Sened

Pharao der 2. Dynastie (frühdynastisch)

Sened ist der Name eines altägyptischen Königs (Pharao), der während der 2. Dynastie regierte. Da sein Name nicht sicher zeitgenössisch belegt ist, diskutiert die Ägyptologie und Archäologie seine historische Identität. Die genaue Dauer seiner Herrschaft ist unbekannt, der Königspapyrus Turin bescheinigt ihm eine Herrschaftsdauer von 70 Jahren[1], der griechische Historiker Manetho nennt den Herrscher Sethénes und vermerkt in seinen Aegyptiaca eine Herrschaftsdauer von 41 Jahren[2].

Namen von Sened

Seneds Name in Kartusche Nr. 13 der Königsliste von Abydos
Eigenname
sn
d
Sened
Snd
Der Gefürchtete

M23sn
d
Nisutsened
(Nisut sened)
Nsw.t snd
Der gefürchtete König
Königspapyrus Turin (Nr.II, 24)
M23
t
L2
t
V10AG54HASHHASH

[1]
Sened
Snḏ
Königsliste von Abydos (Sethos I.) (Nr.13)
sn
d
M17
Senedj
Sndj
Der Gefürchtete
Königsliste von Sakkara (Nr.7)
G54
Sened
Snḏ

Namensbelege

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Das bislang einzige Artefakt, das zeitgenössisch sein könnte und Seneds Namen nennt, ist das Fragment einer einst sorgfältig polierten Dioritschale, das 1909 in Gizeh entdeckt wurde. Der Ägyptologe Uvo Hölscher fand das Objekt bei Ausgrabungen an den Totentempln der Könige Chefren und Menkaure. Seneds Name befindet sich an der linken Bruchkante der Scherbe, ist ohne Königskartusche geschrieben und wird mit dem Titel Nesut-Bitj („König von Ober- und Unterägypten“) eingeleitet. Das Binsensymbol nebst Brotlaibsymbol, welche beide die erste Hälfte des Königstitels bilden, ist teilweise verloren gegangen, Seneds Name aber ist erhalten und gut lesbar. Hölscher veröffentlichte den Fund 1912.[3] Der Ägyptologe Aidan Dodson untersuchte die Scherbe und hält sie für zeitgenössisch.[4]

Die zeitlich nächstliegende Nennung von Seneds Namen stammt aus der frühen 4. Dynastie. In der Mastaba des hohen Beamten Scheri in Sakkara befindet sich eine Scheintür, welche den Namen von Sened sowie den Namen des Königs Peribsen in Kartuschen in einem Satz nennt. Scheri war laut Inschrift „Vorsteher der Wab-Priester des Peribsen in der Nekropole des Sened, an dessen Totentempel und allen anderen Sitzen“. Der Umstand, dass Seneds und Peribsens Namen in Kartuschen geschrieben wurden, ist strenggenommen ein Anachronismus, da Kartuschen erst unter König Huni während der 3. Dynastie eingeführt wurden. Weitere Priester, die zu Scheris Zeit den Totendienst um Sened versahen, waren Inkef und Sij.[5][6][7]

Seneds Name ist überdies in allen bekannten ramessidischen Königslisten wie der Königsliste von Abydos, der Königsliste von Sakkara und dem Königspapyrus Turin erhalten. Er wird dort einstimmig als Nachfolger des Namens „Wadjenes“ präsentiert.[5]

Der Herrscher wird auch im medizinischen Papyrus P. Berlin 3038 als mythischer Vorbesitzer des „Gefäßbuches“ erwähnt. Historisch nachweisbar ist diese Aussage nicht, vermutlich sollte sie lediglich die Glaubwürdigkeit bestimmter, althergebrachter Behandlungsmethoden untermauern.[8]

Aus der 26. Dynastie stammt eine kleine Bronze-Statuette in Gestalt eines knienden Königs, der einer imaginären Gottheit opfert (siehe Abbildung). Die Figurine trägt die weiße Krone des Südens, in den Händen hält sie ein Weihrauchgefäß. Sie trägt außerdem einen Gurt, auf dessen Rückseite der Kartuschenname des Sened eingraviert ist.[9][5]

Archäologe Peter Munro berichtet von dem Fund eines Tonsiegels, dessen Inschrift den Kartuschennamen Nefer-Senedj-Ra enthalten soll. Munro deutet diesen als Namensversion von Sened.[10] Da dieser Fund jedoch bislang nicht veröffentlicht wurde, sind Nachprüfungen nicht möglich.

Identität

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Seneds Horusname ist unbekannt. Jürgen von Beckerath, und Hermann A. Schlögl vermuten, dass Sened mit König Peribsen identisch war.[9][13] I. E. S. Edwards, Dietrich Wildung, Wolfgang Helck und Toby Wilkinson hingegen sehen in Sened und Peribsen zwei getrennte Herrscher. Ihrer Ansicht nach lässt die Scheintürinschrift des Scheri darauf schließen, dass Sened seinem Vorgänger oder Gegenkönig Peribsen eine Statue oder einen Schrein stiftete. Sie verweisen zudem auf Tonsiegel des Königs Sechemib-Perenmaat, welche im Eingangsbereich von Peribsens Grab gefunden wurden und darauf hindeuten, dass Sechemib seinen Vorgänger Peribsen bestatten ließ.[5][14]

Toby Wilkinson vermutet Seneds Grab in Sakkara, was er mit der Lage von Scheris Mastaba begründet, da Totenpriester im Alten Ägypten generell nicht weit von ihrem Wirkungsort bestattet wurden. Er betrachtet die Galerien im Westmassiv des Djoser-Komplexes in Sakkara als mögliche letzte Ruhestätte des Sened.[14]

Literatur

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  • Toby A.H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt - Strategy, Society and Security. Routledge, London/New York 2002, ISBN 978-1-134-66420-7.
  • I. E. S. Edwards (Hrsg.): Early history of the middle east (= The Cambridge ancient history. Band 1–2). 2 Bände = 3 Teile. 3rd edition. Cambridge University Press, Cambridge 1970, ISBN 0-521-07791-5.
  • Wolfgang Helck, Eberhard Otto: Lexikon der Ägyptologie. Band 5. Harrassowitz, Wiesbaden 1984, ISBN 3447024895.
  • Jochem Kahl: Inscriptional Evidence for the Relative Chronology of Dyn. 0–2. In: Erik Hornung, Rolf Krauss, David A. Warburton (Hrsg.): Ancient Egyptian Chronology (= Handbook of Oriental studies. Section One. The Near and Middle East. Band 83). Brill, Leiden / Boston 2006, ISBN 90-04-11385-1, S. 94–115 (Online).
  • Werner Kaiser: Zur Nennung von Sened und Peribsen in Sakkara. In: Göttinger Miszellen. (GM) Band 122, Ägyptologisches Seminar der Universität Göttingen, Göttingen 1991, ISSN 0344-385X.
  • F. Tiradritti: Luigi Vassalli and the Archaeological Season at Western Thebes (1862-3). In: M. Marée: The Second Intermediate Period (Thirteenth-Seventeens Dynasties), Current Research, Future Prospects. Leuven, Paris/ Walpole (MA) 2010, ISBN 978-90-429-2228-0.
  • Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit (= Ägyptologische Abhandlungen. (ÄA) Band 45). Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4.
  • William Gillian Waddell: Manetho (= The Loeb Classical Library. Band 350). Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 2004 (Reprint), ISBN 0-674-99385-3.
  • Dietrich Wildung: Die Rolle ägyptischer Könige im Bewußtsein ihrer Nachwelt (= Münchener Ägyptologische Studien. Band 17). Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1969.

Einzelnachweise

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  1. a b Alan H. Gardiner: The Royal Canon of Turin. Griffith Institute of Oxford, Oxford (UK) 1997, ISBN 0-900416-48-3, S. 15 & Table I.
  2. William Gillian Waddell: Manetho. Cambridge (Mass.) 2004, S. 37–41.
  3. Uvo Hölscher, Georg Steindorff: Das Grabdenkmal des Königs Chephren (= Veröffentlichungen der Ernst von Sieglin Expedition in Ägypten, Erster Band). Hinrischs'sche Buchhandlung, Leipzig 1912. Seite 106ff.
  4. Toby A.H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt, London/New York 2002, S. 74–75.
  5. a b c d Dietrich Wildung: Die Rolle ägyptischer Könige im Bewusstsein ihrer Nachwelt. München/ Berlin 1969, S. 44–47.
  6. Auguste Mariette: Les mastabas de l’Ancien Empire. Paris 1885, S. 92–94.
  7. Werner Kaiser: Zur Nennung von Sened und Peribsen in Sakkara. Göttingen 1991, S. 49–55.
  8. Wolfgang Helck, Eberhard Otto: Lexikon der Ägyptologie. Wiesbaden 1984, S. 487.
  9. a b Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. Wiesbaden 1987, S. 103–106.
  10. Peter Munro: Nefer-Senedj-Ra. In: Orientalia. Band 57, 1988, S. 330.
  11. nach: Eduard Meyer: Aegyptische Chronologie (= Philosophische und historische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1904, Nr. 1, ZDB-ID 955708-8). Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1904, Bildtafel I., Kartusche Nr. 7.
  12. Dietrich Wildung: Die Rolle ägyptischer Könige im Bewusstsein ihrer Nachwelt. München/ Berlin 1969, S. 45, Bildtafel IV.
  13. Hermann A. Schlögl: Das Alte Ägypten (= Beck'sche Reihe; C. H. Beck Wissen. Band 2305). Beck, München 2003, ISBN 3-406-48005-5, S. 77 & 78.
  14. a b Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. Routledge, London u. a. 2001, ISBN 0-415-26011-6, S. 88–89.
VorgängerAmtNachfolger
WadjenesKönig von Ägypten
2. Dynastie
Peribsen?
Neferkare I.?