Die Reutersiedlung in Bonn war die erste Siedlung für Mitarbeiter der Bundesverwaltung, die nach der Wahl Bonns zum Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland 1949 errichtet wurde. Sie liegt am Rande des Ortsteils Kessenich.

Blick auf die Renoisstraße (vom „Ledigenheim“ aus gesehen)
Beispiel einer Wohn­be­bau­ung

Die Reutersiedlung erstreckt sich zwischen der Reuterstraße auf der Nordseite und der Luisenstraße auf der Südseite. Im Westen wird die Siedlung durch die Renoisstraße und im Osten durch den Bonner Talweg begrenzt.

Geschichte

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Ab September 1948 galt Bonn als möglicher Kandidat für eine künftige Bundeshauptstadt. Auf der Suche nach geeigneten Flächen für die in diesem Falle benötigten Wohnungen verfiel man auf das Kleingartengelände zwischen Bonner Talweg und Reuterstraße. Die Stadt Bonn stellte das Grundstück zur Verfügung und das Land Nordrhein-Westfalen finanzierte den Wohnungsbau. Auf Veranlassung des nordrhein-westfälischen Innenministers Walter Menzel erhielt der Architekt Max Taut den Auftrag für die Reutersiedlung. Die Siedlung entstand in den Jahren 1949 bis 1952 nach den Plänen Tauts sowie des Gartenarchitekten Heinrich Raderschall. Der erste Spatenstich wurde am 4. April 1949 vorgenommen, noch vor der offiziellen Baugenehmigung. Zusätzlich wohnberechtigt waren auch Politiker sowie in Bonn akkreditierte Journalisten. Die im Rahmen des Siedlungsbaus neu entstandenen Straßen wurden auf Beschluss des Bonner Stadtrats vom 5. August 1949 nach Clemens August Graf von Galen, Heinrich Körner und Otto Renois benannt.[1][2][3]

Die Planung bestand aus eingeschossigen Einfamilienreihenhäusern, zwei- und dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern, sowie einem sechsgeschossigen „Ledigenheim“ mit 72 Appartements und Ladenlokalen im Erdgeschoss, dem sogenannten „Hochhaus“ (Graf-Galen-Straße 1a–d). Auch eine Garagenanlage und ein Waschhaus gehörten dazu. Die erwartete soziologische Struktur der Mieter wird durch die Gebäude- und Grundrisstypen wiedergegeben. Die Anordnung der Siedlung um das dominierende Ledigenheim herum hält die Sicht auf den Venusberg frei und hat eine Besonnung und Belüftung aller Gebäude zum Ziel.

2008 wurde die mittlerweile denkmalgeschützte[4] Siedlung teilweise saniert und von der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) an den US-amerikanischen Hedgefonds Whitehall verkauft.[5] Es handelte sich hierbei um insgesamt ca. 400 Wohnungseinheiten, verteilt auf sechs Straßen.

An den nordwestlichen Teil der Siedlung grenzte die damalige „Paul-Gerhard-Schule“ (heute „Till-Eugenspiegel-Schule“), die von 1957 bis 1959 nach den Entwürfen von Ernst van Dorp im Franz-Schuster-System entstand und im Zuge der Gebietsreform 1969 umbenannt werden musste. In dieser sind je zwei doppelseitig belichtete Klassenräume an mehrere Treppenhäuser angeschlossen. Die südliche Begrenzung bildet der Bonner Talweg mit den Hausnummern 182 bis 200.

Bekannte Politiker, die in der Siedlung wohnten

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Über die Reutersiedlung

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Ernst Goyke, Journalist und langjähriger Chefredakteur der Wochenzeitschrift Das Parlament, schrieb:

„… der Minister wohnte neben dem Fahrer, der Abgeordnete neben der Sekretärin, der Journalist neben dem Regierungsrat… Man traf sich tagsüber zum Einkauf bei ‚Feinkost Jonas‘ auf der Reuterstraße und abends im ‚Sportpark Restaurant Zöller‘, von allen nur die ‚Kaschemme‘ genannt. Von den Hauptstadtkorrespondenten waren es u. a. Franz Barsig, Johannes Gross, Dieter Gütt, Günter Müggenburg, Hilde Purwin und Carl Schopen.“[6]

Der Journalist und Diplomat Rüdiger von Wechmar erinnerte sich an Walter Hallstein wie folgt:

„Der eingefleischte Junggeselle bewohnte in der Bonner Reutersiedlung zwei kleine Zimmer in einem Flachbau direkt gegenüber meinen Eltern. Von dort konnten wir beobachten, wie er sich seinen Kaffee kochte und sonntags in dem winzigen Garten seine Akten studierte, die er aus einer prallen braunen Aktentasche hervorkramte.“[7]

Einzelnachweise

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  1. Graf-Galen-Straße im Bonner Straßenkataster
  2. Heinrich-Körner-Straße im Bonner Straßenkataster
  3. Renoisstraße im Bonner Straßenkataster
  4. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 12/23/25/38/46, Nummer A 1051
  5. Landesentwicklungsgesellschaft verkauft: Mieter machen sich Sorgen (General-Anzeiger vom 14. Juni 2008)
  6. Ernst Goyke: Die Reutersiedlung. In: Rudolf Pörtner (Hrsg.): Kinderjahre der Bundesrepublik. Düsseldorf 1989, S. 76–82.
  7. Rüdiger von Wechmar: Akteur in der Loge. Weltläufige Erinnerungen. Siedler Verlag, München 2000, ISBN 3-88680-692-8, S. 146.

Literatur

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  • Sina Kozel: Reutersiedlung (= Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn, Bd. 15), Dreiviertelhaus Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-96242-215-8.
  • Kerstin Kähling; Stadt Bonn, Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek (Hrsg.): Aufgelockert und gegliedert: Städte- und Siedlungsbau der fünfziger und frühen sechziger Jahre in der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn (=Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn, Bd. 63), Bonn 2004, ISBN 978-3922832348, ISSN 0524-0352, S. 71, 347–349. (zugleich Dissertation Universität zu Köln, 2001)
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 44.
  • Rudolf Pörtner (Hrsg.): Kinderjahre der Bundesrepublik. Düsseldorf 1989, ISBN 3-430-17515-1 (Kap. IV: Ernst Goyke, Die Reutersiedlung).
  • Elisabeth von Werthern: Von Weimar nach Bonn. Erinnerungen, Burg Verlag, Stuttgart/Bonn 1985. ISBN 3-922801-95-1 (Kap. 15: Bonn in seinen Anfängen).
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Commons: Reutersiedlung – Sammlung von Bildern

Koordinaten: 50° 43′ 12″ N, 7° 6′ 8″ O