Petra Reski

deutsche Journalistin und Schriftstellerin

Petra Reski (* 1958 in Unna) ist eine deutsche Journalistin und Schriftstellerin. Sie publiziert insbesondere zur italienischen Mafia in Deutschland und zu den Auswirkungen des intensiven Tourismus auf die Lagune von Venedig.

Petra Reski (2017)

Petra Reskis Vater stammte aus Reußen im Ermland und ihre Mutter aus der Gegend von Breslau in Schlesien.[1] Sie wuchs in der Stadt Kamen im Ruhrgebiet auf. Nach ihrem Studium der Romanistik und Sozialwissenschaften in Trier, Münster und Paris besuchte sie die Henri-Nannen-Schule. 1988 begann sie als Redakteurin im Auslandsressort des stern. Seit 1991 lebt Reski in Venedig. Dort arbeitete sie für deutschsprachige Magazine und verfasste mehrere Bücher. Für ihre literarischen und journalistischen Arbeiten erhielt sie mehrere Preise und Nominierungen.

Arbeiten zur Mafia, juristische Auseinandersetzungen

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1989 schrieb Petra Reski zum ersten Mal über die Mafia und hat über dieses Thema mehrere Romane und Sachbücher veröffentlicht. Einer größeren Öffentlichkeit wurde sie 2008 durch ihr Antimafia-Buch Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern, das besonderes Medienecho erhielt, bekannt.[2][3][4] Der italienische Gastronom Spartaco Pitanti erwirkte beim Landgericht München eine einstweilige Verfügung gegen die darin enthaltene Behauptung, dass er Geldwäsche betreibe. Daraufhin wurde das Buch an den betreffenden Stellen geschwärzt. Zwei weitere 2008 noch anhängige Klagen wurden zugunsten der Kläger Spartaco Pitanti und Antonio Pelle, Duisburger Hotelier, entschieden. Gegenstand des Pelle-Verfahrens war eine Passage in dem Buch, der zufolge sich der international gesuchte Clanführer Antonio Romeo eine Zeit lang in dem Hotel versteckt gehalten hatte.[5] Auch diese Buchstellen, belegt durch Ermittlungsakten deutscher und italienischer Staatsanwälte und BKA-Akten, mussten später geschwärzt werden.[6][7]

2008 kam es bei einer Lesung in Erfurt, einem bekannten Zentrum für Geldwäsche der ’Ndrangheta,[8] zu Drohungen gegenüber der Autorin.[9][10] Auch im Gerichtssaal wurde sie mehrfach öffentlich bedroht.[11] Reski äußerte, sie sehe darin ein Indiz dafür, wie sicher sich die Mafia in Deutschland fühle.[12]

In einem Spiegel-Interview machte sie im Dezember 2008 erstmals bekannt, dass die Mafia neben den bisher bekannten deutschen Großstädten auch an der deutschen Ostseeküste Immobilien, Geschäfte und Restaurants aufgekauft hat und/oder damit Geldwäsche betreibt.[13] Die Mafia investiere wegen der liberaleren Gesetze und der eingeschränkten Abhörpraxis, die ihnen bislang einen großen Schutz vor Nachforschungen biete, bevorzugt in Deutschland.[12] Wie schon lange in Italien, so würden auch in Deutschland kommunale Beamte gekauft oder bestochen.

In einer Zeit-Reportage im Januar 2010 berichtete sie von ihren italienischen Kollegen, die über die Mafia schreiben und damit ihre berufliche Existenz und ihr Leben riskieren.[14]

2010 erschien ihr Buch Von Kamen nach Corleone. Darin enthüllte sie, wie gut sich die Mafia seit 40 Jahren in Deutschland eingerichtet hat und wie die Politik diese Tatsache ignoriert. Sie stellte die Verstrickungen der Mafia auch im Ruhrgebiet dar, wo bei den Mafiamorden 2007 in Duisburg sechs Menschen erschossen wurden, und thematisierte auch Berlusconis zwielichtige Verhandlungen mit Mafia-Bossen, weshalb Marcello Dell’Utri, Berlusconis wegen Unterstützung der Mafia rechtskräftig verurteilter Vertrauter, Reski ebenfalls androhte, sie zu verklagen.

2017 verlor Reski einen Zivilprozess gegen einen in Erfurt ansässigen italienischen Gastronomen. Dieser sah in einem Artikel, den Reski für die Wochenzeitung Der Freitag geschrieben hatte, seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Reski hatte darin ein früheres Urteil des Landgerichts Leipzig zugunsten dieses Gastronomen in Auseinandersetzung mit dem MDR zitiert. Obwohl das Gericht die Klage gegen Reski zunächst für unzulässig hielt, weil fraglich sei, ob es sich nicht eher um Gerichtsberichterstattung als um Verdachtsberichterstattung handele, gab es der Klage schließlich doch statt: Petra Reski wurde auf Unterlassung der Verbreitung verurteilt.[15] Nach dem Gerichtsentscheid warf sie dem Freitag-Verleger Jakob Augstein vor, ihr in dem Verfahren keine juristische Unterstützung gewährt zu haben.[16] Augstein warf ihr im Gegenzug mangelhafte Recherche vor, Reski verklagte ihn dafür.[17][18] Um die Anwalts- und Gerichtskosten aufzubringen, rief Reski eine Crowdfundingkampagne ins Leben, da ihr Fall ein Präzedenzfall für Pressefreiheit sei. Das deutsche Recht mache es der Mafia sehr leicht, Journalisten zu verklagen.[19]

Ende 2017 unterlag Reski in dem Verfahren gegen Augstein teilweise und legte gegen dieses Urteil Berufung ein.[20]

Petra Reski ist Mitglied beim Berufsverband Freischreiber e. V.[21] und beim PEN-Zentrum Deutschland.

Thesen zur Mafia

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In einem Zeitungsartikel im Dezember 2008 listete Reski die „acht größten Irrtümer der Deutschen“ über die Mafia auf.[22] Sie bezeichnete es als schwerwiegenden Mangel, dass es in Deutschland noch keinen Straftatbestand der „Mafiazugehörigkeit“ wie in Italien gebe. Nur wenn es den Ermittlern gelingt, einem Mafioso oder mehreren Mafiosi die Vorbereitung einer konkreten Straftat nachzuweisen, können die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden. Die Geldwäsche spiele beim Immobilienhandel eine besondere Rolle und werde immer noch nicht ernst genommen. Dies gelte vor allem für die (damals geltenden) Gesetze gegen Geldwäsche, wie sie später verdeutlichte.[23]

Ein immer noch weithin gepflegtes Bild der Mafia als ein Problem rückständiger, süditalienischer Dörfer fand ihre Kritik: „Weil die Mafia ihre Existenz nicht mehr bestreiten kann, versucht sie sich zur Folklore zu verklären: eine Geheimgesellschaft, die in ihren Verstecken singt und tanzt.“ Damit spielte Reski auch auf die CD-Serie La Musica della Mafia von Mimmo Siclari an.[24] Reski machte in Zeitungsartikeln und in ihrem 2018 erschienenen Buch Mafia. 100 Seiten[25] wiederholt darauf aufmerksam, wie sehr gerade Deutschland zum Spielfeld der italienischen Mafia geworden sei.[26][27]

Um weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen zu entgehen, ging Reski dazu über, in Romanform über die Mafia zu schreiben.[28] 2014 erschien der erste Band ihrer Krimi-Reihe, in dem die mutige Staatsanwältin Serena Vitale die Hauptrolle spielt: Palermo Connection.[29] 2015 folgte Die Gesichter der Toten,[30] 2017 Bei aller Liebe.[31]

In Italien stoßen die gerichtlichen Auseinandersetzungen um Reskis Mafia-Recherchen wiederholt auf großes Medienecho: Kläger, die in Kalabrien als Mafia-nah bekannt seien, würden in Deutschland als „erfolgreiche italienische Unternehmer“ geschätzt.[32]

Engagement für Venedig

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Reski engagiert sich für nachhaltigen Tourismus in Venedig. Bei den Bürgermeisterwahlen 2020 kandidierte sie für die ökologisch orientierte Bürgerliste Terra e Acqua.[33][34] Reski bedauert, dass selbst nach der Pandemie an einer touristischen Monokultur festgehalten werde.[35] Venedigs Naturschutz scheitert in ihren Augen vor allem an den divergierenden Interessen des Festlands.[36] Die Venezianer versuchten daher zuletzt 2019 per Referendum, die Autonomie zu erreichen. Sie beantragten bei der Europäischen Union den Spezialstatus, der Venedig aufgrund der Insellage zustünde.[37]

Für Reski ist die Hochwasserkatastrophe 2019 nicht allein Folge des mit dem Klimawandel verbundenen Anstiegs des Meeresspiegels.[38] Sie führt die Zerstörung der Lagune vor allem auf das Ausbaggern der Kanäle für Kreuzfahrtschiffe und Öltanker zurück.[39] Venedig sei nicht Opfer einer Naturkatastrophe, sondern der Gier.[40] Der Bau der erst 2021 in Betrieb genommenen und in einen Korruptionsskandal[41] verwickelten Hochwasserschleuse Modulo Sperimentale Elettromeccanico (kurz MO.S.E.), drohte der venezianischen Lagune und Venedig den Todesstoß zu versetzen.[42]

Reski kritisiert die Kreuzfahrtindustrie in Venedig und bezeichnet die offizielle Verbannung der Kreuzfahrtschiffe aus Venedig als Fake News[43]: Die Kreuzfahrtschiffe führen weiterhin ein, sie nähmen lediglich einen anderen Weg.[44]

In ihrem Buch Als ich einmal in den Canal Grande fiel[45] beschreibt Reski das Leben in Venedig aus sehr persönlicher Sicht. Die taz attestierte ihr dafür „Witz, Leidenschaft und Kampfeslust“. Die FAZ lobte ihre Selbstironie und ihren Humor und wünschte dem Buch viele Leser. Im Mai 2022 erschien es bei Zolfo Editore in italienischer Übersetzung unter dem Titel Venezia, atto finale.

Werke (Auswahl)

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Auszeichnungen (Auszug)

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  • Eine Deutsche gegen die Mafia – Wie die Journalistin Petra Reski gegen den Mythos kämpft. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2010, 6:42 Min., Regie: Stefanie Appel, Produktion: hr, Redaktion: ttt – titel, thesen, temperamente, 19. September 2010, Filmtext (Memento vom 5. August 2011 im Internet Archive), Film auf Youtube.
  • Racconti di vita – Petra Reski. Gespräch, Italien, 2009, 9:08 Min., Produktion: Rai Tre, Erstsendung: 18. Januar 2009, online-Video, (italienisch).
  • Petra Reski: Mafia. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2008, 6:42 Min., Produktion: ZDF, Redaktion: aspekte, Erstsendung: 12. September 2008.
  • Literatur live. Donna Leon und Petra Reski. Lesung im Kino Babylon und Interview, Deutschland, 2008, 6 Min., Produktion: Droemer Knaur, online-Video.
  • Von Kamen nach Corleone. Dokumentation, Deutschland, 2011, 45 Min., Buch und Regie: Mathias Werth und Julia Krittian, Produktion: WDR, Reihe: die story, Erstsendung: 14. Februar 2011, Inhaltsangabe vom WDR, online-Video.
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Commons: Petra Reski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interviews

  1. Vera-Maria Stoll: Ein Land so weit. Visitator Ermland, Münster, 9. November 2009, abgerufen am 6. November 2013.
  2. Andreas Rossmann: Im Abendflug nach Palermo; Besprechung von Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern in Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 13. Oktober 2008.
  3. Paul Kreine: Schluss mit Schutzgeld. In: Tagesspiegel. 3. November 2008 (Online).; Besprechung von Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern.
  4. Weitere Pressestimmen auf der Internetseite der Autorin: www.petrareski.com
  5. Christof Siemes, Christian Denso: Klappe halten – Die Journalistin Petra Reski hat Ärger wegen eines Mafia-Buchs; in Die Zeit, 27. November 2008, editiert am 16. April 2009
  6. "Mafia ist ein europäisches Problem", Hamm Live, 27. August 2010
  7. Ijoma Mangold: "Wir wissen, wo du wohnst!" In: Die Zeit, 12. November 2015. Abgerufen am 19. November 2016.
  8. Torben Waleczek: Mafia in Deutschland: Geldwäsche und Drogenhandel sind ihr Geschäft. In: Tagesspiegel. 16. August 2007 (Online).
  9. Droemer-Verlag: Petra Reskis "Mafia"-Buch mit Schwärzungen weiterhin erhältlich. In: Buchmarkt, 20. November 2008. Abgerufen am 19. November 2016.
  10. Gefährliches Kompliment. Die Journalistin Petra Reski stellt im Literaturhaus ihr Mafia-Buch vor; Süddeutsche Zeitung, 17. November 2008.
  11. Ijoma Mangold: "Wir wissen, wo du wohnst!" In: Die Zeit. 12. November 2015, abgerufen am 19. November 2016.
  12. a b Stefan Ulrich: Deutschland, Mafialand; in Süddeutsche Zeitung vom 13./14. Dezember 2008, PDF zum Download auf der Seite der Autorin
  13. Susanne Beyer: Mafia ist immer großes Drama; Der Spiegel, 1. Dezember 2008
  14. Petra Reski: Mafia gegen Journalisten: Bringt mich doch um, ihr Scheißkerle; Die Zeit, 28. Januar 2010.
  15. Von der Mafia lernen heißt schweigen lernen faz.net, 1. April 2017.
  16. Jakob Augsteins „Freitag“ Ist die Mafia jetzt der Gewinner? faz.net, 9. April 2017.
  17. FAZ.net vom 7. Juni 2017: Petra Reski verklagt Jakob Augstein
  18. NDR vom 6. Juni 2017: Petra Reski verklagt Jakob Augstein
  19. Pressefreiheit ist kein Wort. Es ist eine Tat. (Memento vom 22. Januar 2018 im Internet Archive)
  20. Urteil statt Mediation: Freitag-Verleger Jakob Augstein darf Petra Reskis Arbeit weiter “mangelhaft” nennen Online-Magazin Meeedia. Abgerufen am 11. Juli 2019
  21. Petra Reski bei Freischreiber e. V.
  22. Petra Reski: Die Deutschen unterschätzen die Mafia. In: Tagesspiegel. 21. Dezember 2008 (archive.org).
  23. „Expertin: Mafia macht auch im Norden Geschäfte“ (Memento vom 7. Oktober 2010 im Internet Archive), NDR, 5. Oktober 2010, Interview.
  24. Ambros Waibel: Kalabrische Mafia-Folklore – Ein Mann, seine Ehre und ein Kampf; in Die Tageszeitung vom 17. November 2012
  25. Mafia. 100 Tage. In: Reclam. Abgerufen am 27. April 2022.
  26. Petra Reski: Verbrecher auf Sommerfrische. In: taz.de, 11. April 2015. Abgerufen am 18. November 2016.
  27. Petra Reski: Die Mafia liebt Deutschland! In: taz, 30. Dezember 2011. Abgerufen am 18. November 2016.
  28. „Mafia? Immer die anderen!“; Der Spiegel 37/2017
  29. Dirk Hansen: Lesen Sie Reski!
  30. Kristina Maidt-Zinke: Deutschland und die Mafia – Helden für einen Tag; Rezension in Süddeutsche Zeitung vom 9. November 2015
  31. Radio Bremen: Zwei nach eins: Gespräche mit Prominenten und Zeitzeugen aus Kultur, Politik und Wirtschaft (Memento vom 23. Januar 2018 im Internet Archive)
  32. Attilio Bolzoni: In Germania chi scrive di mafie paga: come Petra, da cronista a romanziera. In: DOMANI, 03. März 2021. Abgerufen am 27. April 2022.
  33. Terra e Acqua: Programma elettorale
  34. Petra Reski: Venezianer proben den Aufstand
  35. Doris Burger: Das Virus ist Venedigs Kartoffelkäfer. In: Südkurier, 18. Februar 2021. Abgerufen am 27. April 2022.
  36. Petra Reski: Eine Stadt, kein Disneyland. In: taz, 30. November 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  37. Kia Vahland: Seenotrettung. In: Süddeutsche Zeitung, 30. November 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  38. Tagesschau: Hochwasser in Venedig zerstört Kunst und Kultur. In: ARD, 27. November 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  39. Petra Reski: Die Flut in Venedig ist von Politikern gemacht. In: Der Tagesspiegel, 16. November 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  40. Petra Reski: Venedig ist nicht Opfer einer Naturkatastrophe, sondern der Gier. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. November 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  41. Karl Hoffmann: Venedig und die Korruption. In: Deutschlandfunk, 11. Juni 2014. Abgerufen am 27. April 2022.
  42. Petra Reski: Gier. In: Die Zeit, 2. Dezember 2019. Abgerufen am 27. April 2022.
  43. Petra Reski: Märchenstunde auf Italienisch. In: Die Tageszeitung, 14. Juli 2021. Abgerufen am 27. April 2022.
  44. Doris Schäfer-Noske: Die Lobbyarbeit der Kreuzfahrtindustrie ist sehr erfolgreich. In: Deutschlandfunk, 14. Juli 2021. Abgerufen am 27. April 2022.
  45. Vom Leben in Venedig. In: Perlentaucher. Abgerufen am 27. April 2022.
  46. Am 17. Mai 2010 wird in Köln der 11. JournalistInnen-Preis verliehen, EMMA
  47. Vita, petrareski.com
  48. Manfred Stolpe mit Preis für innere Einheit Deutschlands geehrt. Abgerufen am 18. September 2019.
  49. Petra Reski erhält den Ricarda-Huch-Preis 2021. Abgerufen am 10. Juni 2021. Siehe auch: Über Löwen und Kämpfe. Laudatio von Kristina Maidt-Zinke auf petrareski.com.