Satz von Heine

mathematischer Satz

Der Satz von Heine (nach Eduard Heine; oder auch Satz von Heine-Cantor) aus der reellen Analysis macht eine Aussage über stetige Funktionen. Er wurde 1872 von Eduard Heine bewiesen[1] und nach ihm benannt, nach Aussage von Jürgen Heine wurde diese Tatsache jedoch schon zuvor von Karl Weierstraß entdeckt.[2]

Der Satz von Heine besagt:

Ist eine Funktion   im kompakten Intervall   stetig, dann ist sie dort sogar gleichmäßig stetig.
Mit anderen Worten: Zu einem beliebigen   existiert ein   derart, dass für zwei beliebige Stellen   und   aus dem Intervall   mit   gilt:
 

Ein typischer Beweis erfolgt durch Widerspruch. Ist   nicht gleichmäßig stetig, so gibt es ein   und zu jedem   Punkte  , so dass

  und  

Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß besitzt die beschränkte Folge   eine konvergente Teilfolge  , deren Grenzwert   im Intervall   enthalten ist. Dieser ist wegen

 

ebenfalls Grenzwert der Folge  . Aus der Stetigkeit von   folgt   und  . Daher gibt es ein  , so dass   und   für alle  . Daraus folgt nun

 

für alle  , im Widerspruch zu   für alle  . Daher war die gemachte Annahme falsch und es folgt die gleichmäßige Stetigkeit.

Verallgemeinerung auf kompakte metrische Räume

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Mit einem nahezu identischen Beweis verallgemeinert sich dieser Satz auf kompakte metrische Räume:

Ist   ein kompakter metrischer Raum,   ein metrischer Raum und   stetig, so ist   gleichmäßig stetig.

Weitere Beweisskizze für metrische Räume

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Der Satz lässt sich – etwa nach Otto Forster[3] – auch beweisen unter Zugrundelegung der Heine-Borel-Eigenschaft – und zwar ohne Widerspruchsbeweis!

Dieser Beweis lässt sich wie folgt skizzieren:

Zu dem kompakten metrischen Raum   (mit der Metrik  ), dem metrischen Raum   (mit der Metrik  ) und der stetigen Abbildung   fixiert man ein beliebiges  . Hierzu ist das für den Nachweis der gleichmäßigen Stetigkeit benötigte   zu bestimmen.

Dies gewinnt man, indem man zunächst die Stetigkeitseigenschaft von   heranzieht und aus ihr zu jedem   ein   festlegt derart, dass für   mit   stets   erfüllt ist.

Dann betrachtet man die aus lauter Punktumgebungen bestehende offene  -Überdeckung  . Wegen der Kompaktheit von   ergibt sich infolge der Heine-Borel-Eigenschaft, dass schon endlich viele dieser Umgebungen   überdecken, etwa   für ein gewisses  .

Schließlich setzt man:

  .

Den Nachweis der in der Definition der gleichmäßigen Stetigkeit auftretenden Ungleichung führt man unter Anwendung der Dreiecksungleichung.

Verallgemeinerung auf kompakte Hausdorffräume

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Der heinesche Satz lässt sich über die kompakten metrischen Räume hinaus sogar auf beliebige kompakte Hausdorffräume ausdehnen. Dies ist eine direkte Folge der Tatsache, dass der topologischen Struktur eines kompakten Hausdorffraums   eine eindeutig bestimmte uniforme Struktur unterliegt. Deren Nachbarschaftssystem   besteht aus allen Umgebungen der Diagonalen   im zugehörigen Produktraum  , wobei die in   offenen Nachbarschaften ein Fundamentalsystem bilden, wodurch sogar eine vollständige uniforme Struktur gegeben ist.[4][5]

Es gilt also:[6][7]

Eine stetige Abbildung   des kompakten Hausdorffraums   in den uniformen Raum   ist stets auch gleichmäßig stetig.

Folgerung

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Aus dem Satz von Heine gewinnt man einen Fortsetzungssatz:[6][7]

Ist   eine dichte Teilmenge des kompakten Hausdorffraums   und ist   eine Abbildung von   in den separierten und vollständigen uniformen Raum  , so ist   stetig und dabei fortsetzbar zu einer stetigen Abbildung auf ganz   genau dann, wenn   - bezüglich der von   auf   induzierten uniformen Struktur[8] - gleichmäßig stetig ist.

Gegenbeispiel

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Für nicht-kompakte Intervalle ist der Satz von Heine falsch. Die Funktion  ,   ist stetig, aber nicht gleichmäßig stetig. In der Tat gibt es zu   kein  , das die Bedingung der gleichmäßigen Stetigkeit erfüllt. Ist nämlich   beliebig, so gibt es   mit  . Dann folgt

 ,

aber

 .

Also kann   nicht gleichmäßig stetig sein.

Literatur

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  • Nicolas Bourbaki: General Topology (= Elements of Mathematics. Part I). Addison-Wesley Publishing (u. a.), Reading MA (u. a.) 1966 (MR0205210).
  • Otto Forster: Analysis 2. Differentialrechnung im Rn, gewöhnliche Differentialgleichungen (= Vieweg Studium). 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Vieweg Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-47231-6.
  • Jürgen Heine: Topologie und Funktionalanalysis. Grundlagen der Abstrakten Analysis mit Anwendungen. 2., verbesserte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2011, ISBN 978-3-486-70530-0.
  • Horst Schubert: Topologie. 4. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6 (MR0423277).
  • Stephen Willard: General Topology (= Addison-Wesley Series in Mathematics). Addison-Wesley, Reading MA (u. a.) 1970 (MR0264581).

Einzelnachweise

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  1. Eduard Heine: Die Elemente der Functionenlehre. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. Bd. 74, 1872, S. 172–188.
  2. Jürgen Heine: Topologie und Funktionalanalysis. Oldenbourg, München 2002, ISBN 3-486-24914-2.
  3. Otto Forster: Analysis 2. 2005, S. 34.
  4. Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 128 ff.
  5. Nicolas Bourbaki: General Topology. Part I. 1966, S. 198 ff.
  6. a b Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 129.
  7. a b Nicolas Bourbaki: General Topology. Part I. 1966, S. 201.
  8. Das Nachbarschaftssystem dieser auf   induzierten uniformen Struktur rührt her von der Inklusionsabbildung   und besteht aus den Schnittmengen von   mit den Nachbarschaften aus   (Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 110).