
  9. G. M. Young und H. W. Nesbitt: Paleoclimatology and provenance of the glaciogenic Gowganda Formation (Paleoproterozoic), Ontario, Canada: A chemostratigraphic approach. In: Geological Society of America Bulletin. Band 111, 1999, S. 264–274.
  10. Olivier J. Rouxel, A. Bekker und K. J. Edwards: Iron Isotope Constraints on the Archaean and Paleoproterozoic Ocean Redox State. In: Science. Band 307, Nr. 5712, 2005, S. 1088–1091 (englisch).
  11. A. V. Smirnov, u. a.: Trading partners: Tectonic ancestry of southern Africa and western Australia, in Archean supercratons Vaalbara and Zimgarn. In: Precambrian Research. Band 224, 2013, S. 11–12.
  12. T. J. S. Santos, A. H. Fetter, P. C. Hackspacher, W. R. V. Schmus und J. A. Nogueira Neto: Neoproterozoic tectonic and magmatic episodes in the NW sector of the Borborema Province, NE Brazil, during assembly of western Gondwana. In: Journal of South American Earth Sciences. Band 25, 2008, S. 271–284 (englisch).